Entscheidungsdatum
13.09.2018Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §11 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über die Beschwerde der Frau A. B., geb.: 1964, StA: Iran - Islamische Republik, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 29.11.2017, Zahl MA35..., mit welchem der Antrag vom 19.02.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) idgF abgewiesen wurde, nach mündlicher Verhandlung am 04.07.2018,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 64 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 145/2017, wird der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung für Studierende für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
II. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit dem gegenständlichen Antrag vom 19.02.2017 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde den Antrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.11.2017 gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 NAG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die – rechtzeitig erhobene – Beschwerde.
Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt der Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
II. Sachverhalt
Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
Die am ...1964 geborene Beschwerdeführerin ist Staatsbürgerin der islamischen Republik Iran. Ihr Reisepass ist bis 10.04.2021 gültig.
Der Beschwerdeführerin wurde für den, von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Zulassung zum Bachelorstudium ..., ein positiver, aufrechter Zulassungsbescheid vom 11.11.2018, GZ: ..., ausgestellt. Die im Bescheid genannte Ergänzungsprüfung Deutsch kann die Beschwerdeführerin im Rahmen des Vorstudienlehrganges der Wiener Universitäten (VWU) als ordentliche Studierende absolvieren. Da die Beschwerdeführerin noch nicht persönlich in der Studienzulassung war, um sich aufgrund des ergangenen positiven Zulassungsbescheides der Universität Wien zum Studium einschreiben zu lassen, ist sie derzeit weder ordentliche noch außerordentliche Studentin im Rahmen eines Vorstudienlehrganges.
Die Beschwerdeführerin hat vor, das Studium aufzunehmen.
Die Beschwerdeführerin hat sich bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht im Bundesgebiet aufgehalten. Der gegenständliche Antrag wurde persönlich von ihr am 19.02.2017 bei der der österreichischen Botschaft in Teheran gestellt.
Die Beschwerdeführerin hat am 30.06.2018 mit Herrn C. D., Sohn der Beschwerdeführerin, eine unentgeltliche Wohnrechtsvereinbarung über eine Unterkunft in Wien, ..., abgeschlossen. Diese Unterkunft besteht aus drei Wohnräumen, ist ca. 88 m² groß und wird von den Söhnen der Beschwerdeführerin und im Fall der Erteilung der Aufenthaltstitel sodann gemeinsam mit der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann bewohnt. Die Wohnrechtsvereinbarung wurde mit Laufzeit bis zum 01.07.2020 abgeschlossen und kann nicht jederzeit widerrufen, sondern nur aus wichtigen Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Letzten des Monats gerichtlich aufgekündigt werden. Die Mitbenutzung der Unterkunft erfolgt unentgeltlich.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Kontos bei der ... Bank, auf diesem Konto befindet sich derzeit ein Guthaben von € 42.688,- Euro. Die Beschwerdeführerin verfügt über ein regelmäßiges monatliches Einkommen aus Vermietung in der Höhe von 865,16 Euro und bezieht ein monatliches Gehalt in der Höhe von 2.400,- Euro; die Geldmittel stehen der Beschwerdeführerin zum alleinigen Ge- und Verbrauch zur Verfügung.
Die Beschwerdeführerin ist bei der ... Versicherung AG entsprechend den Tarifen SHN 495 und 3AHN selbstversichert, die vierteljährliche Prämie inkl. Steuer beträgt € 1.008,75 Euro.
Die Beschwerdeführerin ist nicht vorbestraft, es besteht gegen sie kein Einreise- oder Aufenthaltsverbot oder eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz oder eine Rückkehrentscheidung. Die Beschwerdeführerin weist auch keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf.
Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens und Einholung verschiedener Registerauszüge betreffend die Beschwerdeführerin (Fremdenregister, Zentrales Melderegister, Strafregister, Sozialversicherungsdaten), Einsichtnahme in die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der Beschwerdeführerin eingebrachten Unterlagen sowie Einvernahme des Sohnes der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung.
Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorgelegten für das Verwaltungsgericht Wien unbedenklichen Unterlagen. Aktuelle Kontoauszüge der Beschwerdeführerin lassen das festgestellte Guthaben erkennen. Zu den Angaben hinsichtlich der Einkommens- und Vermögenssituation wurden unbedenkliche Kontoauszüge für den Zeitraum 01.06.2016 bis 01.03.2018 sowie eine Bestätigung der ... Bank vom 01.03.2018, beglaubigte Übersetzungen des Kaufvertrages von Wohnungen des Viertels Siedlung, des Mietvertrages über die Vermietung dieses Objekts und einer Gehaltsbestätigung sowie der Zusage über die Fortzahlung des Gehalts samt Zulagen während ihres Studiums des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin vorgelegt. Das Verwaltungsgericht Wien hat angesichts der vorgelegten Unterlagen und der Angaben des Sohns der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung zur Beschäftigung keine Bedenken, dass die Beschwerdeführerin über das festgestellte Einkommen und Vermögen verfügt.
Die Feststellungen zu den Wohnverhältnissen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Wohnrechtsvereinbarung, ergänzend aus einer verkehrten Abfrage des zentralen Melderegisters dem beigebrachten Mietvertrag des Sohnes der Beschwerdeführerin und den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin vom 06.09.2018. Das Verwaltungsgericht Wien hegt keine Zweifel daran, dass der Beschwerdeführerin während der vereinbarten Laufzeit tatsächlich möglich sein wird, in der Wohnung ihres Sohnes unentgeltlich zu wohnen und ihr die Unterkunft während ihrer Aufenthaltszeit zur Verfügung steht.
Eine Einsichtnahme in den vollständig kopierten Reisepass zeigt, dass sie sich nicht im Bundesgebiet aufgehalten hat und ihr Reisepass bis zum festgestellten Zeitpunkt gültig ist.
Die Feststellung über den positiven Bescheid hinsichtlich des Antrages auf Zulassung zum Bachelorstudium ... vom 11.11.2018, GZ: ..., lässt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt entnehmen. Die übrigen Feststellungen dazu ergeben sich aus einer vorgelegten E-Mail der Universität Wien vom 06.07.2018 sowie einer Stellungnahme der Universität Wien vom 15.05.2018.
Die übrigen Feststellungen - etwa Nichtbestehen fremdenrechtlicher Verbote etc. - lassen sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen entnehmen.
III. Rechtliche Beurteilung
Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 145/2017, lauten:
"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
[…]
Verfahren bei Erstanträgen
§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
[…]
Studierende
§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie
1.die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.
Eine Haftungserklärung ist zulässig."
Die hier maßgebliche Bestimmung des § 8 Z 7 lit. a der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005 idF BGBl. II Nr. 231/2017, lautet:
„Weitere Urkunden und Nachweise für AufenthaltsbewilligungenZusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung folgende weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:
1.
bis 6. […]
7.
für eine Aufenthaltsbewilligung„Studierender“:
a)
Aufnahmebestätigung der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges; […]“
Die Beschwerdeführerin beantragte bei der österreichischen Botschaft in Teheran die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende nach § 64 Abs. 1 NAG.
Die belangte Behörde hat den Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG nicht erfüllt, da begründete Zweifel bestünden, dass die Beschwerdeführerin das Studium tatsächlich aufnehmen oder absolvieren werde. Zudem sei die Beschwerdeführerin bereits 57 Jahre alt und Hausfrau ohne jegliche Deutschkenntnisse. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die Absicht habe, sich niederzulassen und daher dürfe die beantragte Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden.
Dazu ist anzumerken, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall ausschließlich zu prüfen hat, ob die allgemeinen und besonderen Erteilungsvoraussetzungen der beantragten Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ vorliegen und bejahendenfalls diese zu erteilen hat. Für eine Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ob einer tatsächlichen Absicht, das Studium aufzunehmen oder dieses tatsächlich zu absolvieren, bietet das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz keine rechtliche Grundlage. Vielmehr ist bei einem allenfalls nachfolgenden Verlängerungsantrag für diese Aufenthaltsbewilligung zu prüfen, ob der Antragsteller respektive die Antragstellerin den erforderlichen Studienerfolgsnachweis erbracht hat (vgl. § 64 Abs. 3 NAG iVm § 8 Z 7 lit. b NAG-DV). Daher geht auch die Begründung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei bereits 53 Jahre alt, verfüge über keine Deutschkenntnisse und sei derzeit – sachverhaltswidrig - Hausfrau ins Leere, zumal die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG keine gesetzliche Zugangsbeschränkungen ob des Alters oder der momentanen Beschäftigung vorsehen.
Demgegenüber ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin über einen positiven Bescheid einer inländischen Universität für die Zulassung zum Bachelorstudium ... unter der Bedingung, dass sie die Ergänzungsprüfung Deutsch (Niveau B2/2) positiv ablegt, verfügt. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Bestimmung nach § 8 Z 7 lit. a NAG-DV zum Nachweis der besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG die Vorlage einer Aufnahmebestätigung der Universität vorsieht, die Universität Wien unter Bezugnahme auf den positiven Bescheid vom 11.11.2016 per E-Mail bestätigte, dass die Beschwerdeführerin die im Bescheid genannte Ergänzungsprüfung Deutsch im Rahmen des Vorstudienlehrganges der Wiener Universitäten (VWU) als ordentliche Studierende absolvieren kann und der Bescheid nach wie vor aufrecht ist, kann vom Vorliegen einer aufrechten Aufnahmebestätigung einer inländischen Universität ausgegangen werden und erfüllt die Beschwerdeführerin somit die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG in Verbindung mit § 8 Z 7 lit. a NAG-DV. Für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung muss sie darüber hinaus auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des 1. Teiles des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erfüllen.
Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen:
Gegen die Beschwerdeführerin liegt kein Einreise- oder Aufenthaltsverbot und auch keine Rückführungsentscheidung oder eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor, die Beschwerdeführerin ist zudem strafgerichtlich und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 5 und 6 NAG sind damit erfüllt; § 11 Abs. 1 Z 4 NAG ist in der vorliegenden Verfahrenskonstellation nicht einschlägig.
Der Aufenthalt der unbescholtenen Beschwerdeführerin widerstreitet nicht öffentlichen Interessen, die Beschwerdeführerin ist in Österreich bei der ... Versicherung AG entsprechend den Tarifen SHN 495 und 3AHN selbstversichert. Die Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 1 und 3 NAG sind damit erfüllt; § 11 Abs. 2 Z 5, 6 und 7 NAG sind im Beschwerdefall nicht einschlägig.
Hinsichtlich des Erfordernisses eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft hat sich die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgericht Wien auf eine Wohnrechtsvereinbarung über eine Unterkunft, bestehend aus drei Zimmern in Wien gestützt. Für das Verwaltungsgericht Wien ist diese Unterkunft – ca. 88 m², bewohnt von letztlich vier Personen – in Wien nicht als ortsunüblich zu erkennen. Dies deshalb, weil davon auszugehen ist, dass sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten ein Zimmer teilen wird und somit für die Söhne jeweils ein Zimmer zur Verfügung steht. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach zu prüfen ist, ob Personen in vergleichbaren Situationen (Anzahl der Familienmitglieder, Alter etc.) in vergleichbaren Wohngegenden (Bezirksteilen) zu einem noch ins Gewicht fallenden Anteil vergleichbarer Wohnungen so nutzen wie die antragstellende Beschwerdeführerin (VwGH vom 05.05.2000, Zl. 99/19/0010), ist im vorliegenden Fall daher festzustellen, dass die Beschwerdeführerin ihr Wohnbedürfnis befriedigen kann. Die Dauer der Wohnrechtsvereinbarung bis 01.07.2020 umfasst die gesamte Dauer des beantragten Aufenthaltstitels, weshalb für diesen Zeitraum – zwölf Monate gemäß § 20 Abs. 1 NAG – ein Rechtsanspruch auf ortsübliche Unterkunft vorliegt. Ein Prekarium liegt aufgrund des Umstandes, dass das Wohnrechtsverhältnis nicht jederzeit widerrufen, sondern nur aus wichtigen Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Letzten des Monats gerichtlich aufgekündigt werden kann, nicht vor.
Die Beschwerdeführerin erfüllt daher die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG.
Zum ausreichend nachgewiesenen Lebensunterhalt nach § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG ist Folgendes festzuhalten:
Die Beschwerdeführerin wird mit ihrem Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt leben, sodass für die Ermittlung der Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG heranzuziehen ist. Daraus errechnet sich ein erforderlicher jährlicher Lebensunterhalt von ca. 16.362,24 Euro.
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin ein Kontoguthaben von € 42.688,- Euro vorgelegt; nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf der gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG 2005 geforderte Unterhalt grundsätzlich auch durch Sparguthaben gedeckt werden, sofern diese Guthaben nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. unter vielen VwGH 10.9.2013, 2013/18/0046). Die Beschwerdeführerin hat dieses Guthaben erspart, Hinweise auf eine illegale Herkunft der Geldmittel sind nicht hervorgekommen, das Guthaben steht zudem der Beschwerdeführerin – alleinig – tatsächlich zur Verfügung.
Im Beschwerdefall sind regelmäßige Ausgaben der Beiträge für die Krankenversicherung (monatlich 336,25 Euro) zu berücksichtigen. Von diesen Ausgaben ist der Wert der freien Station (§ 292 Abs. 3 zweiter Satz ASV) in der Höhe von 288,87 Euro einmal abzuziehen. Es verbleiben somit jährlich zu berücksichtigende Belastungen in der Höhe von 568,56 Euro.
Das der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehende Guthaben sowie ihre jährlichen Einkünfte respektive Einnahmen aus Vermietung abzüglich der zu berücksichtigenden Belastungen beträgt somit 81.301,36 Euro und übersteigt auch unter Annahme geringfügiger Abweichungen durch Rundungsfehler den erforderlichen Betrag von jährlich 16.362,24 Euro. Das Erfordernis des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG ist damit im Beschwerdefall erfüllt.
Infolge des Vorliegens aller allgemeinen und besonderen Erteilungsvoraussetzungen für den von der Beschwerdeführerin beantragten Aufenthaltstitel ist dieser in Stattgebung der Beschwerde gemäß § 20 Abs. 1 NAG für die Dauer von zwölf Monaten zu erteilen.
Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist zulässig, weil – soweit für das Verwaltungsgericht Wien überblickbar – bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vorliegt, ob Zulassungsbescheide einer inländischen Universität mit der Bedingung, dass die tatsächliche Zulassung zum ordentlichen Studium etwa unter der Bedingung, dass die Ergänzungsprüfung Deutsch (Niveau B2/2) positiv absolviert wird, als Nachweis der besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG iVm § 8 Z 7 lit. a NAG-DV ausreichend respektive als Aufnahmebestätigung einer inländischen Universität qualifiziert werden können. Diese Frage lässt sich nicht eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut beantworten und stellt auch keine bloße Wertungsfrage im Einzelfall dar; es liegt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien somit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.
Schlagworte
Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen; Besondere Erteilungsvoraussetzungen; ordentliches Studium; Zulassungsbescheid; Bedingung; Ergänzungsprüfung; Aufnahmebestätigung einer inländischen UniversitätAnmerkung
VwGH v. 30.12.2020, Ro 2018/22/0019; AufhebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.076.2091.2018Zuletzt aktualisiert am
28.01.2021