TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/21 99/20/0443

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Veröffentlicht am 21.10.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, in der Beschwerdesache des TT in Wien, geboren am 2. Jänner 1969, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. Juli 1999, Zl. 201.533/7-V/13/99, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste seinen Angaben zufolge am 21. März 1996 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 1. März 1996 Asyl. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. April 1996 wurde sein Antrag abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 7 AsylG abgewiesen.

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe darauf gestützt, dass er in seinem Heimatland aufgrund seiner "regimekritischen" Tätigkeit (er habe an einer Demonstration teilgenommen und damit seine politische Gegnerschaft zum herrschenden Regime zum Ausdruck gebracht) in der Zeit von Juni 1995 bis Februar 1996 inhaftiert worden sei. Nach Inhalt des Bescheides fand diese Demonstration am 12. Juni 1995 "zur Erinnerung an die Verhaftung des Oppositionspolitikers Abiola" statt, anlässlich der der Beschwerdeführer festgenommen und wegen Mordes und Umsturzversuches gegen die Regierung Abacha vor Gericht gestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich darauf berufen, "Sekretär der politischen Bewegung CD" gewesen zu sein. Aus dem Gefängnis sei er geflohen.

Die belangte Behörde setzte sich im Berufungsverfahren mit den seit dem Tod des nigerianischen Militärmachthabers General Sani Abacha am 8. Juni 1998 eingetretenen politischen Veränderungen in Nigeria auseinander und hielt dem Beschwerdeführer die dazu von ihr aus zahlreichen, im Bescheid angeführten Beweisquellen (u.a. Berichte der österreichischen Botschaft Lagos vom 3. März 1999 und des UNHCR vom 16. Februar 1999) gezogenen Schlussfolgerungen mit der Einladung zur Stellungnahme vor. Nach den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde sei es nach der Machtübernahme durch General Abubakar Anfang Juni 1998 in Nigeria zu wesentlichen politischen Veränderungen in Richtung Demokratie, Meinungs- und Versammlungsfreiheit gekommen. Seit dieser Zeit würden keine Menschenrechtsverletzungen an Politikern oder Studenten in Nigeria berichtet. Sämtliche politischen Gefangenen seien auf freien Fuß gesetzt worden. Am 3. März 1999 sei General Obasanjo zum Sieger der am 27. Februar 1999 abgehaltenen Präsidentschaftswahl erklärt worden. Eine Vielzahl von Oppositionspolitikern und Menschenrechtsaktivisten sei mittlerweile aus dem Exil zurückgekehrt, um am demokratischen Prozess teilzunehmen. Eine Verfolgung aufgrund politischer bzw. ethnischer Zugehörigkeit durch staatliche Autoritäten könne unter gegenwärtigen Verhältnissen "so gut wie ausgeschlossen" werden. Weiters hielt die belangte Behörde am 26. Juli 1999 mit dem Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung ab, bei der der Beschwerdeführer "die geänderte Situation letztlich bloß lapidar in Abrede (gestellt habe), ohne konkrete, seine Person betreffende Indizien für eine weiter bestehende Gefährdungssituation" aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer sei dabei auch zu den Zielen der Organisation, deren Sekretär er gewesen sei, sowie zu der (damaligen) politischen Situation in Nigeria befragt worden. Der Beschwerdeführer sei weder in der Lage gewesen, das Gründungsjahr der "CD" noch deren Vorsitzenden namhaft zu machen. Er habe nicht angeben können, welcher Partei der Oppositionsführer Abiola angehört habe. Er sei auch nicht in der Lage gewesen, "auch nur eine zum vormaligen Zeitpunkt existiert habende bzw. nunmehr bestehende politische Partei namhaft" zu machen. Auf Vorhalt "seiner bezughabenden Unkenntnis bzw. nämlich, dass der Antragsteller als politisch interessierter und engagierter Mensch weder eine Partei noch eine politische Oppositionsbewegung habe namhaft machen können", habe der Beschwerdeführer geantwortet, "es gäbe so viele Parteien und könne er sich nicht alle merken. Dies ausführend" habe der Beschwerdeführer gelacht.

Davon ausgehend gelangte die Behörde zu dem Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers "selbst politisch tätig gewesen und aus diesem Grunde konkreten, gegen seine Person gerichteten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein, die Glaubwürdigkeit versagt werden" müsse.

Über die Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen können, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0399). In der Beschwerde wird auch nicht bestritten, dass die Annahmen der belangten Behörde zu den geänderten politischen Verhältnissen in Nigeria mit dem Inhalt der im Bescheid wiedergegebenen eingeholten Berichte österreichischer Behörden sowie ausländischer Organisationen übereinstimmen. In der Beschwerde wird dazu - wie schon im Verwaltungsverfahren - lediglich ausgeführt, dass sich "die politische Situation vorübergehend zumindest augenscheinlich entspannt habe", der Beschwerdeführer jedoch weiterhin einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würde. Warum dies der Fall sei, wird nicht konkret dargelegt. Die vorliegende Beschwerde besteht vielmehr in weiten Teilen aus Textbausteinen mit allgemein gehaltenen Ausführungen zu Rechtsfragen des Verfahrensrechtes, deren Bedeutung für den vorliegenden Fall zum Teil nicht erkennbar, zum Teil aber auch eindeutig nicht gegeben ist. Insbesondere wendet sich die Beschwerde überhaupt nicht konkret gegen die den angefochtenen Bescheid wesentlich tragende Argumentation der belangten Behörde, aufgrund des vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks und seiner Unkenntnis der politischen Gegebenheiten in Nigeria sei der von ihm behauptete Fluchtgrund, als "Sekretär der politischen Bewegung CD" einer persönlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein, als unglaubwürdig zu werten. Da der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe ausdrücklich in einem Zusammenhang mit der behaupteten eigenen Tätigkeit als politischer Funktionsträger einer Oppositionspartei ("CD") und mit einer Demonstration wegen der Tötung des "Oppositionspolitikers Abiola" brachte, ist diese Beweiswürdigung keinesfalls als unschlüssig anzusehen. Davon ausgehend kann die rechtliche Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht belegen können, dass er aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention aus seinem Heimatland geflüchtet sei, und er würde dort - insbesondere auch angesichts der stattgefundenen Veränderungen der politischen Verhältnisse in Nigeria - im Falle seiner Rückreise aus solchen Gründen auch nicht verfolgt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999200443.X00

Im RIS seit

04.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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