TE Lvwg Erkenntnis 2018/10/22 LVwG-2017/46/2860-12

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §9 Abs1 VStG;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch den Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 15.11.2017, Zl ****, betreffend Übertretungen nach dem Tierschutzgesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 15.11.2017, Zl ****, wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Herr AA hat es als Geschäftsführer des CC und somit als nach § 9 Verwaltungsstrafgesetz zur Vertretung nach außen berufenes Organ, zu verantworten, dass zumindest am 08.09.2016 und am 13.09.2016 in der „DD“ auf den Grundstücken **1, **2 und **3, alle KG Z,

1) am 13.09.2016 den Besuchern bzw. betriebsfremden Personen das Berühren eines Greifvogels zum Zwecke der Fotoaufnahmen ermöglicht wurde, obwohl laut Auflagenpunkt 8. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 02.06.2014, ZI. ****, mit dem die tierschutzrechtliche Bewilligung nach § 23 und § 28 Tierschutzgesetz erteilt wurde, das Berühren der Tiere durch Zuschauer bzw. fremde Personen verboten ist;

2) anlässlich der Fotoaufnahmen am 13.09.2016, ein Greifvögel verhaubt wurde, ohne dass eine veterinärmedizinische Indikation, dies erforderlich machte und somit gegen Auflagenpunkt 9. Des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 02.06.2014, ZI. ****, mit dem die Bewilligung nach § 23 und § 28 Tierschutzgesetz erteilt wurde, darin ist die Verhaubung nur im Ausnahmefall und bei veterinärmedizinischer Indikation zulässig, verstoßen;

3) bei der Flugvorführung am 13.09.2016 bei der Schneeeule Schäden an den Stoßfedern sichtbar waren, die durch Mängel in der Haltung bzw. Verwendung der Schneeeule entstanden sind bzw. wurden diese offensichtlich mit Gefiederschäden nicht adäquat behandelt und somit gegen den Auflagenpunkt 11.2.11 der Zweiten Tierhaltungsverordnung zuwidergehandelt, wonach alle Einrichtungen für die Haltung von Greifvögeln und Eulen so zu gestalten sind, dass Schäden, insbesondere Gefiederschäden, ausgeschlossen sind.

Diese Übertretungen wurden mittels Schreiben EE, vom 04.01.2017 der Bezirkshauptmannschaft X mitgeteilt.

Herr AA hat als Geschäftsführer des CC und somit als nach § 9 Verwaltungsstrafgesetz zur Vertretung nach außen berufenes Organ dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1): § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz

Zu 2): § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz

Zu 3): § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Herrn AA folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe (€):

Gemäß:

Ersatzfreiheitsstrafe:

Zu 1): 375,00

§ 38 Abs. 3 Schlusssatz Tierschutzgesetz

36 Stunden

Zu 2): 375,00

§ 38 Abs. 3 Schlusssatz Tierschutzgesetz

36 Stunden

Zu 3): Es wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung gemäß

§ 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz erteilt.“

Zusätzlich wurden dem Beschwerdeführer als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG Euro 75,00 vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass seitens der belangten Behörde ein mangelhaftes Verfahren durchgeführt worden sei. Beweisanträgen sei nicht entsprochen worden und habe sie dadurch die Beweiswürdigung vorweg genommen. Des Weiteren habe die belangte Behörde verkannt, dass die Tierschutzombudsperson zwar Parteistellung im gegenständlichen Verfahren habe, diese aber nicht als Sachverständiger im Verfahren auftreten könne. Anzeigen und Äußerungen der Tierschutzombudsperson könnten daher nicht als Sachverständigengutachten bzw als Sachverständigenbeweis gelten. Des Weiteren sei zu Spruchpunkt 3) die Schadensursache laut Erkenntnis der belangten Behörde nicht eruierbar gewesen, sodass nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ das Strafverfahren einzustellen gewesen wäre.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Akt der belangten Behörde, in den Vereinsregisterauszug in Bezug auf den Verein CC zum Stichtag 12.01.2016 und vom 20.09.2018, in die Vorstandsmeldung vom 23.09.2009 und vom 14.10.2016, in den Antrag des Vereins CC auf Erteilung einer Bewilligung nach § 28 TSChG für die Greifvogelschau vom 15.02.2013, in die Statuten des Vereins CC, bewilligt mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.04.2017, in die Vorstandmeldung vom 10.12.2013, sowie in den Bescheid der belangten Behörde vom 02.06.2014, Zl **** (tierschutzrechtliche Bewilligung), für die Verwendung von Greifvögeln bei sonstigen Veranstaltungen gemäß den §§ 23 und 28 TSchG.

II.      Sachverhalt:

Der Verein CC verfügt über eine Genehmigung für die Verwendung von Greifvögeln bei sonstigen Veranstaltungen (Flugschauen) gemäß §§ 23 und 28 TSchG in Z, Adresse 1.

Der Verein CC in Z, Adresse 1, entstand am 10.02.1999. Für die Funktionsperiode 10.12.2013 bis 09.12.2017 war zunächst FF als Obmann des Vereins im Zentralen Vereinsregister eingetragen. Dieser verstarb am **.**.2016 und übernahm der bisherige Stellvertreter GG ab diesem Zeitpunkt die Funktion des Obmannes des Vereines.

Der Beschwerdeführer scheint lediglich in der Vorstandsmeldung des Vereins CC vom 23.09.2009 als Schriftführer auf. Nunmehr ist der Beschwerdeführer Schriftführerstellvertreter.

Der Beschwerdeführer tritt als „Geschäftsführer“ des Vereins CC in Z auf. Er ist jedoch weder im rechtlichen Sinne als Geschäftsführer bestellt, noch ist er verantwortlicher Beauftragter des Vereines. Er ist auf Werkvertragsbasis, abgeschlossen mit der Gemeinde Z, tätig.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde, wobei im gesamten Akt der Beschwerdeführer als Geschäftsführer auftritt und als solcher bezeichnet wird. Auch auf der Homepage des Vereins CC scheint im Impressum des JJ und des Greifvogelparkes der Beschwerdeführer als Geschäftsführer auf. Der Antrag vom 15.02.2013 auf Erteilung einer Bewilligung nach § 28 TSchG für den Verein CC wurde vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer unterzeichnet.

Aus den vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholten Vorstandsmeldungen und Vereinsregisterauszügen geht hervor, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt am 13.09.2016 im Vorstand, welcher laut Vereinsstatuten (bewilligt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.04.2007) aus dem Präsidenten, dem Präsident-Stellvertreter, dem Kassier und dem Schriftführer besteht, nicht aufscheint. Zum Tatzeitpunkt war der Präsident-Stellvertreter GG die zur Vertretung nach außen befugte Person des Vereines. Bei einem Telefonat mit dem gegenwärtigen und zum damaligen Zeitpunkt amtierenden Obmann des Vereines GG ergab sich, dass der Beschwerdeführer auf Werksvertragsbasis mit der Gemeinde Z tätig wird. Eine Bestellung zum Geschäftsführer oder zum verantwortlichen Beauftragten ist nach glaubhaften Angaben des Obmannes nicht erfolgt.

IV.      Rechtslage:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 58/2018, lauten wie folgt:

„§ 9

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(…)

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

(…)

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

(…)“

V.       Erwägungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass gemäß § 44 Abs 2 VwGVG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen hatte, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die Frage, wer im Sinne des § 9 Abs 1 VStG im gegenständlichen Fall zu dem von der Behörde genannten Tatzeitpunkt für den in Rede stehenden Verein zur Vertretung nach außen berufen war, ist anhand des Vereinsgesetzes 2002 zu lösen. Dieses wiederum verweist diesbezüglich auf die Statuten, die eine entsprechende Regelung zu enthalten haben (§ 5 Abs  1 VerG).

Gemäß § 9 der Statuten des Vereins CC ist der Präsident der höchste Vereinsfunktionär. Diesem obliegt die Vertretung des Vereins, insbesondere nach außen, gegenüber Behörden und dritten Personen. Wie bereits erwähnt trifft in den Fällen des § 9 VStG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ. Beschuldigter kann daher allein das Organ des Vereines sein.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, es als Geschäftsführer des Vereins CC und somit als nach § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten zu haben, dass am 13.09.2016 in der DD drei Verwaltungsübertretungen nach dem Tierschutzgesetz begangen worden seien. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind von Amts wegen festzustellen (vgl VwGH vom 22.10.1971, Zl 443/71).

Im gegenständlichen Fall konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nicht das zur Vertretung nach außen berufene Organ des Vereins CC zum Tatzeitpunkt war.

Insgesamt konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer weder verantwortliches Vertretungsorgan gemäß § 9 Abs 1 VStG noch verantwortlicher Beauftragter des Vereines nach § 9 Abs 1 VStG war. Der Beschwerdeführer war somit für die Übertretung nicht strafrechtlich verantwortlich und war somit das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Verein;
Verantwortliche Person;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.46.2860.12

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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