TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/14 L524 2134662-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.06.2018
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Entscheidungsdatum

14.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L524 2134662-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.08.2016, Zl. 1071461703-150587357/BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 iVm § 11, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: Gemäß § 55 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Monate ab Zustellung dieses Erkenntnisses.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 30.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 31.05.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er sei sunnitischer Moslem und stamme aus XXXX im Gouvernement Anbar. Seinen Ausreiseentschluss habe er 2013 gefasst und am 01.07.2014 sei er aus dem Irak ausgereist. Sein Reisepass sei ihm in Mazedonien gestohlen worden. Eine Kopie befinde sich bei seinen Eltern zu Hause. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass er an Demonstrationen gegen das Regime teilgenommen habe und festgenommen worden sei. Man habe ihn als Terrorist deklariert. Er befinde sich in Lebensgefahr vor der Regierung und den Milizen. In Bagdad sei er von schiitischen Milizen entführt worden.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 25.07.2016 gab der Beschwerdeführer an, dass er außer Nierensteinen keine medizinischen Probleme habe. Im bisherigen Verfahren habe er die Wahrheit gesagt und es sei alles richtig rückübersetzt und protokolliert worden. An den Gründen seiner Flucht habe sich nichts geändert. Der Beschwerdeführer sei sunnitischer Moslem, nicht verheiratet und habe keine Kinder. Seine gesamte Familie sei in der Türkei. Die Familie habe zwei Häuser besessen, von denen eines zerstört worden sei. Das andere Haus stehe leer; der IS habe das Haus eingenommen. Er habe in XXXX in Anbar gelebt. Er habe 13 Jahre die Schule besucht und einen Abschluss in Wirtschaft. Im Jahr 2013 habe er für ein Jahr die Universität in Bagdad besucht. Er habe auch einen Kosmetikladen gehabt und gelegentlich als Taxifahrer gearbeitet. Sein Vater habe auch eine zweite Arbeit gehabt und der Familie sei es finanziell gut gegangen. Im Juni 2014 habe er seinen Ausreiseentschluss gefasst und am 01.07.2014 sei er tatsächlich ausgereist.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er im Jahr 2013 - 2014 an Demonstrationen gegen den Staat teilgenommen habe. Er sei für sechs Monate beim Militär eingesperrt worden und ihm sei vorgeworfen worden, dass er mit den Terroristen zusammenarbeite. Später sei er zu Gericht gekommen, wo er freigesprochen worden sei. Nach ein paar Monaten im Juli 2014 sei seine Stadt in die Hände des IS gefallen und alle Männer, die im Staatsdienst gewesen seien, seien mitgenommen worden. Sie seien auch zu ihm in das Geschäft gekommen und hätten gemeint, dass es nicht erlaubt sei, in einem solchen Laden zu arbeiten, da dies nur für Frauen sei. Er habe später den Laden versperrt und die Waren nach Hause genommen. Später hätten die IS-Truppen bei jedem Freitagsgebet junge Männer mitgenommen und rekrutiert. Sie hätten auch das Familienhaus des Beschwerdeführers zerstört. Er habe Angst gehabt, dass er zu einem späteren Zeitpunkt abgeholt werde und auch rekrutiert werde. Seine Bekannten hätten ihm zur Flucht empfohlen, was er auch getan habe. Mehrere Männer aus seiner Familie seien mitgenommen worden. Das sei der einzige Grund, weshalb er den Irak verlassen habe. Er habe genug Zeit und Möglichkeit gehabt, seine Gründe geltend zu machen. Probleme mit den irakischen Behörden habe er nicht gehabt. Es gebe sonst keine Schwierigkeiten. Die Verständigung mit dem Dolmetscher sei gut gewesen. Er wolle nichts ergänzen, berichtigen oder hinzufügen. Er wolle keine ergänzenden Angaben machen, die seiner Ansicht nach für das Verfahren wesentlich seien.

3. Mit Bescheid des BFA vom 26.08.2016, Zl. 1071461703-150587357/BMI-BFA_SZB_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht habe. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der vorgebracht wurde, dass dem Beschwerdeführer in der Einvernahme nicht ausreichend Zeit gegeben worden sei, um die Fragen zu beantworten. Die Dolmetscherin habe ihm immer wieder gesagt, dass er schneller antworten müsse, da noch viele weitere Einvernahme stattfinden würden. Einige Dinge, die er gesagt habe seien von der Dolmetscherin nicht übersetzt worden und deshalb im Protokoll nicht zu lesen, ohne jedoch anzugeben, was keinen Eingang in das Protokoll gefunden habe. In einem der Beschwerde beigefügten handschriftlichen Schreiben in arabischer Sprache schildert der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund.

5. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 26.04.2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer legte eine psychotherapeutische Stellungnahme vom 20.04.2018 vor. Der schilderte ausführlich seinen Fluchtgrund und legte Dokumente betreffend seinen Fluchtgrund vor. Weiters legte der Beschwerdeführer Dokumente betreffend seine Integration in Österreich vor. Dem Beschwerdeführer wurden im Rahmen der Verhandlung Berichte zur Lage im Irak ausgehändigt und ihm hierzu eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.

6. Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung über eine psychotherapeutische Behandlung ein Medikamentenverordnungsblatt und einen Befund über eine Abdomensonographie vor.

7. Mit Schreiben vom 15.05.2018 wurden dem Beschwerdeführer Berichte zur medizinischen Versorgungslage im Irak übermittelte und ihm die Möglichkeit eingeräumt, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. In der Stellungnahme wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer kürzlich wegen akuter Schmerzen im Krankenhaus gewesen sei und ihm Nierensteine entfernt worden seien und legte einen Entlassungsbericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat zwölf Jahre die Schule in Al Anbar besucht und ein Jahr die Universität in Bagdad. Während seines Aufenthalts in Bagdad lebte der Beschwerdeführer bei Verwandten.

Der Beschwerdeführer war ab 2008 berufstätig und hat ein Drogeriegeschäft betrieben. Gelegentlich hat der Beschwerdeführer als Taxifahrer gearbeitet. In seiner Freizeit hat sich der Beschwerdeführer um seine Eltern gekümmert und sie zu Ärzten gebracht und auch Fußball gespielt.

Der Beschwerdeführer verließ ca. im Juli 2014 legal den Irak, hielt sich danach in der Türkei und in Griechenland auf und reiste danach schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 30.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer lebte gemeinsam mit seinen Eltern und zwei Schwestern in XXXX im Gouvernement Anbar. Die Eltern und die Brüder XXXX, XXXX und XXXX reisten in die Türkei, wo sie 2016 erklärten, Asyl beantragen zu wollen. Der Vater des Beschwerdeführers ist im Februar 2017 in der Türkei verstorben. Die insgesamt drei Schwestern des Beschwerdeführers leben im Irak. Im Irak leben noch 13 Tanten des Beschwerdeführers, die verheiratet sind und von ihren Ehemännern versorgt werden. Weiters leben drei sog. Halbtanten und eine sog. Halboma im Irak und leben von der Beamtenpension des verstorbenen Großvaters, der sehr gut verdient hat.

Die finanzielle Lage des Beschwerdeführers war gut. Er verdient monatlich ca. $ 400, wovon er ca. $ 200 bis $ 300 zum Leben benötigte und den Rest hat er gespart. Für die Ausreise aus dem Irak zahlte der Beschwerdeführer $ 6.000. Dabei handelte es sich um Ersparnisse sowie um Geld des Vaters.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich und er ist auch kein Mitglied in einem Verein oder sonstigen Organisationen. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 an einem Deutschkurs, Niveau A1/2 teilgenommen. Von November 2017 bis März 2018 besuchte er erneut einen Deutschkurs, Niveau A1/2. Der Beschwerdeführer war von Februar bis August 2017 und ist seit März 2018 in der Gemeinde XXXX gemeinnützig beschäftigt. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung. Beim Beschwerdeführer wurden von einer Allgemeinmedizinerin laut Medikamentenverordnungsblatt eine Depression, eine posttraumatische Belastungsstörung und Insomnie diagnostiziert sowie die Medikamente Mirtazapin, Trittico, Lendorm und Passedan verordnet. Der Beschwerdeführer hat seit seiner Geburt Nierensteine. Er wurde deswegen auch im Irak behandelt. Am 23.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer im Uniklinikum Salzburg ein Nierenstein (rechts) entfernt und ihm im Bedarfsfall ein Schmerzmedikament verschrieben. Körperliche Schonung für eine Woche und ausreichende Flüssigkeitssubstitution wurden empfohlen. Für den 28.06.2018 ist eine weitere Nierensteinentfernung (links) geplant.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach er an Demonstrationen teilgenommen habe, deswegen verhaftet und gefoltert worden sei, der IS ihm sein Geschäft weggenommen habe und das Haus des Beschwerdeführers vom IS gestürmt worden sei, wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Nach einer Blitzkampagne von 10 Tagen erklärte Premier Abadi die vollständige Einnahme Tal Afars sowie der gesamten Provinz Niniveh durch die ISF. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul und wurde von 2000 IS-Kämpfern verteidigt. Die einfache Eroberung wird als Beweis für die Schwäche der Gruppe sowie die Präferenz im Untergrund weiterzukämpfen, verstanden.

Nach der erfolgreichen Einnahme von Mossul und Tal Afar durch die ISF, befürchten IS-Kämpfer ihre letzten Hochburgen im Irak zu verlieren. Familien von IS-Kämpfern fliehen Berichten zufolge täglich aus der Stadt al-Sharbat, südlich von Mossul gelegen, in unbekannte Destinationen. Die Stadt Hawija, welche 55 km südwestlich der erdölreichen Stadt Kirkuk liegt, ist voraussichtlich das nächste Ziel der ISF und der US-geführten Anti-IS-Koalition. Die verbliebenen IS-Kämpfer bestehen vor allem aus lokalen Kämpfern, welche beharrlich um die letzten Gebiete im Irak kämpfen werden. Unterdessen bereiten sich die ISF und kurdische Kräfte auf eine mögliche Entstehung von Post-IS Milizen vor und konzentrieren sich auf Überwachungsmaßnahmen durch Grenzkontrollen, Checkpoints und geheimdienstliche Aufklärung, aber auch auf Aufstandsbekämpfungen.

Es gab eine Reihe intensiver, hochgradig koordinierter Militäroffensiven, die von der Regierung gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) durchgeführt wurden, mit dem Ziel, den IS aus dem Land zu vertreiben. Diese Offensiven führten dazu, dass die territoriale Kontrolle des IS im Irak beendet wurde. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist der sichtbare Rückgang der Sicherheitsvorfälle in Gebieten, die bisher als IS-Hotspots in nichtumkämpften Gebieten ausgewiesen wurden. Dies ist einerseits auf die grundsätzlich schweren Verluste des IS und andererseits darauf zurückzuführen, dass IS-Kämpfer in umkämpfte Gebiete verlegt wurden.

Die Offensiven in Mossul, Tal Afar, Hawija und im westlichen Anbar haben erfolgreich dazu beigetragen, den IS zurückzudrängen und ihrer territorialen Kontrolle im Irak ein Ende zu bereiten. Die Sicherheitsvorfälle im Irak sind sichtbar zurückgegangen, unter anderem auch in Bagdad. Dies ist hauptsächlich auf die Intensität der Militäroffensiven zurückzuführen, was den IS dazu zwang viele IS-Kämpfer an der Front einzusetzen. Der IS kann seine Angriffe im ganzen Land nicht mehr so aufrechterhalten, wie es einmal war.

Das Gouvernement Anbar ist nach der Fallujah-Offensive im Juni 2017 weiterhin volatil. Nach der Befreiung Falludschas haben irakische Truppen und sunnitische Stammeskämpfer weiterhin IS-Städte geräumt und Territorien im Nordwesten gesichert, etwa in Haditha. Die Lage änderte sich allmählich während der Hawija-Offensive im September 2017, als sich die irakische Regierung dazu entschloss, die militärischen Operationen zu verstärken, um den IS im Westen von Anbar zu stoppen, mit dem Ziel, die IS-Truppen vollständig aus dem Irak zu vertreiben und der Wiederherstellung der irakisch-syrischen Grenze. Die irakischen Sicherheitskräfte konnten al-Qaim am 03.11.2017 zurückerobern. Militärische Fortschritte gab es danach in der Nachbarstadt Rawa, wo das letzte verbliebene IS-Gebiet am 11.11.2017 erobert und 10.000 Zivilisten befreit wurden.

Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Parteizentrale im Irak sind nach Angaben von Sicherheitskräften vier Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Zwei Angreifer hätten sich am Abend des 07.04.2018 als Soldaten verkleidet Zutritt in das Hauptquartier der Al-Hal-Partei in der westirakischen Stadt Hit verschafft, sagte ein örtlicher Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AFP. Einer der Attentäter habe sich während eines Treffens von Parteiführern in die Luft gesprengt, sagte General Kassam al-Mohammadi, Befehlshaber der Armee in der Region. Drei Sicherheitskräfte seien dabei getötet und sieben weitere Menschen verletzt worden. Die Al-Hal-Partei gehört zu den wichtigsten politischen Formationen in der mehrheitlich von sunnitischen Stämmen bewohnten Provinz Al-Anbar.

In Bagdad ereignete sich im Juli 2016 die tödlichste Attacke seit 2003. Es gab danach eine Serie von Selbstmordanschlägen. Die Sicherheitslage verbesserte sich mit dem Beginn der Mossul-Offensive und nach einer kurzzeitigen Verschlechterung zu Beginn des Jahres 2017 verringerten sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle wieder und nahmen mit der Niederlage des IS im Juli 2017 weiter ab. Im Juni 2017 wurden die wenigsten Angriffe verzeichnet. Zuletzt gab es im Jänner 2018 im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad einen Doppelanschlag. Dabei sind nach offiziellen Angaben mindestens 38 Menschen getötet worden. Laut dem Innenministerium sprengten sich die Selbstmordattentäter am frühen Morgen mit Sprengstoffwesten in die Luft. Die Verantwortung für den Anschlag übernahm bisher niemand. Bei den meisten Opfern soll es sich um Tagelöhner handeln. Der Al-Tajjaran-Platz dient ihnen als Treffpunkt mit potenziellen Arbeitgebern und ist daher besonders am Morgen voller Menschen. Er war in der Vergangenheit wiederholt Ziel von Anschlägen.

Diyala besteht aus einer einzigartigen und vielfältigen ethnischen und religiösen Bevölkerung. Es leben dort Araber, Kurden, Turkmenen und sowohl Schiiten als auch Sunniten. Das Gouvernement Diyala wurde im Jänner 2015 als erstes vom IS befreit. Vom IS ausgeführte Angriffe richten sich meist gegen schiitische Milizen, etwa an Checkpoints, die dann Gegenangriffe auslösen. Angriffe finden meist im Zentrum und im Norden des Gouvernements statt. Die meisten sicherheitsrelevanten Angriffe gab es im Juli 2014. Seither ist ein deutlicher Rückgang zu vermerken.

In Kirkuk leben Kurden, Turkmenen und Araber. Die Provinz ist für 40 % der Erdölproduktion verantwortlich. Die Sicherheitslage war zwischen Juli 2016 und November 2017 weitgehend stabil, mit Ausnahme des Distrikts Hawija. Dieser Distrikt stand seit Juni 2014 unter Kontrolle des IS. Vor dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum gab es in der Stadt Kirkuk nur wenige sicherheitsrelevante Vorfälle.Nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum verschlechterte sich die Situation im September/Oktober 2017. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der KRG (KRI) in Erbil während des kurdischen Referendums im September 2017 verschärfte die Spannungen zwischen der ethnisch vielfältigen Bevölkerung in Kirkuk. Die irakischen Truppen haben im Oktober 2017 die Kontrolle über wichtige Regierungsgebäude in der Stadt Kirkuk, den Flughafen, die Militärbasis und ein Ölfeld übernommen. Am 20.09.2017 starteten die ISF eine Offensive in Hawija. Die Rückeroberung der Gebiete dauerte nur wenige Tage. Am 05.10.2017 verkündete der irakische Premier den Sieg. Nach dem Rückzug der Peshmerga aus dem Gouvernement ist die bewaffnete Konfrontation abgeklungen.

Im Gouvernement Ninewa begann im Oktober 2016 die Mossul-Offensive, die Anfang Juli 2017 endete. Nachdem Ost-Mossul im Jänner 2017 befreit wurde, folgte die Befreiung des bevölkerungsreicheren Westen Mossuls. Die Gewaltakte haben nachgelassen. Es gibt sporadische Selbstmordattentate gegen irakische Streitkräfte und Mitglieder der PMU/PMF. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Attacken in Ninewa bewegt sich zwischen zwei und fünf. Zwischen Jänner und April 2017 lag sie noch zwischen zehn und 15. Von April bis September 2017 sank die Zahl kontinuierlich auf ca. zwei. Nach der Mossul-Offensive erfolgte die Tal Afar-Offensive. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul. In Tal Afar ist geteilt zwischen Sunniten und Schiiten und es leben dort hauptsächlich Turkmenen. Am 01.09.2017 erklärte Premier Abadi den Sieg über den IS in Tal Afar, der das Ende der Kontrolle des IS in Ninewa markierte.

Das Gouvernement Salah al-Din wurde in den frühen Stadien der Offensive der irakischen Streitkräfte gegen den IS befreit. Tikrit, Saddam Husseins Geburtsort, ist ein wichtiges Symbol der sunnitischen Herrschaft im Zentralirak. In Salah al-Din befindet sich auch der schiitische al-Askari Schrein in Samarra, eine der heiligsten Stätten im schiitischen Islam. Der Angriff auf den Schrein im Jahr 2006 löste eine gewaltwelle zwischen sunnitischen und schiitischen Gruppierungen aus, die sich auf andere Teile des Landes ausbreitete. Schiitische PMU-Milizen begannen im April 2015 die IS-Milizen aus der Stadt zu vertreiben. Die Sicherheitslage ist vergleichsweise stabil.

Die südlichen Gouvernements waren nicht direkt von den Konflikten in den nördlichen und zentralen Gouvernements betroffen. In relativ geringem Ausmaß gab es auch hier IS-Angriffe (durchschnittlich drei bis zehn pro Monat). Die Gouvernements Basra und Babil sind dabei in erster Linie betroffen. Bei den Vorfällen handelt es sich um IEDs, Autobomben oder Scheißereien. Im Nordwesten von Babil befindet sich die Stadt Jurf al-Sakhr, die einzige mehrheitlich sunnitische Stadt im Gouvernement ist. Die Stadt wurde 2014 vom IS befreit, aber anders als andere befreite Städte bleibt sie entvölkert und zwar wegen ihrer Lage. Die Stadt liegt an der Straße, die zu den heiligen schiitischen Städten im Süden führt - Najaf und Karbala. Im ölreichen Gouvernement Basra gibt es Kämpfe zwischen rivalisierenden Stämmen und Ackerland und Landbesitz.

Die Sicherheitslage in den nördlichen Gouvernements in der Region Kurdistan (KRI/KRG) ist stabil und in der Hand der kurdischen Behörden. Auch diese Gouvernements waren nicht direkt von den Militäroffensiven betroffen. Die Sicherheitslage ist nach dem Abzug kurdischer Peshmerga-Gruppen aus Kirkuk und anderen zuvor kontrollierten Gebieten unverändert. Die Peschmerga-Streitkräfte behalten weiterhin die Kontrolle über das Territorium der KRI. Der Grenzübergang zum Iran ist wieder geöffnet. Internationale Flüge von und nach KRI sind nicht möglich. Inlandsflüge zwischen Bagdad und der KRI sind weiterhin möglich.

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf, die der Deutschen Botschaft Bagdad durch das irakische Außenministerium per Verbalnote zwecks Überprüfung zugesandt wurden. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden.

Im Zeitraum Jänner 2014 bis Februar 2018 gab es 2,3 Millionen Binnenvertriebene (386.283 Familien). Diese verteilten sich auf 97 Distrikte und 3.680 Orte im Irak. Im selben Zeitraum gab es 3,5 Millionen Rückkehrer (585.267 Familien). Insgesamt sank die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen um ca. 6 % (153.276 Personen). Rückgänge wurden in allen 18 Gouvernements des Iraks verzeichnet. Die Zahl der Rückkehrer stieg im Jänner 2018 um 5 % (164.898 Personen), womit sich der kontinuierliche Trend von Rückkehrbewegungen fortsetzt. 57 % (1,3 Millionen) der Binnenvertriebenen werden privat untergebracht und 27 % (630.000) befinden sich in Flüchtlingslagern. Der größte Teil der Binnenvertriebenen, nämlich 30 %, befindet sich im Gouvernement Ninewa. Danach folgen Dohuk (15 %), Erbil (10%), Salah al-Din (9 %) und Sulaymaniyah (8 %). 97 % der Rückkehrer kehren an ihren ursprünglichen Wohnsitz zurück. Die meisten Rückkehrer gibt es im Gouvernement Anbar (35 %) und Ninewa (33 %). Danach folgen Salah al-Din (14 %), Kirkuk (8 %), Diyala (6 %) und Bagdad (2 %). Insgesamt 84 % der 164.898 Rückkehrer im Februar 2018 verteilten sich auf vier Gouvernements: Anbar, Kirkur, NInewa und Salah al-Din. Alleine nach Ninewa kehrten zwei Drittel (96.158) zurück, von denen wiederum 86.376 in de Distrikt Mossul zurückkehrten. Der größte Rückgang an Binnenvertriebenen wurde im Februar 2018 in Ninewa (60.820 oder 8 %), Kirkuk (18.228 oder 11 %) und Bagdad (16.806 oder 10 %) verzeichnet. Zusammen machen diese fast zwei Drittel des landesweiten Rückgangs von 153.276 Binnenvertriebenen aus.

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat. Etwa ein Zehntel der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Rund 90% der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. Es gibt Lebensmittelgutscheine für Bedürftige. Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich.

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa 1h vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen. Alle irakischen Staatsbürger haben Zugang zu Gesundheitseinrichtungen. Es ist jedoch kein staatliches Krankenversicherungssystem etabliert. Es wird lediglich ein irakischer Ausweis benötigt. Keine Kosten werden von einer Krankenversicherung übernommen. Öffentliche Gesundheitsdienstleister bieten Behandlungen an die jedoch kostengünstiger sind als private. Die Preise von Medikamenten variieren je nach Diagnose des Patienten.

Medizinische Einrichtungen und Ärzte:

Azadi Teaching Hospital (Duhok, Nakhoshkhana Road)

The Central Medical Service, City of Medicine (Suliamani city center und Malik Mahmud Street)

The Central Medical Service, ALTA'ALEMY HOSPITAL (Basra, Brad'ia)

Rizgary Teaching Hospital (Erbil, Koya Rd)

The Central Medical Service, City of Medicine (Baghdad, Resafa, Babalmu'adam)

Shar hospital (öffentlich) Malik mahmood road, Sulaimani

Faruq medical city(privat )Malik Mahmood road, Sulaimani

In staatlichen Krankenhäusern oder Kliniken werden zumeist nur wenige Medikamente, in privaten Krankenhäusern und Kliniken werden qualitative Medikamente zumeist erhältlich sein (jedoch sehr teuer). Die Kosten für die Behandlung sind von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Wohnort abhängig.

Ärzte ohne Grenzen ist weiterhin im Gesundheitszentrum in Amarijat tätig und betreut mobile Kliniken für die Menschen in Habbanija, Chaldija und Ramadi. Das Projekt in Abu Ghraib ist an die lokalen Behörden übergeben worden. 2017 haben die Teams hier 12.700 allgemeinmedizinische Konsultationen, 2.300 Sprechstunden für chronisch Kranke und mehr als 450 psychologische Gespräche abgehalten.

MSF (Médecins Sans Frontières) ist in den Gouvernements Dohuk, Erbil, Sulaymaniyah, Diyala, Ninawa, Kirkuk, Salaheddin, Anbar und Bagdad tätig. In Bagdad wurde das Baghdad Medical Rehabilitation Centre (BMRC) eröffnet. Das Projekt bietet eine umfassende Versorgung für postoperative Patienten einschließlich Physiotherapie, Pflege, Schmerzmanagement und psychologische Unterstützung für zivile Kriegsopfer. Durch die Verbesserung des postoperativen Erholungsprozesses werden medizinische Komplikationen und körperliche und psychische Langzeitbeeinträchtigungen vermieden. Das BMRC umfasst eine 20-Betten-Station für die ersten Behandlungswochen und eine Ambulanz für die Folgebehandlung der Patienten nach der Entlassung. Zwischen August und Oktober 2017 wurden 37 Patienten behandelt.

Eine Lithotripsie, Zertrümmerung von Nierensteinen mittels Laser, wird in privaten Kliniken durchgeführt (www.mawazin.net). Es werden auch Nierentransplantationen durchgeführt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, 30.01.2018).

Es gibt inzwischen regelmäßige Linienflüge wichtiger Luftfahrtgesellschaften, u. a. aus Europa und Staaten des Nahen Ostens, nach Bagdad (Royal Jordanian, Middle East Airlines, Turkish Airlines). Es gibt Inlandsflüge zwischen Sulaymaniya und Basra sowie Bagdad (Iraqi Airways), weiters gibt es Inlandsflüge zwischen Erbil und Bagdad, Basra sowie Najaf (Iraqi Airways, Fly Baghdad). Mitunter kehren Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM) aus Deutschland über Amman freiwillig nach Irak zurück. Seit 01.01.2017 werden für Rückkehrer aus Österreich insgesamt drei Reintegrationsprojekte angeboten: RESTART II von der Internationalen Organisation für Migration (IOM), IRMA plus von der Caritas Österreich und ERIN vom Bundesministerium für Inneres (BM.I). Das Projekt ERIN betrifft Rückkehrer in den Irak. 2015 kehrten 754 Personen in den Irak zurück. Die meisten von IOM Österreich im Jahr 2016 unterstützten Personen kehrten in den Irak(1.396 Personen) zurück. Im ersten Halbjahr 2017 unterstützte IOM Österreich insgesamt 1.716 Menschen (1.286 Männer und 430 Frauen) bei der freiwilligen Rückkehr in ihre Herkunftsländer. Die mit Abstand größte Gruppe (356 Personen) kehrte in den Irak zurück, womit sich der Trend aus dem Vorjahr fortsetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seiner Schulbildung und seiner beruflichen Tätigkeit im Irak, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, den Verwaltungsakten. Die Feststellungen zur finanziellen Lage des Beschwerdeführers sowie zu den Kosten der Ausreise und der Finanzierung ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor dem BFA.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt Nierensteine hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich auch im Irak behandelt wurde, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Dass der Beschwerdeführer an einer schweren Form von Nierensteinen leiden würde, wie in der Stellungnahme behauptet, konnte nicht festgestellt werden, da entsprechende Bestätigungen nicht vorgelegt wurden und aus dem Entlassungsbericht vom 24.05.2018 zudem nur hervorgeht, dass beim Beschwerdeführer Nephrolithiasis (Nierensteine) diagnostiziert wurde und dabei kein bestimmter Schweregrad angegeben wurde. Die Feststellung, dass eine Lithotripsie in privaten Kliniken durchgeführt wird, ergibt sich aus einem vom Beschwerdeführer selbst zitierten Bericht. Die Feststellungen, dass beim Beschwerdeführer eine Depression, eine posttraumatische Belastungsstörung und Insomnie diagnostiziert wurden und der Verordnung von Medikamenten, ergeben sich aus einem Medikamentenverordnungsblatt einer Allgemeinmedizinerin.

Die Feststellung, dass die Eltern des Beschwerdeführers und seine drei Brüder in die Türkei reisten, wo sie 2016 erklärten, Asyl beantragen zu wollen, ergibt sich aus einem UNHCR Certificate. Die Feststellung, dass der Vater des Beschwerdeführers in der Türkei verstorben ist, ergibt sich aus einer türkischen Sterbeurkunde. Die Feststellung, dass die Schwestern des Beschwerdeführers im Irak sind, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer nicht vorbrachte, dass seine Schwestern den Irak verlassen hätten. Sofern der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erklärte, seine Familie lebe in der Türkei (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls) bezog sich offenkundig nur auf die Eltern und die Brüder, von denen er nämlich die UNHCR Dokumente vorlegte. Die Feststellungen, dass Tanten, sog. Halbtanten und eine sog. Halboma im Irak leben und von der Pension des verstorbenen Großvaters leben, ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (Seiten 9 und 15 des Verhandlungsprotokolls) und vor dem BFA. Es ist kein Grund ersichtlich, daran zu zweifeln.

Die Feststellungen betreffend die Teilnahme an Deutschkursen und Deutschprüfungen, ergeben sich aus den entsprechenden Dokumenten. Die Feststellung der gemeinnützigen Tätigkeit für die Gemeinde XXXX ergibt sich aus einer entsprechend vorgelegten Bestätigung.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 26.04.2018.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Der Beschwerdeführer hat seinen Fluchtgrund vor dem BFA äußerst kurz geschildert. Im Wesentlichen gab er an, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe, für sechs Monate inhaftiert gewesen sei und ihm vorgeworfen worden sei, mit Terroristen zusammenzuarbeiten. Später sei er zu Gericht gekommen und freigesprochen worden. Nach ein paar Monaten sei im Juli 2014 seine Heimatstadt vom IS übernommen worden. Die IS-Leute seien in sein Geschäft gekommen, hätten gesagt, dass seine Tätigkeit nicht erlaubt sei, woraufhin er sein Geschäft versperrt und die Waren nach Hause gebracht habe. Sein Familienhaus sei zerstört worden und er habe Angst gehabt, zu einem späteren Zeitpunkt abgeholt und rekrutiert zu werden. Mehrere Männer aus seiner Familie seien mitgenommen worden und Bekannte hätten ihm zur Flucht geraten. Danach wurde der Beschwerdeführer mehrfach gefragt, ob er alle seine Fluchtgründe genannt habe und noch etwas vorbringen wolle (AS 94 bis 99). In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer dann vor, dass ihm in der Einvernahme vor dem BFA nicht ausreichend Zeit gegeben worden sei, um die Fragen zu beantworten. Die Dolmetscherin habe ihm immer wieder gesagt, dass er schneller antworten müsse, da im Anschluss noch viele andere Einvernahmen stattfinden würden und nicht so viel Zeit vorhanden sei. Einige Dinge, die er gesagt habe, seien von der Dolmetscherin nicht übersetzt worden und deshalb nicht im Protokoll zu lesen (AS 187). Dass es sich hierbei um eine bloße Schutzbehauptung des Beschwerdeführers handelt, zeigt sich daran, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung behauptete, dass ihm die Dolmetscherin das Gefühl gegeben habe, weiterzumachen und sie ihn habe loswerden wollen. Sie habe ihn nicht richtig schildern lassen (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls). Damit ist klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer seine Begründung, weshalb er vor dem BFA sehr wenig zu seinem Fluchtgrund bzw. diesen auch anders als vor dem Bundesverwaltungsgericht geschildert hat, auswechselte. In der Beschwerde behauptete er noch, die Dolmetscherin habe ihm gesagt, dass er schneller antworten müsse und nicht viel Zeit sei. Dagegen meinte er vor dem Bundesverwaltungsgericht, sie habe ihm das Gefühl gegeben, weiterzumachen. Schon aus diesem Grund ist es nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit oder ausreichend Zeit gehabt hätte, seinen Fluchtgrund zu schildern. Die Behauptung des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass sein erstes Interview länger als das zweite Interview gewesen sei, entspricht darüber hinaus nicht den Tatsachen. Die Erstbefragung dauerte nämlich eine Stunde und acht Minuten. Die Einvernahme vor dem BFA dauerte dagegen eine Stunde und 25 Minuten. Auch daran sieht man, dass es der Beschwerdeführer mit der Wahrheit nicht besonders genau nimmt, weshalb auch aus diesem Grund seiner Behauptung, er hätte vor dem BFA keine ausreichende Zeit gehabt, um die Fragen zu beantworten, kein Glauben geschenkt wird. Selbst wenn es stimmen sollte, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA nicht ausreichend Zeit gehabt haben sollte, um die Fragen zu beantworten bzw. nicht alles niedergeschrieben worden sei, was er gesagt habe und er aus Angst die Frage bejaht habe, ob er genügend Zeit gehabt hätte (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls), ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht nach der Einvernahme die Chance wahrgenommen hat, dies dem BFA etwa schriftlich mitzuteilen, damit die fehlenden Angaben keine negativen Auswirkungen auf sein Verfahren haben. So hat der Beschwerdeführer aber nach der Einvernahme am 25.07.2016 nichts unternommen, sondern vielmehr bis zum Bescheid, den er am 30.08.2016 erhalten hat, gewartet und erst in der Beschwerde behauptet, es sei nicht alles protokolliert worden. Der Beschwerdeführer lebt in einem organisierten Quartier, in dem auch andere Asylwerber leben, weshalb es ihm möglich gewesen wäre, jemanden um Unterstützung bei dieser Angelegenheit zu bitten. Dem Beschwerdeführer war auch die Anschrift des BFA bekannt, weshalb er etwa ein Schreiben mit seinen Darlegungen der Ereignisse an das BFA hätte schicken können. Da der Beschwerdeführer aber nichts unternommen hat, ist sein Vorbringen in der Beschwerde hinsichtlich der Einvernahmesituation nicht glaubhaft. Darüber hinaus wäre dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit offen gestanden auf dem Protokoll einen handschriftlichen Vermerk in arabischer Sprache anzubringen oder die Unterschrift zu verweigern. Gemäß § 15 AVG liefert - soweit nicht Einwendungen erhoben wurden - eine gemäß § 14 leg.cit. aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Ungeachtet des Umstandes, dass Protokollrügen bei Rückübersetzung der Niederschrift grundsätzlich im Rahmen derselben Amtshandlung vorzubringen sind (§ 14 Abs. 3 und 4 AVG), vermochte der Beschwerdeführer mit seinen Angaben in der Beschwerde der Beweiskraft der Niederschrift vom 25.07.2016 nichts Entscheidendes entgegen zu setzen bzw. keinen erfolgreichen Gegenbeweis anzutreten, zumal er sich - wie oben dargestellt - widersprüchlich geäußert hat, nämlich in der Beschwerde behauptet hat, die Dolmetscherin habe ihm gesagt, dass er schneller antworten müsse und nicht viel Zeit sei, während er vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, sie habe ihm das Gefühl gegeben, er solle weitermachen. Schließlich hat der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Niederschrift mit seiner Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt und angegeben, dass es keine Verständigungsprobleme mit der Dolmetscherin gegeben habe und auch nach Rückübersetzung der Niederschrift keine Ergänzungen gemacht. Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts der Niederschrift bestehen daher nicht.

Der Beschwerde wurde auch ein handgeschriebenes Schreiben in arabischer Sprache beigelegt, in dem der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund schilderte. Diese Schilderungen decken sich teilweise mit jenen in der Einvernahme vor dem BFA, gehen jedoch auch darüber hinaus. Wenn man nun davon ausgehen sollte, dass die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei vor dem BFA nicht alles protokolliert worden, ist es dem Beschwerdeführer aber dennoch nicht gelungen seinen Fluchtgrund glaubhaft zu machen, da seine Schilderungen in der Beschwerdebeilage zu den Schilderungen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Widerspruch stehen. Zudem ergeben sich auch teilweise Widersprüche zu seinen Angaben vor dem BFA. Dem Beschwerdeführer ist es daher insgesamt nicht gelungen, sein Vorbringen glaubhaft zu machen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, 2013 und 2014 an Demonstrationen teilgenommen zu haben. Während er aber in der Beschwerdebeilage anführt, er habe mit Freunden, Verwandten und Nachbarn demonstriert, behauptete er vor dem Bundesverwaltungsgericht nur, mit Nachbarn und Freunden an Demonstrationen teilgenommen zu haben. Verwandte erwähnte er nicht mehr (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). In der Einvernahme vor dem BFA erwähnte er überhaupt keine anderen Teilnehmer, sondern sprach nur davon, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe (AS 94).

Weitere Widersprüche, die gegen eine Glaubhaftmachung sprechen, ergaben sich hinsichtlich der Umstände seiner Festnahme. Vor dem BFA gab er nur an, festgenommen worden zu sein, machte aber keine Äußerungen zu den Umständen (AS 94). In der Beschwerdebeilage führte aus, dass sein Haus in der Nacht gestürmt worden und er vor der Familie geschlagen worden sei. Seine Mutter habe sich eingemischt und darum gebeten, ihn nicht mehr zu schlagen. Seiner Mutter sei dann mit dem hinteren Teil einer Waffe auf den Kopf geschlagen worden und sie sei bewusstlos umgefallen. Der Beschwerdeführer sei gefesselt worden und seine Augen seien verbunden worden. Dann sei er in ein Gefängnis gebracht worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht schilderte der Beschwerdeführer dann plötzlich Details, die er bis dahin im gesamten Verfahren noch nicht erwähnt hat, weshalb schon aus diesem Grund nicht glaubhaft ist, dass das vom Beschwerdeführer Behauptete tatsächlich stattgefunden hat. Während der Beschwerdeführer vor dem BFA genau schilderte, wie seine Mutter geschlagen worden sei, gab er in der mündlichen Verhandlung dagegen an, dass er nicht gesehen habe, wie seine Mutter geschlagen worden sei. Er brachte auch vor, dass nach ihm und seinem Bruder XXXX gefragt worden sei und von ihm ein Ausweis verlangt worden sei. Er konnte sogar das konkrete Datum angeben, wann er festgenommen worden sei und um welche Uhrzeit sein Haus gestürmt worden sei (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Dies schilderte der Beschwerdeführer in der Beschwerdebeilage noch nicht.

Der Beschwerdeführer schilderte vor dem BFA bereits seine sechsmonatige Haft, nannte diesbezüglich aber keinerlei Details (AS 94). In der Beschwerdebeilage brachte der Beschwerdeführer dazu vor, dass er drei Tage kein Essen bekommen habe und "ganz schlimm mit allen Arten" gefoltert worden sei, ohne dies aber näher auszuführen. In der mündlichen Verhandlung behauptete er nicht mehr, drei Tage kein Essen bekommen zu haben, sondern meinte nur, dass "sie" nicht genug zum Essen und Trinken bekommen hätten. Anders als noch in der Beschwerdebeilage schilderte er aber nun ausführlich und detailreich, wie er zwei Tage gefoltert worden sei (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). In der mündlichen Verhandlung wirkte die Schilderung des Fluchtgrundes und insbesondere die Darstellung der behaupteten Folter wie ein einstudiertes Vorbringen und nicht wie die Schilderung von tatsächlich Erlebtem.

In der Beschwerdebeilage gab der Beschwerdeführer auch an, dass seine Verwandten erfahren hätten in welchem Gefängnis er sei. Sie hätten eine große Summe Geld an jemanden bezahlt, damit der Akt des Beschwerdeführers an ein Gericht weitergeleitet werde. Er sei vor einen Richter gestellt und ohne Schuld entlassen worden. In der mündlichen Verhandlung gab er dagegen an, seine Familie habe sechs Monate nicht gewusst, wo er sei. Die Familie habe dann Geld bezahlt, um zu erfahren, wo er sei. Danach sei der Akt zu Gericht gekommen (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Damit ist ersichtlich, dass sich der Beschwerdeführer dahingehend unterschiedlich geäußert hat, wofür seine Familie Geld bezahlt habe.

Der Beschwerdeführer schilderte dann in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch, wie andere Gefängnisinsassen gefoltert worden seien und er einem namentlich genannten Insassen geholfen habe, weshalb er selbst dann gefoltert worden sei. Der Beschwerdeführer schilderte dies detailliert, doch ist es ihm damit nicht gelungen dies glaubhaft zu machen, da er diese Angaben weder vor dem BFA noch in seiner Beschwerdebeilage tätigte. Der Beschwerdeführer schilderte in diesem Zusammenhang auch, dass seine linke Schulter ausgekugelt worden sei (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Behandlungsbericht geht dies jedoch nicht hervor.

In der Beschwerdebeilage schildert der Beschwerdeführer, dass er sechs Monate in Haft gewesen sei, dann sei sein Akt zum Gericht gekommen und er ohne Schuld entlassen worden. Nach der Entlassung sei er zu einem Krankenhaus gebracht worden. Danach seien wieder Menschen zu ihnen [der Familie] gekommen und hätten sie bedroht. Sie hätten Geld bezahlt, der Beschwerdeführer sei wieder festgenommen worden, seine Brüder seien provoziert und es sei von ihnen Geld wegen des Beschwerdeführers verlangt worden. Völlig anders stellen sich dagegen die Schilderungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht dar. Hier gab er an, dass er inhaftiert worden sei, danach wegen seiner Nierenprobleme zu einem Arzt gebracht worden sei und dann in eine andere Zelle gekommen sei. Danach sei ein anderer Insasse gefoltert worden, dem der Beschwerdeführer geholfen habe und sodann selbst gefoltert worden sei. Zwei Wochen danach sei er zu einer Polizeistation gefahren worden und ein dort tätiger Offizier habe ihn zum Krankenhaus gebracht, damit dort seine Schulter, sein Arm, sein Bein und seine Niere behandelt würden. Nach zwei Tagen im Krankenhaus, wo ihn seine Familie besucht habe, sei er wieder zur Polizeistation gebracht worden, wo er ca. drei Wochen geblieben sei. Danach sei er beim Richter gewesen, der ihn freigesprochen habe. Schließlich habe er erfahren, dass sein Bruder verstorben sei und habe sich entschlossen, den Irak zu verlassen (Seiten 10 und 11 des Verhandlungsprotokolls). In der Einvernahme vor dem BFA erwähnte der Beschwerdeführer weder eine Folter während der Inhaftierung, noch einen Krankenhausaufenthalt wegen der erlittenen Folter. Die Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht waren damit einerseits völlig anders als noch in der Beschwerdebeilage und andererseits steigerte der Beschwerdeführer auch sein Vorbringen. Die unterschiedliche und insbesondere steigernde Darstellung asylantragsbegründender Tatsachen spricht nicht für die Glaubwürdigkeit eines Antragstellers, da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass ein Asylwerber wohl keine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen ließe (vgl. dazu z.B. VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Das in diesem Sinne gesteigerte Vorbringen erscheint daher schon unter diesem Aspekt als nicht glaubwürdig.

Der Beschwerdeführer brachte vor dem Bundesverwaltungsgericht anlässlich der Stürmung seines Hauses vor, dass nach seinem Bruder XXXX gefragt worden sei. Nach seiner Entlassung habe der Beschwerdeführer erfahren, dass dieser Bruder verstorben sei. der Beschwerdeführer legte auch eine Kopie einer Sterbeurkunde vor. Aus dieser geht hervor, dass der Bruder des Beschwerdeführers am 03.04.2014 verstorben sei (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Dazu ist nun festzuhalten, dass der Beschwerdeführer einen Bruder namens XXXX weder in der Erstbefragung noch vor dem BFA erwähnte. Vor dem BFA gab er auch nicht an, dass dieser Bruder verstorben wäre. Nicht einmal in seiner Beschwerdebeilage erwähnte der Beschwerdeführer den Bruder XXXX. Er gab dort nur drei Brüder an, die er aber auch schon in der Erstbefragung nannte. Zur Sterbeurkunde ist anzuführen, dass diese vom 03.04.2014 stammt und der Beschwerdeführer diese während seines Aufenthalts in der Türkei erhalten habe (Seiten 7 und 8 des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer sei am 01.07.2014 aus dem Irak in die Türkei gereist und habe sich dort drei Monate aufgehalten (AS 11). Dass der Beschwerdeführer daher die Sterbeurkunde, die er somit schon bei seiner Einreise in Österreich hatte, in der Einvernahme vor dem BFA nicht vorlegte, obwohl er dort auch andere - vergleichsweise bedeutungslose - Dokumente vorlegte, wie etwa eine Lebensmittelkarte oder eine Meldekarte seines Vaters, kann nur so gedeutet werden, dass es einerseits diesen Bruder XXXX gar nicht gab, zumal er ihn vor der mündlichen Verhandlung nie erwähnt hat, und der Beschwerdeführer mit der Vorlage der Sterbeurkunde bloß versucht, sein Vorbringen aufzubauschen. Aus der Sterbeurkunde geht zwar hervor, dass der Bruder an einer Schussverletzung gestorben sei, doch konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass der Tod des Bruders in einem Zusammenhang mit dem Fluchtgrund des Beschwerdeführers stünde. Der Beschwerdeführer behauptete, dass der Bruder wegen der Teilnahme an Demonstrationen von einer Miliz erschossen worden sei, er konnte aber nicht überzeugend darlegen, warum der Beschwerdeführer davon ausgeht. Er meinte nämlich auf die Frage, woher er wisse, dass der Bruder von der Miliz erschossen worden sei, nur ausweichend: "Wir Einheimische kennen diese, sie sind bekannt." (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls).

Der Beschwerdeführer behauptete vor dem BFA, in der Beschwerdebeilage und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass er 2013 und 2014 an Demonstrationen teilgenommen habe. Die ist jedoch nicht mit seinem Vorbringen in Einklang zu bringen, wonach er sechs Monate in Haft gewesen sei. Der Beschwerdeführer gab an, dass er am 28.12.2013 verhaftet worden sei und Anfang Juni 2014 entlassen worden sei. Der Beschwerdeführer schilderte dann auch keine Teilnahme an einer Demonstration im Jahr 2014, weshalb auch dieses Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte auch 2014 an Demonstrationen teilgenommen, nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Der Beschwerdeführer konnte zu den Demonstrationen auch nicht angeben, wie viele Personen daran teilgenommen haben. Auf diese Frage gab der Beschwerdeführer nur vage an, dass es "viele" gewesen seien. Es ist daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer überhaupt an Demonstrationen teilgenommen hat (Seiten 9 und 13 des Verhandlungsprotokolls).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte der Beschwerdeführer zwar angeben, wann er verhaftet worden sei, den Tag, wann er entlassen worden sei konnte er jedoch nicht nennen. Der Beschwerdeführer war sogar nur imstande, eine Vermutung zu äußern, wann dies gewesen sei. Er meinte, dass er Anfang Juni 2014 entlassen worden wäre. Auch wann er im Krankenhaus gewesen sei, konnte er nicht angeben. Auch hier konnte er nur eine Schätzung abgeben und zwar, dass es ca. eine Woche vor seiner Freilassung gewesen sei. Dies widerspricht aber seinen zuvor getätigten Angaben, wo er behauptete, dass er nach dem Krankenhausaufenthalt noch ca. drei Wochen auf der Polizeistation gewesen sei und danach zum Richter gekommen sei (Seiten 10, 11 und 13 des Verhandlungsprotokolls). Darüber hinaus ergaben sich auch Widersprüche zur Dauer des Krankenausaufenthalts. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer nämlich an, dass er zwei Tage im Krankenhaus gewesen sei (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Aus dem vorgelegten Behandlungsbericht ergibt sich jedoch eine Aufenthaltsdauer von 16 Tagen. Auch auf Grund dieser widersprüchlichen Angaben ist dem Beschwerdeführer eine Glaubhaftmachung nicht gelungen.

Unterschiedlich waren auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner beruflichen Tätigkeit. Der Beschwerdeführer gab vor dem BFA auch an, dass er ein Kosmetikgeschäft betrieben und gelegentlich als Taxifahrer gearbeitet habe (AS 93). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stellte er dies anders dar und meinte hier, dass er erst nachdem er sein Geschäft nach dem Einmarsch des IS in seiner Heimatstadt geschlossen habe, auf die Idee gekommen sei, als Taxifahrer zu arbeiten (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls).

Die Angaben des Beschwerdeführers zu den Ereignissen im Zusammenhang mit seinem Kosmetikgeschäft waren vor dem BFA widersprüchlich. Er behauptete nämlich einerseits, bereits am 01.07.2014 den Irak verlassen zu haben, bringt aber anlässlich der Schilderung seines Fluchtvorbringens vor, dass der IS im Juli 2014 in die Stadt gekommen sei und dann seien sie auch zu ihm in das Geschäft gekommen. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist schon aus zeitlichen Gründen nicht miteinander vereinbar (AS 93 bis 95).

Zu dem Vorfall in Zusammenhang mit seinem Geschäft brachte der Beschwerdeführer vor dem BFA vor, dass Leute des IS zu ihm gekommen seien und gesagt hätten, dass es nicht erlaubt sei, dass er in einem solchen Geschäft für Frauen arbeite. Er habe dann das Geschäft versperrt und die Waren nach Hause gebracht (AS 95). In der Beschwerdebeilage gab er dazu an, dass er die Waren nach Hause gebracht habe und dann habe ihm der IS sein "Geschäft und alles" weggenommen. In der mündlichen Verhandlung schmückte der Beschwerdeführer sein Vorbringen wieder aus und meinte, dass die Besitzer der Geschäfte im Einkaufszentrum sich versammeln hätten müssen. Sie seien mehrmals vorgewarnt worden. Einige Geschäfte und auch jenes des Beschwerdeführers seien zugesperrt worden und der Beschwerdeführer habe seine Sachen weggeräumt, als er das gesehen habe (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Auch daran zeigt sich wieder, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers einerseits widersprüchlich und andererseits vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich detaillierter waren als in der Einvernahme zuvor und der Beschwerdebeilage. Zudem konnte er vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht angeben, wann genau sich der Vorfall in seinem Geschäft ereignet hätte. Er meinte völlig unkonkret: "Mitte Juni, ich weiß es nicht." (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls). Auch dies spricht gegen eine Glaubhaftmachung.

Der Beschwerdeführer schilderte in der Beschwerdebeilage, dass er mit seinem Taxi einmal drei Personen vom Stadtzentrum an den Rand der Stadt gebracht habe. Eine Stunde danach sei der IS in sein Haus gestürmt, sie hätten ihn mitgenommen und er sei von einer Person dazu befragt worden. Dann sei er zwei Tage in einem dunklen Zimmer festgehalten worden und schließlich seien zwei Personen gekommen und hätten ihn gehen lassen. Einen solchen Vorfall schilderte er vor dem BFA mit keinem Wort. In der mündlichen Verhandlung waren die Angaben des Beschwerdeführers zu diesem Vorfall erneut anders als noch in der Beschwerdebeilage. Er gab nämlich an, dass er die drei Personen nach XXXX gefahren habe. Der Beschwerdeführer steigerte auch sein Vorbringen gegenüber den Schilderungen in der Beschwerdebeilage. Er schilderte wie in der Beschwerdebeilage eine Befragung durch eine Person, dann behauptete er aber, dass er zu einem islamischen Gericht gebracht worden sei und dort sei er von einem anderen Mann in afghanischer Kleidung befragt worden. Dieser habe ihn zudem auch über den Islam befragt (Seiten 11 und 12 des Verhandlungsprotokolls). Damit zeigt sich wiederum, dass der Beschwerdeführer die behaupteten Vorfälle nicht übereinstimmend schildern kann und darüber hinaus auch steigert, was nicht vom Wahrheitsgehalt überzeugen lässt. Der Beschwerdeführer konnte den Vorfall mit dem Taxi vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht zeitlich konkretisieren. Er konnte nur ungefähr angeben, dass sich der Vorfall eine Woche vor seiner Ausreise aus dem Irak ereignet hätte.

In der Beschwerdebeilage brachte der Beschwerdeführer vor, dass am Tag, nachdem er nach Hause zurückgekehrt sei, vier Personen des IS zu ihm nach Hause gekommen seien. Der Beschwerdeführer sei hinausgegangen und ein Mann habe ihm gesagt, er müsse sich vorbereiten, zur Mosche zu gehen, damit er Religionsunterricht bekomme und er sich für die Kämpfe vorbereiten solle. Daraufhin habe seine Familie entschieden, dass er den Irak verlassen solle. Diesen Vorfall wiederholte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr. Auch vor dem BFA erwähnte er diesen nicht einmal ansatzweise. Es ist daher nicht glaubhaft, dass sich dies tatsächlich ereignet hat.

Der Beschwerdeführer machte auch widersprüchliche Angaben dahingehend, wer ihm zur Ausreise geraten habe. In der Beschwerdebeilage gab er dazu an, dass Verwandte ihm zur Ausreise geraten hätten. In der mündlichen Verhandlung meinte er, sein Vater und sein älterer Bruder XXXX hätten ihm dazu geraten (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). In der Einvernahme vor dem BFA brachte er dagegen noch vor, dass ihm Bekannte zur Flucht geraten hätten (AS 95).

Auch die Ereignisse nach seiner Ausreise aus dem Irak schilderte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung anders als in der Beschwerdebeilage. In der Beschwerdebeilage führte er aus, dass der IS jeden Tag zu ihm nach Hause gekommen sei, nach ihm gesucht hätte und die Verwandten hätten gesagt, sie wüssten nicht, wo er sei. Wenn der Beschwerdeführer nicht zurückkomme, würden sie das Haus wegnehmen. Dann habe der IS sie aus dem Haus vertrieben und das Haus als Stützpunkt benützt. Die Familie sei zunächst zu einem anderen Haus gegangen und dann in die Türkei ausgereist. In der mündlichen Verhandlung meinte der Beschwerdeführer dagegen, dass der IS am zweiten Tag [nach der Ausreise] das Haus gestürmt und alles durchsucht habe. Sie hätten verlangt, dass der Beschwerdeführer komme, ansonsten würde ein Bruder als Geisel genommen oder das Haus weggenommen werden. die Familie habe sich entschlossen, dass Land zu verlassen und sei zuvor noch in ein anderes Viertel gezogen (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls).

In der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Kopie eines Haftbefehls vor, der am 25.01.2018 ausgestellt worden sei. Demnach werde der Beschwerdeführer gesucht. Diesen habe der Beschwerdeführer von einem Freund per e-mail geschickt bekommen. Aus diesem Haftbefehl geht nicht hervor, weshalb der Beschwerdeführer gesucht werde. Der Beschwerdeführer selbst konnte dazu auch nur Vermutungen anstellen und meinte, es wäre wegen seiner Teilnahme an den Demonstrationen (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls). Dem Beschwerdeführer ist es jedoch schon nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe. Es ist daher auch nicht glaubhaft, dass es deswegen einen Haftbefehl geben soll. Der Beschwerdeführer konnte auch nicht plausibel darlegen, weshalb es im Jahr 2018 einen Haftbefehl gegen ihn geben soll, wenn die Demonstrationen an denen er teilgenommen haben will im Jahr 2013 gewesen wären. Der Beschwerdeführer vermutete auch hier nur, dass die alten Akten wieder eröffnet worden seien und alle Inhaftierten seien notiert worden. Zu überzeugen vermag diese Antwort nicht, zumal der Beschwerdeführer diese bloße Behauptung auch nicht belegen konnte. Dass es einen Haftbefehl gebe widerspricht auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er 2014 vor Gericht gestanden sei, dem Richter erklärt habe, dass er an friedlichen Demonstrationen teilgenommen habe und er freigesprochen worden sei (Seiten 11 und 15 des Verhandlungsprotokolls). Es wird daher davon ausgegangen, dass es sich um kein echtes bzw. richtiges Dokument handelt. Eine Überprüfung der Echtheit ist nicht möglich, da der Beschwerdeführer das Schreiben nur in Kopie vorlegte. Weiters ist in diesem Zusammenhang auch auf die Länderfeststellungen zu verweisen, wonach im Irak jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, gegen Bezahlung beschafft werden kann. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf und auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden.

Widersprüche ergaben sich auch zum Studium des Beschwerdeführers. Vor dem BFA gab er an, dass er im Jahr 2013 für ein Jahr die Universität in Bagdad besucht habe (AS 92 und 95). Seine Angaben dazu in der mündlichen Verhandlung waren völlig unplausibel. Er behauptete, nur zwei Wochen in Bagdad gewesen zu sein. Weshalb er vor dem BFA erklärte, ein Jahr studiert zu haben, konnte er nicht überzeugend erklären. Er meinte, es sei für ein Jahr eingetragen worden, er habe ein Semester gemacht und das zweite Semester nicht mehr. Dies widerspricht nun aber seinen vorigen Angaben, wonach er nur zwei Wochen studiert hätte (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Es ist daher nicht glaubhaft, dass

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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