Entscheidungsdatum
28.06.2018Norm
BBG §40Spruch
G309 2179069-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen, über die Beschwerde und den Vorlageantrag des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 07.07.2017 und vom 01.09.2017, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte einlangend mit 08.05.2017 via der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag waren unter anderem eine Reihe von medizinischen Beweismitteln (Befunde udgl.) angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. Im von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. XXXXT, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, vom 04.07.2017, wird nach persönlicher Untersuchung des BF am 20.06.2017 im Wesentlichen zusammengefasst folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens Einstufung nach dem Sprachaudiogramm.
12.02.01
30
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
2.2. Basierend auf der Aktenlage hielt die Amtssachverständige Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, mit Stellungnahme vom 06.07.2017 fest, dass im Vergleich zu dem im Vorverfahren ergangenen ärztlichen Gutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 05.04.2016, eine Verschlechterung der Schwerhörigkeit geltend gemacht worden sei, welche laut dem Fachgutachten jedoch nicht eingetreten sei.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.07.2017 wurde ein Grad der Behinderung von 30 (dreißig) v. H. (von Hundert) festgestellt und der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf die erstatteten Sachverständigengutachten.
4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der BF mit Schreiben vom 01.08.2017 (Datum: Poststempel) binnen offener Frist Beschwerde.
Darin brachte der BF im Wesentlichen vor, mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden zu sein. Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX würde zu einem anderen Ergebnis kommen, als das im Vorverfahren erstattete Gutachten, da in diesem eine hochgradige Schwerhörigkeit rechts und eine mittlere Schwerhörigkeit links eingeschätzt worden und nun nur noch eine Einschränkung des Hörvermögens festgehalten worden sei. Ebenso wurde nicht berücksichtigt, dass der BF Träger eines Cochlea Implantates sei. Die Einschätzung von 30 v.H. sei daher nicht nachvollziehbar.
5. Seitens der belangten Behörde wurde von XXXX zum Beschwerdevorbringen des BF eine ergänzende ärztliche Stellungnahme eingeholt. In dem eingeholten Gutachten vom 01.09.2017 wird, basierend auf der Aktenlage, zusammengefasst folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens Rahmensatz entsprechend dem HNO fachärztlichen Gutachten eingestuft wurde bei durchgeführter fachärztlicher Untersuchung entsprechend dem Sprachaudiogramm
12.02.01
30
2
Wirbelsäule, Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen geringen Grades oberer Rahmensatz bei degenerativen Veränderungen, Bandscheibenvorfall. Laut dem allgemeinmedizinischen Gutachten keine Bewegungseinschränkung, die Beweglichkeit bei Rotation des Kopfes im Normalbereich. es erfolgt die Übernahme aus dem Vorgutachten, aktuelle Befunde liegen nicht vor.
02.01.01
20
3
Zustand nach mehreren Dupuytren'schen-Operationen beidseits unterer Rahmensatz. Übernahme aus dem Vorgutachten.
02.06.26
10
4
Struma nodosa et diffusa unter Rahmensatz, medikamentös behandelt mit normaler Schilddrüsenfunktion. Übernahme aus dem Vorgutachten.
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde festgehalten, die Position 1 sei führend, die Positionen 2 bis 4 würden jedoch in keiner Wechselwirkung zur führenden Position 1 stehen und seien als Einzelschädigungen zu gering ausgeprägt, um den Gesamtgrad der Behinderung weiter zu steigern.
Im Zusammenhang mit dem Sachverständigengutachten von XXXX wurde folgendes befunden:
"[D]ie Position 1 wurde aktuell HNO-fachärztlich beurteilt, ein direkter Vergleich mit der Einschätzung im allgemeinmedizinischen Gutachten ist nicht möglich, der Grad der Behinderung wurde jedoch auch aktuell mit 30% bewertet.
Führend ist die Gesundheitsschädigung laufende Nummer 1 mit 30 %.
Die weiteren Positionen wurden vom Vorgutachten übernommen und haben wie schon dort, keine Relevanz für den Gesamtgrad der Behinderung."
6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2017 wurde die Beschwerde des BF seitens der belangten Behörde abgewiesen und der Bescheid vom 07.07.2017 bestätigt. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten.
7. Mit E-Mail vom 07.09.2017 erhob der BF binnen offener Frist einen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung.
8. Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde vorgelegt und langte mit 07.12.2017 beim erkennenden Gericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF leidet unter Einschränkungen des Hörvermögens, unter Funktionseinschränkungen geringen Grades an der Wirbelsäule, an einem Zustand nach mehreren Dupuytren'schen-Operationen beidseits sowie unter Struma nodosa et diffusa.
Der Grad der Behinderung beträgt 30 (dreißig) v. H. (von Hundert).
Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die im Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die Leiden des BF wurden gemäß der derzeit gültigen Einschätzungsverordnung korrekt und vollständig eingeschätzt.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung sowie auf Grund der vorgelegten Befunde ausführlich erhobenen fachärztlichen Befund von XXXX, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, vom 04.07.2017 und auf dem vonXXXX in Form eines allgemeinmedizinischen Aktengutachtens vom 01.09.2017 befundenen Gesundheitszustandes des BF, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Es konnte daher ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. objektiviert werden. Weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag wurde vom BF ein Vorbringen erstattet, das geeignet ist, die eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert zu entkräften, zumal die Hörproblematik des BF im Sachverständigengutachten von XXXX mit derselben Richtsatzposition wie im Sachverständigengutachten von XXXX aus dem Jahr 2016 beurteilt wurde und der diesbezügliche Einwand damit ins Leere geht. Aus dem Gutachten von Dr. XXXX ergibt sich zudem, dass von diesem sowohl die Schwerhörigkeit am rechten als auch die Innenohrschwerhörigkeit am linken Ohr berücksichtigt worden ist.
Die medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX und von Dr. XXXX werden der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt. Es wurde ein Grad der Behinderung von 30 von Hundert objektiviert.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes) hat in Verfahren hinsichtlich der Ausstellung eines Behindertenpasses, der Vornahme von Zusatzeintragungen oder der Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen.
Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zu Mal auch keine Verfahrenspartei eine Verhandlung beantragt hat.
3.2. Zu Spruchteil A):
Nach § 1 Abs. 2 BBG ist unter einer Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, angehören.
§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, diesem auf gleichem fachlichen Niveau entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Beim BF konnte auf Grund der befundeten Gesundheitsschädigungen ein Grad der Behinderung von 30 v. H. objektiviert werden.
Da ein Grad der Behinderung von 30 (dreißig) von Hundert festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2179069.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.11.2018