TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/28 G309 2177574-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.06.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2177574-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen, in der Beschwerdesache des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid vom 16.06.2017 und die Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2017 des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass der Grad der Behinderung ab dem 04.04.2017 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert) beträgt. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 04.04.2017 stellte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) via der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Dem Antrag waren verschiedene medizinische Beweismittel sowie eine Kopie der Meldebestätigung des BF angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 07.06.2017 wird nach persönlicher Untersuchung des BF am 10.05.2017, im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Mäßige degenerative Wirbelsäulenveränderungen Unterer Richtsatzwert entsprechend der chronischen Rückenschmerzen mit wiederholtem Therapiebedarf ohne dauernd notwendige Schmerztherapie

02.01.02

30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Die folgenden beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:

-

Geringgradige Hüftgelenksarthrose beidseitig (keine Funktionseinschränkung)

-

Rezidivierende Belastungsschmerzen in den Schultergelenken (keine Funktionseinschränkung)

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.06.2017 wurde ein Grad der Behinderung von 30 (dreißig) v. H. (von Hundert) festgestellt und der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf das erstattete Sachverständigengutachten.

4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der BF mit Schreiben vom 10.07.2017 (Datum: Poststempel) fristgerecht Beschwerde. Darin brachte der BF unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel im Wesentlichen zusammengefasst vor, aufgrund der bei ihm diagnostizierten Gelenksarthrose in der rechten Schulter und im Ellenbogenbereiche hätten sich die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen erheblich erhöht. Er bitte daher um eine Neubewertung des Behindertengrades.

5. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde weitergeführten Ermittlungsverfahrens wurde XXXX ersucht, eine medizinische Stellungnahme unter Zugrundelegung der nunmehr vorgelegten Befunde vorzunehmen. Im Aktengutachten vom 29.08.2017 wird, basierend auf den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen des BF im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Mäßige degenerative Wirbelsäulenveränderungen Unterer Richtsatzwert entsprechend der chronischen Rückenschmerzen mit wiederholtem Therapiebedarf ohne dauernd notwendige Schmerztherapie

02.01.02

30

2

Geringe bis mäßige degenerative Veränderungen am rechten Schultergelenk, am rechten Ellbogen u. an den Hüftgelenken Oberer Richtsatzwert entsprechend der schmerzbedingten Belastungseinschränkung

02.02.01

20

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründend wurde zum Gesamtgrad der Behinderung ausgeführt, dieser ergebe sich aus der führenden Position 1, welche durch die Position 2 wegen zusätzlicher Belastungseinschränkung um eine Stufe angehoben werde, woraus sich letztlich auch die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung ergebe.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2017 wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt, der Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses bestätigt und die Beschwerde abgewiesen.

7. Gegen die Beschwerdevorentscheidung erhob der BF mit Schreiben vom 07.09.2017 das Rechtsmittel des Vorlageantrages und führte dazu aus, er habe ständig Schmerzen und müsse sich vielen Therapien unterziehen.

8. Die gegenständliche Beschwerdesache und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde einlangend mit 23.11.2017 vorgelegt.

9. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im eingeholten Gutachten vom 12.03.2018 werden, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF, zusammengefasst folgende Diagnosen festgehalten:

1

Degenerative Abnützung der Wirbelsäule mit Schwerpunkt Lendenwirbelsäule und Ausstrahlungsschmerz ins linke Bein ohne Lähmung. Unterer RSW bei nachgewiesenen Abnützungen und Wurzelreizzeichen ohne Lähmungszeichen

02.01.02

30

2

Abnützung beider Schultergelenke mittelgradigen Ausmaßes Fixer RSW entsprechend der Bewegungs- und Belastungseinschränkung

02.06.04

30

3

Abnützung beider Kniegelenke geringgradigen Ausmaßes mit Bewegungs- und Belastungseinschränkung Oberer RSW entsprechend der Bewegungsminderung

02.05.19

30

4

Beginnende Abnützung beider Hüftgelenke ohne schwerwiegende Funktionseinschränkung Unterer RSW entsprechend der Bewegungs- und Belastungseinschränkung

02.05.08

20

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründend wurde zum Gesamtgrad der Behinderung ausgeführt, dass die Position 1 durch die Position 2 sowie im Zusammenwirken der Position 2 mit der Position 4 gesamt 2 Stufen angehoben werde, da eine negative Leidensbeeinflussung durch mehrere orthopädische Funktionsminderung, auch in der Funktionskette, bestehe. Der Knick-Senk-Fuß rechts sowie die Krampfaderbildung links würden zu keinen Funktionsminderungen führten.

Zu den gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten stellungnehmend wurde folgendes festgehalten:

"Im Gegensatz zum Vorgutachten erscheint aufgrund der heutigen Untersuchung eine gesonderte Einschätzung der Gelenksprobleme angezeigt, dies wird wie oben angeführt meinerseits durchgeführt und daraus resultiert der oben angeführte Grad der Behinderung."

Die Einschätzung gelte ab Antragstellung.

10. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 16.03.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langten keine Stellungnahmen ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat seinen Wohnsitz im Inland.

Der BF leidet unter Abnützungen der Wirbelsäule mit Schwerpunkt auf der Lendenwirbelsäule und Ausstrahlungsschmerz ins linke Bein ohne Lähmung, unter Abnützungen beider Schultergelenke mittelgradigen Ausmaßes sowie an Abnützungen beider Kniegelenke geringgradigen Ausmaßes mit Bewegungs- und Belastungseinschränkung.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt mit 04.04.2017 (Datum der Antragstellung) 50 (fünfzig) v. H. (von Hundert).

Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellung zum Wohnsitz des BF gründet sich auf einen aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Das im Ermittlungsverfahren durch das erkennende Gericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 12.03.2018, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Dabei wurden Abnützungen der Wirbelsäule mit Schwerpunkt auf der Lendenwirbelsäule und Ausstrahlungsschmerz ins linke Bein ohne Lähmung, Abnützungen beider Schultergelenke mittelgradigen Ausmaßes sowie Abnützungen beider Kniegelenke geringgradigen Ausmaßes mit Bewegungs- und Belastungseinschränkung befunden und diese Funktionseinschränkungen gemäß der derzeit gültigen Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Abweichungen des Sachverständigengutachtens von XXXX zu dem von der belangten Behörde eingeholten Vorgutachten ergeben sich nachvollziehbar aus der gesonderten Einschätzung der Gelenksproblematik des BF und der sich im Gesamtbild zeigenden negativen Leidensbeeinflussung durch mehrere orthopädische Funktionsminderung in der Funktionskette. Es konnte demnach ein Grad der Behinderung von 50 v.H., vorliegend seit dem Zeitpunkt der Antragstellung, objektiviert werden.

Der Inhalt des medizinischen Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt und von diesen unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen. Das Sachverständigengutachten wird der Entscheidung des erkennenden Gerichts daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen.

Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Parteien eine mündliche Verhandlung beantragt haben.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes angehören.

§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (Bundesgesetz über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen - EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Da ein Grad der Behinderung von 50 (fünfzig) von Hundert, jedenfalls vorliegend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung (Datum: 04.04.2017), festgestellt wurde und auch die sonstigen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses beim BF erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2177574.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten