TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/29 G303 2163100-1

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Veröffentlicht am 29.06.2018
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Entscheidungsdatum

29.06.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2163100-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva Wendler und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 05.05.2017, Zl. OB:

XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 23.03.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ein. Mit dem Antrag wurden medizinische Unterlagen in Vorlage gebracht.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 28.04.2017 wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach radikaler Prostatektomie, abgelaufene Heilungsbewährung, verbliebene Harninkontinenz, keine Metastasen, kein Rezidiv Oberer Rahmenwert des vorgegebenen Rahmensatzes unverändert zum Vorgutachten

13.01.02

40

2

Osteoarthritis in den DIP und PIP Gelenken an beiden Händen, Rhitzarthrose beidseits, Zustand nach Fraktur des linken Handgelenks Oberer Rahmenwert des unteren Rahmensatzes, keine wesentliche Bewegungseinschränkung, keine rheumaspezifische medikamentöse Basistherapie

02.02.01

20

3

Zustand nach Verlust eines Hodens mit konsekutivem Testosteronmangel Unterer Rahmenwert des unteren Rahmensatzes unverändert zum Vorgutachten bei Zustand nach Orchiektomie rechts bei Kryptorchismus

08.02.03

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

 

 

 

Führend sei die Gesundheitsschädigung (GS) 1, weil sie den BF am meisten beeinträchtige. Die anderen Gesundheitsschädigungen würden wegen der Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht steigern.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 05.05.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag vom 23.03.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.

3.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Danach betrage der Grad der Behinderung des BF 40 %. Das genannte Gutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt.

In der rechtlichen Begründung des Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes zitiert.

4. Gegen diesen Bescheid vom 05.05.2017 brachte der BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 20.06.2017 eingelangte Beschwerde ein. In der Beschwerde führte der BF aus, dass seine Einschränkungen schwerwiegender als diese seitens der belangten Behörde festgestellt worden seien. Insbesondere die Einschränkung des Nachlassens der Kraft in den Händen, sodass der BF Gegenstände (Kaffeekanne, Arbeitsgeräte als Maler) fallen lasse, weil die Hände schnell ermüden würden. Der BF mache sich Sorgen, dass er sich bei Leiter- oder Gerüstarbeiten schwer verletzen könne, da er sich in Gedanken nicht mehr auf seine Hände verlassen könne. Des Weiteren mache dem BF seine Inkontinenz zu schaffen. Vormittags ginge es, aber nachmittags lasse es nach und müsse er sich Vorlagen einlegen. Das Nachlassen der Kraft in den Händen mache dem BF mehr Sorgen, aber erscheine ihm alles zusammen ausreichend für eine neuerliche Untersuchung bzw. eine neuerliche Begutachtung durch einen Facharzt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.07.2017 von der belangten Behörde vorgelegt.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von XXXX, vom 17.01.2018, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 16.01.2018, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach radikaler Prostataentfernung bei bösartigem Tumor 04/2010, mit postoperativer Harninkontinenz und erektiler Dysfunktion Oberer Rahmensatz, entsprechend dem Ablauf nach Fünfjahresheilungsbewährung. Bei den Kontrollen besteht kein Hinweis auf ein Rezidiv bzw. auf eine Metastasierung. Die postoperative Harninkontinenz wird mit Einlagen versorgt. Es wäre hier eventuell die Vergabe eines Eurokeys zu überlegen. Insgesamt erfolgt aber keine Änderung zum angefochtenen Bescheid, da die Inkontinenz ausreichend versorgt ist.

13.01.02

40

2

Polyarthralgien Oberer Rahmensatz, entsprechend den angegebenen Beschwerden bei nur geringer Funktionseinschränkung, vor allem des rechten Daumengrundgelenkes, mit fehlender Krankheitsaktivität. Schmerzstillende Medikamente werden anamnestisch bei Bedarf eingenommen, eine regelmäßige Therapie erfolgt nicht. Es erfolgt somit keine Änderung zum angefochtenen Bescheid.

02.02.01

20

3

Reaktive Depression Eine Stufe oberhalb des unteren Rahmensatzes, entsprechend der reaktiven Depression. Es besteht soziale Integration, der BF hat Hobbies (Jagen, Wandern). Es wird nur eine Bedarfsmedikation eingenommen.

03.06.01

20

4

Zustand nach Hodenverlust rechts, mit Testosteronmangel Unterer Rahmensatz, entsprechend dem angefochtenen Bescheid. Es erfolgt keine Änderung. Eine Substitutionstherapie wäre möglich.

08.02.03

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

 

 

 

Führend sei die GS 1 mit 40

%. Die GS 2 bis 4 steigern nicht, da keine gegenseitige Leidenspotenzierung bestehe bzw. diese zu gering seien, um zu steigern. Vorrangig sei wie im angefochtenen Bescheid die postoperativ verbliebene Harninkontinenz, welche mit Einlagen ausreichend versorgt sei. Es bestehe ein Ablauf der Fünfjahresheilungsbewährung, ohne Hinweis auf Rezidiv bzw. Metastasierung.

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 09.02.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

7.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

* Zustand nach radikaler Prostataentfernung bei bösartigem Tumor im April 2010, mit postoperativer Harninkontinenz und erektiler Dysfunktion (Grad der Behinderung: 40 %)

* Polyarthralgien (Grad der Behinderung: 20 %)

* Reaktive Depression (Grad der Behinderung: 20 %)

* Zustand nach Hodenverlust rechts, mit Testosteronmangel (Grad der Behinderung: 10 %)

Zwischen den einzelnen Gesundheitsschädigungen bestehe keine gegenseitige Leidenspotenzierung.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 (vierzig) von Hundert (v. H.).

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegister und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 17.01.2018, objektiviert.

Dieses ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Leiden des BF, deren Ausmaß und deren Wechselwirkungen zueinander ausführlich eingegangen. Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen basieren darauf.

Insgesamt war aus dem Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass weitere - von der Sachverständigen nicht berücksichtigte - Gesundheitsschädigungen beim BF vorliegen. Das Vorbringen des BF, dass die Kraft in seinen Händen nachlasse, wurde in der Gesundheitsschädigung GS 2 (Polyarthralgien) berücksichtigt. Hier konnten jedoch lediglich geringe Funktionseinschränkungen objektiviert werden.

Der Inhalt dieses ärztlichen Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Das eingeholte Sachverständigengutachten blieb damit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Dieses wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl.II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

In der vorliegenden Rechtssache wurde gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung einer medizinischen Sachverständigen der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 40 von Hundert objektiviert und festgestellt. Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09/0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062).

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2163100.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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