Entscheidungsdatum
08.08.2018Norm
BBG §40Spruch
W264 2158894-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des
XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Georg Morent, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 24.4.2017, Zahl:
XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 8.2.2017 beim Sozialministeriumservice (belangte Behörde) die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis). In dem vom Beschwerdeführer verwendeten Antragsformular 10/2016 ist der Hinweis enthalten, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" gilt.
Der BF legte dem Antrag einen Befundbericht des Unfallkrankenhauses XXXX vom 23.6.2014 bei.
2. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. XXXX vom 20.4.2017, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 18.4.2017, hält als Ergebnis fest:
"Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, weiche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Zustand nach Kompressionsbruch vom 2. und 4. Lendenwirbel Unterer Rahmensatz dieser Position, da nur geringe Funktionsbehinderung bei nachvollziehbaren Beschwerden und bei Belastungsminderung
02.01.02
30
Der medizinische
Sachverständige stellte nach der Einschätzungsverordnung
BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. fest und attestierte "Dauerzustand".
In der Anamneseerhebung dieses Gutachtens vom 20.4.2017w wird festgehalten, dass der BF im Jahre 2014 einen Unfall als Radfahrer mit "Commotio, Kompressionsbruch L2 + L4, Rissquetschwunden und Abschürfungen mit dorsaler Spondylodese von L1 - L5., 12/2014 Materialentfernung, Schilddrüsen-OP" erlitten hat.
Unter dem Punkt "derzeitige Beschwerden" führte der medizinische Sachverständige in dem Gutachten vom 20.4.2017 aus wie folgt:
"Ich spüre den rechten Vorfuß nicht. Ich kann schlecht gehen. Am rechten Unterschenkel außenseitig und am rechten Oberschenkel innenseitig, habe ich weniger Gefühl. Ich kann schlecht treppab gehen, treppauf geht halbwegs. Das rechte Bein knickt ein. In der Früh beim Aufstehen falle ich manchmal um. Mein rechtes Bein wird immer dünner. Schmerzen im Kreuz habe ich immer, wenn ich mich bewege. Die Beweglichkeit an der Lendenwirbelsäule ist stark eingeschränkt."
Der medizinische Sachverständige führte zum Untersuchungsbefund vom 18.4.2017 in seinem Gutachten aus:
"Allgemeinzustand: altersentsprechend
Ernährungszustand: normal
Größe: 178,00 cm Gewicht: 74,00 kg
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: unauffällig
Thorax: symmetrisch, elastisch
Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz
Obere Extremitäten:
Rechtshänder. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich.
Sämtliche Gelenke sind klinisch unauffällig und frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Untere Extremitäten:
Der Barfußgang wird etwas rechts hinkend ausgeführt. Zehenballgang wird rechts nicht ausgeführt. Fersengang rechts stark eingeschränkt. Einbeinstand möglich. Die tiefe Hocke ist durchführbar, hierbei werden Schmerzen im Kreuz angegeben. Die Beinachse ist im Lot. Mäßig Muskelverschmächtigung am rechten Ober- und Unterschenkel. Beinlänge ist gleich. Die Durchblutung ist ungestört. Die Sensibilität wird am rechten Vorfuß innenseitig als fehlend, am rechten Unterschenkel außenseitig und rechten Oberschenkel innenseitig als fehlend, sonst als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten.
Die Hüftbeugung, rechts mehr als links, ist im Kreuz schmerzhaft.
Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Beweglichkeit:
Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Umfang in cm: Oberschenkel rechts 50, links 50,5. Unterschenkel rechts 38,5, links 40.
Wirbelsäule:
Die rechte Schulter steht etwas höher, das Becken annähernd horizontal. Zarte Rotationsskoliose an der Brustwirbelsäule. Verstärkte Brustkyphose, annähernd regelrechte Lendenlordose. An der Lendenwirbelsäule mehrfach blasse Narben. Die gesamte Lumbalregion ist druck- und klopfschmerzhaft, die Muskulatur ist verspannt.
Beweglichkeit:
Halswirbelsäule: allseits frei.
Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: FBA 15 (endlagenschmerzhaft). Seitwärtsneigen nach rechts 5, nach links O cm Fingerkuppen-Kniegelenks-Abstand, Rotation jeweils endlagig eingeschränkt.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt in Halbschuhen zur Untersuchung, das Gangbild ist symmetrisch, hinkfrei. Verwendet keine Gehhilfen. Das Aus- und Ankleiden wird im Stehen durchgeführt. Einbeinstand ist beim Entkleiden beidseits möglich.
Status Psychicus:
wach, Sprache unauffällig"
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.4.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 8.2.2017 abgewiesen, da der BF mit dem sachverständig festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. (30%) die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Dabei stützte sich die belangte Behörde beweiswürdigend auf das im vorangegangenen Ermittlungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. XXXX vom 20.4.2017. Diese Sachverständigengutachten wurde dem Bescheid beigelegt und festgehalten, dass dieses einen Bestandteil der Begründung darstellt.
4. Gegen diesen Bescheid wurde vom BF, vertreten durch seinen Rechtsanwalt Mag. Georg Morent, per E-Mail vom 19.5.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Darin wird die Richtigkeit des vorliegenden Gutachtens ausdrücklich bestritten. Aufgrund seiner massiven Einschränkungen im Bereich des rechten Beins, wäre auch ein Gutachten aus dem Fachbereich der Neurologie einzuholen gewesen. Anlässlich der Befundaufnahme habe er angegeben, dass die Beweglichkeit der LWS stark eingeschränkt sei und insbesondere sein rechtes Knie immer wieder einknicke, er beim Aufstehen in der Früh sogar umfalle und es überhaupt immer wieder zu Stürzen komme. Die Beschwerden aufgrund des Zustandes nach Kompressionsbruch vom 2. und 4. Lendenwirbel würden für sich genommen zwar wohl einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% rechtfertigen. Die damit einhergehenden psychischen Belastungen seien jedoch außer Acht gelassen worden. Die festgestellte Funktionseinschränkung sei hingegen mit 40% anzusetzen und käme die psychischen Komponente hinzu, welche zumindest weitere 10% rechtfertige.
Medizinische Beweismittel wurde der Beschwerde nicht beigelegt und wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
5. Die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegte und langte diese am 26.5.2017 ein.
6. Zur Überprüfung der Einwendungen in der Beschwerde wurden mit Erledigung vom 31.5.2017 ein Facharzt für Neurologie, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF, als auch der bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren betraute orthopädische Sachverständige Dr. XXXX mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens betraut. Des Weiteren wurde der orthopädische Sachverständige Dr. XXXX ersucht, im Anschluss eine Zusammenfassung der vorliegenden Gutachten vorzunehmen.
7. Der Sachverständige für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX führte in seinem Gutachten vom 30.1.2018 - basierend auf persönlicher Untersuchung des BF - aus wie folgt:
"Anamnese: Keine Begleitung. Es besteht ein Z. n. Fahrradunfall mit Fraktur LWK 2+4 Und nachfolgender Spondylodese (2014). Seither bestehen noch mäßige Schmerzen lumbal und Schwäche in die re UE mit Sensibilitätsstörungen.
Nervenärztliche Betreuung: Keine
Subjektive derzeitige Beschwerden: Es werden sensomotorische Einschränkungen in der re UE angegeben mit Einknicken im Kniegelenk
Sozialanamnese: Lebt geschieden. pensioniert, kein Pflegegeld
Medikamente (neurologisch/ psychiatrisch): Voltaren
Neurostatus: Die Hirnnerven sind unauffällig. die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen li keine Paresen,
Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand li möglich, rechtsseitig:
leichtgradige Kniestreckerschwäche deutliche Vorfußheberschwäche, Vorfußsenkerschwäche mäßig gradig, Fersen / Zehenspitzen / Einbeinstand re nicht möglich die Muskeleigenreflexe sind seitengleich untermittellebhaft auslösbar, ASR re nicht auslösbar.
Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben, bis auf Hypästhesien an der Innenseite des re Oberschenkels, an der Außenseite des Unterschenkels und Vorfuß re
Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel re hinkend, aber flüssig, am Gang ohne Pause, Siegensteigen alternierend ohne Anhalten möglich.
Aus neurologische Seite keine Änderung der Einschätzung. Die Funktionsausfälle sind im GdB enthalten. Es bestehen sensomotorische Einschränkungen der re UE mit deutlicher Vorfußheberschwäche, mäßiger Vorfußsenkerschwäche und leichter Schwäche der Kniestreckung re. Das Gangbild ist re hinkend, aber flüssig, ohne Hilfsmittel, Stiegensteigen frei alternierend möglich."
8. Der medizinische Sachverständige Dr. XXXX aus dem Fachgebiet Orthopädie erstattete am 6.2.2018 das Gutachten an das Bundesverwaltungsgericht, basierend auf der Aktenlage, und war diesem folgende gutachterliche Aussage zu entnehmen:
"Die vorgebrachten Einwendungen wurden bereits bei der Anamnese am 18.04.2017 vorgebracht und im GA bei der Einschätzung des Wirbelsäulenleidens berücksichtigt. Psychische Belastungen wurden damals nicht vorgebracht und entsprechende Befunde wurden nicht vorgelegt. Eine Einschätzung war daher nicht möglich.
Allerdings wurden diese auch bei der neurologisch-psychiatrischen Begutachtung am 30.01.2018 nicht vorgebracht, befunddokurnentiert und auch nicht eingeschätzt.
Das neurologisch-fachärztliche Gutachten kommt nach klinischer Untersuchung zum Schluss, dass die bestehenden sensomotorischen Funktionsausfälle im GdB von Leiden 1 im Gutachten vom 18.04.2017 enthalten und berücksichtigt sind. Es wird kein zusätzliches Leiden eingeschätzt.
Somit ergibt sich keine Änderung im Gutachten vom 18.04.2017."
9. Die beiden Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 30.1.2018, sowie Dris. XXXX vom 6.2.2018 (Aktengutachten) wurden dem BF mit Erledigung vom 6.3.2018 im Zuge des Parteiengehörs zur Gelegenheit einer allfälligen Stellungnahme innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung übermittelt und wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Unterbleibens einer Stellungnahme das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens erlassen werde.
10. Mit Eingabe vom 21.3.2018 übersendete der rechtsfreundliche Vertreter des BF das unfallchirurgische und orthopädische Sachverständigengutachten, welches im Auftrag der Wiener Städtischen Versicherung am 29.12.2017 von Dr. XXXX erstellt wurde.
Im zugehörigen Schriftsatz führte der Rechtsvertreter aus, dass das Gangbild des BF keineswegs flüssig und ohne Hilfsmittel wäre. Im Übrigen sei die Befundaufnahme viel zu kurz angesetzt gewesen, um verlässlich prüfen zu können, ob der BF eine längere Strecke etwa von der Wohnung bis zum Parkplatz ohne gröbere Beschwerden zurücklegen könne. Der Sachverständige des im Anhang übermittelten Gutachtens, Dr. XXXX , sei zu einem gänzlich anderen Ergebnis gekommen. Er habe dem BF eine Gangstörung mit Schwäche der Vorfuß- und Zehenheberfunktion rechts attestiert. Der BF leide aufgrund eines im Rahmen einer operativen Versorgung nach einem Verkehrsumfall im Jahr 2014 erlittenen Behandlungsfehlers zudem an aufgetretener Nerventeillähmung mit Großzehenheberschwäche. Die Durchführung der Revisionsoperation sei erst etwa
44 Stunden nach Objektivierung der Schraubenfehllage erfolgt. Die vom Gutachter attestierten Beschwerden seien Dauerfolgen. Es werde ausdrücklich die Einholung eines Ergänzungsgutachtens aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie als auch aus dem Bereich der Neurologie beantragt, wobei andere als die bisherigen Sachverständigen herangezogen werden sollen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde dahingehend zu prüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat den Wohnsitz an der Adresse XXXX - somit im Inland - inne.
1.2. Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem Antrag, welcher am 8.2.2017 bei der belangten Behörde einlangte, die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis).
1.3. Beim Beschwerdeführer liegt die Funktionseinschränkungen "Zustand nach Kompressionsbruch vom 2. und 4. Lendenwirbel" vor.
1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v.H. Beim Beschwerdeführer liegt somit zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellung zur Örtlichkeit des Wohnsitzes und des Geburtsdatums des Beschwerdeführers ergibt sich aus der unbedenklichen Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellung des Datums des Einlangens des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises basiert auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdakts.
2.2. Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v. H. vorliegt, beruht auf den Gutachten der beiden im gegenständlichen Verfahren betrauten medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, und Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.
In den vorliegenden Gutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX wird auf die Art des Leiden des Beschwerdeführers und dessen Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die beiden medizinischen Sachverständigen erstellten ihre Gutachten nach persönlicher Untersuchung des BF und unter Beachtung aller vom BF vorgelegten Beweismittel, welche ihnen zunächst von der belangten Behörde und im gegenständlichen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis gebracht wurden. Die von den medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX und Dr. XXXX betreffend den BF erstellten Sachverständigengutachten sind in Augen des Gerichtes richtig, schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
Der Sachverständige Dr. XXXX gelangt in seinem Gutachten vom 20.4.2017 zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer an einem Zustand nach Kompressionsbruch vom 2. und 4. Lendenwirbel leidet und stellte dieses Leiden als dauerhafte Funktionseinschränkung, von voraussichtlich länger als sechsmonatiger Dauer fest. Diese sachverständig festgestellte Funktionseinschränkung fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.01.02 (Wirbelsäule; Funktionseinschränkungen mittleren Grades), für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmen von 30 - 40% vorsieht. Der medizinische Sachverständige schöpfte bei der Festsetzung des Grades der Behinderung den Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.02 den Rahmensatz mit 30% aus, da nur eine geringe Funktionsbehinderung bei nachvollziehbaren Beschwerden und bei Belastungsminderung besteht.
Der Sachverständige Dr. XXXX führt in seinem Gutachten vom 30.1.2018 aus, dass im Bereich der rechten unteren Extremität zwar sensomotorische Einschränkungen mit deutlicher Vorfußheberschwäche, mäßiger Vorfußsenkerschwäche und leichter Schwäche der Kniestreckung bestehen, diese Funktionsausfälle im bisherig eingeschätzten Grad der Behinderung jedoch bereits enthalten sind.
Eine allenfalls vorhandene psychische Beeinträchtigung aufgrund der Belastungen, welche mit der Behinderung einhergehen - wie in der Beschwerde beschrieben - kann mangels fachärztlicher Befunddokumentation nicht objektiviert werden. Im Übrigen ist anzumerken, dass psychische Belastungen bei der persönlichen Untersuchung seitens des BF am 18.4.2017 auch nicht vorgebracht wurden.
Zu den Einwendungen des BF mit Schreiben vom 21.3.2018, in welchem er sich zu den im Beschwerdeverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 30.1.2018 sowie Dris. XXXX vom 6.2.2018 äußerte und dafür das im Auftrag der Wiener Städtischen Versicherung eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 29.12.2017 vorlegte, ist festzuhalten, dass das Sachverständigengutachten Dris. XXXX mit den im gegenständlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten nicht im Widerspruch steht. Dr. XXXX hält in seinem Gutachten vom 29.12.2017 als dauerhafte Gesundheitsschädigung des BF fest wie folgt: "Gangstörung mit Schwäche der Vorfuß- und Zehenheberfunktion rechts". Andere Spätfolgen als jene bereits aufgetretenen Dauerfolgen schließt Dr. XXXX aus. Auch die im verwaltungsbehördlichen bzw. in weiterer Folge im verwaltungsgerichtlichen Verfahren befassten Sachverständigen Dr. XXXX und Dr. XXXX gehen von denselben Funktionseinschränkungen aus und führten zudem in deren Gutachten eine entsprechende Einschätzung des Grades der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 durch.
Der medizinische Sachverständige Dr. XXXX hält in seinem Untersuchungsbefund vom 30.1.2018 fest, dass rechtsseitig eine deutliche Vorfußheberschwäche und eine mäßiggradige Vorfußssenkerschwäche bestehen. Fersen-, Zehenspitzen- und Einbeinstand sind rechts nicht möglich. Er stellte zudem eine allseits intakte Sensibilität fest und berücksichtigte dabei die bestehenden Hypästhesien im Bereich der rechten Oberschenkel Innenseite, Unterschenkel Außenseite und des rechten Vorfußes.
Dies steht im Einklang mit dem Untersuchungsbefund des Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.4.2017 und der darauf basierenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen unter Berücksichtigung des vom BF mittels Antrag vorgelegten Unfallkrankenhauses XXXX vom 23.6.2014.
Zu der im Schreiben vom 21.3.2018 erstatteten Einwendung des BF, er leide seit dem Behandlungsfehler des XXXX Unfallkrankenhauses an einer Nerventeillähmung mit Großzehenherberschwäche, ist auszuführen, dass ein solches Leiden zwar aus dem vorgelegten Gutachten Dris. XXXX vom 29.12.2017 hervorgeht (siehe Seite 57 im Gutachten), dies jedoch im Zusammenhang mit der Indikation der zweiten Operation zur Korrektur der Schraubenfehllage, welche schließlich am 15.6.2014 stattfand.
Als Dauerfolge stellte der unfallchirurgische Sachverständige in seinem Gutachten vom 29.12.2017 hingegen keine Nerventeillähmung fest, sondern geht - wie auch die dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen Dr. XXXX und Dr. XXXX - von der Gesundheitsschädigung "Gangstörung mit Schwäche der Vorfuß- und Zehenheberfunktion rechts" aus.
Die Einschätzung dieser Gesundheitsschädigung "Zustand nach Kompressionsbruch vom
2. und 4. Lendenwirbel" mit einem Grad der Behinderung von 30 % ist beim BF unter Berücksichtigung der Beschwerden und der Belastungsminderung bei geringen Funktionsbehinderungen gerechtfertigt.
Das vorgelegte Gutachten Dris. XXXX vom 29.12.2017 war demnach nicht geeignet zu einem gegenüber dem verwaltungsbehördlichen Verfahren abweichenden Ergebnis zu führen bzw. die vorliegenden sachverständigen Einschätzungen der Sachverständigen Dr. XXXX und Dr. XXXX zu entkräften. Von dem vom unfallchirurgischen Sachverständigen in seinem Gutachten dargelegten Sachverhalt, gingen auch die im gegenständlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen aus und kamen sie in Übereinstimmung zu dem Ergebnis, dass die Funktionseinschränkung des BF mit einem Grad der Behinderung von 30 % korrekt eingeschätzt ist und damit der Schwere und dem Ausmaß dieser Funktionseinschränkung entspricht.
Sämtliche im gegenständlichen Verfahren vorliegenden Gutachten wurden dem BF zur Kenntnis gebracht.
Die Gutachten der beiden betrauten Sachverständigen Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, und Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, werden aufgrund der obigen Ausführungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts als vollständig und schlüssig erachtet und weisen keine Widersprüche auf. Sie stehen auch im Einklang mit dem unfallchirurgischen Gutachten Dris. XXXX vom 29.12.2017, in welchem keine Einschätzung des Grades der Behinderung des BF nach der Anlage der Einschätzungsverordnung vorgenommen wurde.
Die vorliegenden Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war den Vorbringen im gesamten Beschwerdeverfahren sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilungen beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem vorliegenden Befundbericht des Unfallkrankenhauses XXXX vom 23.6.2014 sowie dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 18.4.2017 erhobenen Untersuchungsbefund, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigung wurde nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 richtig eingestuft.
Zu der Einwendung, dass die Befundaufnahme viel zu kurz angesetzt gewesen wäre, um verlässlich prüfen zu können, ob der BF eine längere Strecke etwa von der Wohnung bis zum Parkplatz ohne gröbere Beschwerden zurücklegen könne, ist zu sagen, dass es einem medizinischen Sachverständigen der Humanmedizin aus dem Fachgebiet der Orthopädie muss zugebilligt werden, die bei einem von ihm befundeten Menschen vorhandene Mobilität richtig zu erkennen und die Wahrnehmungen darüber in der Verschriftlichung im Gutachten richtig wiederzugeben.
Die vorliegenden Sachverständigengutachten stammen aus der Feder eines Facharztes für Orthopädie und eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie und werden vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.
Die vorliegenden Beweismittel und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde - in welchem die seitens des BF der belangten Behörde vorgelegten Beweismittel einliegen - ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).
Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.
Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - sind die zitierten medizinischen Sachverständigengutachten
Dris. XXXX vom 20.4.2017, vom 6.2.2018 und Dris. XXXX vom 30.1.2018 schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf und erfüllen diese die Grundlage der Einschätzung des GdB bildende eingeholten Gutachten die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen die eingeholten ärztliche Sachverständigengutachten auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und jene des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor, sodass entsprechend dem § 45 Abs 4 BBG ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen war.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind - soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache:
Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetz (BBG).
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter "Behinderung" iSd BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, welche geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
§ 40 Abs 1 BBG normiert, dass behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen ist, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, welche nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs 2 BBG).
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
§ 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sieht vor, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit
(Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen sind. Eine solche zuständige Stelle ist:
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Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
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Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
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In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967,
BGBl 376.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 BBG vorliegt.
Gemäß § 54 Abs 12 BBG sind die Gesetzesstellen § 1, § 41 Abs 1 und 2, § 55 Abs 4 und 5 idF BGBl I 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft getreten.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Der Behindertenpass ist gemäß § 42 Abs 2 BBG unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen (§ 43 Abs 1 BBG).
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
[...]
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im gegenständlichen Fall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einzuschätzen war und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.
Betreffend des beim BF sachverständig festgestellten vorliegenden Leidens ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 Folgendes zu entnehmen:
Leiden 1 betreffend: Zustand nach Kompressionsbruch vom 2. und 4.
Lendenwirbel
02.01 Wirbelsäule
Manische, depressive und bipolare Störungen
02.01.02 Funktionseinschränkung mittleren Grades 30 - 40%
Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel:
Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)
30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika
40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen maßgebliche Einschränkungen im Alltag
Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014,
Ro 2014/11/0023).
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, war das Beschwerdevorbringen bzw. das im Beschwerdeverfahren übermittelte unfallchirurgische Gutachten vom 29.12.2017 insgesamt nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 30 v.H. festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde der Beschwerdeführer am 18.4.2017 vom orthopädischen Sachverständigen Dr. XXXX , untersucht und ist dieser Untersuchungsbefund in das medizinische Sachverständigengutachten vom 20.4.2017, sowie in die weiteren Gutachten vom 30.1.2018 und vom 6.2.2018 eingeflossen. Das unfallchirurgische Sachverständigengutachten vom 29.12.2017 steht damit nicht im Widerspruch.
Die Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG war auf das mittels Eingabe vom 21.3.2018 der vorangegangenen Beschwerde nachgereichte Sachverständigengutachten Dr. XXXX vom 29.12.2017 nicht anzuwenden, da dieses Gutachten sich auf das verfahrensgegenständliche Leiden bezieht und der erkennende Senat die mit der Novelle BGBl. I 57/2017 geschaffene Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG dahingehend auslegt, dass die allenfalls bei einer verwaltungsgerichtlich veranlassten Untersuchung übergebenen oder dem Gericht während des Beschwerdeverfahrens übermittelten Beweismittel dahingehend zu prüfen sind, ob diese zu dem bisher bekannt gewesenen Sachverhalt (somit zu den im bisherigen Verfahren objektivierten Leiden) ein Tatsachenvorbringen und / oder ein ergänzendes Beweisanbot beinhalten.
Im vor der belangten Behörde dem bekämpften Bescheid vorangegangenen Verfahren wurde der Zustand nach Kompressionsbruch vom 2. und 4. Lendenwirbel als die beim Beschwerdeführer vorhandene Funktionseinschränkung (Position Nr. 02.01.02) mit einem Grad der Behinderung von 30% objektiviert, sodass es sich bei den Ausführungen in der nach dem 26.5.2017 (Beschwerdevorlage an das Gericht) vorgelegten unfallchirurgischen Sachverständigengutachten vom 29.12.2017 aus Sicht des erkennenden Senats nicht um neue Beweismittel handelt.
Die vorliegenden verwaltungsbehördlich und bundesverwaltungsgerichtlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 20.4.2017, 30.1.2018 und vom 6.2.2018 erfüllen die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 der Einschätzungsverordnung und bilden die Grundlage der Einschätzung des Grades der Behinderung des BF.
Die genannten medizinischen Sachverständigengutachten befunden die Funktionsbeeinträchtigung des BF und beurteilen auch entsprechend dem § 2 Abs 1 der Einschätzungsverordnung dessen Auswirkungen als Grad der Behinderung.
Die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung des BF fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position 02.01.02, wofür die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 30 % bis 40% vorsieht und wird der Grad der Behinderung von den medizinischen Sachverständigen mit 30% (30 v.H.) festgestellt und das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend § 2 Abs 3 der Einschätzungsverordnung durch den medizinischen Sachverständigen begründet.
Unter Beachtung der dargetanen Position aus der Einschätzungsverordnung samt deren Rahmensatz und den Vorgaben der Einschätzungsverordnung in den §§ 2 und 3 wurde somit der Grad der Behinderung des BF in den verfahrensgegenständlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 20.4.2017, 30.1.2018 und vom 6.2.2018 unter Zugrundelegung der Einschätzungsverordnung mit 30 v. H. korrekt eingeschätzt.
Beim BF liegt demnach kein Grad der Behinderung von mindestens 50 vH vor. Dem BF ist in Ermangelung des Grades der Behinderung von mindestens 50 vH ein Behindertenpass nicht auszustellen.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG - falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird - eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH 16.9.2008