TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/29 W189 2137578-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W189 2137578-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch RA Edward Daigneault, betreffend ihren Antrag auf internationalen Schutz vom 28.04.2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.10.2017, zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 34 Abs. 2 und 4 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich ihrer niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.04.2015 gab die Antragstellerin zu Protokoll, Staatsangehörige Somalias und Angehörige der Volksgruppe der Hawiye zu sein. Sie bekenne sich zum muslimischen Glauben und habe bislang keine Ehe geschlossen. Im Herkunftsstaat habe die Antragstellerin keine Ausbildung genossen und beherrsche sie die Sprache Somalisch nur in Wort. Im Herkunftsstaat würden die Mutter und drei Brüder der Antragstellerin leben; ihr Vater und ein Bruder seien bereits verstorben. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates führte die Antragstellerin an, dass sie dazu im Moment nichts sagen wolle, da sie sehr traurig sei. Sie wolle jedenfalls nicht zurück nach Somalia.

2. Mit Schriftsatz vom 12.10.2016 erhob die Antragstellerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung Säumnisbeschwerde mit näherer Begründung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gem. Art 130 Abs.1 Z.3 B-VG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2016 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 19 Abs. 2 AsylG 2005 mit der Einvernahme der Antragstellerin binnen 6 Wochen ab Zustellung beauftragt.

Dem Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Erstreckung der Frist gemäß § 19 Abs. 2 AsylG 2005 um zwei weitere Wochen wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.11.2016 entsprochen.

3. Am 30.12.2016 wurde die Antragstellerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, wo sie eingangs der Befragung angab gesund zu sein und bisher nur wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Sie sei nicht im Besitz eines Reisedokumentes oder eines sonstigen Identitätsdokumentes. Die Antragstellerin sei in Somalia, XXXX , geboren und aufgewachsen, gehöre der Volksgruppe der Hawiye an und bekenne sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Zu den Lebensumständen im Herkunftsstaat gab sie zu Protokoll, dass sie im Herkunftsort gemeinsam mit ihren Eltern gelebt habe; ihr Vater sei LKW-Fahrer und ihre Mutter Hausfrau gewesen. Finanziell sei es ihnen einigermaßen gut gegangen. Ein Bruder von ihr sei bei einem Telefonanbieter tätig gewesen und habe die Familie auch ein Lebensmittelgeschäft betrieben. Die Antragstellerin habe sechs Jahre die Schule besucht und nebenbei im elterlichen Betrieb gearbeitet. Zuletzt hätten sich die Mutter und die Geschwister der Antragstellerin im Herkunftsort befunden; ihr Vater sei im November 2013, nur einige Monate nach einem ihrer Brüder, erschossen worden. Weiters habe sie einen Onkel im Herkunftsort. In Somalia besitze ihre Familie ein Haus und das dazugehörige Grundstück. Sie wisse seit 2014 jedoch nicht mehr, wo sich ihre Verwandten aufhalten würden; sie habe keinen Kontakt zu ihnen. Nach Mogadischu sei sie Ende November 2013 gezogen. Im Bundesgebiet sei die Antragstellerin traditionell verheiratet.

Als Fluchtgrund führte die Antragstellerin einen unbekannten älteren Mann an, Angehöriger der Al-Shabaab Miliz, mit welchem ihre Eltern sie hätten verheiraten wollen. Sie hätten Geld dafür bekommen und vielleicht hätten sie auch Angst vor ihm gehabt. Niemand aus der Familie habe ihr helfen wollen und sei ihr letztendlich ihr Bruder XXXX zur Hilfe gekommen. Er sei eines Nachmittages zu ihr gekommen und hätte die Antragstellerin, weil sie mit Selbstmord gedroht habe, nach Mogadischu gebracht. So sei sie in das Haus der Tante des Kollegen ihres Bruders gekommen und habe sie aus Angst ihr Telefon abgedreht. Am gleichen Abend habe sie den Anruf erhalten, wonach ihr Bruder ermordet worden sei. Dann habe sie ihr Telefon wieder eingeschalten und gesehen, dass der Mann, dem sie versprochen worden sei, ihr Vorwürfe zum Tod ihres Bruders gemacht habe: hätte sie eingewilligt gehabt, wäre das nicht passiert. Dieser Mann hätte auch ihren Vater entführt und in ein Al-Shabaab Gefängnis gebracht. So sei ihr Bruder Ende November umgebracht worden und habe sie Ende Dezember die schreckliche Nachricht erhalten, dass ihr Vater umgebracht worden sei. Den Herkunftsort habe sie Ende November 2013 verlassen, nachdem ihr Bruder sie nach Mogadischu geschickt habe, bis sie Anfang 2014 zwecks Ausreise aus Somalia nach XXXX gegangen sei. Nachgefragt erklärte die Antragstellerin, dass sie dort nicht verfolgt worden sei, da sie sich nicht als Stammesmitglied zu erkennen gegeben habe. In XXXX hätten die Leute angenommen, dass sie taub sei und sei sie vollverschleiert gewesen. Deswegen habe sie nichts zu befürchten gehabt. Da sie dennoch in ständiger Angst gewesen sei, sei sie dennoch geflüchtet, sobald die Tante des Kollegen ihres Bruders das Geld gehabt habe. Die Antragstellerin habe der Ehe nicht zugestimmt, weil der Mann älter gewesen sei und sie - was weder ihr Verlobter, noch ihre Eltern gewusst hätten - keine Jungfrau mehr gewesen sei. Sie hätte ihnen schon gesagt, dass sie eine Liebe gefunden habe und kein Al-Shabaab Mitglied heiraten würde. Auf die Frage, wie ihre Familie reagiert habe, führte die Antragstellerin nur allgemeine Bestimmungen der Scharia an. Nochmals danach gefragt, gab sie zu Protokoll, dass sie gesteinigt werden könne. Nochmals auf Nachfrage gab sie an, dass ihr Vater gesagt habe, dass sie nichts zu melden habe und er die Entscheidung bereits getroffen habe. Sie wisse jedenfalls nicht, wie viel Geld ihr Verlobter ihren Eltern gezahlt habe. Befragt führte sie fort, dass sie Ende November, zwei Wochen nachdem sie von der geplanten Verehelichung erfahren habe, und eine Woche vor dem Hochzeitstermin, nach Mogadischu gereist sei. Die Situation, als ihr Bruder sie getröstet und weggeschickt habe sei in der 3. Novemberwoche - eine Woche nachdem sie von der Zwangsehe erfahren habe - passiert und habe er sie in der 4. Novemberwoche nach Mogadischu geschickt. Hätte der Mann entdeckt, dass sie keine Jungfrau mehr sei, so hätte er sie getötet bzw. hätte sich die Antragstellerin selbst umgebracht, bevor sie ihn geheiratet hätte. Nach ihrer Beziehung gefragt gab sie den Namen ihres Freundes zu Protokoll und führte fort, dass die Beziehung bereits ein Jahr gedauert habe. Sie hätten sich immer an verschiedenen Orten getroffen, womit die Beziehung im Verborgenen habe bleiben können. Nur seine Schwester habe davon gewusst. Er sei Student gewesen und hätten sie nach Beendigung seines Studiums heiraten wollen; deshalb hätten sie sich auf die Beziehung eingelassen. Nochmals danach gefragt, wieso sie sich trotz Wissens über die möglichen Konsequenzen auf die Beziehung eingelassen habe, gab die Antragstellerin zu Protokoll, dass sie sich erst in den letzten Tagen auf einen sexuellen Kontakt eingelassen hätten und sei das kurz bevor sie von der Zwangsehe erfahren habe gewesen. Als sie ihren Freund darüber informiert habe, habe er ohne ihr Wissen sofort die Flucht ergriffen, da er Angst vor ihrem Verlobten, Mitglied von Al-Shabaab, gehabt habe. Bisher habe sie nichts mehr von ihm gehört. Auf Vorhalt, wonach sie bei ihrer Erstbefragung angegeben habe, dass ihre Familie die Ausreise arrangiert habe, nun aber angebe, dass es die Tante des Kollegen ihres Bruders gewesen sei, entgegnete die Antragstellerin, dass sie auch damals angegeben habe, dass ihr Bruder daran beteiligt gewesen sei. Das sei vermutlich missverständlich notiert worden. Schließlich gab die Antragstellerin an, niemals vorbestraft worden zu sein oder Strafdelikte begangen zu haben. Auch sei sie niemals von der Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichten oder Behörden gesucht, angehalten oder festgenommen worden und habe sie auch niemals Probleme mit den heimatlichen Behörden gehabt. Die Antragstellerin sei niemals politisch tätig gewesen.

Zu den Lebensumständen im Bundesgebiet gab die Antragstellerin zu Protokoll, dass sie im April 2015 illegal eingereist sei. Sie lebe von der Grundversorgung und gehe keiner Beschäftigung nach. Sie besuche einen Deutschkurs und würde sie in der Zukunft gerne eine Ausbildung machen, um zum Beispiel als Krankenpflegerin zu arbeiten.

4. Am XXXX wurde die Tochter der Antragstellerin im Bundesgebiet geboren und stellte die Antragstellerin für diese, als deren gesetzliche Vertreterin, einen Antrag auf internationalen Schutz.

5. Mit Schreiben vom 01.09.2017 wurden die Antragstellerin und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht für den 03.10.2017 geladen, wobei das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits im Zuge der Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung im Voraus verzichtete.

6. Am 03.10.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache statt, bei welcher der Antragstellerin Gelegenheit geboten wurde, ausführlich zu ihren Fluchtgründen Stellung zu nehmen. Ein Vertreter der Behörde ist nicht erschienen.

7. Mit Schriftsatz vom 17.10.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme zum Länderinformationsblatt zu Lage in Somalia ein, bei welcher mit Hinweise auf weiteren Quellen insbesondere auf die katastrophale, allgemeine Sicherheitslage im Herkunftsstaat sowie der besonderen Situation der Antragstellerin und ihrer minderjährigen Tochter hingewiesen wurde.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2017, Zl. 1158048408-170752719, wurde der minderjährigen Tochter der Antragstellerin gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Antragstellerin, beinhaltend die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.04.2015, die Säumnisbeschwerde vom 12.10.2016, die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.11.2016, dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2017, Zl. 1158048408-170752719 ihre im Bundesgebiet geborenen minderjährigen Tochter betreffend, durch die Einvernahme der Antragstellerin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 03.10.2017, sowie die Stellungnahme vom 17.10.2017, durch Einsicht in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS und IZR sowie durch Einsichtnahme in das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia.

1.1. Zur Antragstellerin

Die Identität der Antragstellerin steht nicht fest.

Die Antragstellerin gab an, Staatsangehörige von Somalia, Zugehörige des Clans der Hawiye und muslimisch-sunnitischen Glaubens zu sein. Sie leidet an keinen schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten, sondern ist gesund.

Festgestellt wird, dass die Antragstellerin strafgerichtlich unbescholten ist.

Der am XXXX .2017 im Bundesgebiet nachgeborenen Tochter der Antragstellerin wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2017, Zl. 1158048408-170752719, der Status einer Asylberechtigten gewährt und kraft Gesetzes festgestellt, dass ihr gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.2. Die Antragstellerin ist in ihrem Herkunftsstaat weder vorbestraft noch wurde sie jemals inhaftiert oder einer Bedrohung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten ausgesetzt und drohen ihr solche auch in Zukunft nicht. Die Antragstellerin war niemals politisch tätig.

1.3. Zum Herkunftsstaat der Antragstellerin:

KI vom 13.2.2017: Farmaajo neuer Präsident (betrifft: Abschnitt 2 / politische Lage)

Der frühere Regierungschef Mohamed Abdullahi Mohamed Farmaajo hat die Präsidentenwahl in Somalia gewonnen. Im zweiten Durchgang der Wahl am Mittwoch ließ der 54-jährige somalisch-amerikanische Doppelstaatsbürger Farmaajo den bisherigen Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud hinter sich (NZZ 8.2.2017). Tausende Menschen feierten am Mittwochabend (8.2.2017) den Sieg von Farmaajo auf den Straßen von Mogadischu. Es gab Hupkonzerte, und Menschen umarmten Soldaten (FR 10.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017). Auch in anderen somalischen Städten sowie in Kenia - in Garissa und Eastleigh - kam es zu spontanen Freudenfeiern, die als Ausdruck aufrichtiger Unterstützung für den neuen Präsidenten durch die Bevölkerung gewertet werden können (VOA 9.2.2017).

Die Wahl von Mohamed Farmaajo kam überraschend, galt doch der Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud als Favorit (FR 10.2.2017). Letzterer hat jedenfalls seine Niederlage eingestanden (NZZ 8.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017), und er forderte alle Somalis dazu auf, den neuen Präsidenten zu unterstützen. Farmaajo wurde unmittelbar angelobt (VOA 9.2.2017).

Die Durchführung einer allgemeinen und freien Wahl war in Somalia zwar nicht möglich gewesen; doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Die Medien konnten hinsichtlich der Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - ein gutes Zeichen (DW 10.2.2017).

2010/2011 war Farmaajo acht Monate lang Premierminister von Somalia gewesen. Damals hatte er sich einen Namen als Anti-Korruptionskämpfer erworben (FR 10.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017). Seine Entlassung durch den damaligen Präsidenten Ahmed Sheikh Sharif führte zu heftigen Protesten der Bevölkerung (FR 10.2.2017).

Quellen:

-

DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 13.2.2017

-

FR - Frankfurter Rundschau (10.2.2017): Hoffnung für Somalia, http://www.fr-online.de/politik/wahl-hoffnung-fuer-somalia,1472596,35147632.html, Zugriff 13.2.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.2.2017): Präsidentenwahl zwischen Sandsäcken und Ruinen,

https://www.nzz.ch/international/nahost-und-afrika/mohamud-in-somalia-abgewaehlt-praesidentenwahl-zwischen-sandsaecken-und-ruinen-ld.144287, Zugriff 13.2.2017

-

VOA - Voice of America (9.2.2017): Somalis Optimistic About New President,

http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html, Zugriff 13.2.2017

KI vom 19.1.2017: Dürre (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)

Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.1.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.1.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.1.2017).

Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.1.2017; vgl. UNSOM 16.1.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.1.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.1.2017).

Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 - wie gegenwärtig prognostiziert - schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.1.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.1.2017).

Quellen:

-

FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (20.12.2016): With continued drought, Horn of Africa braces for another hunger season,

http://reliefweb.int/report/somalia/continued-drought-horn-africa-braces-another-hunger-season, Zugriff 19.1.2017

-

FEWSNET - Famine Early Warning Systems Network (16.1.2017): Severe drought, rising prices, continued access limitations, and dry forecasts suggest Famine is possible in 2017, http://www.fews.net/east-africa/somalia/alert/january-16-2017, Zugriff 19.1.2017

-

SMN - Shabelle Media Network (15.1.2017): A Mother and her kids die of hunger in Gedo,

http://allafrica.com/stories/201701160709.html, Zugriff 19.1.2017

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.1.2017): Somalia: Humanitarian Snapshot (as of 12 January 2017), http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/somalia_humanitarian_snapshot_-_january_2017.pdf, Zugriff 19.1.2017

-

UNSOM - UN Assistance Mission to Somalia (16.1.2017): Deputy SRSG de Clercq assesses humanitarian crisis in Somalia's South West state,

http://reliefweb.int/report/somalia/deputy-srsg-de-clercq-assesses-humanitarian-crisis-somalia-s-south-west-state, Zugriff 19.1.2017

KI vom 20.9.2016: Dürre (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)

Bild kann nicht dargestellt werden

Die humanitäre Lage in Somalia bleibt prekär. Etwa 38 Prozent der Bevölkerung sind auf Unterstützung angewiesen, eine Million Menschen können ihren grundlegenden Nahrungsbedarf nicht decken. 305.000 Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Zwischen Jänner und Juni wurden ca. 490.000 Menschen mit Nahrungsmittelhilfe versorgt, 125.000 Kinder konnten wegen akuter Unterernährung behandelt werden (UNSC 6.9.2016). UNOCHA stellt hinsichtlich Nahrungsmittelsicherheit nebenstehende aktuelle Karte zur Verfügung (UNOCHA 9.9.2016).

Das Klimaphänomen El Niño führte in Somaliland und in Puntland zu Dürre. Dort sind 385.000 Menschen akut von Nahrungsmittelunsicherheit bedroht, weitere 1,3 Millionen Menschen sind dem Risiko ausgesetzt, ohne Unterstützung in eine akute Bedrohung abzugleiten (UNSC 6.9.2016; vgl. UNOCHA 1.9.2016). In Süd-/Zentralsomalia brachte El Niño hingegen schwere Regenfälle und teilweise Überschwemmungen (UNOCHA 1.9.2016).

Die Regenzeit Gu (März-Juni) brachte für Puntland und Somaliland zwar eine teilweise Entlastung; doch wird für den Zeitraum Juli-Dezember 2016 wieder eine Erhöhung der Nahrungsmittelunsicherheit erwartet (UNSC 6.9.2016). Für eine nachhaltige Besserung bedarf es mehr als nur einer guten Regenzeit. Prognosen zufolge könnte sich die Situation durch das nachfolgende Wetterphänomen La Niña weiter verschärfen. So bietet auch die Nahrungsmittelsicherheit in Süd-/Zentralsomalia zunehmend Grund zur Sorge. Derzeit sind also - v.a. im Norden - noch die Auswirkungen von El Niño zu spüren, während aufgrund von La Niña eine schlechte Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) erwartet wird. Die schwere Hungersnot der Jahre 2011/2012 war durch La Niña verursacht worden (UNOCHA 1.9.2016).

Quellen:

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (9.9.2016): Somalia - Humanitarian Snapshot, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Somalia%20Humanitarian%20Snapshot%20-%20September%202016.pdf, Zugriff 20.9.2016

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (1.9.2016): Humanitarian Bulletin Somalia, August 2016, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/August%202016%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin.pdf, Zugriff 20.9.2016

-

UNSC - UN Security Council (6.9.2016): Report of the Secretary-General on Somalia [S/2016/763], http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1473923936_n1627603.pdf, Zugriff 20.9.2016

Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.12.2015).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.12.2015). Somalia ist keine Wahldemokratie. Es gibt keine demokratischen Institutionen. Das Parlament wurde durch Clan-Repräsentanten ausgewählt, und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel. Diese gibt den vier Hauptclans jeweils gleich viele Sitze, und den kleineren Clans und Minderheiten insgesamt halb so viele Sitze, wie einem Hauptclan. Trotzdem wird die Förderung der Demokratie formell von allen politischen Akteuren - mit der Ausnahme von al Shabaab - akzeptiert. So ist das politische System Somalias weder demokratisch noch autoritär; alles dreht sich um die Repräsentation auf Basis der Clans (BS 2016).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Dies ist die erste Regierung Somalias seit 1991, der breite internationale Unterstützung zukommt (BS 2016). Somalia gilt laut dem UN-Repräsentanten nicht mehr als failed state, sondern als fragiles Land. Die Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren stabilisiert (AP 23.12.2015; vgl. AA 1.12.2015).

Eigentlich waren für 2016 Wahlen vorgesehen. Der Präsident hat aber im Juni 2015 angekündigt, dass diese "one person, one vote"-Wahlen verschoben werden (USDOS 13.4.2016; vgl. UNSC 8.1.2016). Dagegen hat es im Parlament Proteste gegeben (AI 24.2.2016). Ein von der Regierung einberufenes National Consultative Forum soll über einen anderen Wahlprozess für das Jahr 2016 beraten. Gleichzeitig soll das Forum auf Vorbereitungen für allgemeine Wahlen im Jahr 2020 treffen (UNSC 8.1.2016).

Obwohl seit dem Ende der Übergangsperiode wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet wird, ist die faktische Situation nach wie vor in all diesen Bereichen sehr mangelhaft (AA 1.12.2015). Die Erfolge der aktuellen Regierung bei Friedens- und Staatsbildung waren sehr bescheiden. Politische Grabenkämpfe zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister haben zu mangelnder Kontinuität beim Regierungspersonal geführt (BS 2016). Zuletzt gab es im August 2015 eine Regierungskrise, als das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Mohamud einleiten wollte (UNSC 11.9.2015; vgl. AI 24.2.2016). Dieses Begehren wurde später zurückgezogen (UNSC 8.1.2016).

Die anhaltenden politischen Grabenkämpfe und der Fokus auf die Föderalisierung haben die Regierung von Reformen im Justiz- und Sicherheitsbereich abgelenkt (HRW 27.1.2016). Das Clansystem hat wiederum die Einrichtung nachhaltiger Regierungs- und Verwaltungsstrukturen behindert (UNHRC 28.10.2015). Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 1.12.2015).

Es gab einen signifikanten Fortschritt bei der Einrichtung staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, und für alle Bezirke (außer Baardheere) gibt es vorläufige Verwaltungen (UNSC 8.1.2016). Gleichwohl gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach, wesentliche Staatsfunktionen können nicht ausgeübt werden (AA 1.12.2015). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 10.2015). Die regionalen Verwaltungen kämpfen noch damit, ihre Autorität durchzusetzen. Sie stehen dabei einem Mangel an Geld, einem Mangel an Regierungsinfrastruktur und einem Mangel an Personal gegenüber. Außerdem fehlt es an Details zu den Strukturen der Bundesstaaten sowie an breiter Unterstützung beim Staatsbildungsprozess (UNSC 8.1.2016). Die internationalen Partner werden auch weiterhin signifikante Unterstützung gewähren müssen (UNSC 8.1.2016), wie etwa über laufende Projekte zur Kapazitätsbildung und zu Kernfunktionen der Regierung durch die Weltbank und UNDP (UNSC 11.9.2015).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Die Bundesregierung hat einen Prozess zur Schaffung föderaler Bundesstaaten initiiert (BS 2016). Das Bundesparlament hat eine Grenz- und Bundeskommission einberufen, welche hinsichtlich der Grenzen der Bundesstaaten, Regionalverwaltungen und Bezirke beraten soll. Die Kommission wird von der UN und anderen Partnern unterstützt (UNSC 11.9.2015).

Der Schritt zur Föderalisierung hat zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: die Galmudug Interim Administration (GIA); die Interim Juba Administration (JIA); und die Interim South West Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 13.4.2016).

1) Im Juni 2015 fand in Cadaado die Staatsbildungskonferenz für den Bundesstaat Galmudug statt. Es sollte eine Galmudug Interim Administration (GIA) für die zentralen Regionen Galgaduud und Mudug geschaffen werden (UNSC 11.9.2015). In der Folge wurde eine Regionalversammlung gebildet, die im Juli 2015 Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (UNSC 11.9.2015; vgl. EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten (USDOS 13.4.2016). Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert (UNSC 11.9.2015) und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 13.4.2016). Fraktionen der ASWJ haben sich später mit der GIA arrangiert (UNSC 11.9.2015). Trotzdem kontrolliert ASWJ noch immer teile der GIA, darunter die wichtige Stadt Dhusamareb (UNSC 8.1.2016). Auch Puntland hat sich ursprünglich gegen die GIA gestellt, da es selbst den nördlichen Teil von Mudug beansprucht. Nach Verhandlungen hat die GIA ihre Ansprüche auf Nord-Mudug zurückgezogen (UNSC 11.9.2015). Unter die GIA fallen demnach neben Galgaduud noch die Bezirke Hobyo und Xaradheere (EASO 2.2016). Die GIA hat bei der Einrichtung ihrer Verwaltungsinstitutionen in der Übergangshauptstadt Cadaado Fortschritte gemacht. Auch wurden Anstrengungen unternommen, die Bevölkerung zu erreichen, Clanmilizen zu entwaffnen und Sicherheitskräfte auszubilden (UNSC 8.1.2016). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016).

2) Nach dem Ende einer zweijährigen Übergangsperiode wurde Sheikh Ahmed Islam "Madobe" am 15.8.2015 von der neuen, 75sitzigen Regionalversammlung des Bundesstaates Juba (Lower und Middle Juba, Gedo) als Präsident der Interim Juba Administration (IJA) angelobt (USDOS 13.4.2016; vgl. UNSC 11.9.2015). Zuvor war im Mai 2015 die Regionalversammlung selbst in Kismayo eingerichtet worden. Dabei gab es auch Kritik und das Bundesparlament strebte eine Auflösung der Regionalversammlung an (UNSC 11.9.2015). Bei der Lösung von Konflikten zwischen Clans sowie innerhalb der Darod/Marehan auf dem Gebiet der IJA gibt es Fortschritte (UNSC 8.1.2016).

3) Nach anfänglichen Streitigkeiten über die Frage, ob der Bundesstaat South West aus drei oder sechs Regionen bestehen soll, einigte man sich auf die drei-Regionen-Lösung. Die Interim South West Administration (ISWA) umfasst nunmehr die Regionen Bay, Bakool und Lower Shabelle. Im November 2014 wurde Sharif Hassan Sheikh Adan von einer ISWA-Konferenz zum Präsidenten gewählt. Damit wurde die Übergangsverwaltung ISWA offiziell geschaffen (USDOS 13.4.2016). Im August 2015 wurde ein Prozess gestartet, um eine ISWA-Regionalversammlung zu schaffen (UNSC 11.9.2015). Mit der Einrichtung der Regionalversammlung ist die Errichtung der ISWA abgeschlossen. Von den 146 Abgeordneten sind 30 weiblich (UNSC 8.1.2016).

4) Im August 2015 wurde von der Bundesregierung ein Prozess zur Bildung eines Bundesstaates Hiiraan-Middle Shabelle initiiert (UNSC 11.9.2015). Dieser Prozess wird weiter vorangetrieben. Buulo Barde könnte die Hauptstadt des neuen Bundesstaates werden (UNSC 8.1.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

AP - Associated Press (23.12.2015): Somalia no longer a failed state, just a fragile one, says UN. The Guardian, http://www.theguardian.com/world/2015/dec/23/somalia-no-longer-a-failed-state-just-a-fragile-one-says-un, Zugriff 20.4.2016

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):

Asylländerbericht Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

-

UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

-

UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

-

UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

Puntland

Der so genannte Puntland State of Somalia hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden (AA 1.12.2015; vgl. BS 2016). Die staatlichen Organe in Puntland sind insgesamt weniger fragil als die zentralstaatlichen (AA 1.12.2015). Dabei konnte Puntland die Verwaltungskapazitäten weiter ausbauen. Gleichzeitig ist Puntland auf Bundesebene ein wichtiger Akteur. Grundlegende staatliche Dienste (z.B. Infrastruktur, Behörden) sind in Puntland gegeben. Das Verwaltungssystem ist aber urban konzentriert und reicht nicht bis in entlegene Gebiete (BS 2016).

Puntland verfügt über ein Einkammernparlament (USDOS 13.4.2016). Im Januar 2014 kam es zum dritten Mal zu einem friedlichen Machtwechsel an der Spitze von Puntland. Allerdings fand dieser Machtwechsel nicht auf der Grundlage einer allgemeinen Wahl statt (AA 1.12.2015). Zwar war eine solche geplant, doch wurde die Wahl aufgrund gewaltsamer Proteste abgesagt. Gewählt wurde Präsident Abdiweli Mohamed Ali "Gaas" im Prinzip von Ältesten (BS 2016). Das Parlament, das den Präsidenten wählte, war unter Einbeziehung traditioneller Strukturen mit Clan-Bezug von einem durch den vorherigen Präsidenten eingesetzten Auswahlausschuss ernannt worden (AA 1.12.2015). Dabei folgte die Wahl von Präsident Gaas dem Rotationsprinzip der drei Hauptclans von Puntland (BS 2016).

Obwohl das Parlament schon im Jahr 2012 eine Verfassung beschlossen hat, die ein Mehrparteiensystem vorsieht (USDOS 13.4.2016), hat Puntland noch keine wirklich demokratischen Strukturen geschaffen. Präsident und Parlament werden durch den Beschluss von Ältesten entschieden (BS 2016).

Politische Auseinandersetzungen werden in der Regel zwar nicht gewaltsam ausgetragen, aber die Sicherheitslage ist im Umfeld der Wahlen sehr angespannt. Staatliche Sicherheitskräfte agieren mit Sondervollmachten (AA 1.12.2015).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

Sicherheitslage

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen. Es wurden die unterschiedlichen Akteure in Somalia kategorisiert:

* Die farbigen Gebiete zeigen Akteure, die über signifikanten Einfluss verfügen. Diese Akteure verfügen auch über Ressourcen, um diesen Einfluss zu garantieren. Derartige Akteure sind: Somaliland, Puntland, die Galmudug Interim Administration (GIA), AMISOM und die Somali National Army (SNA), die Jubbaland Interim Administration (JIA), al Shabaab (AS) und die Ahlu Sunna Wal Jama'a (Zentralsomalia; ASWJ). Einige Städte werden von anderen Parteien beherrscht: Von der Clan-Miliz SSC (Dulbahante; Khatumo), von der Clan-Miliz der Warsangeli, von ASWJ (Fraktion Gedo), von Clan-Milizen an der Grenze zu Äthiopien (in den Regionen Gedo, Bakool und Hiiraan). Eine Gebiete - und hier vor allem in Süd-/Zentralsomalia - werden von zwei dieser relevanten Akteure beeinflusst.

* In mit strichlierten Linien umrandeten Gebieten gibt es zusätzliche Akteure mit eingeschränktem Einfluss. Diese Akteure agieren neben den oben erwähnten Hauptakteuren, und sie verfügen nur über eingeschränkte Ressourcen (EASO 2.2016).

Kommentare zu den Eintragungen auf der Karte:

* In Puntland und Jubbaland wurden Zellen des Islamischen Staates markiert; diese Markierungen erfolgten auf der Grundlage anekdotischer Berichte über größere Gruppen von AS-Deserteuren.

* Einige der kleineren Ortschaften der al Shabaab wurden auf der Grundlange anekdotischer Berichte eingetragen.

* Hinsichtlich der Städte Buuhoodle (Togdheer) und Taalex (Sool) gibt es unterschiedliche Berichte und Informationen, die keine Grundlage bieten, diese Ortschaften mit einem relevanten Akteur zu verbinden.

* Die Karte zeigt für Qoryooley keine Garnison der AMISOM. Allerdings gibt es einen Stützpunkt und auch verfügbare Truppen. Allerdings scheinen diese Truppen den Stützpunkt nicht permanent besetzt zu halten. Daher ist Qoryooley die einzige von AMISOM kontrollierte Bezirkshauptstadt, für welche keine Garnison eingetragen worden ist (wiewohl es eine Garnison der somalischen Armee gibt).

* Dhusamareb wurden deshalb als AMISOM markiert, da die Garnison äthiopischer AMISOM-Truppen in der Stadt der wichtigste Akteur ist. Allerdings hat dort nach wie vor ASWJ die politische Kontrolle.

* Das gleiche gilt für die Städte Ceel Buur und Wabxo: Sie sind zwar unter der politischen Kontrolle der GIA, der jeweils wichtigste Akteur im Ort ist aber AMISOM.

* Dies gilt auch für Städte in Gedo: Sie mögen unter der politischen Kontrolle der JIA sein, trotzdem ist ungewiss, ob die Führung in Kismayo tatsächlich die Kontrolle über die Armee in Gedo innehat. So bleibt als wichtigster Akteur AMISOM.

* Äthiopische Flaggen markieren nicht nur äthiopische AMISOM-Garnisonen sondern auch Garnisonen äthiopischer Truppen, die nicht Teil von AMISOM sind sowie Kräfte der äthiopischen Liyu Police. Letztere operiert im mit "Government Allied Militias" markierten Gebiet entlang der äthiopischen Grenze.

* Während die kenianischen, burundischen, ugandischen und dschibutischen Garnisonen nahezu abgedeckt zu sein scheinen, gibt es mehr äthiopische Garnisonen als auf der Karte vermerkt. Es ist unmöglich, ein klares Bild über die oben erwähnten äthiopischen Truppen außerhalb von AMISOM zu erlangen.

* Jene AMISOM-Garnisonen, die als "Strongholds" (Bastionen) markiert sind, können als permanent erachtet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese an al Shabaab fallen können.

* Die meisten AMISOM-Garnisonen, die als "Forward Position" markiert sind, haben taktische Relevanz und scheinen permanent zu sein. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass diese unter starkem Druck der al Shabaab geräumt werden können (EASO 2.2016).

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016).

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

-

BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:

Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten um

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten