TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/31 W126 2155048-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W126 2155048-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2017, Zl. 1092827410/151648141, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 12.10.2017 und am 15.06.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung gab der zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er Afghanistan verlassen habe, weil er dort keine Zukunft habe. Er habe weder die Schule besuchen noch eine passende Arbeit finden können. Er sei in Österreich, um eine Ausbildung zu erhalten und eine Arbeit zu finden.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 24.02.2017 brachte der Beschwerdeführer im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung im Wesentlichen vor, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Seine Eltern, sein jüngerer Bruder und seine Schwester würden in Kabul leben. Als Fluchtgrund führte er an, dass die Lage in Afghanistan unsicher gewesen sei und es Krieg geherrscht habe. Die Kutschis seien immer wieder gekommen und hätten viele Häuser in Brand gesetzt. Ihre Gesichter seien vermummt gewesen, aber es könne sich nur um die Taliban gehandelt haben. Viele junge Menschen, darunter auch der ältere Bruder des Beschwerdeführers, seien mitgenommen worden. Die Eltern des Beschwerdeführers seien von den Taliban gefoltert worden. Danach sei die Familie nach Kabul gegangen. Vom Bruder des Beschwerdeführers habe die Familie des Beschwerdeführers nichts mehr gehört.

In der am 06.03.2017 vom gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers übermittelten Stellungnahme wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt und diverse Berichte zur Situation in Afghanistan wiedergegeben.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 28.03.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 (Spruchpunkt II.) ab und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 (Spruchpunkt III). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 28.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Der Beschwerdeführer wurde darüber informiert, dass er gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch bis zum 11.04.2017 in Anspruch zu nehmen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

In der Beschwerde wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA wiederholt und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Angaben glaubhaft dargelegt habe und sein Alter im Bescheid nicht berücksichtigt worden sei.

Aufgrund der fehlenden Lebensgrundlage würde der Beschwerdeführer in Kabul in eine existenzbedrohende Notlage geraten. Betreffend die Sicherheitslage in Kabul wurde auf diverse Länderberichte verwiesen.

Beantragt wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

4. Am 12.10.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein gesetzlicher Vertreter teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm (entschuldigt) nicht an der Verhandlung teil.

Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung zusammengefasst an, dass er in Afghanistan in der Provinz Maidan Wardak im Distrikt XXXX im Dorf XXXX gemeinsam mit seiner Familie gelebt habe. Er habe XXXX im Jahr 2014 verlassen und habe danach ungefähr ein Jahr in Kabul gelebt. Im Jahr 2015 habe er Afghanistan verlassen. Die Familie des Beschwerdeführers lebe in Kabul. Der Vater des Beschwerdeführers arbeite als Straßenverkäufer, um für die Familie zu sorgen. Es gehe ihm aber gesundheitlich nicht gut, weshalb er nicht regelmäßig arbeiten könne. Der Beschwerdeführer telefoniere meist einmal im Monat mit seiner Mutter. Die Familie lebe im Haus eines Freundes seines Vaters. Der ältere Bruder des Beschwerdeführers sei von den Taliban mitgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe noch drei Tanten und zwei Onkel väterlicherseits sowie eine Tante und einen Onkel mütterlicherseits, welche alle in Kabul leben würden. Er habe nur zu einem Onkel väterlicherseits Kontakt. Als der Beschwerdeführer in Kabul gewohnt habe, habe er als Automechaniker gearbeitet. Er sei nur zwei Jahre in die Schule gegangen. In Kabul habe der Beschwerdeführer Angst vor den Taliban und den Kutschis gehabt. Diese hätten seinen Bruder mitgenommen. Da der Beschwerdeführer seinem Bruder vom Alter her folge, habe sein Vater nicht mehr gewollt, dass er in Afghanistan bleibe.

Der Bruder des Beschwerdeführers sei vor ca dreieinhalb Jahren mitgenommen worden. Es seien auch viele andere Jugendliche mitgenommen worden. Sie seien in der Nacht gekommen, hätten die Häuser angegriffen und in Brand gesetzt und das Vieh weggenommen. Sie hätten auch die Eltern des Beschwerdeführers zusammengeschlagen, sodass der Vater des Beschwerdeführers eine Verletzung am Kopf und im Gesichtsbereich erlitte habe. Die Familie des Beschwerdeführers habe sich bemüht, den Bruder des Beschwerdeführers über die Dorfältesten wieder freizubekommen, dies sei ihnen aber nicht gelungen. Die Familie sei daraufhin nach Kabul geflüchtet. Dort sei der Vater des Beschwerdeführers im Krankenhaus behandelt worden. Der Beschwerdeführer habe nichts mehr über seinen Bruder erfahren, er wisse auch nicht ob dieser noch am Leben sei.

Es habe auch davor schon Probleme mit den Kutschis im Heimatdorf gegeben. Jedes Jahr im Frühling seien die Kutschis in das Dorf der Familie des Beschwerdeführers gekommen und hätten sie belästigt und bedroht. Die Kutschis seien manchmal von den Taliban begleitet worden. Sie hätten das Vieh der Dorfbewohner gestohlen bzw. die ganze Ernte oder auch andere Sachen wie Fahrräder mitgenommen. Sie hätten die Frauen auf den Feldern belästigt, sodass diese nicht mehr hätten arbeiten können. Der Beschwerdeführer habe auch oft mit den Kutschis gestritten und sei auch zusammengeschlagen worden, aber er habe sich gewehrt. Nachdem der Beschwerdeführer zu jung gewesen sei, hätten sie ihn damals nicht mitgenommen. Es seien Jungen im Alter des Beschwerdeführers gewesen. Sie hätten ihn "Hazara" und er habe sie "Kutschi" genannt. Der Beschwerdeführer wisse nicht, wie die Situation im Heimatdorf derzeit sei.

Er habe sich in Kabul gefürchtet, dass noch einmal Taliban oder Kutschis kommen und ihn mitnehmen würden. Er habe solche Angst gehabt, dass er sich in Kabul nicht frei bewegt habe. Das Problem sei, dass der Beschwerdeführer Hazara sei, weshalb er in Kabul kein sicheres Leben führen könne.

In Österreich leide der Beschwerdeführer an Kopfschmerzen und bekomme regelmäßig Nasenbluten. Als er am Anfang nach Österreich gekommen sei, habe er sehr viel Angst gehabt und sein Zimmer kaum verlassen. Später habe er bemerkt, dass er in Österreich nichts zu befürchten habe. Wenn er in der Früh aufstehe, versuche er selbst Deutsch zu lernen, allerdings funktioniere das nicht so gut, weil er oft in Gedanken bei seiner Familie sei und sich Sorgen um diese mache. Nachdem sich der Beschwerdeführer in einer Schule angemeldet habe, sei ihm gesagt worden, dass er das Sprachniveau B1 erreichen müsse, um die Schule fortsetzen zu können. Sein Niveau sei auf A1 bzw. A2 geschätzt worden. Er sei auch zwei Wochen lang in einen Box-Club gegangen, jedoch sei die Entfernung zu groß und die Fahrtkosten sehr hoch gewesen, weshalb er dies nicht fortsetzen habe können. Er habe circa sechs oder sieben Monate lang in einer Mannschaft Fußball gespielt. Der Beschwerdeführer habe eine österreichische Freundin und Bekannte, mit denen er manchmal Fußball spiele. Er habe auch afghanische Freunde, welche er aus dem Heim kennen würde. Er habe in Österreich keine Straftat begangen und verstehe sich sehr gut mit Österreichern. Manchmal helfe er auch bei Arbeiten, zum Beispiel beim Rasenmähen.

Im Rahmen der Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs am 10.04.2017, ein Prüfungszeugnis A1 (Prüfung am 12.07.2017) sowie zwei ambulante Arztbriefe vom 23.08.2017 und vom 14.09.2017 vor.

Im Arztbrief vom 23.08.2017 wurde als Diagnose "Depressive Episode bei psychosozialer Belastung, Ein- und Durchschlafstörung, selbstverletzendes Verhalten und rez. Kopfschmerzen" angeführt. Angemerkt wurde, dass der Beschwerdeführer gedrückt und traurig wirke, er gegenüber einer Betreuerin gesagt habe, dass er nicht mehr leben wolle und dass er Schnittverletzungen habe und zeitweise mit der Faust gegen die Wand schlage.

Im Arztbrief vom 14.09.2017 wurde eine mittelgradige depressive Episode, ein Kulturschock, Kopfschmerzen und ein nichtsuizidales selbstschädigendes Verhalten diagnostiziert. Ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer sehr aufgeschlossen sei. Seit Juli 2017 habe er täglich Wodka getrunken. Nun habe dieses Verhalten nachgelassen und seit drei Tagen trinke er überhaupt keinen Alkohol mehr. Er habe auch keine Entzugserscheinungen. Circa einmal die Woche würde er mit den Fäusten gegen die Wand schlagen. Selbstverletzendes Verhalten in Form von Schneiden und oberflächlichen Ritzen an der linken Unterhand habe er zuletzt vor zwei Wochen durchgeführt. Prinzipiell wolle er in Österreich bleiben und hier leben, zeige Zukunftsperspektiven und sei derzeit klar von Suizidalität distanziert. Die bereits verschriebene antidepressive und schlaffördernde Medikation sei vom Beschwerdeführer bisher verweigert worden. Auch die Kopfschmerzmedikation würde er nur unregelmäßig und ungern einnehmen. Laut Betreuer würde eine muttersprachliche Therapie organisiert werden können, wo sich der Beschwerdeführer selbständig melden müsse, was er aber bisher nicht getan habe.

Der Beschwerdeführer gab ergänzend an, dass er zwei verschiedene Medikamente verschrieben bekommen habe. Eines sei ein Schlaf- und das andere ein Schmerzmittel. Er nehme die Medikamente nur bei Bedarf. Ein Arzt habe ihn gefragt, ob er versucht habe Selbstmord zu begehen. Er habe gesagt, dass er es nicht geschafft habe. Auf Nachfrage, dass im Arztbrief stehe, dass der Beschwerdeführer vor einigen Monaten in Schweden einen Selbstmordversuch verübt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass ein Freund von ihm, mit dem er gemeinsam aus Afghanistan gekommen sei, vor ein paar Monaten nach Schweden weitergereist sei und in Schweden Selbstmord begangen habe.

Der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers führte dazu an, dass er nichts zu den ärztlichen Unterlagen sagen könne. Der Beschwerdeführer sei vor einiger Zeit verlegt worden und habe sich gut eingelebt, es sei aber immer wieder zu belastenden Situationen gekommen und aufgrund des dortigen Betreuungsumfelds sei eine medizinische Abklärung in die Wege geleitet worden. Der Beschwerdeführer habe immer wieder über starke Kopfschmerzen geklagt. Es sei im Raum gestanden, ob diese Kopfschmerzen auf psychische Probleme zurückzuführen seien, was abgeklärt werden sollte. Es sei noch keine Therapie eingeleitet worden. Der Beschwerdeführer habe die Medikamente bei Bedarf zu nehmen und sei für einen Therapieplatz angemeldet.

Am 17.11.2017 langten beim Bundesverwaltungsgericht eine psychologische Stellungnahme der Psychologin in der Unterbringung des Beschwerdeführers vom 16.11.2017, ein ambulanter Arztbrief vom 16.11.2017 über die aktuelle gesundheitliche Situation, eine Bestätigung der Medikamenteneinnahme vom 16.11.2017 betreffend die regelmäßige Einnahme der verschriebenen Psychopharmaka, eine Bestätigung des Psychosozialen Netzwerks vom 15.11.2017 darüber, dass sich der Beschwerdeführer seit 07.11.2017 in Psychotherapie befindet, ein ambulanter Arztbrief vom 14.09.2017 sowie ein Arztbrief vom 23.08.2017 ein.

In der psychologischen Stellungnahme wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der negative Bescheid den Beschwerdeführer sehr belasten würde und er in der anfänglichen Zeit aufgrund psychischer Einengung und Hoffnungslosigkeit kaum Hilfe annehmen habe können. Seit seiner Ankunft im aktuellen Quartier habe er sich einige Male schwere Schnittwunden am Unterarm zugefügt, die beim Gemeindearzt behandelt hätten werden müssen. Weitere Selbstverletzungen seien mit Faustschlägen gegen die Wand zugefügt worden. Im Rahmen einer Krisenintervention aufgrund suizidaler Äußerungen sei er am 23.08.2017 in einem Krankenhaus vorstellig geworden. Diese Zeit sei auch stark von Alkoholabusus geprägt gewesen. Am 14.09.2017 sei ein Termin in einem Krankenhaus wahrgenommen worden. Am 27.10.2017 habe aufgrund einer emotionalen Krise die Rettung verständigt werden müssen. Seit Mitte Oktober 2017 gelinge es dem Beschwerdeführer zunehmend Vertrauen in das Personal zu gewinnen und nehme seither Hilfsangebote sowie Entlastungsgespräche mit den Betreuern sowie der Psychologin in Anspruch. Auch mit seiner Bezugsperson verbringe er viel Zeit und rede über seine Probleme. Es bestehe derzeit kein Alkohol- oder Drogenkonsum. Momentan distanziere er sich von Suizid. Seit Mitte/Ende Oktober 2017 nehme er regelmäßig seine Medikamente ein. Daraufhin hätten sich seien Schlafstörungen gebessert. Er sei auch bereits auf einer Warteliste für eine Psychotherapie. Seit 07.11.2017 nehme er Psychotherapiegespräche in Anspruch. Am 13.11.2017 wäre ein Arztbesuch bei einem Psychiater erfolgt, da der Beschwerdeführer trotz Medikation erneut unter Einschlafschwierigkeiten gelitten habe. Am 16.11.2017 habe ein Kontrolltermin in einem Krankenhaus stattgefunden.

Unter der Überschrift "Hinweise zur Behandlung" wurde festgehalten, dass es einer adäquaten Behandlung und Betreuung bedürfe, um den psychosozialen Belastungsfaktoren des minderjährigen Beschwerdeführers entgegenwirken zu können. Eine regelmäßige Medikamenteneinnahme solle die Symptome auf lange Sicht verbessern. Ambulante Kontrollen sollten in regelmäßigen Abständen stattfinden, ein stationärer Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie solle bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes angestrebt werden. Um eine Konfrontation und Reintegration der erlebten Traumata vollziehen zu können, benötige es die Gewissheit, in Österreich bleiben zu können. Empfohlen wurde die Gewährleistung des weiteren Schulbesuchs, soziale Aktivitäten, sportliche Betätigung, Förderung der regelmäßigen Medikamenteneinnahme, Gewährleistung regelmäßiger Kontrolltermine, therapeutische Begleitung in Muttersprache, intensive Bezugsbetreuung, psychologische Betreuung sowie der Verbleib im aktuellen Quartier.

Im Schreiben der Freundin des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht vom 04.04.2018 legte diese zusammengefasst dar, dass sich im Leben des Beschwerdeführers viel geändert habe. Da die Mutter des Beschwerdeführers seit zwei Monaten an Krebs leide, sei die gesamte Familie des Beschwerdeführers nach Indien ausgewandert, um bessere Ärzte aufsuchen zu können. Würde der Beschwerdeführer zurück nach Afghanistan geschickt werden, würde er dort keine Bezugspersonen mehr finden. Zudem seien in seiner Heimatstadt viele Taliban, die ihn als "Europäer" und somit als Verräter des Landes entlarven würden. Nach dem Prinzip der Taliban sei dies nicht zu tolerieren, was bedeute, dass das Leben des Beschwerdeführers in großer Gefahr sei. Noch dazu kenne er sich in keiner anderen Stadt als Kabul und XXXX aus noch habe er Verwandte oder Bekannte, die ihm weiterhelfen könnten. Außerdem sei er schon seit fast sechs Monaten mit ihr in einer Beziehung. Auch habe sich die Anzahl an einheimischen Bezugspersonen stark vergrößert, wobei man bei allen von guten Freunden sprechen könne. Der Beschwerdeführer habe sich gut integriert und eingefügt. Es werde ersucht, all diese Faktoren in der Entscheidung zu berücksichtigen.

In der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.06.2018 nahmen neben dem nunmehr volljährigen Beschwerdeführer seine Freundin als Zeugin und der Betreuer des Beschwerdeführers als Vertrauensperson teil. Ein Vertreter der belangten Behörde und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sind nicht erschienen.

Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, dass er Deutsch verstehe, es aber nicht so gut sprechen könne. Er habe einen Deutschkurs und ein Gymnasium besucht, würde das Gymnasium aber nicht mehr besuchen. Er sei auf Arbeitssuche, habe aber bisher nichts gefunden. Der Beschwerdeführer habe eine Ausbildung zum Automechaniker und habe in Kabul auch als Mechaniker gearbeitet. Dies sei sein Berufswunsch. Mit seinen Freunden lerne er täglich ein bis zwei Stunden Deutsch. Er habe seit etwa sieben oder acht Monaten eine österreichische Freundin, mit welcher er nicht zusammenlebe. Wenn sie Zeit hätten, würden sie gemeinsam Deutsch lernen.

Seit drei bis vier Monaten wisse der Beschwerdeführer nichts mehr über die Lage in Afghanistan. Er stehe derzeit nicht in Kontakt mit seiner Familie. Es gebe kein Internet und das Handy seiner Familie sei verloren gegangen. Die Familie des Beschwerdeführers lebe derzeit in Afghanistan, er gehe davon aus, dass sie nach wie vor in Kabul wohne. Beim BFA habe er angegeben, dass seine Familie bei einem Freund seines Vaters leben würde. Dieser habe der Familie in der Zwischenzeit gesagt, dass es nicht mehr möglich sei, bei ihm zu wohnen, weshalb die Familie zu einem Onkel väterlicherseits gezogen sei. Dieser Onkel sei letztes Jahr getötet worden. Er habe einen Sohn gehabt, welcher sich in Schweden das Leben genommen habe. Nach dem Tod seines Onkels habe die Familie weiterhin im Haus des Onkels gelebt. Seine Mutter sei wegen ihrer Krebserkrankung in Indien gewesen und nach einer Operation zurückgekommen. Sie müsse acht oder neun Monate ohne Bewegung liegen. Der Vater und der Bruder des Beschwerdeführers seien Straßenverkäufer.

Der Beschwerdeführer habe nach wie vor psychische Probleme. Diese habe er bereits in Afghanistan gehabt, dafür gebe es aber in Afghanistan keine medizinische Versorgung. Er würde es sich nicht leisten können, zu einem Arzt zu gehen. Seine Mutter habe ihn früher immer getröstet. Er habe ein schwieriges Leben gehabt, weil er im Krieg aufgewachsen sei. Er habe manchmal starke Kopfschmerzen und Nasenbluten. Zurzeit nehme er die ihm verschriebenen Medikamente ein.

Er sei einmal in Österreich mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, weil jemand seine Freundin belästigt habe. Es habe ein Gerichtsverfahren gegeben und als Strafe habe er eine Woche in einem Altenheim arbeiten müssen. Eine weitere Woche sei noch offen.

Zum Vorhalt der Richterin zur Lage in Afghanistan auf Grundlage der Länderberichte, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor volatil sei, es auch nicht verkannt werde, dass die Situation in Kabul angespannt sei, es aber nach der Quellenlage und auch aufgrund der höchstgerichtlichen Judikatur nicht gesagt werden könne, dass eine Rückkehr nach Afghanistan und nach Kabul allgemein nicht zugemutet werden könne, erwiderte der Beschwerdeführer, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht sei und es den Eltern des Beschwerdeführers nicht so gut gehen würde; auch habe er seinen Onkel verloren. Wenn er zurückkehren müsse, würden ihn seine Landsleute beschuldigen, dass er Christ geworden sei; er sei kein Christ, aber die Afghanen würden so denken. Täglich würden Hazara umgebracht werden. Vor kurzem sei ein Enkelkind seiner Tante mütterlicherseits getötet worden.

Sein Wunsch sei, dass er seine Freundin heirate. Ein großer Wunsch sei, etwas zu lernen und zu arbeiten. Er wolle ein ruhiges Leben haben, welches er bisher in Kabul nicht gehabt habe.

Die Freundin des Beschwerdeführers sagte im Wesentlichen aus, seit sechs Monaten mit dem Beschwerdeführer zusammen zu sein. Dieser sei gut integriert und habe auch schon gemeinsam mit ihr in einem Kurzfilm mitgespielt und sei der Star in seiner Fußballmannschaft. Er sei fleißig und könne schon gut Deutsch sprechen. Ihren Eltern sei es leider nicht möglich gewesen, an der Verhandlung teilzunehmen, sie hätten sie gerne begleitet.

Der Beschwerdeführer gab ergänzend noch an, dass sein Vater in der Heimatprovinz am hinteren Kopfbereich geschlagen worden sei und zeigte dazu Fotos.

Der Beschwerdeführer legte zudem eine Arbeitsbestätigung über die vom Beschwerdeführer abgeleisteten Sozialstunden, eine Bestätigung über die Mitgliedschaft in einem Fußballverein seit Beginn des Jahres 2018 und zahlreiche sonstige - dem Bundesverwaltungsgericht zum Teil bereits bekannte - medizinische Unterlagen vor.

In der Therapiebestätigung des interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrums Zebra vom 10.01.2018 wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer an einem therapeutischen Abklärungsgespräch teilgenommen habe und die Symptome auf das Vorliegen einer Traumafolgestörung hinweisen.

In der fachlichen Äußerung des interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrums Zebra vom 08.06.2018 wurde zusammengefasst dargelegt, dass die Symptome des Beschwerdeführers auf eine posttraumatische Belastungsstörung hinweisen. Der Beschwerdeführer nehme das traumaspezifische Psychotherapieangebot von Zebra seit Dezember 2017 regelmäßig und kontinuierlich in Anspruch, wodurch eine erste deutliche Besserung seiner Symptome erzielt werden habe können. Die weitere psychotherapeutische Behandlung sei aus therapeutischer Sicht unbedingt anzuraten, um den psychischen Zustand des Beschwerdeführers weiter zu stabilisieren.

Im chirurgischen Ambulanzbericht vom 17.01.2018 wird ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer beim Fußballspielen das linke Sprunggelenk verletzt habe. In der erneuten Untersuchung am 24.01.2018 wurde festgestellt, dass die Schwellung bereits rückläufig sei und dem Beschwerdeführer empfohlen, sich zu schonen sowie drei Wochen keinen Sport auszuüben.

Am 06.2018 langte die Schulbesuchsbestätigung des Beschwerdeführers, wonach dieser von 01.12.2017 bis 24.03.2018 ein Gymnasium besuchte, beim Bundesverwaltungsgericht ein. Eine Stellungnahme zu den Länderberichten wurde, auch seitens des Rechtsvertreters, trotz Belehrung in der Verhandlung, nicht erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Muslime. Seine Muttersprache ist Dari. Er ist volljährig, im erwerbsfähigen Alter und arbeitsfähig. Er hat eine Ausbildung als Automechaniker.

Er stammt aus dem Distrikt XXXX in der Provinz Maidan Wardak. Der Beschwerdeführer hat dort zwei Jahre lang die Schule in einer Moschee besucht und als Landwirt auf der eigenen Landwirtschaft sowie auf anderen Landwirtschaften gearbeitet. Die Kutschis sind immer wieder ins Heimatdorf des Beschwerdeführers gekommen, vor allem im Frühling, manchmal begleitet von den Taliban, und haben das Vieh der Dorfbewohner gestohlen bzw. die ganze Ernte oder auch andere Sachen wie Fahrräder mitgenommen. Sie haben Häuser in Brand gesetzt und junge Menschen mitgenommen. Auch der ältere Bruder des Beschwerdeführers wurde von Kutschis mitgenommen und ist nicht mehr zurückgekommen. Der Vater des Beschwerdeführers erlitt einen Schädelbruch und weitere Verletzungen, als er versuchte, diese aufzuhalten. Eine Woche nach diesem Vorfall ging die Familie nach Kabul, wo sie seit dem Jahr 2014 lebt.

Der Beschwerdeführer lebte bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan circa ein Jahr in Kabul und arbeitete in Kabul als Automechaniker.

Der Vater, die Mutter, die Schwester und der jüngere Bruder des Beschwerdeführers leben in Kabul im Haus des verstorbenen Onkels des Beschwerdeführers. Der Vater und der Bruder des Beschwerdeführers arbeiten als Straßenverkäufer und verdienen so den Lebensunterhalt der Familie. Zudem leben drei Tanten und ein Onkel väterlicherseits und eine Tante sowie ein Onkel mütterlicherseits in Kabul. Die Mutter des Beschwerdeführers unterzog sich wegen einer Krebserkrankung in Indien einer Operation.

1.1.2. Beim Beschwerdeführer wurde im Arztbrief vom 14.09.2017 eine mittelgradige depressive Episode, ein Kulturschock, Kopfschmerzen sowie ein nichtsuizidales selbstschädigendes Verhalten diagnostiziert.

Der Beschwerdeführer nimmt seit Dezember 2017 regelmäßig das traumaspezifische Psychotherapieangebot des Beratungs- und Therapiezentrums Zebra in Anspruch. Er nimmt die ihm verschriebenen antidepressiven bzw. schlaffördernden Medikamente sowie Kopfschmerztabletten regelmäßig ein.

Laut Einschätzung einer Fachärztin vom 08.06.2018 ist eine psychotherapeutische Behandlung anzuraten, um den psychischen Zustand des Beschwerdeführers weiter zu stabilisieren. Durch den regelmäßigen und kontinuierlichen Besuch des traumaspezifischen Psychotherapieangebots konnte eine deutliche Besserung der Symptome des Beschwerdeführers erzielt werden.

Das linke Sprunggelenk des Beschwerdeführers, welches er beim Fußballspielen verletzte, benötigt zum Entscheidungszeitpunkt keine medizinische Unterstützung bzw. Behandlung.

1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Afghanistan:

Dem Beschwerdeführer drohen in Afghanistan keine Probleme mit den Taliban und keine sonstige gegen seine Person gerichtete Verfolgung.

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Maidan Wardak ist nicht zumutbar.

Eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in Kabul ist möglich und zumutbar. Er kann die Stadt Kabul von Österreich sicher mit dem Flugzeug erreichen. Er hat ein Jahr in Kabul gelebt und dort als Automechaniker gearbeitet und verfügt dort über ein familiäres Netzwerk. Er hat zudem die Möglichkeit, zunächst finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Asylantragstellung am 29.10.2015 in Österreich.

Er hat keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Er hat sechs Monaten eine Freundin, welche österreichische Staatsangehörige ist. Er hat neben afghanische Freunden aus dem Heim auch österreichische Bekannte, mit welchen er sich sehr gut versteht.

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt und ist bisher in Österreich keiner bezahlten Erwerbstätigkeit nachgegangen; er ist Mitglied eines Fußballvereins. Er absolvierte seit Beginn seines Aufenthaltes in Österreich einen Deutschkurs (Niveau A1), nahm an einem Werte- und Orientierungskurs teil und besuchte von 01.12.2017 bis 24.03.2018 ein Gymnasium, welches er freiwillig verließ.

Der Beschwerdeführer ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten.

1.4. Zur im konkreten Fall maßgeblichen Lage in Afghanistan:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).

Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.01.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.01.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.01.2017).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 02.01.2017; vgl. auch: UNAMA 06.02.2017).

Aktuelle sicherheitsrelevante Vorfälle zu Beginn des Jahres 2018 waren der Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.01.2018, der Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.01.2018, der Angriff auf die NGO Save the Children am 24.01.2018 sowie der Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.01.2018.

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 08.02.2017; Khaama Press 10.01.2017; Tolonews 04.01.2017a; Bakhtar News 29.06.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.07.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 04.01.2017).

Taliban

Der UN zufolge versuchten die Taliban weiterhin von ihnen kontrolliertes Gebiet zu halten bzw. neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen - was zu einem massiven Ressourcenverbrauch der afghanischen Regierung führte, um den Status-Quo zu halten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive unternahmen die Taliban keine größeren Versuche, um eine der Provinzhauptstädte einzunehmen. Dennoch war es ihnen möglich kurzzeitig mehrere Distriktzentren einzunehmen (SIGAR 30.10.2017):

Die Taliban haben mehrere groß angelegte Operationen durchgeführt, um administrative Zentren einzunehmen und konnten dabei kurzzeitig den Distrikt Maruf in der Provinz Kandahar, den Distrikt Andar in Ghazni, den Distrikt Shib Koh in der Farah und den Distrikt Shahid-i Hasas in der Provinz Uruzgan überrennen. In allen Fällen gelang es den afghanischen Sicherheitskräften die Taliban zurück zu drängen - in manchen Fällen mit Hilfe von internationalen Luftangriffen. Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es, das Distriktzentrum von Ghorak in Kandahar unter ihre Kontrolle zu bringen - dieses war seit November 2016 unter Talibankontrolle (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen von Sicherheitsoperationen wurden rund 30 Aufständische getötet; unter diesen befand sich - laut afghanischen Beamten - ebenso ein hochrangiger Führer des Haqqani-Netzwerkes (Tribune 24.11.2017; vgl. BS 24.11.2017). Das Haqqani-Netzwerk zählt zu den Alliierten der Taliban (Reuters 1.12.2017).

Aufständische des IS und der Taliban bekämpften sich in den Provinzen Nangarhar und Jawzjan (UN GASC 20.12.2017). Die tatsächliche Beziehung zwischen den beiden Gruppierungen ist wenig nachvollziehbar - in Einzelfällen schien es, als ob die Kämpfer der beiden Seiten miteinander kooperieren würden (Reuters 23.11.2017).

Kutschis

Die ca. 1,5 Million Nomaden (Kutschi), die mehrheitlich Paschtunen sind, leiden in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten. De facto kommt es immer wieder zu Diskriminierungen dieser Gruppe, da sie auf Grund ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter gelten. Nomaden werden öfter als andere Gruppen auf bloßen Verdacht hin einer Straftat bezichtigt und verhaftet, sind aber oft auch rasch wieder auf freiem Fuß. Angehörige der Nomadenstämme sind auf Grund bürokratischer Hindernisse dem Risiko der (faktischen) Staatenlosigkeit ausgesetzt. Die Verfassung sieht vor, dass der Staat Maßnahmen für die Verbesserung der Lebensgrundlagen von Nomaden ergreift. Einzelne Kutschi sind als Parlamentsabgeordnete oder durch politische und administrative Ämter Teil der Führungselite Afghanistans (AA 9.2016).

Die Verfassung sieht vor, dass 10 Sitze im Unterhaus der Nationalversammlung für die Kutschi-Minderheit reserviert sind. Auch sollen laut Verfassung vom Präsidenten zwei Kutschis zu Mitgliedern für das Oberhaus ernannt werden (AAN 4.2.2016; vgl. auch: CRS 15.1.2015).

(Maidan) Wardak

Maidan Shahr ist die Provinzhauptstadt. Distrikte der Provinz Wardak sind: Sayed Abad, Jaghto, Chak, Daimirdad, Jalrez, central Bihsud und Hisa-i-Awal Bihsud. Kabul und Logar liegen im Osten der Provinz (Maidan) Wardak, Bamyan im Westen und Nordwesten, Ghazni im Süden und Südwesten, sowie die Provinz Parwan im Norden (Pajhwok o.D.u). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 606.077 geschätzt (CSO 2016).

Die Hauptautobahn Kabul-Kandahar geht durch die Provinz Maidan Wardak und verbindet dadurch die südlichen, aber auch südöstlichen Provinzen mit der Hauptstadt Kabul (Khaama Press 6.5.2016).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Wardak 359 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum wurden Veränderungen der Sicherheitslage in der Provinz festgehalten - gleichwohl sind die Gewinne der Taliban in diesen Teilen des Landes minimal und unbeständig (USDOD 12.2016). Talibanaufständische sind in einer Anzahl von abgelegenen Distrikten in der Provinz aktiv (Khaama Press 3.7.2016). Aufständische werden durch die Sicherheitskräfte in der Provinz Wardak bekämpft (SIGAR 30.1.2017) und auch militärische Operationen werden durchgeführt (Khaama Press 25.9.2016; Khaama Press 28.10.2016; Khaama Press 17.8.2016; Khaama Press 21.7.2016; Khaama Press 1.6.2016).

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern (DAWN 28.01.2017).

Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 04.02.2017) (UN OCHA 05.02.2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben (UN OCHA 29.01.2017). Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren (AAN 28.12.2016).

Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen (AAN 28.12.2016).

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben (UN OCHA 05.02.2017; vgl. auch: UN OCHA 29.01.2017; UN OCHA 01.11.2016; UN OCHA 01.10.2016; vgl. ACBAR 07.11.2016).

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren (IOM 17.04.2016; vgl. auch ACBAR 15.05.2016).

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc. (UNHCR 6.2016).

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden (UN News Centre 23.01.2017).

Rückkehr

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.01.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.01.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.01.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.01.2017).

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:

Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9.2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).

Erhaltungskosten in Kabul

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zu 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

Medizinische Versorgung

Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 9.2016).

Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung

Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)].

Im regionalen Vergleich fällt die medizinische Versorgung weiterhin drastisch zurück (AA 9.2016). Dennoch hat das afghanische Gesundheitssystem in der letzten Dekade ansehnliche Fortschritte gemacht (The World Bank Group 10.2016; vgl. auch: AA 9.2016). Dies aufgrund einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (The World Bank Group 10.2016).

Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 9.2016).

Krankenkassen und Gesundheitsversicherung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.9.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte, sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul (1 in Kabul) verfügbar (IOM 2016).

Medikamente

Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.4.2016).

Krankenhäuser in Afghanistan

Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (IOM 2016).

Krankenhäuser in Kabul:

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Antani Hospital Address: Salan Watt, District 2, Kabul Tel: +93 (0)20 2201 372

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Ataturk Children's Hospital Address: Behild Aliabaad (near Kabul University), District 3, Kabul Tel: +93 (0)75 2001893 / +93 (0)20 250 0312

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Ahyaia Mujadad Hospital Address: Cinema Pamir, 1st District, Kabul Tel: +93(0)20 2100436

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Centre Poly Clinic Address: District 1, Cinema Pamir, Kabul Tel:

+93 (0)202100445

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Istiqlal Hospital Address: District 6, Kabul Tel: +93 (0)20 2500674

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Ibnisina Emergency Hospital Address: Pull Artal, District 1, Kabul

Tel: +93 (0)202100359

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Jamhoriat Hospital Address: Ministry of Interior Road, Sidarat

Square, District 2,Kabul Tel: +93 (0)20 220 1373/ 1375

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Malalai Maternity Hospital Address: Malalai Watt, Shahre Naw,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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