TE Vwgh Beschluss 2018/10/3 Ra 2018/07/0419

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.2018
beobachten
merken

Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der M W in V, vertreten durch Mag. Roland Reisch, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz Reisch-Straße 11a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 22. Februar 2018, Zl. LVwG- 2017/33/1823-1, betreffend eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis einer Agrargemeinschaft (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde; mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft N in V), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Februar 2018 verpflichtete das Landesverwaltungsgericht Tirol - im Beschwerdeverfahren und einem Antrag der mitbeteiligten Partei entsprechend - die Revisionswerberin gemäß § 37 Abs. 7 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 - TFLG 1996 dazu, binnen zwei Wochen EUR 3.051,46 auf das Substanzkonto der mitbeteiligten Partei einzuzahlen, wobei es einen Antrag der Revisionswerberin auf Kostenersatz gemäß § 74 AVG als unbegründet abwies.

2 Die Revision gegen diese Entscheidung ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - aus, die mitbeteiligte, auf Gemeindegut gemäß § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 bestehende Agrargemeinschaft umfasse lediglich zwölf Mitglieder, sodass deren Satzung - § 35 Abs. 6 TFLG 1996 entsprechend - als Organe der Agrargemeinschaft lediglich die Vollversammlung und den Obmann vorsehe. Zufolge der §§ 10 und 11 der Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft gehöre die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zum Wirkungskreis der Vollversammlung.

4 Gegenstand von Beschlüssen der Vollversammlung der Agrargemeinschaft sei am 16. März 2013 (u.a.) die Beauftragung von RA Dr. O. und am 21. März 2015 die Entscheidung, "sich weiter zur Wehr zu setzen" und eine Vollversammlung einzuberufen, wenn weitere Kosten entstünden, gewesen. Bei einer Vollversammlung am 19. März 2016 sei erneut der Beschluss gefasst worden, die Agrargemeinschaft weiterzuführen wie bisher und "sich zur Wehr zu setzen".

5 Anlässlich einer "Ausschusssitzung" am 8. September 2016, bei der neben der Revisionswerberin M.M. und A.O. anwesend gewesen seien, sei "beschlossen" worden, RA Mag. R. mit der Einbringung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde zu beauftragen, weil - laut Protokoll - Dr. O. "nicht mehr zu trauen sei".

6 Demgemäß sei ein Betrag von EUR 3.051,46 am 10. Oktober 2016 vom Konto der mitbeteiligten Agrargemeinschaft an RA Mag. R. überwiesen worden.

7 Der Beschluss über die Beauftragung von RA Mag. R. - so das Verwaltungsgericht abschließend - sei von einem im gegenständlichen Fall nicht vorgesehenen Organ der Agrargemeinschaft gefasst worden, weshalb die Auszahlung der EUR 3.051,46 ohne den notwendigen satzungsmäßigen Beschluss erfolgt sei. Der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 13. April 2017 auf Rückzahlung dieses Betrages durch die Revisionswerberin sei daher berechtigt.

8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 3. In den Zulässigkeitsausführungen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan.

12 3.1. Soweit darin zunächst vorgebracht wird, gesetzlich sei zwar eine "zwingende Wahl des Ausschusses der Agrargemeinschaft" erst bei Erreichen der dafür vorgesehenen Mitgliederanzahl statuiert, dies stehe jedoch einer "freiwilligen Bestellung eines Ausschusses vor Erreichen der Anzahl von 15 Mitgliedern keinesfalls" entgegen, genügt ein Hinweis auf die insofern eindeutige Rechtslage:

13 Der im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgericht angewendete § 35 Abs. 6 erster Satz TFLG 1996 ordnet an, dass "von der Wahl des Ausschusses abzusehen" ist, wenn die Agrargemeinschaft weniger als 15 Mitglieder umfasst. Das Gesetz ermöglicht daher eine freiwillige Einrichtung eines Ausschusses im Fall einer Agrargemeinschaft mit weniger als 15 Mitgliedern gerade nicht.

14 3.2. Die weiteren Zulässigkeitsausführungen der Revisionswerberin argumentieren erkennbar damit, dass der "Beschluss" des "Ausschusses" vom 8. September 2016 rechtskräftig geworden sei. Dieses Vorbringen geht allerdings schon deshalb ins Leere, weil jener "Ausschuss" mangels Organeigenschaft im Sinn des Gesetzes und der Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft einen rechtswirksamen Beschluss gar nicht fassen konnte.

15 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Oktober 2018

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070419.L00

Im RIS seit

08.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten