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L65503 Fischerei Niederösterreich;Norm
ABGB §1091;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der Wassergenossenschaft K in V, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Roland Hansely, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 13/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 6. Februar 2018, Zl. LVwG-AV-849/001-2017, betreffend eine Satzungsänderung einer Wassergenossenschaft (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Mitgliederversammlung der revisionswerbenden Wassergenossenschaft beschloss in ihrer Sitzung am 23. Oktober 2016 die Änderung ihrer Satzung. Konkret sollte der mit "Zweck und Umfang der Genossenschaft" bezeichnete § 3 durch einen 4. Absatz ergänzt und dort die Wortfolge "4.) die Ausübung der Fischereirechte der Mitglieder" eingefügt werden. An dieser Sitzung und Abstimmung nahmen nicht alle (fischereiberechtigten) Mitglieder der Wassergenossenschaft teil.
2 Mit Bescheid vom 26. Mai 2017 versagte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (BH) gemäß § 77 Abs. 7 WRG 1959 die Genehmigung dieser Satzungsänderung.
3 Die dagegen von der revisionswerbenden Wassergenossenschaft erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis ab.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Mitglieder der Wassergenossenschaft seien Miteigentümer des Grundstückes des gegenständlichen Sees und daher Besitzer des Fischereirechtes. Der See falle nicht in eine Reviereinteilung. Eine zivilrechtliche Übertragung der Ausübung des Fischereirechtes oder des Fischereirechtes selbst auf die revisionswerbende Wassergenossenschaft liege nicht vor.
5 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass nur wasserwirtschaftliche Belange und nicht solche zivilrechtlicher Natur in einer Satzung geregelt werden könnten. Es läge kein Anhaltspunkt vor, dass die revisionswerbende Wassergenossenschaft die Fischereirechte gepachtet habe. Bei der Mitgliederversammlung seien nicht alle Mitglieder anwesend gewesen. Aus diesem Grund habe eine (mündliche) Übertragung im Rahmen der Versammlung nicht für alle Mitglieder erfolgen können. Es habe schon aufgrund der Nichtanwesenheit aller Mitglieder bei der Mitgliederversammlung weder die Übertragung der Fischereirechte aller Mitglieder als solche noch die Übertragung des Rechts auf Ausübung dieser Fischereirechte durch eine Satzungsänderung vorgenommen werden können. Die bloße Abstimmung in der Mitgliederversammlung ersetze nicht die Voraussetzungen für das Rechtsgeschäft der Übertragung von Fischereirechten oder deren Ausübung.
6 Das Verwaltungsgericht erklärte die Revision mit einem bloßen Verweis auf Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, dieses kostenpflichtig aufzuheben.
8 Die BH erstattete eine Stellungnahme, in der sie sich den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis anschloss.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die revisionswerbende Wassergenossenschaft bringt im Rahmen der Zulässigkeitsgründe gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vor, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung abgewichen bzw. habe die Rechtslage verkannt, indem es ohne ausreichende Grundlage die Bestimmung des § 77 Abs. 7 WRG 1959 angewandt habe, ohne die der Satzänderung entgegenstehende Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes anzuführen; zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht auch vom Fehlen einer Übertragung des Fischereiausübungsrechtes an die Revisionswerberin ausgegangen.
14 Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Ausübung von Fischereirechten ihrer Mitglieder als weiterer Zweck in die Satzung einer Wassergenossenschaft aufgenommen werden könne, liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor; insofern erweist sich die Revision als zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
15 Wer die Fischerei als Ausfluss des Fischereirechtes ausüben darf, ergibt sich aus den die Fischerei regelnden landesrechtlichen Vorschriften (vgl. VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0012, Rz 38, mwN). Bezogen auf den gegenständlichen Fall richtet sich die Ausübung des Fischereirechtes nach dem NÖ Fischereigesetz 2001.
16 Das NÖ Fischereigesetz 2001 unterscheidet zwischen "Fischereiberechtigten" und "Fischereiausübungsberechtigten":
17 "Fischereiberechtigte" sind Besitzer von Fischereirechten, ohne Rücksicht darauf, ob sie dieses Recht ausüben dürfen (vgl. § 3 Z 7 NÖ Fischereigesetz 2001).
"Fischereiausübungsberechtigte" in solchen Gewässern, die - wie hier - nicht in die Reviereinteilung einbezogen sind, sind die Besitzer und Pächter des Fischereirechtes (vgl. § 3 Z 8 NÖ Fischereigesetz 2001).
18 Das Fischereirecht besteht in der Berechtigung, in jenen Gewässern, auf die sich das Recht räumlich erstreckt, Wassertiere zu hegen, zu fangen, sich anzueignen, deren Fang bzw. Aneignung durch andere zu gestatten und zu töten (vgl. § 4 Abs. 1 NÖ Fischereigesetz 2001). Es ist ein selbstständiges, mit Grund und Boden nicht verbundenes Recht, das nach den allgemeinen Vorschriften über den Erwerb und den Besitz von Privatrechten erworben und besessen werden kann. Zur Entscheidung von Streitfällen über den Besitz und über den Erwerb von Fischereirechten sind die ordentlichen Gerichte zuständig (vgl. § 4 Abs. 3 NÖ Fischereigesetz 2001).
19 Das Gesetz unterscheidet derart zwischen dem - stets privatrechtlich begründeten - Fischereirecht und dem Recht auf Ausübung der Fischerei, das öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0012, Rz 39, mwN). Anders als die Frage, wem als einem Fischereiberechtigten das Fischereirecht zusteht, die allein nach dem Privatrecht zu beurteilen ist, richtet sich die Ausübung der Fischerei nach den Bestimmungen des NÖ Fischereigesetzes 2001, somit ausschließlich nach den relevanten Verwaltungsbestimmungen (vgl. idS OGH 3.3.2015, 1 Ob 221/14b; VwGH 3.5.1974, 1698/73, VwSlg. 8611 A, mwH).
20 Die Revision unterscheidet nicht genau zwischen der Übertragung von Fischereirechten (siehe dazu zB den letzten Absatz der Seite 5 und alle Ausführungen zu § 4 Abs. 3 NÖ Fischereigesetz 2001) und der - hier allein verfahrensgegenständlichen - Übertragung des Rechtes, das Fischereirecht auszuüben, also der Übertragung des Fischereiausübungsrechtes.
21 Der Beschluss der Mitgliederversammlung über die strittige Satzungsbestimmung bzw. die - nach Ansicht der Revisionswerberin - dahinter stehenden, damit zum Ausdruck gebrachten konkludenten Willenserklärungen der anwesenden und zustimmenden Mitglieder können aber schon deshalb keine zivilrechtliche Übertragung des Fischereirechtes bewirken, weil in der beschlossenen Satzungsänderung nicht von der Übertragung der Fischereirechte (im Sinne des § 3 Z 7 iVm § 4 Abs. 3 NÖ Fischereigesetz 2001) durch die fischereiberechtigen Mitglieder die Rede ist, sondern allein auf die Ausübung der Fischereirechte der Mitglieder, somit auf die Übertragung von Fischereiausübungsrechten (§ 3 Z 8 NÖ Fischereigesetz 2001), Bezug genommen wird. Die Revisionswerberin ist daher schon aus diesem Grund nicht als Fischereiberechtigte im Sinne des § 3 Z 7 leg. cit. anzusehen.
22 Unstrittig fällt der verfahrensgegenständliche See in keine Reviereinteilung. Nach den relevanten Vorschriften des § 3 Z 8 NÖ Fischereigesetzes 2001 ist zur Ausübung eines Fischereirechtes - neben dem Fischereiberechtigten (dem Besitzer des Fischereirechtes) selbst - auch der Pächter des Fischereirechtes befugt. Um der Wassergenossenschaft die Stellung eines Fischereiausübungsberechtigten zu verschaffen, der die "Fischereirechte seiner Mitglieder" im Sinne der ergänzenden Satzungsbestimmung "ausüben" könnte, wäre der Abschluss eines Pachtvertrages zwischen den fischereiberechtigten Mitgliedern und der Wassergenossenschaft denkbar.
23 Eine Pacht des vorliegendenfalls im Miteigentum mehrerer Fischereiberechtigen stehenden Fischereirechts setzt aber den Abschluss eines entsprechenden Pachtvertrages mit allen Fischereiberechtigten voraus. Es ist weder davon auszugehen noch behauptet die Revisionswerberin, dass im genannten Vollversammlungsbeschluss der Abschluss eines solchen Pachtvertrages, der ihr das Recht zur Ausübung des Fischereirechtes vermitteln könnte, zu erblicken wäre.
24 Der Revision gelingt es daher im Ergebnis nicht, die Annahme des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, wonach es zu keiner rechtswirksamen Übertragung des Rechts, das als weiterer Zweck der Wassergenossenschaft in die Satzung aufgenommen werden solle, auf die Wassergenossenschaft gekommen sei.
25 Wurde der Revisionswerberin aber das Recht zur "Ausübung der Fischereirechte ihrer Mitglieder" nicht rechtswirksam übertragen, wurde sie durch die Verweigerung der Genehmigung einer dieses Recht als weiteren Zweck der Wassergenossenschaft anführenden Ergänzung der Satzung in keinen Rechten verletzt.
26 Angesichts dessen können weitere Überlegungen im Zusammenhang mit der Frage des Widerspruches einer solchen Satzungsänderung zu den Bestimmungen des WRG 1959 (vgl. § 77 Abs. 7 WRG 1959) dahin stehen.
27 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 3. Oktober 2018
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070350.L00Im RIS seit
07.11.2018Zuletzt aktualisiert am
15.11.2018