TE Vwgh Erkenntnis 2018/10/3 Ra 2017/12/0091

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Veröffentlicht am 03.10.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
60/03 Kollektives Arbeitsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz
91/02 Post

Norm

ArbVG §29
ArbVG §96
BDG 1979 §38 Abs3 idF 2012/I/120
BDG 1979 §38 Abs3 Z1 idF 2012/I/120
BDG 1979 §40
BDG 1979 §48
BDG 1979 §49
PBVG 1996 §73 Abs2 Z2
PTSG 1996 §17a Abs1
PTSG 1996 §17a Abs9
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des M A in W, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017, Zl. W213 2139394-1/5E, betreffend Versetzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Wien der Österreichischen Post Aktiengesellschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er wurde zunächst auf der Zustellbasis 1050 Wien auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Code 0802, im Gesamtzustelldienst eingesetzt. Ab 1. April 2013 wurde er bei dieser Dienststelle im Personalreservepool verwendet. Mit Wirksamkeit vom 29. März 2016 wurde er der Zustellbasis 1090 Wien dienstzugeteilt und seit diesem Zeitpunkt dort auf dem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Code 0819, „Motorisierte Depotstellenversorgung Stützpunktfahrten usw.“, verwendet.

2        Mit Bescheid vom 3. Oktober 2016 sprach die Dienstbehörde - nachdem sie den Revisionswerber von der beabsichtigten Personalmaßnahme verständigt und dieser dagegen Einwendungen erhoben hatte - aus, der Revisionswerber werde gemäß § 38 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 40 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), mit Wirksamkeit vom 1. November 2016 von Amts wegen zur Zustellbasis 1090 Wien versetzt und dort dauernd auf einem seiner dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung entsprechenden Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Code 0819, „Motorisierte Depotstellenversorgung Stützpunktfahrten usw.“, verwendet.

3        Begründend führte die Behörde unter anderem aus, das täglich anfallende Postaufkommen sei keine konstante Größe, sondern unterliege Schwankungen. Durch das eingeführte Gleitzeitdurchrechnungsmodell könne mit Hilfe eines Zeitkontos auf die unterschiedlichen Zustellmengen während des gesamten Jahres Rücksicht genommen werden. Im Zeitkorridor aufgebaute „Gutstunden“ aus zeitlichen Mehrleistungen könnten in Zeiten niedriger Auslastung abgebaut werden. Die Einführung dieses Gleitzeitdurchrechnungsmodells in der Briefzustellung sei daher eine betrieblich notwendige Maßnahme gewesen, um auch im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu bleiben.

Der Revisionswerber könne, da er nicht in das neue Gleitzeitdurchrechnungsmodell optiert habe, weiterhin nur auf Arbeitsplätzen der Verwendungsgruppe PT 8 eingesetzt werden, die einer starren 8-Stunden-Arbeitszeitregelung unterlägen. Er sei daher mit Umstellung der Zustellbasis 1050 Wien auf das neue Gleitzeitsystem in die Personalreserve dieser Zustellbasis übernommen worden. Eine weitere Konsequenz der starren 8-Stunden-Arbeitszeit sei, dass vom Vorgesetzten nicht nur bei nur geringem Postaufkommen für die Einhaltung der Mindestarbeitszeit von acht Stunden Sorge getragen werden müsse, sondern auch, dass jede zeitliche Mehrleistung händisch vom Vorgesetzten erfasst werden müsse. Während im Gleitzeitdurchrechnungsmodell zeitliche Mehrleistungen sowie Mitbesorgungen durch die Eingabe im „Handheld“ über das Zeiterfassungssystem automatisch erfasst und gebucht würden, müsse bei Mitarbeitern außerhalb des Gleitzeitdurchrechnungssystems die Erfassung und die Verrechnung von Überstunden sowie von Mitbesorgungen händisch in ein System eingetragen werden. Erbrachte Mehrleistungen seien durch einen vom Vorgesetzten gesondert mit dem Mitarbeiter zu vereinbarenden Zeitausgleich wieder abzubauen bzw. allenfalls auszubezahlen. Dies bedeute insbesondere, dass bei Mitarbeitern außerhalb des Gleitzeitdurchrechnungsmodells sowohl sämtliche Mehrdienstleistungen als auch sämtliche Zeitausgleiche sowie anfallende Mitbesorgungen täglich vom Vorgesetzten zusätzlich zu „pflegen“, händisch zu erfassen und abzurechnen seien, was mit einem erheblichen administrativen Mehraufwand verbunden sei.

Der Behauptung des Revisionswerbers, wonach sich die Behörde auf „nichtige“ Vereinbarungen (gemeint sei offenbar der Umstieg in das neue Gleitzeitdurchrechnungsmodell) berufe, um eine Versetzung zu begründen, werde entschieden entgegen getreten. Die Versetzung des Revisionswerbers erfolge nicht, weil der Revisionswerber nicht in das Gleitzeitdurchrechnungsmodell optiert habe, sondern weil es im Unternehmen keinen Zustellarbeitsplatz außerhalb des Gleitzeitdurchrechnungsmodells gebe. Da auch eine Verwendung des Revisionswerbers in der Personalreserve auf Dauer aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht tragbar sei, sei ihm ein anderer gleichwertiger Arbeitsplatz zuzuweisen und seine Versetzung vorzunehmen gewesen. Dabei handle es sich nicht um eine Strafmaßnahme, sondern um eine Personalmaßnahme, die aus betrieblichen bzw. dienstlichen Interessen erforderlich gewesen sei.

4        Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, in welcher er die Ansicht vertrat, es seien die Gründe nicht ersichtlich, aus welchen der Dienst nicht unter Zugrundelegung der Normalarbeitszeiten des Revisionswerbers wie bisher verrichtet werden könne. Der Arbeitsplatz des Revisionswerbers bestehe nach wie vor. An seiner Stelle seien neue Mitarbeiter (privatrechtlich) eingestellt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb mehr als drei Jahre nach Einführung des Gleitzeitdurchrechnungsmodells eine Versetzung des Revisionswerbers erforderlich sei. Die von der Dienstbehörde behaupteten dienstlichen Interessen an der Versetzung lägen nicht vor. Es handle sich um eine Strafmaßnahme, die gegenüber dem Revisionswerber zur Anwendung gelange, weil er nicht in das Gleitzeitdurchrechnungsmodell optiert habe. Im Übrigen gingen für den Revisionswerber mit der in Rede stehenden Versetzung näher genannte Nachteile bei der An- und Abfahrt zur neuen Dienststelle einher. Demgegenüber bestünde für den Dienstgeber kein Mehraufwand im Fall der Weiterverwendung des Revisionswerbers an seiner bisherigen Dienststelle. Der Revisionswerber beantragte die Aufnahme diverser Beweise sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

5        Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 38 BDG 1979 als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

6        Nach Darstellung des Verfahrensganges stellte das Verwaltungsgericht fest, zwischen der Österreichischen Post AG und dem Zentralausschuss der Post- und Fernmeldebediensteten sei am 3. September 2012 eine „Betriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Normalarbeitszeit sowie über die Verwendung eines EDV-unterstützten Zeiterfassungssystems sowie über begleitende Entgeltregelungen in den Zustellbasen der Division ,Brief‘ der österreichischen Post AG“ (Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“) abgeschlossen worden. In der organisatorischen Umsetzung der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ sei auch die neue Verwendung „Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“, Verwendungsgruppe PT 8, Dienstzulagengruppe A, Verwendungscode 8722, eingerichtet worden (Post-Zuordnungsverordnung 2012). Gleichzeitig seien alle bisherigen regulären Zusteller-Arbeitsplätze einer Zustellbasis (Zusteller mit fix zugeteilten Zustellrayon) mit dem bisherigen Verwendungscode 0802 „Gesamtzustelldienst“ auf die neue Verwendung (Code 8722, „Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“) umgestellt bzw. durch die mit diesem Arbeitsplatz verbundene Dienstzulage auf einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Dienstzulage A, aufgewertet worden.

Durch das eingeführte Gleitzeitdurchrechnungsmodell könne mit Hilfe eines „Zeitkontos“ auf die unterschiedlichen Zustellmengen während des gesamten Jahres Rücksicht genommen werden. Im Zeitkorridor aufgebaute „Gutstunden“ aus zeitlichen Mehrleistungen könnten in Zeiten niedriger Auslastung abgebaut werden. Die Einführung dieses Gleitzeitdurchrechnungsmodells in der Briefzustellung sei daher eine betrieblich notwendige Maßnahme gewesen, um nicht zuletzt im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu bleiben.

7        Diese Feststellungen hätten aufgrund der Aktenlage getroffen werden können. Die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 24 Abs. 4 VwGVG.

8        In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht aus, die Behörde habe die Organisationsänderung, nämlich die Einführung eines neuen Dienstzeitmodells für den Zustelldienst, in den Grundzügen angeführt. Dabei habe sie in überzeugender Weise eine sachliche Begründung gegeben. Es liege auf der Hand, dass die durch die Einführung des gegenständlichen Gleitzeitmodells vom Dienstgeber zu bezahlenden Mehrdienstleistungen vermieden und schon dadurch erhebliche Einsparungen erzielt würden.

Da der Revisionswerber nicht in dieses Dienstzeitmodell optiert habe, wäre bei seinem weiteren Einsatz im Briefzustelldienst die Anwendung dieses kostensparenden Dienstzeitmodells nicht möglich. Zeiten hohen Postaufkommens müssten durch - allenfalls zu bezahlende - Mehrdienstleistungen bewältigt werden, während dies im Rahmen der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ durch entsprechende „Plusstunden“, die in Zeiten schwächeren Postaufkommens abgebaut würden, zu bewältigen sei.

Da gemäß § 17a Abs. 9 Poststrukturgesetz, BGBl. Nr. 201/1996 (PTSG), betriebliche Interessen (betriebliche Gründe) als dienstliche Interessen (dienstliche Gründe) anzusehen seien, sei die Dienstbehörde zu Recht vom Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses im Sinne des § 38 Abs. 2 und Abs. 3 BDG 1979 ausgegangen.

Soweit der Revisionswerber bestreite, dass durch diese Organisationsänderung sein früherer Arbeitsplatz an der Zustellbasis 1050 Wien untergegangen sei, gehe dies ins Leere. Die in Rede stehende Versetzung erfolge nicht, weil die Zustelltätigkeit an dieser Dienststelle weggefallen sei, sondern weil der Einsatz des Revisionswerbers im Briefzustelldienst infolge der unterbliebenen Option in das Dienstzeitmodell der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ höhere Kosten (durch zu bezahlende Mehrdienstleistungen) verursache. Diese Kostenersparnis sei als betriebliches Interesse im Sinne des § 17a Abs. 9 PTSG zu werten. Damit gehe auch der Einwand des Revisionswerbers, wonach es sich bei der vorliegenden Versetzung um eine Bestrafung handle, ins Leere.

Wenn der Revisionswerber auf das von ihm initiierte Dienstrechtsverfahren nach § 48b BDG 1979 (Ruhepausen) verweise, sei dies für die Frage der Versetzung ohne Belang. Auch an der neuen Dienststelle gälten für den Revisionswerber jedenfalls die Bestimmungen des § 48b BDG 1979, deren Einhaltung gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen wäre.

Hinsichtlich der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Erschwernisse bei der Anfahrt zur neuen Dienststelle in 1090 Wien sei anzumerken, dass es sich bei der vorliegenden Versetzung um eine solche innerhalb des Dienstortes Wien handle, weshalb § 38 Abs. 4 BDG 1979 nicht zur Anwendung gelange. Wenn auch nicht zu allen Zeiten eine öffentliche Verkehrsverbindung vorhanden sei, stehe dies der in Rede stehenden Versetzung nicht entgegen, weil grundsätzlich kein Anspruch darauf bestehe, den Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Darüber hinaus sei ein Beamter grundsätzlich dazu verpflichtet, seinen Dienst überall dort zu versehen, wo es im Interesse des „Staates“ erforderlich sei. Betreffend die vom Revisionswerber angeführten Nachteile im Zusammenhang mit der langen An- und Abreise zur Dienststelle sei auch auf den in Zeiten erhöhter Mobilität zumutbaren Mehraufwand für die Fahrten zur Dienststelle zu verweisen.

9        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, das angefochtene Erkenntnis aus diesen Gründen kostenpflichtig abzuändern, hilfsweise aufzuheben.

10       Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Dienstbehörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

11       Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision u.a. geltend, das Verwaltungsgericht sei unzutreffender Weise vom Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses an der in Rede stehenden Versetzung ausgegangen. Der Umstand, dass das Dienstverhältnis des Revisionswerbers nicht der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ unterliege, sei nicht geeignet, ein solches Interesse zu begründen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12       Die maßgebliche Bestimmung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung BGBl. I Nr. 120/2012 (BDG 1979), lautet auszugsweise:

„Versetzung

§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

1.   bei Änderungen der Verwaltungsorganisation,

2.   bei der Auflassung von Arbeitsplätzen,

3.   bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber vorhanden sind,

4.   wenn die Beamtin oder der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder

5.   wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine solche Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs. 3 Z 4 und 5 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs. 3 Z 5 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie

1.   für die Beamtin oder den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und

2.   eine andere geeignete Beamtin oder ein anderer geeigneter Beamter derselben Dienststelle und derselben Verwendungsgruppe zur Verfügung steht, bei der oder dem dies nicht der Fall ist.

...

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.“

13       Das Poststrukturgesetz, BGBl. Nr. 201/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 210/2013 (PTSG), lautet auszugsweise:

„Dienstrecht für Beamte

§ 17a. (1) Für die gemäß § 17 Abs. 1a zugewiesenen Beamten bleibt der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes, die auf Rechtsverhältnisse der Beamten abstellen, in ihrer jeweils geltenden Fassung mit den in den folgenden Absätzen enthaltenen Abweichungen unberührt.

...

(9) In Dienstrechtsangelegenheiten der gemäß § 17 Abs. 1a zugewiesenen Beamten gelten auch betriebliche Interessen (betriebliche Gründe) als dienstliche Interessen (dienstliche Gründe).“

14       Die Revision erweist sich im Sinne ihrer Zulässigkeitsbegründung als zulässig und berechtigt.

15       Das Verwaltungsgericht bestätigte die mit Bescheid der Dienstbehörde erfolgte Versetzung des Revisionswerbers und erachtete ein wichtiges dienstliches Interesse im Sinne von § 38 Abs. 2 und Abs. 3 BDG 1979 im Wesentlichen darin gelegen, dass die weitere Verwendung des Revisionswerbers an seiner bisherigen Dienststelle infolge der unterbliebenen Option in das durch die Betriebsvereinbarung „Ist-Zeit“ neu geschaffene Gleitzeitdurchrechnungsmodell höhere Kosten in Form von zu entgeltenden Mehrdienstleistungen verursachen würde. Dazu ergibt sich Folgendes:

Vorweg ist festzustellen, dass auf Basis des oben in Rn 1 dargestellten Sachverhaltes - die Wirksamkeit der dort geschilderten Personalmaßnahmen vorausgesetzt - die letzte Dauerverwendung des Revisionswerbers jene im Personalreservepool der Zustellbasis 1050 war. Die Versetzung hatte somit die Abberufung von dieser Dauerverwendung zum Gegenstand. Sie wäre daher für die im Rahmen des Versetzungsverfahrens anzustellenden (Vergleichs-)betrachtungen maßgeblich.

16       Der Schutzzweck des § 38 BDG 1979 ist darin gelegen, den Beamten vor sachlich nicht gerechtfertigten Personalmaßnahmen (Versetzungen bzw. qualifizierten Verwendungsänderungen) zu bewahren.

17       Eine (sachliche) Organisationsänderung kann ein wichtiges dienstliches Interesse für eine Versetzung nach § 38 Abs. 3 Z 1 BDG 1979 begründen (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2016/12/0121). Mit der Überprüfung der Sachlichkeit ist hingegen nicht auch jene der Zweckmäßigkeit verbunden. Letztere zu beurteilen obliegt ausschließlich der Organisationshoheit des Dienstgebers (vgl. VwGH 13.11.2013, 2013/12/0026). Als unsachlich und damit nicht als taugliche Grundlage für eine darauf aufbauende Personalmaßnahme ist eine Organisationsänderung dann anzusehen, wenn sie den Zweck verfolgt, die betreffende Personalmaßnahme aus unsachlichen Gründen zu setzen bzw. dem Beamten einen Nachteil zuzufügen (vgl. hiezu VwGH 4.9.2014, 2013/12/0235; 12.5.2010, 2006/12/0210; 17.10.2008, 2005/12/0092).

18       Um das wichtige dienstliche Interesse an einer qualifizierten Personalmaßnahme in einer Organisationsänderung zu begründen, ist es zudem erforderlich, die Organisationsänderung in ihren Grundzügen und auch die konkreten Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Betroffenen darzustellen (VwGH 21.1.2015, Ra 2014/12/0024).

19       Im vorliegenden Fall stellte das Gericht den Umstand, dass der Arbeitsplatz des Revisionswerbers an seiner bisherigen Dienststelle (dem Personalreservepool) erhalten blieb, nicht in Frage. Dass die Identität der bisherigen Dienststelle des Revisionswerbers durch die von der Behörde angeführten organisatorischen Veränderungen untergegangen wäre, steht ebenso wenig im Raum. Die Versetzung kann schon deshalb nicht auf eine Organisationsänderung bzw. den Wegfall von Arbeitsplätzen gestützt werden. Dem angefochtenen Erkenntnis liegt vielmehr die Hypothese zugrunde, die Versetzung des Revisionswerbers auf den betreffenden Zielarbeitsplatz (und die Betrauung eines anderen, der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ unterliegenden Bediensteten mit dem bisherigen Arbeitsplatz des Revisionswerbers) sei deshalb im dienstlichen bzw. betrieblichen (vgl. 17a Abs. 9 PTSG) Interesse gelegen und im Zuge von sachlichen organisatorischen Änderungen an der bisherigen Dienststelle vorgenommen worden, weil die Versetzung des nicht der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ unterliegenden Revisionswerbers mit einer erheblichen Kostenersparnis (Reduktion der zu entgeltenden Mehrdienstleistungen) für den Dienstgeber verbunden sei.

20       Zunächst hängt - rein unter ökonomischen Gesichtspunkten - das Zutreffen dieser Annahme davon ab, ob sich der Arbeitsanfall (im Hinblick auf dessen Umfang und im Hinblick auf allfällige Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitsauslastung) an der Zieldienststelle bzw. an dem Zielarbeitsplatz von dem Arbeitsanfall an der bisherigen Dienststelle bzw. an dem bisherigen Arbeitsplatz des Revisionswerbers hinsichtlich seiner Kontinuität tatsächlich wesentlich unterscheidet, sodass sich bei einer Gegenüberstellung der vom Revisionswerber an der Ausgangsdienststelle sowie an der Zieldienststelle voraussichtlich zu verrichtenden Mehrdienstleistungen eine maßgebliche Reduktion der Personalkosten als Folge der Versetzung des Revisionswerbers ergeben würde.

21       Eine diesbezügliche schlüssige und belastbare Aussage ließe sich allerdings nur unter Zugrundelegung entsprechender Feststellungen zum Abberufungs- und zum Zielarbeitsplatz treffen. Solche Feststellungen lässt das angefochtene Erkenntnis jedoch zur Gänze vermissen, weshalb sich schon insofern anhand der vom Verwaltungsgericht angeführten Begründung ein wichtiges dienstliches Interesse, welches zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der geplanten Personalmaßnahme wäre, nicht nachvollziehen lässt.

22       Soweit überdies die durch andere Bedienstete erfolgte Option in die Betriebsvereinbarung „IST-Zeit“ (welche offenkundig Hintergrund der vorliegenden Personalmaßnahme ist) auf die Abänderung der in den §§ 48 ff BDG 1979 vorgesehenen Rechte und Pflichten des Beamten gegenüber dem Bund abzielte, ist darauf hinzuweisen, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 19. Februar 2018, Ra 2017/12/0022, mwN, ausgesprochen hat - im öffentlichen Recht begründete Verpflichtungen durch privatrechtliches Handeln nicht gestaltbar sind. Auch Betriebsvereinbarungen vermögen bei Kollision mit zweiseitig oder absolut zwingenden Gesetzesbestimmungen niemals, bei einseitig zwingendem Gesetz nur bei Günstigkeit durchzudringen. Die hier in Rede stehenden Bestimmungen der §§ 48 ff BDG 1979 könnten daher durch Betriebsvereinbarung nicht mit Wirksamkeit für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis modifiziert werden. Maßnahmen der Dienstbehörde (bzw. Ansprüche des öffentlich-rechtlichen Bediensteten gegenüber seinem Dienstgeber) sind daher an den das jeweilige öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis ausgestaltenden gesetzlichen (allenfalls auf einer Verordnung beruhenden) Vorschriften zu messen. Gesetzlich zwingend zuerkannte Rechtspositionen können durch eine Betriebsvereinbarung nicht verschlechtert werden. Inwieweit der Abschluss einer solcherart unwirksamen Vereinbarung Einfluss auf die Zuweisung von Arbeitsplätzen haben dürfte, ist nicht nachvollziehbar (für den Fall, dass es sich um eine Individualvereinbarung mit der Österreichischen Post AG [und nicht mit dem Bund als Dienstgeber] handeln sollte, vgl. ebenfalls VwGH 19.2.2018, Ra 2017/12/0022, Rn. 54 ff; auch diesfalls wäre eine Beschneidung der gesetzlich eingeräumten Rechtspositionen durch einzelvertragliche Vereinbarung nicht möglich).

23       Klarstellend sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass schon im Hinblick auf die obenstehenden Erwägungen nicht ersichtlich wäre, inwiefern der von der Behörde ins Treffen geführte administrative Mehraufwand in der vorliegenden Konstellation geeignet wäre, ein wichtiges dienstliches Interesse zu begründen. Das im dienstbehördlichen Bescheid gleichermaßen angesprochene Interesse an der Abziehung des Revisionserwerbers von einem organisatorisch eingerichteten Arbeitsplatz im Personalreservepool vermag die Versetzung ebenso wenig zu tragen (vgl. zur ähnlichen Situation im KEC VwGH 22.6.2016, Ra 2015/12/0049).

24       Nach dem derzeitigen Verfahrensstand kann vom Verwaltungsgerichtshof - abgesehen von der Frage des voraussichtlichen Arbeitsaufkommens an der Zieldienststelle bzw. am Zielarbeitsplatz - nicht nachvollzogen werden, warum ein Einsatz des Revisionswerbers an seiner bisherigen Dienststelle, welcher mit dem Anspruch auf die Vergütung von Mehrdienstleistungen einhergehen könnte, höhere Kosten verursachen sollte als der Einsatz eines Beamten, welcher allenfalls mit einer insoweit unwirksamen Erklärung der Verschlechterung seiner gesetzlich zwingend zuerkannten Rechtspositionen (z.B. hinsichtlich der Vergütung von Mehrdienstleistungen) zugestimmt haben sollte. Auf die Frage, ob ein derartiger Mehraufwand die Versetzung rechtfertigen könnte, muss daher nicht eingegangen werden.

25       Schließlich lässt sich den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht einmal entnehmen, dass an dem bisherigen Arbeitsplatz des Revisionswerbers tatsächlich regelmäßig Mehrdienstleistungen in erheblichem Ausmaß angefallen wären oder dass dies für die Zukunft (z.B. im Hinblick auf bisher an diesem Arbeitsplatz angefallene Mehrdienstleistungen oder infolge einer voraussichtlichen Veränderung des Postaufkommens) konkret zu erwarten wäre.

26       Um die im Hinblick auf obige Ausführungen erforderlichen - auch auf Tatsachenebene strittigen - Feststellungen treffen zu können, wäre vom Bundesverwaltungsgericht eine Beweisaufnahme vorzunehmen und dazu die ausdrücklich beantragte, gemäß Art. 6 EMRK gebotene mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

27       Da es das Verwaltungsgericht infolge einer unzutreffenden Rechtsansicht unterlassen hat, für das Verfahren notwendige Feststellungen zu treffen, liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor, weshalb das angefochtene Erkenntnis aufgrund Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

28       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 3. Oktober 2018

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Verfahrensbestimmungen Verwaltungsrecht allgemein Ausgliederung Privatisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120091.L00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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