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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §37Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des F N in W, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juni 2017, Zl. W106 2134052-2/2E, betreffend Bezugskürzung nach § 13c GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Das beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit es sich auf nach dem 4. Mai 2016 gelegene Zeiträume bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber stand bis zu seiner von Amts wegen erfolgten Versetzung in den Ruhestand, welche nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses in Rechtskraft erwuchs, in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund. Er war der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen und hatte eine Planstelle der Verwendungsgruppe PT 2, Dienstzulagengruppe 1, inne. Zuletzt war ihm der Arbeitsplatz eines „Fachgebietsverantwortlichen UZ“ zugewiesen.
2 Der Revisionswerber wurde mit Schreiben der Dienstbehörde vom 26. Juni 2015 zum Dienstantritt am 27. August 2015 in der Unternehmenszentrale/Personalabteilung in Wien aufgefordert.
3 Der Revisionswerber remonstrierte im Wege seiner Rechtsvertretung mit Schreiben vom 30. Juli 2015 gegen die ihm erteilte Weisung, den Dienst am 27. August 2015 in Wien anzutreten, und übermittelte der Behörde diverse medizinische Befunde.
4 Mit E-Mail vom 19. August 2015 zog die Dienstbehörde die Aufforderung zum Dienstantritt zurück und gab gleichzeitig bekannt, dass von einer aufrechten Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers ab 31. Juli 2015 ausgegangen werde.
5 Dieser teilte mit Schreiben vom 25. August 2015 mit, der Auffassung, wonach er nicht dienstfähig sei, entgegenzutreten. Die Einschätzung, dass er generell dienstunfähig sei, beruhe auf einer einseitigen Annahme der Behörde.
6 Im Rahmen eines von Amts wegen eingeleiteten Ruhestandsversetzungsverfahrens wurde dem Revisionswerber mit Schreiben vom 7. Jänner 2016 ein amtsärztliches Gutachten zur Stellungnahme übermittelt, in welchem u.a. ausgeführt wurde, der Revisionswerber weise keine zumutbare Restarbeitsfähigkeit für eine vollwertige Tätigkeit im Wirkungsbereich der Dienstbehörde auf.
7 Nachdem die Behörde in weiterer Folge eine anteilige Kürzung der Monatsbezüge des Revisionswerbers wegen krankheitsbedingter Dienstverhinderung vorgenommen hatte, beantragte dieser in dem der vorliegenden Revision zugrundeliegenden Verfahren mit Eingabe vom 10. März 2016 die Auszahlung seiner Bezüge in ungekürzter Höhe. Er sei nämlich arbeitsfähig. Bereits vorenthaltene Bezüge seien umgehend nachzuverrechnen. Für den Fall, dass keine Nachzahlung erfolge, ersuche der Revisionswerber um bescheidmäßige Absprache.
8 Mit Bescheid vom 1. Juni 2016 wies die Dienstbehörde den Antrag des Revisionswerbers vom 10. März 2016 ab und verwies begründend auf dessen (nach Ansicht der Behörde) fortbestehende Dienstunfähigkeit.
9 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde.
10 Mit Beschluss vom 23. September 2016 hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid vom 1. Juni 2016 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Dienstbehörde zurück. Begründend hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, es mangle dem Bescheid vom 1. Juni 2016 an entscheidungswesentlichen Feststellungen betreffend die Arbeitsplatzaufgaben, bezüglich derer die Dienstfähigkeit des Revisionswerbers zu beurteilen sei. In diesem Punkt habe die Behörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.
11 Im Ruhestandsversetzungsverfahren sprach die Dienstbehörde, nachdem der Revisionswerber gegen einen Ruhestandsversetzungsbescheid vom 21. September 2016 Beschwerde erhoben hatte, mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. Dezember 2016 aus, der Revisionswerber werde gemäß § 14 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), von Amts wegen aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit mit Wirksamkeit des auf die Rechtskraft dieses Bescheides folgenden Monatsletzten in den Ruhestand versetzt. Der Revisionswerber beantragte die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
12 Im vorliegenden Verfahren wies die Dienstbehörde nach Durchführung weiterer Ermittlungsschritte mit Bescheid vom 7. Februar 2017 den Antrag des Revisionswerbers vom 10. März 2016 neuerlich ab.
13 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte der Revisionswerber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und berief sich u. a. auf ein internistisches Gutachten des Allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Dr. R, in welchem zusammenfassend das internistische Leistungskalkül des Revisionswerbers wie folgt beschrieben wurde:
„Das Leistungskalkül ist durch die chronische, hämodialysepflichtige Nierenerkrankung und die konsekutiven Komorbiditäten beeinträchtigt.
Aus internistischer Sicht sind Herrn N jedoch leichte körperliche Hebe- und Trageleistungen während einer 40-stündigen Arbeitswoche zumutbar, mittelschwere halbzeitig.
Herrn N sind ein normales Arbeitstempo und ein durchschnittlicher Zeitdruck, unter Einhaltung des Leistungskalküls, drittelzeitig auch ein mäßig erhöhter Zeitdruck zumutbar.
Übliche Arbeitspausen sind einzuhalten und zu ermöglichen.
Die Arbeiten können im Stehen, Sitzen und Gehen durchgeführt werden. Arbeiten auf Leitern, Gerüsten und in schwindelexponierten Lagen sind nicht mehr zuzumuten.
Die Arbeiten sind im freien und in geschlossenen Räumen möglich.
Extreme Hitze und extreme Kälte sind zu vermeiden.
Bezüglich des Anmarschweges gibt es keine Einschränkungen, eine räumliche Nähe zum behandelnden Dialysezentrum muss jedoch gewährleistet sein.
Mit einer Krankenstandsdauer von über zwei Wochen pro Jahr hinaus ist aktuell nicht zu rechnen.
Das Leistungskalkül wird sich aus jetziger Sicht nicht mehr verbessern.“
14 Die Dienstbehörde teilte dem Verwaltungsgericht aus Anlass der Vorlage der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 7. Februar 2017 mit, dass ihres Erachtens dem Gutachten Dris. R aus näher ausgeführten Gründen nicht zu folgen sei.
15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Dienstbehörde vom 7. Februar 2017 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 13c Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), dahingehend ab, dass die Auszahlung der ungekürzten Bezüge bis zum 4. Mai 2016 zu erfolgen habe. Im Übrigen gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde nicht Folge. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.
16 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, der dem Revisionswerber mit Bescheid vom 27. Mai 2002 zugewiesene Arbeitsplatz „Fachgebietsverantwortlicher UZ“ sei jener Arbeitsplatz, den der Revisionswerber aktuell innehabe. Im Hinblick auf diesen Arbeitsplatz sei die Dienstfähigkeit des Revisionswerbers zu beurteilen. Als Dienstorte würden in dem zuletzt genannten Bescheid Wien und Wels angeführt. In dem Bescheid vom 27. Mai 2002 sei weiters bestimmt worden, dass eine Verpflichtung des Revisionswerbers zur Dienstleistung in Wien in Fällen dienstlicher Notwendigkeit sowie jedenfalls dann bestehe, wenn entsprechende Weisungen durch den Bereichsleiter erfolgten. Es sei eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung in Wien für insgesamt nicht mehr als ein Viertel der Arbeitstage eines Kalenderjahres ausgesprochen worden. Es sei daher von einer überwiegenden Dienstverrichtung am Dienstort Wels auszugehen. Die mit E-Mail vom 10. Juli 2008 erteilte Anweisung betreffend die Gestaltung der Arbeitszeit und die den Revisionswerber treffenden Meldepflichten hätten nicht zu einer Änderung des bescheidmäßig verfügten Dienstortes geführt.
Der Revisionswerber sei seit dem Jahr 2013 Dialysepatient. Neben der chronisch terminalen Niereninsuffizienz Stadium V bei hypertensiver Nephrosklerose leide der Revisionswerber entsprechend dem vom Bundessozialamt eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 5. September 2013 an schwerer arterieller Hypertonie, „Fundus hypertonicus IV“, renaler Anämie sowie an sekundärem Hyperparathyreoidismus.
Der Revisionswerber habe am 27. August 2015 den Dienst in Wien nicht angetreten. In der Folge sei ein Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet worden und die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) mit Schreiben vom 1. September 2015 darauf hingewiesen worden, dass der Revisionswerber in der Unternehmenszentrale in Verwendung stehe, wobei mit dieser Verwendung Tätigkeiten nach dem Anforderungsprofil eines „Generalist-Personal ZU, Fachgebietsverantwortlicher“ verbunden seien.
Laut Gutachten der PVA vom 17. November 2015 sei eine leistungskalkülrelevante Besserung der angeführten Hauptursachen für die Minderung der Dienstfähigkeit des Revisionswerbers nicht möglich. Das Formular „Gesamtrestleistungskalkül (Vollzeit)“ sei von sämtlichen begutachtenden Ärzten der PVA bei keinem der angeführten Parameter ausgefüllt, sondern zur Gänze durchgestrichen worden. Nach der ergänzenden Stellungnahme des Chefarztes der PVA vom 1. März 2016 hätten sich unter Berücksichtigung des vorgelegten Arztbriefes der internen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Linz vom Jänner 2016 keine Änderungen hinsichtlich der „letzten Entscheidung“ ergeben, sondern sei der vorliegende Befund ein weiterer Beleg für die Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers. Es verbleibe hinsichtlich keinerlei Tätigkeiten am Arbeitsmarkt eine Dienstfähigkeit des Revisionswerbers und es sei im Hinblick auf das Alter und die Schwere der organischen Veränderungen von einem Wiedererlangen der Dienstfähigkeit des Revisionswerbers nicht auszugehen.
Das Ruhestandsversetzungsverfahren sei (zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts) anhängig. Die Kürzung der Monatsbezüge des Revisionswerbers sei erstmals betreffend die Auszahlung des Monatsbezuges für Jänner 2016 (aliquot ab 29. Jänner 2016) und ab Februar 2016 fortlaufend vorgenommen worden.
17 In seinen beweiswürdigenden Überlegungen hielt das Gericht fest, der festgestellte Verfahrensgang und der Sachverhalt ergäben sich aus dem von der Dienstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt, den vorliegenden Gutachten, den Beschwerdeausführungen sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts. Der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt sei von der belangten Behörde vollständig erhoben worden. Diese habe die die entscheidungsrelevanten Feststellungen tragende Beweiswürdigung offen gelegt. Seitens des Revisionswerbers werde kein „für die Beurteilung relevanter Sachverhalt vorgebracht“, zu dessen Erörterung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich wäre. Die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründete das Gericht unter Bezugnahme auf § 24 Abs. 4 VwGVG. Die Sachverhaltsfeststellungen hätten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden können.
18 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Dienstbehörde gehe von einer ab 31. Juli 2015 bestehenden Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers aus und berufe sich dabei auf die vorgelegten ärztlichen Belege. Dem Beschwerdevorbringen sei insofern beizupflichten, als allein auf Basis der vom Revisionswerber mit Schreiben vom 13. August 2015 vorgelegten Befunde noch nicht von einer Dienstunfähigkeit habe ausgegangen werden können. Es sei auch unter Zugrundelegung der Aktenlage keine Krankmeldung des Revisionswerbers erfolgt. Dass dem Revisionswerber seit geraumer Zeit - abgesehen von bestimmten Meldepflichten und Stellenbewerbungen - faktisch keine konkreten dienstlichen Aufgaben übertragen worden seien, sei diesem nicht anzulasten, sondern sei vielmehr als Verletzung der Fürsorge- bzw. sogar der Dienstpflicht seitens des Dienstgebers zu werten. Das gehaltsrechtliche Risiko einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Dienstgeber dürfe nicht auf den Beamten überwälzt werden. Vor diesem Hintergrund sei von einer belegten Dienstverhinderung des Revisionswerbers im Sinn von § 13c GehG erst beginnend mit dem Vorliegen der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA, somit ab 4. November 2015, auszugehen, welcher das Gesamtrestleistungskalkül für den Revisionswerber mit Null bewertet habe. Erst beginnend mit diesem Zeitpunkt habe die Dienstbehörde rechtmäßig davon ausgehen dürfen, dass der Revisionswerber auf Grund seines gesundheitlichen Zustands im Verständnis des § 13c GehG nicht mehr in der Lage sei, seinen dienstlichen Aufgaben auch von seinem Dienstort Wels aus nachzukommen. Dies gelte unvorgreiflich der abschließenden Beurteilung der Dienstfähigkeit, welche im anhängigen Ruhestandsversetzungsverfahren zu erfolgen habe, und bedeute für den vorliegenden Fall, dass die Dauer der Dienstverhinderung mit 4. November 2015 zu laufen begonnen habe und am 4. Mai 2016 eine Dienstverhinderung in der Dauer von 182 Tagen vorgelegen sei. Die Kürzung der Monatsbezüge habe demnach erst beginnend mit 5. Mai 2016 zu erfolgen. An diesem Ergebnis ändere auch die Tatsache nichts, dass gegen den Ruhestandsversetzungsbescheid seit 3. März 2017 ein Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sei, weil die Bezüge des Revisionswerbers zum Zeitpunkt der Erlassung des Ruhestandsversetzungsbescheides jedenfalls bereits gekürzt gewesen seien. Der Bescheid der Dienstbehörde sei folglich dahingehend abzuändern gewesen, dass die Auszahlung der ungekürzten Bezüge bis zum 4. Mai 2016 und die Kürzung der Bezüge gemäß § 13c GehG beginnend mit 5. Mai 2016 zu erfolgen habe.
19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, die angefochtene Entscheidung aus diesen Gründen aufzuheben.
20 Die Dienstbehörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der beantragt wird, der Revision keine Folge zu geben.
21 Die Behörde übermittelte diverse Unterlagen, zu welchen der Revisionswerber unter Anschluss weiterer Schriftstücke Stellung nahm.
22 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit beruft sich die Revision, die sich erkennbar nicht gegen den Ausspruch des Gerichts wendet, wonach bis 4. Mai 2016 eine Kürzung der Bezüge zu unterbleiben habe, auf eine Verletzung der Begründungspflicht durch das Verwaltungsgericht. Dieses habe sich mit dem vom Revisionswerber vorgelegten fachärztlichen Gutachten in keiner Weise auseinandergesetzt und sei auf das diesbezügliche Parteienvorbringen nicht eingegangen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
23 Die Revision erweist sich aus dem von ihr aufgezeigten Grund als zulässig. Sie ist auch begründet.
24 § 13c Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG) in der Fassung BGBl. I Nr. 210/2013, lautet:
„Ansprüche bei Dienstverhinderung
§ 13c. (1) Ist der Beamte durch Unfall (ausgenommen Dienstunfall) oder durch Krankheit an der Dienstleistung verhindert, gebührt dem Beamten ab einer Dauer der Dienstverhinderung von 182 Kalendertagen der Monatsbezug in der Höhe von 80% des Ausmaßes, das dem Beamten ohne diese Dienstverhinderung gebührt hätte.
(2) Tritt innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes abermals eine Dienstverhinderung durch Krankheit oder infolge desselben Unfalls ein, gilt sie als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung.
(3) Die Kürzung gemäß Abs. 1 vermindert sich um 80% der Bemessungsbasis gemäß Abs. 4, höchstens jedoch um das Gesamtausmaß der Kürzung gemäß Abs. 1.
(4) Bemessungsbasis im Sinne des Abs. 3 ist die Summe der Zulagen (ohne Sonderzahlung), Vergütungen, Abgeltungen und Nebengebühren (ausgenommen jene gemäß §§ 12f Abs. 2, 19, 20b oder 20c), die der Beamte ohne Dienstverhinderung beziehen würde und die ihm zufolge der Abwesenheit vom Dienst nicht mehr gebühren. Bei nicht pauschalierten Nebengebühren im Sinne des ersten Satzes ist von einem Zwölftel der Summe dieser Nebengebühren auszugehen, die der Beamte für die letzten 12 Monate vor Beginn des ersten Krankenstandes der gemäß Abs. 2 zusammenzuzählenden Krankenstände bezogen hat.
(5) Die Verringerung des Monatsbezuges wird mit dem Tag des Beginns der jeweiligen Dienstverhinderung, frühestens aber mit dem auf den Ablauf der im Abs. 1 angeführten Frist von 182 Kalendertagen folgenden Tag, bis einschließlich zu dem Tag wirksam, der dem Tag des Wiederantritts des Dienstes unmittelbar vorangeht. Ergeben sich daraus innerhalb desselben Kalendermonats Tage mit unterschiedlichen Bezugsansprüchen, ist für jeden Tag der Kürzung der verhältnismäßige Teil des Kürzungsbetrages nach den Abs. 1 bis 4 für die Bemessung des Monatsbezuges zu berücksichtigen. ...
(9) Eine Beamtin oder ein Beamter, die oder der infolge einer Beschwerde gegen eine amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 7 BDG 1979 als beurlaubt gilt, gilt in besoldungsrechtlicher Hinsicht als infolge Krankheit länger als 182 Tage an der Dienstleistung verhindert, wenn ihre oder seine Bezüge am Tag der Erlassung des angefochtenen Bescheids bereits gemäß Abs. 1 gekürzt waren.“
25 Beim Begriff der krankheitsbedingten Dienstverhinderung handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der rechtlichen Beurteilung der Dienstbehörde bzw. des Verwaltungsgerichts unterliegt. Ob eine Krankheit die Dienstunfähigkeit des Beamten bzw. die Verhinderung am Dienst nach sich zieht, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde bzw. durch das Verwaltungsgericht zu beurteilen und dann der Fall, wenn der Beamte wegen konkret bei ihm gegebener Folgen einer Krankheit den an ihn gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen kann (vgl. im Zusammenhang mit der Frage einer infolge Erkrankung gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst im Sinn von § 48 Abs. 1 und § 51 BDG 1979 VwGH 19.10.2017, Ra 2017/09/0039).
26 Damit liegt es an der Dienstbehörde bzw. im Grunde des gemäß § 17 VwGVG auch für das Verwaltungsgericht maßgeblichen Prinzips der Amtswegigkeit am Verwaltungsgericht, den für die zu entscheidende Rechtfrage der krankheitsbedingten Dienstverhinderung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln, was im Regelfall die Heranziehung entsprechender medizinischer Sachverständiger erfordert.
27 Weiters trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch) das Verwaltungsgericht die Verpflichtung, im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen, und ist das Gericht daher gehalten, sich im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und dieses entsprechend zu würdigen (vgl. dazu etwa VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0045).
28 Liegen einander widersprechende Gutachten vor, ist es dem Verwaltungsgericht gestattet, sich dem einen oder dem anderen Gutachten anzuschließen, es hat diesfalls jedoch - im Rahmen seiner Beweiswürdigung - seine Gedankengänge darzulegen, die es veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen (VwGH 17.11.2015, Ra 2015/03/0058). Im Fall des Vorliegens mehrerer Gutachten, die voneinander abweichende Schlussfolgerungen enthalten, ist das Verwaltungsgericht somit gehalten, sich mit den unterschiedlichen Ergebnissen der Gutachten der beteiligten Ärzte beweiswürdigend auseinanderzusetzen. Dabei ist die Schlüssigkeit eines Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH 9.5.2018, Ra 2017/12/0092; 30.5.2011, 2010/12/0136).
29 Den oben dargestellten Grundsätzen wurde das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht gerecht, weil es sich im Rahmen seiner Beweiswürdigung mit dem vom Revisionswerber vorgelegten internistischen Gutachten Dris. R in keiner Weise auseinander setzte und dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen ist, aufgrund welcher Erwägungen das Verwaltungsgericht den amtsärztlichen Gutachten bzw. Stellungnahmen folgte.
30 Aus den dargelegten Erwägungen belastete das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
31 Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gemäß Art. 6 EMRK geboten gewesen wäre. Die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 4 VwGVG lagen im Hinblick auf das sachverhaltsbezogene Vorbringen des Revisionswerbers sowie in Anbetracht des von diesem vorgelegten Gutachtens, welches von den amtsärztlichen Gutachten abweichende Ergebnisse ausweist, nicht vor.
32 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
33 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 3. Oktober 2018
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung der Wertung einzelner Beweismittel Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel freie Beweiswürdigung Gutachten Beweiswürdigung der Behörde widersprechende Privatgutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120088.L00Im RIS seit
04.06.2021Zuletzt aktualisiert am
07.06.2021