TE Vwgh Erkenntnis 2018/10/3 Ra 2017/12/0049

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Veröffentlicht am 03.10.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/02 Gehaltsgesetz

Norm

AVG §56
AVG §59 Abs1
GehG 1956 §12c Abs1 Z2 idF 2011/I/140
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des Mag. H A in B, vertreten durch die Hosp, Hegen Rechtsanwaltspartnerschaft in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2017, Zl. W122 2001488-1/14E, betreffend Entfall der Bezüge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Stammdienststelle ist das Zollamt Salzburg.

2        Mit Bescheid dieses Zollamtes als Dienstbehörde vom 24. September 2013 wurde gemäß § 12c Abs. 1 Z 2 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), festgestellt, dass die Bezüge des Revisionswerbers für die Zeit vom 18. Juli 2013 bis auf die Dauer des Fortbestandes des maßgebenden Sachverhalts zu entfallen hätten.

3        Zur weiteren Vorgeschichte wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 2016, Ra 2016/12/0067, verwiesen. Mit der zuletzt genannten Entscheidung wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2016, mit welchem die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 24. September 2013 abgewiesen worden war, infolge Nichtdurchführung einer gemäß § 24 VwGVG in Verbindung mit Art. 6 EMRK gebotenen mündlichen Verhandlung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

4        Im fortgesetzten Verfahren führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in der u.a. Dr. B und der Amtssachverständige Dr. W zeugenschaftlich befragt sowie die ärztlichen Atteste Dris. B und das amtsärztliche Gutachten Dris. W mündlich erörtert wurden.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers erneut gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 12c Abs. 1 Z 2 GehG und § 51 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.

6        Das Verwaltungsgericht wiederholte die bereits in seinem Erkenntnis vom 27. April 2016 getroffenen Ausführungen und fügte diesen im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung hinzu, es habe sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt, dass der behandelnde Arzt des Revisionswerbers Dr. B von einer unrichtigen Organisationsstruktur ausgegangen sei, welche er seiner fachärztlichen Stellungnahme zugrunde gelegt habe. Dem Facharzt sei nicht bewusst gewesen, dass es sich beim Zollamt und dem Finanzamt um zwei voneinander unabhängige Dienstbehörden handle. Die vermeintlich übergeordnete Steuer- und Zollkoordination sei den beiden Behörden nicht übergeordnet und nicht weisungsbefugt. Es obliege der Dienstbehörde, eine ärztliche Bestätigung als Rechtfertigung für eine Dienstabwesenheit zu würdigen. Es habe sich anlässlich der Vorlage einer weiteren ärztlichen Bestätigung im Hinblick auf das bereits einmal geprüfte Attest keine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Sachlage ergeben und es seien daher aufgrund der nochmaligen Vorlage einer ärztlichen Bestätigung durch den Revisionswerber keine Zweifel an der bereits festgestellten Dienstfähigkeit entstanden. Die Behörde sei dem Revisionswerber durch die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einer anderen Dienstbehörde am selben Dienstort entgegen gekommen und es wäre dem Revisionswerber - entgegen seiner nicht als plausibel zu wertenden Schutzbehauptungen - möglich gewesen, den Dienst am Finanzamt Salzburg-Land anzutreten. Die teilweise krankheitswertigen Differenzen des Revisionswerbers mit seinem Vorgesetzten hätten an der zuletzt genannten Dienststelle mit anderer Behördenzuständigkeit nicht mehr bestanden. Es sei daher kein Anhaltspunkt für eine rechtswidrige oder gar willkürliche Vorgangsweise der Behörde ersichtlich. Für das vorliegende Verfahren könne dahingestellt bleiben, ob die Dienstzuteilung des Revisionswerbers als Versetzung zu werten sei, weil die Bezüge des Revisionswerbers wieder zur Anweisung gebracht worden seien und dieser Umstand den Verfahrensgegenstand zeitlich einschränke.

7        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis aus diesen Gründen aufheben bzw. in der Sache selbst entscheiden.

8        Zur Zulässigkeit verweist die Revision - so wie schon in dem vorangegangenen Revisionsverfahren - unter anderem darauf, dass das Verwaltungsgericht in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch Bestätigung des mit Beschwerde bekämpften Bescheides den Entfall der Bezüge „bis auf die Dauer des Fortbestandes des maßgeblichen Sachverhalts“ verfügt habe, obwohl der Revisionswerber jedenfalls (und zwar selbst nach Ansicht der Dienstbehörde, die beginnend mit 12. November 2013 die Bezüge des Revisionswerbers wieder zur Anweisung gebracht habe) bereits mit 12. November 2013 nicht mehr ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei. Das Bundesverwaltungsgericht hätte folglich (zumindest) das Ende des Zeitraums, innerhalb dessen der Entfall der Bezüge nach Auffassung des Gerichts eingetreten sei, dem Datum nach in dem angefochtenen Erkenntnis festlegen müssen.

9        Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10       § 12c Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 64 (GehG) in der Fassung BGBl. I Nr. 140/2011, lautet auszugsweise:

„Entfall der Bezüge

§ 12c. (1) Die Bezüge entfallen ...

2.   wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst; ...“

11       Die Revision erweist sich im Sinne des oben dargestellten Zulässigkeitsvorbringens als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

12       Der Abspruch über den Entfall der Bezüge ist eine zeitraumbezogene Entscheidung. Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat daher den Beginn und (wenn dies im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten ist) das Ende des Zeitraums des Entfalls datumsmäßig im Spruch des Bescheides bzw. in dem Erkenntnis anzugeben. Ist hingegen im Entscheidungszeitpunkt noch kein Ende der ungerechtfertigten Abwesenheit eingetreten, ist die Behörde auch berechtigt, den Entfall der Bezüge „bis auf Weiteres“ auszusprechen. Als solcher Ausspruch ist überdies jeder zeitraumbezogene Abspruch ohne Nennung eines Endzeitpunkts zu verstehen. Nennt die Behörde einen künftigen Endzeitpunkt, so ist dies einerseits entbehrlich und führt andererseits zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, wenn durch die Umschreibung des Endzeitpunkts nicht jede relevante Sachverhaltsänderung erfasst ist. Dies ist beispielsweise im Fall des Ausspruchs des Entfalls der Bezüge „bis zum Tag des Wiederantritts des Dienstes“ gegeben, weil nicht nur der neuerliche Dienstantritt, sondern jede Beendigung der ungerechtfertigten Abwesenheit eine relevante Sachverhaltsänderung darstellt (VwGH 9.5.2018, Ra 2017/12/0111).

13       Im Hinblick auf den - in der Revision angesprochenen und auch im angefochtenen Erkenntnis erwähnten - Umstand, dass beginnend mit 12. November 2013 die Bezüge des Revisionswerbers neuerlich angewiesen worden seien, wären im Lichte der dargestellten Rechtslage nähere durch das Verwaltungsgericht zu treffende Feststellungen zu dem für den Entfall der Bezüge maßgeblichen Endzeitpunkt unerlässlich gewesen. Diesbezügliche Feststellungen bzw. eine adäquate Auseinandersetzung mit der Frage des gemäß § 12c GehG festzusetzenden Endzeitpunktes lässt das angefochtene Erkenntnis hingegen vermissen. Sofern der maßgebliche Endzeitpunkt bei Erlassung der Entscheidung des Gerichts bereits eingetreten gewesen sein sollte, wäre er überdies im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses dem Datum nach zu bezeichnen gewesen.

14       In Konstellationen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits der Endzeitpunkt für den Entfall der Bezüge eingetreten sein sollte, erweist sich der Hinweis „bis auf die Dauer des Fortbestandes des maßgebenden Sachverhaltes“ als rechtswidrig.

15       Dadurch dass das Bundesverwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage keine nachvollziehbaren Feststellungen zum Ende des Zeitraums, innerhalb dessen die Bezüge des Revisionswerbers gemäß § 12c GehG zu entfallen hatten, traf und das Gericht den maßgeblichen Endzeitpunkt, sofern dieser entsprechend dem Vorbringen des Revisionswerbers bereits vor der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses eingetreten gewesen sein sollte, nicht dem Datum nach festlegte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

16       Trotz des zeitraumbezogenen Charakters des vorliegenden Abspruchs des Verwaltungsgerichts erweist sich das angefochtene Erkenntnis insofern als nicht teilbar, als die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen eine Eingrenzung jenes Zeitraums, der von der in der Revision aufgezeigten Rechtswidrigkeit nicht betroffen wäre, nicht gestattet. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG zur Gänze aufzuheben.

17       Von der Durchführung der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.

18       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 3. Oktober 2018

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120049.L00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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