Index
E3L E05204020;Norm
31998L0049 Rentenansprüche-RL;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Vorarlberger Gebietskrankenkasse in Dornbirn, vertreten durch die Lercher & Hofmann Rechtsanwälte GmbH in 6832 Röthis, Schlösslestraße 31a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Juni 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Juni 2018, Zl. I401 2004453-1/29E, betreffend Krankenversicherungsbeiträge nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: W M in H), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wurde der Mitbeteiligte gemäß § 73 und § 73a ASVG verpflichtet, vom 1. August 2012 bis 31. Dezember 2017 die in der Anlage A angeführten Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten. In der Anlage A sind für den Zeitraum 31. Juli 2012 bis 29. Dezember 2017 monatlich jeweils ein Rentenbetrag in Schweizer Franken, der an diesem Tag geltende Umrechnungskurs in Euro, der sich daraus ergebende Rentenbetrag in Euro sowie der sich daraus ergebende Krankenversicherungsbeitrag aufgelistet.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Mitbeteiligte habe seinen ständigen Wohnsitz in Österreich, beziehe seit dem 1. August 2012 eine österreichische Pension und sei gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG seit diesem Zeitpunkt krankenversichert. Er erhalte eine Schweizer Eigenrente aus der ersten Säule der schweizerischen Altersversorgung, für die Krankenversicherungsbeiträge einbehalten worden seien. Zudem sei ihm von der Pensionskasse A am 1. Juli 2012 an Stelle einer (monatlichen) Altersrente aus der zweiten Säule der schweizerischen Altersversorgung eine Kapitalabfindung von CHF 148.076,45 brutto (abzüglich einer Quellensteuer von CHF 10.065,--, somit CHF 138.011,45) ausbezahlt worden. Der Mitbeteiligte habe zu diesem Zeitpunkt das 62. Lebensjahr bereits vollendet gehabt. Bei einem Rentenantritt in diesem Alter habe der "Umwandlungssatz" im Jahr 2012 6,38 % betragen.
3 Würde man den Kapitalbetrag "in eine fiktive Rente" umrechnen, hätte der Mitbeteiligte vom 1. August 2012 bis 31. März 2028 nach dem die zweite Säule der Schweizerischen Altersversorgung regelnden Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 - BVG einen Anspruch auf eine monatliche Rentenleistung gehabt. Die Summe der inländischen und dieser schweizerischen Pensionsleistungen habe die für die Jahre 2012 bis 2017 geltende monatliche Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG nicht überschritten, welche beispielsweise im Jahr 2012 EUR 4.230,-
- betragen habe. Die (fiktive) monatliche Altersrente hätte die Pensionskasse A iSd Ziffer 37 Pkt. 2. ihres "Vorsorgereglements" für die BVG-Basisvorsorge monatlich im Voraus auf den Monatsersten ausgezahlt.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, gemäß Art. 1 lit. w der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit bezeichne der Ausdruck "Renten" nicht nur Renten im engeren Sinn, sondern auch Kapitalabfindungen, die an deren Stelle treten können. Gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 seien Leistungen der sozialen Sicherheit (wie vorliegend die Rente der "zweiten Säule" der Schweizerischen Altersversorgung) der Zahlung einer österreichischen Alterspension gleichzuhalten. Die von der Pensionskasse A einmalig ausbezahlte Kapitalabfindung sei vom (sachlichen) Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erfasst. Diese Rentenleistungen und die nach dem österreichischen gesetzlichen Pensionssystem gebührenden Leistungen bei Alter würden dasselbe Ziel verfolgen, nämlich den Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand weitestgehend entsprechen würde. Die gegenständliche Altersrente nach dem BVG (auch in Form der Kapitalabfindung) sei im Sinn des Art. 5 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 einer Pensionsleistung nach dem ASVG gleichzuhalten. Die vom Mitbeteiligten als Ersatz für eine lebenslange Altersrente gewählte, am 1. Juli 2012 von der Pensionskasse A ausbezahlte Kapitalabfindung unterliege der Beitragspflicht zur Krankenversicherung nach § 73a ASVG.
5 Die vom Mitbeteiligten vertretene Ansicht, dass es für eine Umwandlung der Einmalleistung bzw. des Kapitalbezugs in eine (fiktive) monatliche Rente an einer gesetzlichen Grundlage mangle, liefe auf eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von Beziehern von monatlich ausbezahlten und kapitalisierten Rentenleistungen hinaus. Gemäß Art. 37 Abs. 4 lit. a BVG könne eine Vorsorgeeinrichtung eine einmalige Kapitalabfindung vorsehen. Im Regelement der Pensionskasse A werde dem Anspruchsberechtigten die Möglichkeit der (teilweisen) Vorauszahlung der Rente eingeräumt. Der Mitbeteiligte habe von dieser Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht. Es dürfe nicht übersehen werden, dass die Kapitalabfindung einen die Zeit eines (lebenslangen) Rentenbezugs abdeckenden Einkommensersatz darstelle und dem Leistungsbezieher die Fortführung seines bisherigen Lebensstandards sichern solle. Um zu vermeiden, dass Pensionisten mit abgefundenen Rentenansprüchen gegenüber Pensionisten mit gleichwertigen laufenden Rentenansprüchen besser gestellt würden, seien beide Fälle gleich zu behandeln. Daher seien auch vom kapitalisierten Rentenbetrag, der sich auf die gesamte Zeit erstrecke, für die die Rente abgefunden worden sei, Krankenversicherungsbeiträge abzuführen. Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse habe zu Recht eine nach versicherungsmathematischen Berechnungen vorgenommene monatliche Anrechnung des Kapitalbetrages vorgenommen. Der dem Mitbeteiligten zur Kenntnis gebrachte und von ihm unwidersprochen gebliebene Rentenumwandlungssatz habe sich auf 6,39 % belaufen.
6 Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse habe bei der (versicherungsmathematischen) Umrechnung des Kapitalbetrages nicht diesen niedrigeren, sondern den höheren Umwandlungssatz von 6,5 % mit der Begründung zu Grunde gelegt, dass der höhere Umwandlungssatz zwar höhere Krankenversicherungsbeiträge zur Folge haben würde, sich aber dadurch der Zeitraum, für den Beiträge zu entrichten wären, verkürze. Sie übersehe dabei, dass regelmäßig monatlich ausbezahlten Rentenleistungen ein aleatorischer Charakter innewohne. Gehe man davon aus, dass sich die Höhe der Rente an der versicherungsmathematisch festgestellten Lebenserwartung des Rentenberechtigten orientiere, hätte der Mitbeteiligte, wenn er vor der erwarteten Lebensdauer bzw. vor dem Ende des in eine monatliche Rente umgerechneten Kapitalbezuges sterben sollte, durch in geringerer Höhe zu entrichtende Beiträge einen Vorteil. Daher sei vom Rentenumwandlungssatz von 6,39 % auszugehen, den die revisionswerbende Gebietskrankenkasse in ihrer Stellungnahme vom 30. März 2018 bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge nunmehr ohnehin zu Grunde gelegt habe.
7 Ausgehend von dem per 1. Juli 2012 ausbezahlten "Abfindungsbetrag" in Höhe von CHF 148.076,45 (brutto) ergebe sich (anstelle der im bekämpften Bescheid angeführten Beiträge und Zeiträume) bei Anwendung dieses niedrigeren Umwandlungssatzes eine jährliche Rentenleistung in Höhe von CHF 9.462,08 bzw. eine monatliche (fiktive) Rente in der Höhe von CHF 788,48, auf die der Mitbeteiligte für die Dauer von 15 Jahren und 7 Monaten sowie einem Restmonat, somit vom 1. August 2012 bis 31. März 2028, Anspruch habe.
8 Zu beurteilen sei, von welchem Referenzkurs bei der Umrechnung der fiktiven Altersrente in der Höhe von monatlich CHF 788,48 in Eurobeträge auszugehen sei. Nach Art. 90 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 gelte bei der Anwendung Verordnung (EG) Nr. 883/2004 als Wechselkurs der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Referenzwechselkurs. Die Verwaltungskommission habe mit dem Beschluss Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 (geändert durch den Beschluss Nr. H7 vom 27. Juni 2015) den Zeitpunkt für die Festlegung des Wechselkurses festgelegt. Darin fänden sich allerdings keine objektiven Kriterien dafür, was unter der diesen Zeitpunkt umschreibenden Wortfolge "an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat" zu verstehen sei. Ob es sich dabei um den Tag handle, an dem der (österreichische) Träger einen Bescheid über die Entrichtung der Beiträge zur Krankenversicherung für die ausländische Rente erlasse, oder an dem der Rentenbezieher vom Träger über den rückwirkenden Einbehalt der Beiträge informiert werde bzw. an dem die Beitragsvorschreibung erfolge, sei offen. Somit könne diese Regelung mangels hinreichender Bestimmtheit nicht angewendet werden.
9 Damit habe die Umrechnung der in CHF gebührenden fiktiven Altersrente der Pensionskasse A in Euro nach den nationalen Vorschriften (§ 73 und § 73a ASVG) zu erfolgen. Es sei - in Entsprechung der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 4. Mai 2017, Ro 2017/08/0002, vertretenen Rechtsansicht - der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Wechselkurs, der am letzten Tag des Vormonats bzw. - falls der Auszahlungstag auf einen Samstag, Sonntag oder (gesetzlichen) Feiertag falle - der am letzten Werktag vor dem Anspruch auf Auszahlung der (fiktiven) Altersrente festgelegt worden sei, zu Grunde zu legen. Dies ungeachtet des Vorbringens der revisionswerbenden Gebietskrankenkasse, dass mit der Festsetzung des Umrechnungskurses mit dem Zeitpunkt der Auszahlung des Rentenbetrages ein immenser Verwaltungsaufwand verbunden wäre, weil monatlich eine neue Beitragsgrundlage und der Abzug von der österreichischen Pension ausgerechnet werden müsste.
10 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es im Hinblick auf den auf die Kapitalabfindung anzuwendenden Wechselkurs an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Auch die Anwendbarkeit des Beschlusses H3 der Verwaltungskommission auf die Umrechnung der Kapitalabfindung sei nicht geklärt. Es fehle auch an einer Rechtsprechung zur Frage, ob bei der Ermittlung und Vorschreibung der Beiträge zur Krankenversicherung von den ausländischen Rentenleistungen auf den Anspruchszeitpunkt bzw. den Zeitpunkt der (monatlichen) Auszahlung derselben oder - aus verwaltungsökonomischen Gründen - auf die gesetzlich vorgegebene, einmal jährlich vorzunehmende Anpassung der inländischen Pensionsleistungen abzustellen sei. Diese Fragen würden über den Anlassfall hinausgehen und eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision, deren Zulässigkeitsvorbringen der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes entspricht. Die zentrale Frage sei, von welchem Referenzkurs bei der Umrechnung der fiktiven Altersrente in Höhe von monatlich CHF 788,48 in Eurobeträge auszugehen sei. Es sei die Generalklausel der Nr. 2 des Beschlusses Nr. H3 der Verwaltungskommission vom 15. Oktober 2009 (geändert durch den Beschluss Nr. H7 vom 25. Juni 2015) heranzuziehen. Demnach gelte "als Umrechnungskurs, der an dem Tag veröffentlicht wurde, an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat". Diese Formulierung lasse eine sichere Interpretation und eine einheitliche Rechtsanwendung auf nationaler Ebene zu. Unter dieser Wortfolge sei jener Zeitpunkt zu verstehen, zu dem "der handelnde Träger der Sozialversicherung eine Beitragsleistung eines Leistungsempfängers (rechtsverbindlich) festlegt, also die konkrete Berechnung vornimmt". Dies unabhängig davon, ob die Berechnung in weiterer Folge erst damit rechtsverbindlich werde, dass der Sozialversicherungsträger einen Bescheid über die Entrichtung der Beiträge zur Krankenversicherung für die ausländische Rente erlasse oder ob er keinen Bescheid erlasse und die Beiträge auf andere Art und Weise vorschreibe.
12 Es sei keine praktikable Lösung, dass der jeweilige Sozialversicherungsträger angehalten werde, jeden Monat - bezogen auf den Zeitpunkt, zu welchem der Rentenbetrag auszuzahlen sei - eine neue Beitragsgrundlage auszurechnen. Es müsse das Ziel aller Staaten sein, den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Die Bestimmungen des Beschlusses Nr. H3 der Verwaltungskommission vom 15. Oktober 2009 würden den "Eintritt des konkreten Moments durch die Wortfolge ¿an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat' offen" lassen. Damit werde es den nationalen Rechtsordnungen überlassen, zu bestimmen, wann jener Zeitpunkt eintrete. Beim Mitbeteiligten handle es sich um einen österreichischen Staatsbürger, welcher als ehemaliger Grenzgänger "eine Rente aus der Schweiz bezieht", sodass die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Anwendung finde. Das Verwaltungsgericht hätte jenen Umrechnungskurs heranzuziehen gehabt, der von der Europäischen Zentralbank an jenem Tag veröffentlicht worden sei, an dem die Beitragsvorschreibung durch die revisionswerbende Gebietskrankenkasse an den Mitbeteiligten erfolgt sei, sohin den Umrechnungskurs zum 26. Juli 2013. An jenem Tag habe die revisionswerbende Gebietskrankenkasse die entsprechende Berechnung der vom Mitbeteiligten zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge vorgenommen. Da an jenem Tag laut Wechselkurs der Europäischen Zentralbank ein Euro einen Wert von CHF 1,2334 gehabt habe, hätte der von dem Mitbeteiligten zu tragende Krankenversicherungsbeitrag mit monatlich EUR 33,17 festgesetzt werden müssen.
13 Der Mitbeteiligte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht genannten
Gründen zulässig. Sie ist im Ergebnis auch berechtigt.
15 Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen
Mitgliedstaats (hier: Österreich) der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen (hier: die Verpflichtung zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen von einer österreichischen Pension), so sind nach Art. 5 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 die entsprechenden Rechtsvorschriften bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.
16 Eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gewährte Rentenleistung ist iSd Art. 5 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Gänze entweder einer entsprechenden Leistung gleichartig oder dieser nicht gleichartig (VwGH 29.4.2016, Ra 2014/08/0057).
17 Wird eine ausländische Rente bezogen, die ua. vom Geltungsbereich der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erfasst ist, so ist - wenn ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der (österreichischen) Krankenversicherung besteht - gemäß § 73a Abs. 1 ASVG auch von dieser ausländischen Rente ein Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs. 1 ASVG zu entrichten.
§ 73a ASVG stellt eine Präzisierung der insbesondere in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 enthaltenen Rechtsgrundlagen zur Möglichkeit der Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von Rentenleistungen eines anderen Mitgliedstaates dar und bezieht alle vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfassten Leistungen in die Beitragspflicht ein (VwGH 7.4.2016, Ro 2014/08/0047).
18 Es ist unbestritten, dass eine Leistung einer Schweizer Rente der "zweiten Säule" durch die Schweizerische A. Stiftung Berufliche Vorsorge ("Pensionskasse A") gemäß § 73a ASVG als Leistung aus gesetzlichen Rentensystemen der Beitragspflicht zur österreichischen Krankenversicherung unterliegt.
19 Im vorliegenden Fall wurde dem Mitbeteiligten von der Pensionskasse A indes keine Rente, sondern eine iSd Definition des Art. 1 lit. w der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gleichzuhaltende Kapitalabfindung ausgezahlt.
20 Wenngleich § 73 Abs. 1 ASVG und § 73a Abs. 1 ASVG grundsätzlich monatliche Leistungen zum Gegenstand haben, wie sie z. B. aus den Versicherungsfällen des Alters und der Invalidität zustehen (vgl. § 261 ASVG), so würde doch auch eine einmalige Leistung eines Betrags aus einem österreichischen Versicherungssystem der Altersversorgung der Beitragspflicht iSd § 73 Abs. 1 ASVG unterliegen (arg "von jeder auszuzahlenden Pension"). Die gezahlte Kapitalabfindung ist daher - auch wenn es sich nur um eine einmalige Zahlung gehandelt hat - als ausländische Rente iSd § 73a Abs. 1 ASVG zu betrachten (vgl. zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung einmal zur Auszahlung gelangender "Altersguthaben" nach § 67 Abs. 8 EStG 1988 und § 124b EStG 1988 VwGH 19.12.2007, 2006/15/0258; 24.5.2012, 2009/15/0188).
21 Strittig ist die Höhe des aus der einmaligen Kapitalabfindung resultierenden österreichischen Krankenversicherungsbeitrags. Zu dieser Frage verweist § 73a Abs. 1 ASVG (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2010) auf § 73 Abs. 1 ASVG (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2007).
22 § 73 Abs. 1 ASVG sieht vor, dass bei Personen nach § 8 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG von jeder "auszuzahlenden Leistung" - im vorliegenden Fall von der genannten Einmalzahlung - ein bestimmter Prozentsatz einzubehalten ist. Was "auszuzahlen" ist, hängt von den Schweizerischen gesetzlichen Bestimmungen (bzw. von der Ausübung der die Kapitalabfindung betreffenden Wahlmöglichkeit des Mitbeteiligten) ab.
23 Die von § 73a ASVG vorgesehene Bemessung und Entrichtung der Beiträge nach den in § 73 Abs. 1 ASVG festgesetzten Regeln setzt eine Umrechnung der in ausländischer Währung bezifferten ausländischen Anspruchsrente in Eurobeträge voraus. Der Wert der in einer ausländischen Währung auszuzahlenden Pension (Rente bzw. Kapitalabfindung) ist - unbeschadet abweichender Bestimmung über die Fälligkeit der Beiträge - nach dem von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Tageskurs an dem Tag in Euro zu bemessen, an dem die Leistung auszuzahlen (fällig) ist (vgl. zu türkischen Renten VwGH 4.5.2017, Ro 2017/08/0002).
24 Die Gleichstellung der Schweizerischen Rentenleistungen (gemäß § 73a Abs. 1 letzter Satz ASVG deren Fälligkeit) durch Art. 5 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Bezug auf die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen ist ein Anwendungsfall dieser Verordnung. Gemäß Art. 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 gilt bei der Anwendung der Grundverordnung (Verordnung (EG) Nr. 883/2004) und der Durchführungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 987/2009) als Wechselkurs zweier Währungen der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Referenzwechselkurs. Die Verwaltungskommission bestimmt den Bezugszeitpunkt für die Festlegung des Wechselkurses.
25 Gemäß Nr. 1 des demnach den Wechselkurs regelnden Beschlusses der Verwaltungskommission Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 über den Bezugszeitpunkt für die Festlegung der Umrechnungskurse gemäß Art. 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments ist der Umrechnungskurs als Tageskurs zu verstehen, der von der Europäischen Zentralbank veröffentlicht wird.
26 Gemäß Nr. 2 des genannten Beschlusses gilt - sofern in diesem Beschluss nicht anders angegeben (für die in Rede stehende Berechnung bzw. Leistung von österreichischen Krankenversicherungsbeiträgen sind keine Sonderbestimmungen vorgesehen) - der Umrechnungskurs, der an dem Tag veröffentlicht wurde, "an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat".
27 Unter der für den Bezugszeitpunkt maßgeblichen "Ausführung des entsprechenden Vorgangs" ist jener Vorgang zu verstehen, der einen Anwendungsfall der Grundverordnung darstellt, im vorliegenden Fall sohin die gleichgestellte Fälligkeit der Schweizerischen Rentenleistung, die nach Maßgabe des Schweizerischen Reglements in Folge der Vereinbarung zwischen dem Mitbeteiligten und dem Schweizerischen Träger über die Leistung der Kapitalabfindung eingetreten ist.
28 Es gibt im Verfahren keine Anhaltspunkte, dass der Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung des ausländischen Pensionsversicherungsträgers vom hier festgestellten Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung abgewichen ist. Die in nicht bestrittener Höhe am 1. Juli 2012 von der Pensionskasse A in Schweizer Franken ausbezahlte Kapitalabfindung ist daher mit dem an diesem Tag veröffentlichten Umrechnungskurs der Europäischen Zentralbank umzurechnen.
29 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
30 Die Zuerkennung von Aufwandersatz hatte gemäß § 47 Abs. 5 VwGG zu unterbleiben.
Wien, am 10. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018080013.J00Im RIS seit
06.11.2018Zuletzt aktualisiert am
18.01.2019