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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde der H GmbH in F, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Wien I, Börsegasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom April 1999, Zl. 14.666/09-I4/98, betreffend wasserrechtliche Überprüfung (mitbeteiligte Partei: D Aktiengesellschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. August 1984 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkraft der Drau zwischen Fluss-km 69,0 und Fluss-km 80,0 sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür vorgesehenen Anlagen (Kraftwerk Paternion) unter Bedingungen und Auflagen erteilt.
Auflage 28 dieses Bescheides lautet:
"Rechtmäßige Wasserversorgungsanlagen sind, sollte eine Beeinträchtigung durch Bau oder Betrieb des gegenständlichen Kraftwerkes auftreten, auf Kosten der Konsenswerberin wiederherzustellen bzw. ist ein ausreichender qualitativer bzw. quantitativer Ersatz vorzusehen."
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom April 1999 (eine nähere Datumsangabe fehlt) stellte die belangte Behörde fest, dass das von der mitbeteiligten Partei errichtete Kraftwerk Paternion im Wesentlichen mit dem Bewilligungsbescheid vom 27. August 1984 und einem weiteren Bescheid vom 3. Februar 1989 übereinstimmt (Spruchabschnitt I).
Unter Spruchabschnitt II wurde festgestellt, dass den Bedingungen und Auflagen der im Spruchabschnitt I bezeichneten Bewilligungsbescheide zumindest dem Grunde nach entsprochen worden sei.
Sodann folgt im Spruchabschnitt II eine Aufzählung von Auflagen, die im Zuge des Baugeschehens gegenstandslos geworden sind.
Daran schließt eine Aufzählung von Auflagen an, die als Dauervorschreibung weitergelten, darunter auch die Auflage 28 des Bewilligungsbescheides vom 27. August 1984.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, sie habe als Inhaberin von zwei rechtmäßig betriebenen Brunnen im Bewilligungsverfahren Parteistellung gehabt, sodass ihr auch im Überprüfungsverfahren Parteistellung zukomme. Durch das Kraftwerk Paternion sei es zu einer Grundwasserbeeinträchtigung und damit zu einer Beeinträchtigung der Wasserqualität in den Brunnen der Beschwerdeführerin gekommen. Eine auflagenkonforme Wiederherstellung bzw. ein Ersatz für die Beeinträchtigung dieser Brunnen sei von der mitbeteiligten Partei nicht geleistet worden. Für den Fall einer Beeinträchtigung von Wasserversorgungsanlagen sei im Bewilligungsbescheid durch die Auflage 28 Vorsorge getroffen worden. Die beschwerdeführende Partei habe der belangten Behörde die Verschlechterung der Wasserqualität, die durch den Kraftwerksbau verursacht worden sei, vor der Kollaudierungsverhandlung angezeigt, in dem sie ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sich die Wasserqualität durch eine sulzartige Masse im Wasser des Hochbehälters und durch Ablagerungen in sämtlichen Anlagenteilen, besonders in Filteranlagen und Wärmetauschern, verschlechtert habe. Die Verschlechterung der Wasserqualität habe es notwendig gemacht, dass neben erhöhtem Reinigungsaufwand und damit erhöhten Reinigungskosten einige besonders empfindliche Anlagen von der werkseigenen Nutzwasserversorgung auf die Trinkwasserversorgung der Gemeinde hätten umgestellt werden müssen. Dies verursache im Vergleich zum Gebrauch des Nutzwassers enorme Kosten. Obwohl dieser Umstand der mitbeteiligten Partei bereits kurz nach Inbetriebnahme des Kraftwerkes bekannt gegeben worden sei, habe diese keine der Auflage 28 des Bewilligungsbescheides entsprechenden Maßnahmen gesetzt. Es hätte daher im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt werden dürfen, dass das Projekt entsprechend den Bewilligungsbescheid ausgeführt worden sei. Der mitbeteiligten Partei wäre die Beseitigung der festgestellten Mängel aufzutragen gewesen. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid stütze sich die Forderung der beschwerdeführenden Partei auf Einhaltung der Auflage 28 nicht auf die zivilrechtliche Vereinbarung vom 30. Juni 1983, sondern ausschließlich auf Auflage 28 des Bewilligungsbescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefasst sein, dass einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen, ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten Ersatzvornahme ergehen kann (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 985, angeführte Rechtsprechung). Das gilt auch für Auflagen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juli 1999, 99/07/0033).
Wenn in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon die Rede ist, Auflagen müssten so bestimmt sein, dass ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann, so bedeutet dies nicht, dass in einem Vollstreckungsverfahren jegliche Ermittlungen unzulässig sind. An gesetzwidriger Unbestimmtheit und mangelnder Vollstreckungstauglichkeit leidet eine Auflage aber dann, wenn Ermittlungen und Entscheidungen, die von Gesetzes wegen im Verfahren zur Erlassung des Titelbescheides zu tätigen waren, durch die Art der Formulierung der Auflage in das Vollstreckungsverfahren verschoben werden. Genau dieser Fall aber liegt bezüglich der in Rede stehenden Auflage Nr. 28 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides aus dem Jahr 1984 vor.
Diese für das Verhältnis zwischen Titelbescheid und Vollstreckungsverfügung von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze gelten auch für das Verhältnis zwischen wasserrechtlichem Bewilligungsbescheid und Überprüfungsbescheid. Im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren hat sich die Wasserrechtsbehörde von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Nicht hingegen dient das Überprüfungsverfahren dazu, das im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung (teilweise) versäumte Ermittlungsverfahren nachzuholen. Inhaltlich völlig unbestimmte Auflagen können kein Prüfungsmaßstab dafür sein, ob die ausgeführte Anlage mit der Bewilligung übereinstimmt. Es ist Sache einer Partei, im Bewilligungsverfahren konkrete Einwände zu erheben und darauf zu dringen, dass von der Bewilligungsbehörde geklärt wird, ob die Verwirklichung des zur Bewilligung beantragten Projektes zu einer Beeinträchtigung von wasserrechtlich geschützten Rechten dieser Partei führen wird und dass bejahendenfalls von der Bewilligungsbehörde konkrete, auf diese Rechte bezogene, einem Vollzug zugängliche Entscheidungen getroffen werden.
Die in Rede stehende Auflage Nr. 28 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides aus dem Jahr 1984 entspricht dem Bestimmtheitsgebot in keiner Weise. Sie nimmt nicht Bezug auf konkrete Einrichtungen der Wasserversorgung, sondern knüpft in unbestimmter Weise generell an "rechtmäßige Wasserversorgungsanlagen" ohne jede weitere Eingrenzung oder Konkretisierung an. Im "Ernstfall" wären daher erst Ermittlungen darüber erforderlich, ob ein Wasserspender, dessen Beeinträchtigung behauptet wird, eine "rechtmäßige Wasserversorgungsanlage" ist und ob die behauptete Beeinträchtigung auf den Kraftwerksbau zurückgeht. Völlig unbestimmt ist aber auch die Anordnung, dass solche Wasserversorgungsanlagen "wiederherzustellen bzw. ein ausreichender qualitativer bzw. quantitativer Ersatz vorzusehen" ist. Diese Formulierung lässt offen, unter welchen Voraussetzungen eine Wiederherstellung stattzufinden hat und wann ein Ersatz vorzusehen ist, ganz abgesehen davon, dass die Bezeichnung "ausreichender qualitativer bzw. quantitativer Ersatz" völlig unbestimmt ist.
Die Wasserrechtsbehörde hat im Bewilligungsverfahren zu prüfen, ob Rechte im Sinne des § 12 WRG 1959 verletzt werden und gegebenenfalls Zwangsrechte einzuräumen und eine Entschädigung festzusetzen. Diese Ermittlungen und Entscheidungen hat die belangte Behörde durch die Auflage Nr. 28 in das Überprüfungsverfahren verschoben. Zur Vollstreckung dieser Auflage wären daher Ermittlungen und Entscheidungen erforderlich, die ihren Platz im Bewilligungsverfahren hatten. Damit aber wird die Auflage so unbestimmt, dass sie einer Vollstreckung nicht zugänglich ist.
Nun ist allerdings die fragliche Auflage in Rechtskraft erwachsen. Das ändert aber nichts an ihrer Unbestimmtheit. Diese Unbestimmtheit bewirkt, dass die Auflage nicht vollzugstauglich ist. Aus einer nicht vollzugstauglichen Auflage aber kann die beschwerdeführende Partei kein im Verwaltungsverfahren durchsetzbares Recht ableiten (vgl. das eine ähnlich formulierte Auflage betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1999, 99/07/0063).
Die Unterlassung von Ermittlungen und Entscheidungen bezüglich einer Beeinträchtigung des Wasserbenutzungsrechtes der beschwerdeführenden Partei kann aber zur Folge haben, dass die Bestimmung des § 26 Abs. 2 WRG 1959 zur Anwendung kommt.
§ 26 Abs. 2 WRG 1959 gewährt einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch, wenn durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage ein älteres Wasserbenutzungsrecht der im § 12 Abs. 2 WRG 1959 bezeichneten Art beeinträchtigt wird, sofern bei der Erteilung der Bewilligung mit dem Eintritt dieser nachteiligen Wirkung überhaupt nicht oder nur in einem geringeren Umfange gerechnet worden ist.
Die Frage, ob und in welchem Ausmaß die Behörde mit nachteiligen Wirkungen gerechnet hat, ist nicht abstrakt, sondern konkret im Hinblick auf die betroffenen Geschädigten zu beantworten (OGH SZ 31/97, SZ 53/11). Wurde ein Wasserbenutzungsrecht bewilligt, aber ein Bescheid über die Einräumung von Zwangsrechten und die Entschädigung bis zum Eintritt des konkreten Schadens nicht erlassen, ist rechtlich davon auszugehen, dass die Behörde mit dem Eintritt eines solchen Schadens nicht gerechnet hat (OGH SZ 55/66).
Die Auflage Nr. 28 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides bezieht sich nicht auf konkrete Wasserversorgungsanlagen und besagt auch nicht, dass mit dem Eintritt von Schäden für bestimmte Wasserversorgungsanlagen gerechnet wurde. Sollte daher tatsächlich ein Schaden an der Wasserversorgungsanlage der beschwerdeführenden Partei entstanden sein, so wäre dieser im Gerichtsweg geltend zu machen, nicht aber im Verwaltungsweg.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Oktober 1999
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999070080.X00Im RIS seit
21.02.2002Zuletzt aktualisiert am
07.02.2013