TE OGH 2018/10/17 1Ob70/18b

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Veröffentlicht am 17.10.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** D*****, vertreten durch die Hochedlinger Luschin Marenzi Kapsch Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die (erst)beklagte Partei P***** KG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt, Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Mag. M***** R*****, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 31.376 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 13.516 EUR) und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 17.860 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2018, GZ 4 R 88/17s-138, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 13. April 2017, GZ 40 Cg 238/10s-132, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Bezeichnung der (erst-)beklagten Partei wird richtig gestellt auf: „P***** KG“.

II. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

III. Der außerordentlichen Revision des Nebenintervenienten wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden hinsichtlich des Teilbegehrens von 17.860 EUR samt 4 % Zinsen seit 12. 1. 2004 aufgehoben.

Dem Erstgericht wird in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu I.:

Der Wechsel der Gesellschaftsform – und damit auch der Firma – der (Erst-)Beklagten ergibt sich aus dem Firmenbuch zu FN *****. Ihre Parteienbezeichnung ist daher nach § 235 Abs 5 ZPO auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen (RIS-Justiz RS0039666) richtig zu stellen.

Zu II. und III.:

Die Klägerin nimmt die ursprünglich erstbeklagte Rechtsanwaltsgesellschaft (in der Folge nur: Beklagte) auf Schadenersatz mit dem Vorwurf einer fehlerhaften Vertretung durch Führung eines Vorprozesses gegen eine nicht passiv legitimierte Partei in Anspruch. Sie ist eine von 21 in einem Konsortium zusammengeschlossenen Personen, die sich aus dem Erwerb von Fondsanteilen am B***** Fund (in der Folge: Fonds) geschädigt erachten. Der Nebenintervenient war bei der Beklagten beschäftigt und betreute die Mitglieder des Konsortiums, so auch die Klägerin.

Vor dem Investment der Klägerin erklärte ihr ein Mitarbeiter der im Vorprozess beklagten B***** AG (in der Folge: Bank) bei einem Beratungsgespräch die Strategie des Fonds. Die Klägerin erwarb am 10. 4. 2000 3.700 Fondsanteilsscheine um je 10,06 EUR, insgesamt sohin um 37.222 EUR zuzüglich Spesen. Zum 30. 9. 2000 waren 38,7 % des Fondsvermögens in „Growth“-Aktien und 61,3 % in „Value“-Aktien investiert. Im vierten Quartal des Jahres 2000 stellte der mit der Fondsverwaltung betraute Bankangestellte die Investitionen derart um, dass er vermehrt in „Growth“-Aktien investierte. Ausgehend von der Zuordnung der Branchen Technologie und Telekommunikation zu „Growth“-Aktien waren zum 31. 3. 2001 93,9 % des Fondsvermögens in diesem Bereich investiert. Der Strategiewechsel wurde zum 30. 9. 2001 wieder revidiert; das Fondsvermögen war ab diesem Zeitpunkt wieder verstärkt, nämlich zu 65 %, in „Value“-Aktien investiert. Zum 29. 9. 2000 betrug der „Rechenwert“ der Fondsanteile 10,04 EUR. Zum 30. 3. 2001, nach der überwiegenden Investition in „Growth“-Aktien, betrug er 4,37 EUR; zum 28. 9. 2001, nach der verstärkten Reinvestition in „Value“-Aktien, nur noch 2,25 EUR. Die Wertminderung im Zeitraum 29. 9. 2000 bis 30. 3. 2001 bzw bis 28. 9. 2001 kann nicht allein der Realisierung eines Klumpen- oder Branchenrisikos zugeordnet werden. Der Fonds hätte auch ohne Wechsel der Anlagestrategie an Wert verloren. Die Klägerin verkaufte ihre Fondsanteile am 26. 9. 2001 zu einem Kurs von 2,20 EUR, sohin zu einem Gesamterlös von 8.140 EUR.

Die Beklagte vertrat die Klägerin im Schadenersatzprozess zu AZ ***** des Landesgerichts ***** (in der Folge: Vorprozess) gegen die Bank. Nach den Klagebehauptungen im Vorprozess hatte eine geänderte Anlagestrategie des Fonds zu Verlusten geführt. Der Vorprozess wurde bis zur rechtskräftigen Erledigung des von einem anderen Konsortiumsmitglied gegen die Bank geführten weiteren Verfahrens (in der Folge: Musterprozess) unterbrochen. Die Beklagte war auch im Musterprozess Klagevertreterin. Die Klage im Musterprozess, die ebenfalls auf die Änderung der Anlagestrategie des Fonds gestützt war, wurde in allen Instanzen abgewiesen, wobei dies in dritter Instanz damit begründet wurde, dass sie gegen die Kapitalanlagegesellschaft zu richten gewesen wäre.

Bei ordnungsgemäßer Prüfung der Rechtslage und entsprechender Beratung durch die Beklagte hätte die Klägerin im Jänner 2004 anstatt der Bank die Kapitalanlagegesellschaft auf Zahlung von 31.376 EUR in Anspruch genommen. Sie hätte vorgebracht, am 10. 4. 2000 in Anbetracht der im Prospekt dargestellten Anlagestrategie 3.700 Fondsanteilsscheine um 37.740 EUR erworben zu haben. Sie hätte einen Schadenersatzanspruch daraus abgeleitet, dass die Bank als Erfüllungsgehilfin der Kapitalanlagegesellschaft ihre Verpflichtungen als Subinvestmanager verletzt habe, indem sie Ende des Jahres 2000 die angekündigte Anlagestrategie radikal auf hochspekulative „Growth“-Aktien im Technologiebereich umgestellt und dadurch gegen das Gebot der Risikostreuung nach dem InvFG und gegen die Fondsbestimmungen verstoßen habe. Das Platzen der Technologieblase habe zu einem Wertverlust von 80 % geführt.

Im hypothetisch zu führenden Verfahren wäre im Wesentlichen folgender Sachverhalt festgestellt worden: Die Bank legte einen Werbeprospekt auf, in dem die Anlagestrategie und das Ertragsziel dargestellt waren. Der für die Anlage des Fondsvermögens zuständige Bankangestellte beschrieb bei der Bewerbung des Fonds stets zwei Anlagestrategien, nämlich einerseits die Investition in „Value“-Aktien, die einen hohen Substanz- und Ertragswert, jedoch einen geringen Wachstumswert aufwiesen; andererseits in „Growth“-Aktien, die einen geringen Substanz- und Ertragswert, jedoch einen hohen Wachstumswert aufwiesen. Als Beispiel für „Value“-Aktien nannte er Investitionen in die Branchen Auto, Banken, Chemie, Einzelhandel, Nahrungsmittel, Getränke, Konsumgüter, „alte“ Medien, Pharma und Versorger; als Beispiele für „Growth“-Aktien die Branchen neue Medien, Technologie, Telekommunikation und Biotechnologie. Aus sämtlichem benutzten Informationsmaterial ging hervor, dass die Anlagestrategie des Fonds jener des vorwiegenden, jedoch nicht ausschließlichen „Value“-Investings entspreche.

Im hypothetischen Verfahren der Klägerin gegen die Kapitalanlagegesellschaft hätten beide Parteien Prozesskosten in nicht genau feststellbarer, 10.000 EUR jeweils übersteigender, Höhe verzeichnet.

Die Klägerin begehrt Schadenersatz von 31.376 EUR samt Zinsen und brachte dazu im Wesentlichen vor, sie sei mit ihrer Klage ausschließlich deshalb nicht durchgedrungen, weil diese von der Beklagten aufgrund einer unvertretbaren Rechtsansicht gegen die nicht passiv legitimierte Bank anstatt gegen die Kapitalanlagegesellschaft gerichtet worden sei. Mittlerweile seien ihre Ansprüche gegen die Kapitalanlagegesellschaft verjährt. Sie hätte gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft einen Anspruch auf verlorenes Kapital von 31.376 EUR zuzüglich einer bei prospektkonformer Veranlagung zu erwirtschaftenden Verzinsung von 4 % durchsetzen können. Die bei Auflage des Fonds und im Vertrieb bekannt gegebene Veranlagungsstrategie sei grundsätzlich auf die Anschaffung von „Value“-Aktien ausgelegt gewesen. Im vierten Quartal 2000 seien davon abweichend die „Value“-Aktien verkauft und durch Aktien allein der Technologiebranche ersetzt worden, wodurch ein Klumpenrisiko geschaffen und gegen das Gebot der Risikostreuung und Wahrung der Anlegerinteressen verstoßen worden sei.

Die Klägerin habe ein Einundzwanzigstel der Kosten der Vertretung durch die Beklagte leisten müssen; sie habe ein Einundzwanzigstel der Kosten des Klägers im Musterprozess und ihrer eigenen Kosten des Vorprozesses sowie des in diesen Verfahren an die Gegenseite zu leistenden Kostenersatzes getragen.

Die Beklagte hielt dem im Wesentlichen entgegen, die Klägerin wäre mit einer Klage gegen die Kapitalanlagegesellschaft nicht durchgedrungen, weil eine Änderung der Fondsstrategie nicht nachweisbar sei; sie hätte auch bei der behaupteten „richtigen“ Veranlagung keine Verzinsung lukriert. Auch eine andere Veranlagungsstrategie hätte einen Verlust von rund 50 % erbracht. Die Klägerin wäre daher im hypothetischen Verfahren höchstens im Umfang der Hälfte des behaupteten Schadens von 37.740 EUR durchgedrungen, ohne Berücksichtigung des Veräußerungserlöses in der Klage nur mit rund einem Drittel. Bei einem Obsiegen zur Hälfte hätte sie ihre eigenen Verfahrenskosten und die Hälfte der Kosten des Gegners tragen müssen, was bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen sei. Es sei davon auszugehen, dass in einem Verfahren gegen die Kapitalanlagegesellschaft ein Sachverständigengutachten eingeholt und eine Vielzahl von Zeugen vernommen worden wäre; weiters davon, dass das Verfahren in drei Instanzen geführt worden wäre. Unter der Annahme der Aufteilung der Verfahrenskosten auf insgesamt zehn Kläger, die ihre Ansprüche in einer gemeinsamen Klage geltend machten – womit die Beklagte offenkundig auf den Vorprozess Bezug nimmt –, habe sich die Klägerin gemäß § 273 ZPO auszumittelnde Verfahrenskosten von 4.800 EUR erspart, die schadensmindernd zu berücksichtigen seien.

Auch der Nebenintervenient bestritt, dass die Klägerin gegen die Kapitalanlagegesellschaft durchgedrungen wäre. Ein allfälliger Teilzuspruch hätte Kostenfolgen nach sich gezogen, die einen Zuspruch zunichte gemacht hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf – ergänzend zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt – eine Negativfeststellung dazu, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe durch den Wechsel der Anlagestrategie im vierten Quartal 2000 ein Verlust verursacht worden sei. Die Beklagte wäre zwar verpflichtet gewesen, die Kapitalanlagegesellschaft zu klagen; die Inanspruchnahme der nicht passiv legitimierten Bank sei jedoch nicht kausal für den geltend gemachten Schaden, weil die Klägerin auch gegen die richtige Beklagte mangels Kausalität des behaupteten rechtswidrigen Verhaltens nicht durchgedrungen wäre.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil teilweise ab, gab dem Klagebegehren unter Abweisung des Mehrbegehrens mit 17.860 EUR samt 4 % Zinsen seit 12. 1. 2004 statt und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege.

Es gab der gegen die wiedergegebene Negativfeststellung erhobenen Beweisrüge Folge und traf statt dessen die Feststellung, dass die ab dem vierten Quartal 2000 geänderte Investitionsstrategie dahin, dass zum 31. 3. 2001 93,9 % des Fondsvermögens in „Growth“-Aktien investiert gewesen sei, einen Kursverlust bewirkt habe. Ergänzend traf es Feststellungen zur Kursentwicklung anderer „Growth“- und „Value“-Fonds.

Rechtlich führte es aus, die Investition von 93,9 % des Fondsvermögens in die eng verwandten Branchen Technologie und Telekommunikation habe gegen den Grundsatz der Risikostreuung und gegen den Prospekt verstoßen, weil dieser keinen Spezialfonds ausgewiesen habe. Die Branchenkonzentration begründe die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der der Kapitalanlagegesellschaft zuzurechnenden Fondsmanagerin. Eine vertragskonforme Fondszusammensetzung hätte sowohl den „Value“- als auch den „Growth“-Ansatz verfolgt, der Risikostreuung Rechnung getragen und eine Branchenkonzentration vermieden. Zur Schadensausmittlung gemäß § 273 Abs 1 ZPO führte es aus, vergleichbare „Value“-Fonds hätten im relevanten Zeitraum rund 20 %, vergleichbare „Growth“-Fonds rund 40 % an Wert verloren. Die Klägerin müsse daher einen von der rechtswidrigen Fondszusammensetzung unabhängigen Verlust von rund 30 % selbst tragen. Der zwischen dem 29. 9. 2000 und dem 28. 9. 2001 eingetretene Wertverlust betrage 29.008 EUR oder 78,09 %. Die Klägerin wäre mit ihrem Klagebegehren gegen die Kapitalanlagegesellschaft nur im Umfang des über 30 % hinausgehenden Verlusts, sohin mit 48,09 % des rechnerischen Werts ihrer Fondsanteile per 30. 9. 2000 durchgedrungen, das seien rund 17.860 EUR. Der Einwand, die Klägerin müsse sich die Verfahrenskosten des hypothetischen Prozesses anrechnen lassen, sei mangels Bezifferung dieses Vorteils unbeachtlich.

Mit ihren gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionen streben die Klägerin und der Nebenintervenient die Abänderung des Berufungsurteils an. Die Klägerin begehrt die gänzliche Klagestattgebung, der Nebenintervenient die gänzliche Klagsabweisung. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision des Nebenintervenienten zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision des Nebenintervenienten ist zulässig, weil dem Berufungsgericht bei Beurteilung der erforderlichen Konkretisierung seines Vorbringens zur Berücksichtigung der von der Klägerin ersparten hypothetischen Verfahrenskosten bei der Schadensberechnung eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Sie ist mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Die Revision der Klägerin ist hingegen mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Zur Revision des Nebenintervenienten:

1. War Grundlage der erstgerichtlichen Entscheidung nur eine mittelbare Beweisaufnahme, dann haben die Parteien im Berufungsverfahren auch nur ein Recht auf Wiederholung dieser mittelbaren Beweisaufnahme. Die mangelnde Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung, die nur den Zweck hätte, die mittelbar aufgenommenen Beweise neuerlich zu verlesen, kann dann keinen relevanten Verfahrensmangel darstellen (RIS-Justiz RS0118509; RS0042533 [T2]; Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 132). Dies gilt auch für ergänzende Feststellungen, wenn Grundlage der erstgerichtlichen Entscheidung – im Einverständnis mit den Parteien – nur eine schriftliche Beweisaufnahme war (1 Ob 189/03f; RIS-Justiz RS0118509). Erklärten sich die Parteien in erster Instanz mit einer mittelbaren Beweisaufnahme einverstanden, erstreckt sich die Wirkung solcher Erklärungen auch auf das Berufungsverfahren, soweit die Beweisergebnisse keine Ergänzung erfahren (1 Ob 189/03f). Hingegen verlangt die Beweiswiederholung durch Verlesung des Protokolls über die unmittelbaren Beweisaufnahmen in erster Instanz die Bekanntgabe an die Parteien, dass ein Abweichen von den Feststellungen der ersten Instanz erwogen wird (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 488 Rz 2).

Angesichts des Umstands, dass weder die Beklagte noch der Nebenintervenient im Verfahren erster Instanz einen Antrag auf mündliche Gutachtenserörterung stellten (die Beklagte beantragte bloß die Gutachtensergänzung, die vom Erstgericht jeweils schriftlich in Auftrag gegeben wurde), sondern sich mit der Verlesung des schriftlichen Sachverständigengutachtens und der schriftlichen Gutachtensergänzungen in der mündlichen Streitverhandlung begnügten, begründet die Vorgangsweise des Berufungsgerichts, ohne Verständigung der Parteien und ohne mündliche Berufungsverhandlung auf Grundlage des schriftlichen Sachverständigengutachtens abweichende und ergänzende Feststellungen zu treffen, keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

Darüber hinaus muss ein Verfahrensmangel in jedem Fall auch „relevant“, also abstrakt geeignet sein, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (RIS-Justiz RS0043027). Der Rechtsmittelwerber muss in seiner Verfahrensrüge nachvollziehbar aufzeigen, in welcher Hinsicht sich bei Unterbleiben des behaupteten Verfahrensfehlers eine abweichende Sachverhaltsgrundlage ergeben hätte (RIS-Justiz RS0043039 [T5]). Diesem Erfordernis genügt das Rechtsmittel des Nebenintervenienten nicht, weil darin nicht ausgeführt wird, zu welchen abweichenden, für den Prozessstandpunkt des Nebenintervenienten günstigen Tatsachenfeststellungen das Berufungsgericht im Fall der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und mündlichen Erörterung des Sachverständigengutachtens gelangt wäre.

2.1. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass der von der Fondsmanagerin im vierten Quartal des Jahres 2000 durchgeführte Strategiewechsel dahin, dass das Fondsvermögen bis zu einem Ausmaß von 93,3 % in „Growth“-Aktien investiert wurde, dem Grunde nach die Haftung der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber der Klägerin nach sich zieht. Der Nebenintervenient wendet sich vielmehr allein gegen die Ausmittlung der Schadenshöhe durch das Berufungsgericht. Er macht geltend, das Berufungsgericht hätte nicht § 273 ZPO anwenden, sondern der Klägerin die Beweislast für den Eintritt des Schadens, die Kausalität und die Schadenshöhe auferlegen müssen. Darüber hinaus hätte sich auch bei Anwendung von § 273 ZPO nur ein Schaden in Höhe von 20 %, nicht aber von 48,09 % des Werts der Fondsanteile der Klägerin ergeben, weil der Strategiewechsel nur für einen Wertverlust von 20 % kausal gewesen sei; der darüber hinausgehende Verlust sei auf nicht haftungsrelevante Umstände zurückzuführen.

2.2. Der konkrete Vermögensnachteil des einzelnen Anteilsscheininhabers folgt unmittelbar aus dem gesamten Vermögensnachteil des Sondervermögens, der aus dem Verstoß der Verwaltungsgesellschaft gegen das InvFG oder den Investmentvertrag resultiert. Jeder Anteilsscheininhaber hat einen aliquoten Teil der Vermögensminderung zu tragen, der von der Anzahl seiner Anteile am Fonds und vom Zeitraum seiner Inhaberschaft abhängt (Kalss in Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht² [2015] § 29 Rz 282). Scheidet ein Anteilsscheininhaber aus, indem er sein Rückgaberecht (dazu Kalss in Macher/Buchberger/Kalss/Oppitz, InvFG² § 55 Rz 10 ff) ausübt, bedeutet das nicht, dass der Vermögensnachteil, der dem gesamten Fonds zugefügt wurde, verschwunden ist, vielmehr ist der Anleger mit einem zu geringen Rückkaufswert ausgeschieden und daher mit einem Teil dieses Vermögensschadens aliquot belastet (Kalss, Toleranzgrenzen für den Vermögensausgleich in Investmentfonds, FS Koziol [2010] 1001 [1007]).

§ 273 ZPO räumt dem Gericht für den Fall, dass die Anspruchshöhe nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten bewiesen werden kann, ein – gebundenes – Ermessen ein, die Höhe einer Forderung nach freier Überzeugung festzusetzen (vgl RIS-Justiz RS0040459). Lässt sich die Anspruchshöhe gar nicht feststellen, muss der Richter gemäß § 273 ZPO schätzen (Rechberger in Fasching/Konecny³ § 273 ZPO Rz 9). Für den Grund des Anspruchs – also dafür, dass dem Kläger überhaupt eine Forderung zusteht – bleibt es grundsätzlich bei der Beweislast des Klägers (Rechberger in Rechberger, ZPO4 § 273 Rz 1). § 273 Abs 1 ZPO enthält aber hinsichtlich der Forderungshöhe eine Einschränkung der allgemeinen Beweislastregel, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens erweisen müsse (vgl RIS-Justiz RS0040459). Der Kläger trägt in diesem Fall nur die Behauptungs-, nicht aber die Beweislast für die Höhe des Schadens (Rechberger in Rechberger, ZPO4 § 273 Rz 1; 3 Ob 66/12w). Da die Forderung im Fall des § 273 Abs  1 ZPO dem Grunde nach „feststeht“, kommt eine klageabweisende Beweislastentscheidung nicht in Betracht (Rechberger in Fasching/Konecny³ § 273 ZPO Rz 9; vgl ders in Rechberger, ZPO4 § 273 Rz 3; RIS-Justiz RS0040436; RS0040447). Die Schätzung der Anspruchshöhe gemäß § 273 Abs 1 ZPO ist vom Richter nach seiner Lebenserfahrung und den Ergebnissen der gesamten Verhandlung nach bestem Wissen und Gewissen nach freier Überzeugung vorzunehmen (vgl RIS-Justiz RS0121220).

Für die Ermittlung des Schadens aus einer länger andauernden pflichtwidrigen Anlagetätigkeit der Verwaltungsgesellschaft kann zur Schadensausmittlung § 273 ZPO herangezogen werden. Dabei erscheint es sachgerecht, als Anhaltspunkt die Durchschnittsperformance anderer Fonds mit gleichen Anlagegrundsätzen heranzuziehen (Kalss in Kalss/Oppitz/Zollner, § 29 Rz 282; Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch5 § 113 Rz 250).

2.3. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die ab dem vierten Quartal des Jahres 2000 geänderte Anlagestrategie einen Kursverlust bewirkte, dass der Fonds aber auch ohne Wechsel der Anlagestrategie an Wert verloren hätte. Da die Rechtswidrigkeit des Strategiewechsels im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist, steht damit ein Schadenersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach fest.

Dass die Ausmittlung der Anspruchshöhe im Wege eines Vergleichs der tatsächlichen Wertentwicklung des Fonds in seiner rechtswidrig herbeigeführten Zusammensetzung während der Dauer von rund zwölf Monaten mit seiner hypothetischen Wertentwicklung im Fall einer ankündigungsgemäßen Verwaltungsstrategie schon angesichts der großen Vielfalt von Alternativanlagen (vgl Köndgen/Schmies aaO § 113 Rz 250) zumindest unverhältnismäßige Schwierigkeiten mit sich bringt, wird in der Revision gar nicht in Zweifel gezogen. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens aufgrund einer unberechtigten Anwendung des § 273 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0040282, RS0040364 [T3]) liegt daher nicht vor.

Die Schadenshöhe ist daher unter Anwendung von § 273 Abs 1 ZPO durch den Vergleich der tatsächlichen Wertentwicklung des gegenständlichen Fonds im Zeitraum der Anwendung der rechtswidrigen Anlagestrategie mit der Wertentwicklung von Fonds mit vergleichbarer Anlagestrategie zu bestimmen.

Nach den Feststellungen trat bei vergleichbaren Fonds, deren Anlagestrategien einerseits einem „Value“-, andererseits einem „Growth“-Ansatz folgten, zwischen Ende September 2000 und Ende September 2001 ein Wertverlust von 20 % bzw 40 % ein. Im Revisionsverfahren ist das Abgehen von der zugesagten Anlagestrategie nicht mehr strittig. Geht man davon aus, dass nach der angekündigten Anlagestrategie die Investition von Fondsvermögen in „Growth“-Aktien in einem annähernd die Hälfte erreichenden Umfang gerade noch zulässig gewesen wäre, erscheint es sachgerecht, als Vergleichsmaßstab auf einen jeweils zur Hälfte aus „Growth“- und „Value“-Aktien zusammengesetzten Fonds zurückzugreifen. Ein derart zusammengesetzter Vergleichsfonds hätte nach den Feststellungen zwischen Ende September 2000 und Ende September 2001 einen Wertverlust von 30 % erlitten. In diesem Umfang erachtete bereits das Berufungsgericht die rechtswidrige Veranlagungsstrategie der Fondsmanagerin nicht als kausal für den Wertverlust der Fondsanteile der Klägerin.

Der Revisionswerber hält dem entgegen, dass noch weitere, nicht näher konkretisierte, aber jedenfalls nicht haftungsrelevante Umstände in die Beurteilung der Schadenshöhe einzubeziehen seien. Da er sich aber gerade nicht gegen die Eignung der vom Berufungsgericht herangezogenen Fonds zu Vergleichszwecken wendet, sondern sich in seinem Rechtsmittel sogar selbst auf deren Kursentwicklung stützt, wird allein mit dem Verweis darauf, dass die Wertentwicklung von Fonds auch bei vergleichbarer Anlagestrategie unterschiedlich verlaufen kann, keine unrichtige rechtliche Ausmittlung der Schadenshöhe nach § 273 Abs 1 ZPO dargetan.

3.1. Der Revisionswerber zeigt jedoch berechtigt auf, dass das Berufungsgericht sein in erster Instanz erstattetes Vorbringen zur Berücksichtigung der von der Klägerin ersparten Kosten des hypothetischen Prozesses zu Unrecht als nicht ausreichend substantiiert ansah.

3.2. Der Nebenintervenient hat sich in erster Instanz dem Vorbringen früherer Mitbeklagter angeschlossen, die unter der Annahme eines höchstens 50 %-igen Obsiegens der Klägerin und unter Zugrundelegung eines näher dargestellten Verfahrensverlaufs eine hypothetische Berechnung der von der Klägerin im Vorprozess endgültig zu tragenden Verfahrenskosten angestellt haben. Er hat darüber hinaus vorgebracht, dass ein allfälliges teilweises Obsiegen der Klägerin zu (nachteiligen) Kostenfolgen geführt hätte, die ihr ersiegtes Kapital zumindest erreicht hätten. Angesichts des Umstands, dass das Vorbringen zu den Verfahrenskosten der Klägerin einen hypothetischen Verfahrensverlauf zugrunde legt und dass vor Vorliegen des rechtskräftigen Urteils für den Nebenintervenienten nicht mit Sicherheit vorhersehbar war, in welcher Höhe sich der hypothetisch zu beurteilende Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Kapitalanlagegesellschaft als berechtigt erweisen würde, ist eine weitere Konkretisierung – die nur in der Darstellung zahlreicher möglicher hypothetischer Verfahrensergebnisse und Kostenberechnungen hätte bestehen können – nicht zu fordern. Vielmehr erweist sich in Fällen wie dem vorliegenden das Vorbringen, die von der Klägerin im Fall eines Teilobsiegens zu tragenden Verfahrenskosten hätten die Höhe des ersiegten Kapitals erreicht, als ausreichend.

3.3. Der Schadenersatzanspruch hat den Zweck, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittene Einbuße zukommen zu lassen (RIS-Justiz RS0023471, RS0022586). Der Geschädigte soll nicht mehr und nicht weniger als die erlittenen Nachteile ersetzt erhalten (RIS-Justiz RS0023600 [T10]).

Die Berechnung eines Vermögensschadens erfolgt durch Vergleich des Wertunterschieds zweier Zustände, nämlich des Zustands vor und nach der Beschädigung (RIS-Justiz RS0022834 [T1], RS0022818, vgl RS0030153). Daher ist auch ein Vorteil des Beschädigten, der ohne die erfolgte Beschädigung nicht entstanden wäre, grundsätzlich als schadensmindernd zugunsten des Schädigers zu buchen (RIS-Justiz RS0022834 [T3]). Ein derartiger Vorteil kann nicht nur in einer Zuwendung eines Dritten an den Geschädigten, sondern auch in einer Ersparnis des Geschädigten bestehen (vgl Koziol, HPR I³ [1997] Rz 10/52). Daher sind ersparte Aufwendungen grundsätzlich gegenüber einem Vermögensschaden als Vermögensvorteil anzurechnen (vgl 2 Ob 226/07k mwN, 2 Ob 153/89 [jeweils ersparte Fahrtkosten]; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 Anh § 1323 Rz 7). Allerdings sind nicht jegliche Vorteile des Geschädigten auf Schadenersatzansprüche anzurechnen, sondern nur solche, hinsichtlich derer der den Schaden verursachende Tatbestand nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch zu einem Vorteil des Geschädigten führt (9 Ob 51/10f mwN).

3.4. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind allfällige von der Klägerin im hypothetischen Prozess gegen die Kapitalanlagegesellschaft endgültig selbst zu tragende und dem Verfahrensgegner zu ersetzende Verfahrenskosten schadensmindernd zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, weil sich die Klägerin dadurch einen im Fall der Führung des Prozesses zu tätigenden Aufwand erspart hat. Ob eine derartige Ersparnis eingetreten ist, kann aber nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht beurteilt werden.

Die Beklagte und der Nebenintervenient brachten in erster Instanz vor, dass die Klägerin rechtsschutzversichert sei. Die Klägerin, die dieses Vorbringen bestritten hatte, gesteht in der Revisionsbeantwortung zu, eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen zu haben. Allein das Bestehen (irgend-)eines Rechtsschutzversicherungsvertrags reicht aber nicht aus, um beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang sie tatsächlich über Versicherungsdeckung für die Kosten des hypothetisch gegen die Kapitalanlagegesellschaft geführten Prozess verfügte. Sofern und soweit die Klägerin für von ihr zu tragende hypothetische Verfahrenskosten einen Deckungsanspruch gegen ihre Rechtsschutzversicherung gehabt hätte, konnte sie sich durch das Unterbleiben des Verfahrens gegen die Kapitalanlagegesellschaft keinen Aufwand ersparen. Die Berücksichtigung eines Vorteils bei der Bemessung des Schadenersatzanspruchs käme dann nicht in Betracht.

Sollte sich hingegen ergeben, dass die Klägerin die Kosten des hypothetischen Verfahrens selbst hätte tragen müssen, hinge die Höhe ihres ersparten Aufwands sowohl von ihrem Prozesserfolg als auch von den Prozesskosten der Parteien im hypothetischen Verfahren ab. Dabei wäre davon auszugehen, dass der Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Kapitalanlagegesellschaft mit 17.860 EUR berechtigt war. Maßgeblich für die Höhe der Prozesskosten wären vor allem die hypothetisch aufgelaufenen Barauslagen (insbesondere durch Einholung von Sachverständigen-gutachten), der Umfang des Schriftsatzaufwands und des Beweisverfahrens, sowie die hypothetische Entscheidung der Klägerin, eine in erster Instanz erfolgte Abweisung ihres über 17.860 EUR hinausgehenden Mehrbegehrens in Rechtskraft erwachsen zu lassen oder diese wie im vorliegenden Verfahren – gegebenenfalls auch in dritter Instanz – zu bekämpfen.

Ob und in welcher Höhe sich die Klägerin durch das Unterbleiben eines Prozesses gegen die Kapitalanlagegesellschaft Aufwendungen ersparte, kann nach den getroffenen Feststellungen, die sich nur darauf beziehen, welche Prozesskosten die Klägerin und ihre Gegner verzeichnet hätten, noch nicht beurteilt werden, was die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfang der Klagestattgebung erforderlich macht.

Das Erstgericht wird – nach Erörterung mit den Parteien – Feststellungen zu einem allfälligen Deckungsanspruch der Klägerin gegen ihre Rechtsschutzversicherung zu treffen haben. Sollte ein solcher nicht bestehen, wird es darüber hinaus Feststellungen zum hypothetischen Verfahrensgang, den sich daraus ergebenden Verfahrenskosten der Parteien und vor allem zur hypothetischen Kostenentscheidung zu treffen haben. Soweit der Beweis nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten erbracht werden kann, wird die Höhe der hypothetisch die Klägerin belastenden Prozesskosten gemäß § 273 Abs 1 ZPO unter Berücksichtigung aller Verhandlungsergebnisse (vgl RIS-Justiz RS0121220) auszumitteln sein. Dabei wird auch das von der Klägerin in erster Instanz erstattete Vorbringen zur Kostentragung durch die Mitglieder des 21 Personen umfassenden Konsortiums zu beachten sein. Sie hat in diesem Zusammenhang vorgebracht, sie habe die Kosten der Vertretung durch die Beklagte sowie die im Musterprozess und im Vorprozess dem Verfahrensgegner zu ersetzenden Verfahrenskosten jeweils (nur) zu einem Einundzwanzigstel leisten müssen. Mit der Klägerin wird – zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung (vgl RIS-Justiz RS0037300, RS0108816) – zu erörtern sein, ob ihr Vorbringen dahin zu verstehen ist, dass ihr gegenüber den anderen Konsortiumsmitgliedern auch hinsichtlich „ihres“ hypothetischen Verfahrens gegen die Kapitalanlagegesellschaft ein Anspruch auf anteilige Vergütung ihrer eigenen sowie der dem Verfahrensgegner zu ersetzenden Kosten zugestanden wäre; auch dazu werden im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu treffen sein. Nur in jenem Umfang, in dem die Klägerin im Fall der Führung des hypothetischen Verfahrens Prozesskosten (eigene oder solche des Gegners) endgültig selbst zu tragen gehabt und getragen hätte, hätte sie sich durch das Unterbleiben des Verfahrens einen Aufwand erspart, der bei der Schadensberechnung als Vorteil zu berücksichtigen wäre.

4. Der Nebenintervenient steht schließlich auf dem Standpunkt, der geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei verjährt, weil sich die Klägerin erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 29. 9. 2016 darauf gestützt habe, dass nicht schlechthin die Kapitalanlagegesellschaft in Anspruch genommen worden sei; davor habe sie nur geltend gemacht, dass nicht die C***** GmbH in Anspruch genommen worden sei, die aber im Zeitpunkt des Wechsels der Anlagestrategie nicht mehr die Kapitalanlagegesellschaft gewesen sei.

Dem kommt – wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – schon deshalb keine Berechtigung zu, weil die Klägerin der Beklagten entgegen den Revisionsbehauptungen bereits in der Klage allgemein vorgeworfen hat, die Klage nicht gegen „die Kapitalanlagegesellschaft“ gerichtet zu haben.

Zur Revision der Klägerin:

Liegt das Verschulden des Rechtsanwalts in der unterlassenen Aufklärung über die Notwendigkeit einer Prozesshandlung (hier: der Notwendigkeit der Klagsführung gegen die Kapitalanlagegesellschaft), ist über einen daraus abgeleiteten Schadenersatzanspruch der Prozess hypothetisch nachzuvollziehen und zu beurteilen, wie er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte, wenn die Prozesshandlung vorgenommen worden wäre (RIS-Justiz RS0022706).

Der Geschädigte hat im Anwaltshaftungsprozess darzustellen, was er bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwalts unternommen hätte (vgl RIS-Justiz RS0022706 [T9]); er hat den Sachverhalt, den er dem Gericht des Vorverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwalts unterbreitet hätte und der von ihm aufgeklärt worden wäre, vorzutragen und die notwendigen Beweise dazu anzutreten (RIS-Justiz RS0127136 [T1] = 17 Ob 11/11h).

Mit ihrem Vorbringen, das Berufungsgericht habe außer Acht gelassen, dass der Ersatz des Erfüllungsinteresses den Ersatz des bei rechtmäßiger Veranlagung bis zum Ende der Fondslaufzeit erzielten Gewinns einschließe, zeigt die Klägerin kein Abweichen von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung auf, das vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre, hat sie im Verfahren doch gar nicht behauptet, sie hätte im Fall der rechtmäßigen Fondsverwaltung ihre Anteile bis zum geplanten Ende der Fondslaufzeit gehalten. Da sie den Ersatz einer nach dem tatsächlichen Verkauf ihrer Fondsanteile zu erwartenden Wertsteigerung damit gar nicht zum Gegenstand des Verfahrens erster Instanz gemacht hat, wird mit dem Hinweis auf das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Schadensberechnung im Fall einer pflichtwidrigen Investitionsstrategie bei Investmentfonds keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, von deren Beantwortung die Entscheidung im vorliegenden Fall abhinge (vgl RIS-Justiz RS0088931 [T7]).

Ergebnis und Kostenentscheidung:

In Stattgebung der Revision des Nebenintervenienten sind die angefochtenen Entscheidungen im Umfang des Zuspruchs von 17.860 EUR samt Zinsen aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E123060

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00070.18B.1017.000

Im RIS seit

07.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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