TE Lvwg Erkenntnis 2018/10/29 LVwG-2017/12/2887-13, LVwG-2017/12/2901-13

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §37a Abs1
VStG §37a Abs2
VStG §37a Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Kroker über die Beschwerde 1. des Herrn AA, geb. X, sowie 2. der BB, Adresse 2, CZ-Z, beide vertreten durch Rechtsanwältin CC, Adresse 2, Y, betreffend die Einhebung von vorläufigen Sicherheiten nach § 37a Abs 1 Z 2 VStG im Zuge einer Amtshandlung am 09.11.2017, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers und der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft wird Folge gegeben, und es wird festgestellt, dass die Einhebung von sechs vorläufigen Sicherheiten am 09.11.2017 auf der Polizeiinspektion X durch einen der belangten Behörde zurechenbaren Polizeibeamten in Höhe von Euro 3.290,00 als Gesamtbetrag beim Lenker als Betretenen und als Vertreter der Zulassungsbesitzerin/Arbeitgeberin/Unternehmerin ohne Ausstellung von separaten Bescheinigungen über deren Einhebung rechtswidrig war.

2.       Gemäß § 35 Abs 2, 4, 6 und 7 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 1 und Z 2 der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 517/2013, wird dem Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Ersatz der Aufwendungen Folge gegeben. Der Bund hat als Rechtsträger der belangten Behörde dem Beschwerdeführer als Ersatz für den Schriftsatzaufwand Euro 737,60 und als Ersatz für den Verhandlungsaufwand Euro 922,-- sowie den Ersatz für die Eingabegebühr in der beantragten Höhe von Euro 14,20, sohin gesamt Euro 1.673,80, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses zu ersetzen.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit am 20.12.2017 zur Post gegebenem Schriftsatz erhoben der Erstbeschwerdeführer sowie die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG wegen der am 09.11.2017 beim Erstbeschwerdeführer eingehobenen vorläufigen Sicherheit gemäß § 37a ABs 1 Z 2 VStG in Höhe von EUR 3.290,00.

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Zweitbeschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges LKW *** samt Anhänger mit dem Kennzeichen *** am 09.11.2017 dem Erstbeschwerdeführer gestattete, das genannte Fahrzeug samt Anhänger zu benutzen. Anlässlich einer Kontrolle auf der B *** in der Gemeinde W, Richtung X, etwa bei 7,200km, wurden die Fahrzeugpapiere und die Lenkerberechtigungen überprüft. Bei dieser Überprüfung dürften die Organe der belangten Behörde vermeint haben, dass der Erstbeschwerdeführer über keine Lenkberechtigung für das Lenken des genannten Anhängers verfügt. Dass die belangte Behörde bzw die Organe auch Verdacht auf sonstige Übertretungen gehabt hätten, wurde dem Erstbeschwerdeführer nicht mitgeteilt bzw gelangte nicht zu seiner Kenntnis. Schließlich wurde der Erstbeschwerdeführer aufgefordert, den Betrag von EUR 3.290,00 zu hinterlegen, was er auch tat. Nach Übergabe dieses Betrages wurde dem Erstbeschwerdeführer eine Bescheinigung über eine vorläufige Sicherheitsleistung über den Betrag ausgestellt und als Rechtsgrundlage § 37a ABs 1 Z 2 VStG genannt (siehe Beilage).

Mit Schreiben vom 20.11.2017 zu *** wurde die Zweitbeschwerdeführerin aufgefordert, binnen zwei Wochen den Geschäftsführer (Verantwortlichen) ihrer Firma bekannt zu geben. Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass bei einer Kontrolle am 09.11.2017, bei dem auf die Zweitbeschwerdeführerin zugelassenen Fahrzeug LKW ***, Anhänger ***, eine Übertretung nach dem KFG festgestellt und gemäß § 134 Abs 4 KFG vom Lenker als Vertreter des Zulassungsbesitzers eine vorläufige Sicherheit eingehoben wurde. Aus diesem Schreiben ergebe sich, dass sich die Einhebung der vorläufigen Sicherheit offenbar (auch) gegen die Zweitbeschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin richte.

Trotz eines Ersuchens um Übermittlung einer Aktenabschrift, um genau feststellen zu können, gegen wen genau sich die Maßnahmen und weshalb in dieser Höhe gerichtet haben soll, sei die Behörde untätig geblieben.

Die angefochtene Maßnahme sei aus nachstehenden Gründen rechtswidrig: Die Voraussetzungen des § 37a Abs 1 Z 2 VStG lägen gegenständlich nicht vor. Mangels Akteneinsicht wissen die Beschwerdeführer freilich nicht, welche konkreten Annahmen die belangte Behörde gehabt haben sollte, die besagten Gründe als gegeben zu betrachten.

Schon angesichts der Höhe der eingehobenen Sicherheit könne nicht davon gesprochen werden, dass der Aufwand gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Eine erhebliche Erschwerung der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung sei ebenfalls nicht erkennbar. Die Beschwerdeführer können nur mutmaßen, dass die belangte Behörde (wohl rechtsirrig) vermeine, dass die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte, weil der Erstbeschwerdeführer italienischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Italien und die Zweitbeschwerdeführerin eine tschechische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Tschechien ist.

Nach stRsp sei im Hinblick auf die Beurteilung einer allfälligen Erschwernis bei der Strafverfolgung auf das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union BGBl III Nr. 65/2005 (für Österreich am 03.07.2005 in Kraft getreten) hinzuweisen. Dieses Übereinkommen sei sowohl von Tschechien als auch Italien ratifiziert und entsprechend in den jeweiligen Rechtsordnungen umgesetzt worden.

Dasselbe gelte auch auf den Rahmenbeschluss 2005/2014/JL des Rates vom 24.02.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (in Österreich umgesetzt durch das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz). Auch dieser Rahmenbeschluss sei sowohl in der Tschechischen Republik als auch in Italien einfachgesetzlich umgesetzt. Das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz sei sowohl im Verhältnis zu Tschechien, als auch zu Italien anzuwenden.

Nachdem daher sowohl die Strafverfolgung als auch die Strafvollstreckung in beiden Ländern problemlos möglich wäre, könne von einer erheblichen Erschwernis keine Rede sein. Es lägen auch keine sonstigen Umstände vor, die geeignet wären, eine erhebliche Erschwernis anzunehmen. Die Maßnahme sei sohin schon mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 37a Abs 1 Z 2 rechtswidrig.

Selbst wenn die Voraussetzungen für die Einhebung vorliegen würden, was jedoch nicht der Fall sei (siehe oben), wäre der Betrag jedenfalls zu hoch.

Gemäß § 37 Abs 7 FSG könne als vorläufige Sicherheit ein Betrag bin EUR 726,00 festgesetzt werden. Nachdem dem Erstbeschwerdeführer offenbar die Verletzung der Bestimmungen des FSG vorgeworfen werde, hätte daher höchstens der Betrag von EUR 726,00 festgesetzt werden können. Es sei völlig unklar, wie die Behörde diesbezüglich auf einen Betrag von EUR 3.290,00 komme.

Die Voraussetzungen für die Einhebung der vorläufigen Sicherheit beim Lenker als Vertreter des Zulassungsbesitzers gemäß § 134 Abs 4 KFG lägen nicht vor. Der Erstbeschwerdeführer sei weder Dienstnehmer der Zweitbeschwerdeführerin, noch stehe er in einem Arbeitsverhältnis mit ihr, noch erfolgte die Fahrt im Auftrag oder im Interesse der Zweitbeschwerdeführerin.

Schließlich sei auch völlig unklar, wie die Behörde auf den Betrag von EUR 3.290,00 überhaupt komme. Nach FSG beträgt der Höchstbetrag EUR 726,00 und nach KFG EUR 2.180,00. Der Betrag von EUR 3.290,00 übersteige diese Beträge beträchtlich, stehe in keinem Verhältnis zu den vermeintlichen (teilweise völlig unbekannten) Taten und sei unangemessen. Aus all diesen Gründen seien die bekämpften Maßnahmen rechtswidrig.

Die Beschwerdeführer stellten daher die Anträge, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den Akt der unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, und zwar die am 09.11.2017 von der belangten Behörde vom Erstbeschwerdeführer eingehobene vorläufige Sicherheit gemäß § 37a Abs 1 Z 2 VStG in Höhe von EUR 3.290,00 zu GZ: *** in der Gemeinde W, Richtung X, B***, bei Km 7,200 für rechtswidrig zu erklären und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, in dem die eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von € 3.290,- an den Erstbeschwerdeführer zurückgezahlt wird sowie gemäß § 35 VwGVG iVm Aufwandersatzverordnung die belangte Behörde zu verpflichten, den Beschwerdeführern die Verfahrenskosten in der durch Verordnung festgelegten Höhe gemäß § 19a RAO zu Händen der ausgewiesenen Rechtsvertreterin binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen (Kostenverzeichnis: Schriftsatzaufwand: Euro 737,60, Stempelgebühr: Euro 14,30).

Die belangte Behörde Bezirkshauptmannschaft S legte über Aufforderung die vorhandenen Verwaltungsakten vor und erstattete am 02.01.2018 eine Gegenschrift. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass nach dem insoweit unstrittigem Sachverhalt Herr AA am 09.11.2017 um 07:20 Uhr in W auf der B *** als Lenker des Fahrzeuges *** (CZ) und dem damit gezogenen Anhänger *** (CZ) durch einen Beamten der Polizeiinspektion X einer Kontrolle unterzogen worden sei. Der Lenker habe seinen Wohnsitz in IV, die angeführten Fahrzeuge seien auf die International Service s.r.o., CZ-Z, zugelassen. Auf dem Anhänger sei ein PKW der Marke Mercedes transportiert worden, welcher laut mitgeführten Dokumenten auf DD, wohnhaft in U, zugelassen gewesen sei.

Seitens des Polizeibeamten habe sich dabei der Verdacht auf diverse Verwaltungsübertretungen ergeben und zwar nach dem Führerscheingesetz, Kraftfahrgesetz und Güterbeförderungsgesetz (Lenker) sowie nach dem Kraftfahrgesetz, Verordnung (EU) Nr. 165/2014 und dem Güterbeförderungsgesetz (Zulassungsbesitzer).

Somit seien insgesamt sechs Verwaltungsübertretungen im Raum gestanden, bezüglich der näheren Modalitäten habe der Polizeibeamte kurz telefonisch Rücksprache mit der Behörde gehalten, wobei übereingekommen worden sei, dass vom Lenker für diesen und als Vertreter der Zulassungsbesitzerin der nun strittige Gesamtbetrag in Höhe von Euro 3.290,00 als vorläufige Sicherheit eingehoben werden soll. Die Zusammensetzung des Betrages sei bei diesem Telefonat ebenfalls erörtert worden (AA: Euro 370,00, Euro 500,00 und Euro 100,00; International Service s.r.o.: Euro 370,00, Euro 500,00 und Euro 1.450,00). Es entspreche den Tatsachen, dass nicht für jeden Betrag eine gesonderte sondern, wie dargelegt, für den Gesamtbetrag eine Bescheinigung ausgestellt worden sei.

Unrichtig sei, dass die Voraussetzungen zur Einhebung einer vorläufigen Sicherheitsleistung nicht vorgelegen hätten und dass die Höhe der Sicherheitsleistung den zulässigen Höchstbetrag übersteige.

Im Gegensatz zu der - für die Durchführung des Strafverfahrens zuständigen - Behörde könne vom einschreitenden Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes realistischer Weise nicht erwartet werden, aus Anlass einer polizeilichen Amtshandlung und innerhalb der dafür zur Verfügung stehenden Zeit eine alle Aspekte umfassende Beurteilung der Frage vorzunehmen, ob die Strafverfolgung voraussichtlich nicht möglich wäre. § 37a Abs 1 Z 2 lit a VStG verlange daher einen geringen Grad an Wahrscheinlichkeit: Nach dieser Bestimmung sei bereits ausreichend, wenn die Strafverfolgung erheblich erschwert sein könnte, es genüge also die bloße Möglichkeit einer solchen erheblichen Erschwerung. Da bei Verfahren mit Auslandsbezug in der Regel ein erheblich höherer finanzieller und zeitlicher Aufwand verbunden sei als bei anderen Verfahren, werde eine solche erhebliche Erschwernis bei einem Betretenen mit Wohnsitz im Ausland praktisch immer im Bereich des Möglichen liegen und nur selten zuverlässig ausgeschlossen werden können (gedacht werden könnte beispielsweise an einen Beschuldigten mit Wohnsitz in Deutschland, da der Rechtshilfeverkehr mit Deutschland auf der Grundlage des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990, einwandfrei funktioniere). Könne aber im Einzelfall eine erhebliche Erschwernis nicht schon von vornherein ausgeschlossen werden, sei die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit - dringender Tatverdacht vorausgesetzt - zulässig (vgl in diesem Zusammenhang auch die Judikatur, wonach die Prognose berechtigt ist, dass ein Wohnsitz im Ausland die Strafverfolgung in Österreich wesentlich erschwert, ***, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 16.01.2014, LVwG-AM-12-0447, die Entscheidungen des UVS Kärnten vom 03.04.2012, KUVS-829/2/2012, und vom 24.06.2011, KUVS-1120/2/2011, und des UVS Oberösterreich vom 17.07.2000, VwSen-110117/4/KI/Rd).

Diese im Rundschreiben des Bundeskanzleramtes Verfassungsdienst vom 09.02.2015, GZ: ***, vertretene Rechtsansicht sei mit Schreiben der Landespolizeidirektion vom 03.03.2015, *** an alle Polizeidienststellen in Tirol weitergegeben worden und sei seither tirolweite (vermutlich sogar österreichweite) Vollzugspraxis.

Es sei daher festzuhalten, dass eine vorläufige Sicherheit von Polizeibeamten im Regelfall immer dann eingehoben werde, wenn der Betretene seinen Wohnsitz im Ausland habe (ausgenommen Bundesrepublik Deutschland). Trotz diverser internationalen Übereinkommen zeige die Verwaltungspraxis, dass bei Auslandsbezug die Strafverfolgung bzw Strafvollstreckung erheblich erschwert sei, Tschechien verweigere zB Vollstreckungshilfe gegen juristische Personen.

So spreche auch im gegenständlichen Fall die vorhandene Konstellation für sich, nämlich ein Lenker mit Wohnsitz in Italien, welcher in Tschechien zugelassene Fahrzeuge lenkte, wobei die Zulassungsbesitzerin eine juristische Person (s.r.o.) sei und das transportierte Fahrzeug auf eine in Italien gemeldete Person zugelassen sei.

Hier könne von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in der Tat nicht erwartet werden, die Angelegenheit umgehend restlos zu klären, es reichen daher ein Tatverdacht mit Bedenken, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnten.

Die Einhebung der vorläufigen Sicherheit habe sich daher als zulässig erwiesen. Hierfür bestehen andere Beurteilungskriterien als für die von der Behörde bescheidmäßig vorgeschriebene Sicherheitsleistung (§ 37 VStG). Ob schließlich die Voraussetzungen für den Verfall der Sicherheit vorliegen (§ 37 Abs. 5 VStG), sei eine ganz andere Frage, welche in einem nächsten Schritt im Verfahren anhand der diesbezüglichen Voraussetzungen (auch anhand internationaler Rechtshilfeübereinkommen) von der Behörde zu klären sei.

Richtig sei, dass vom Lenker ein Gesamtbetrag von Euro 3.290,00 eingehoben worden sei, es sei auch nur eine Bescheinigung ausgestellt worden. Gemäß § 37a Abs 4 VStG sei über die vorläufige Sicherheit (...) sofort eine Bescheinigung auszustellen. Weder aus dieser Bestimmung noch aus den Bestimmungen der Vorläufige-Sicherheiten-Verordnung BGBl II 1999/510 idgF ergebe sich, dass für jede Übertretung eine gesonderte Bescheinigung auszustellen sei. Aus dem, dem Verwaltungsstrafrecht immanenten Kumulationsprinzip (§ 22 VStG) resultiere, dass sich die jeweiligen Höchstgrenzen auf die einzelnen Verwaltungsübertretungen beziehen und dass durch Summierung auch höhere Beträge entstehen können. Pro Übertretung betrage hier die Maximalhöhe einer vorläufigen Sicherheit Euro 726,00 (§ 37 Abs 7 FSG), Euro 2.180,00 (§ 134 Abs 4 KFG) sowie Euro 1.453,00 (§ 24 Güterbeförderungsgesetz).

In gegenständlicher Angelegenheit stünden nicht nur Verwaltungsübertretungen durch den Lenker sondern auch durch den Zulassungsbesitzer im Raum, was zu insgesamt 6 Delikten geführt habe. Für den Lenker sei dabei insgesamt Euro 970,00 (370,00, 500,00 und 100,00) eingehoben worden, für die Zulassungsbesitzerin insgesamt Euro 2.320,00 (370,00, 500,00 und 1.450,00). Daraus ergebe sich, dass keiner der Teilbeträge die für die jeweilige Verwaltungsübertretung zulässige Höhe der Sicherheitsleistung überschreite.

Somit verbleibe noch die Frage, ob es zulässig gewesen sei, vom Lenker als Vertreter der Zulassungsbesitzerin eine vorläufige Sicherheit einzuheben. Auch dies sei zu bejahen, die entsprechenden Rechtsgrundlagen fänden sich im § 134 Abs 4 KFG sowie § 24 des Güterbeförderungsgesetzes.

Nachdem weder die Zulassungsbesitzerin noch ein von dieser bestellter Vertreter bei der Amtshandlung anwesend gewesen seien, gehe es demnach um das geforderte Naheverhältnis. Auch hier gelte, das oben grundsätzlich zur Zulässigkeit der Einhebung einer vorläufigen Sicherheit Gesagte, und sei zu klären, ob für den Polizeibeamten ausreichend Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Naheverhältnisses gegeben waren.

Dazu habe der Erstbeschwerdeführer bei der Befragung zunächst angegeben, das am Anhänger befindliche Fahrzeug nach Tschechien zu transportieren. Den Geschäftsführer der BB bezeichnete er dabei immer als ,,Capo“(Chef). Hinsichtlich des transportierten Fahrzeuges sei kein Kaufvertrag mitgeführt worden, was gegen einen Privatkauf spreche. Sodann sei vom Fahrtziel T die Rede gewesen und von einem dortigen Treffen mit seinem Capo.

Für den Polizeibeamten habe sich somit der Verdacht auf eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung erhärtet, erst nach Vorhalt dieses Umstandes habe der Erstbeschwerdeführer seine Verantwortung dahingehend gewechselt, dass es sich bei dem Geschäftsführer um einen „Amico“ (Freund) handle, der Transport sei ein Freundschaftsdienst.

Nach Erklärung über die Zusammensetzung des Betrages sei vom Erstbeschwerdeführer die Sicherheit schließlich erlegt worden, wobei er einen beträchtlichen Bargeldbestand (mehrere 500 Euro und 100 Euro Banknoten) in einem kleinen Täschchens mitführte.

Insgesamt sei für den Polizeibeamten somit die Annahme eines Dienstverhältnisses/Auftragsverhältnisses in Zusammenhang mit einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung durchaus vertretbar gewesen, womit die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit vom Lenker als Vertreter der Zulassungsbesitzerin rechtliche Deckung finde. In diesem Zusammenhang werde abschließend nochmals darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe eines Polizeibeamten sein könne, an Ort und Stelle alle erdenklichen Rechtskonstruktionen im Detail aufzuklären. Dies sei Gegenstand des von der Behörde durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahrens. Es sei ausreichend, dass jemand „auf frischer Tat betreten“ werde, dh es genüge der Verdacht auf eine Verwaltungsübertretung und die Befürchtung, dass die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte.

Die belangte Behörde sei somit der Ansicht, dass die Einhebung der vorläufigen Sicherheit zu Recht erfolgt sei, weshalb beantragt werde, die Maßnahmenbeschwerde abzuweisen. Im Falle des Obsiegens der belangten Behörde werde gemäß § 35 Abs 7 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung Ersatz wie folgt beantragt:

Schriftsatzaufwand  Euro    368,80

Vorlageaufwand  Euro    57.40“

Zu dieser Gegenschrift gaben der rechtsfreundlich vertretene Erstbeschwerdeführer sowie die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft am 28.02.2018 eine schriftliche Stellungnahme ab.

Darin wird ausgeführt, dass sich die belangte Behörde der Anforderungen an die Voraussetzungen des § 37a Abs 1 VStG sichtlich bewusst sei. Sie versuche offenbar nur darzulegen, dass ungeachtet der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der entsprechenden internationalen Übereinkommen und auch der Rechtsprechung der einzelnen Verwaltungsgerichte einfach ohne weiteres bei jeder Person, die ihren Wohnsitz im Ausland hat (offenbar außer Deutschland), angenommen werde, dass die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte, und daher eine vorläufige Sicherheitsleistung eingehoben werde.

Dies versuche die belangte Behörde noch dazu mit einem tirol- (oder sogar bundes-)weiten Rundschreiben zu argumentieren. Sofern ein solches Rundschreiben tatsächlich vorliege, handle es sich um eine höchst unvertretbare und bedenkliche Rechtsansicht. Jedenfalls sei ein allfälliges solches Schreiben für die Frage der Rechtswidrigkeit der Maßnahme unerheblich.

Es mag sein, dass es für die Exekutivbeamten einfacher sei, eine vorläufige Sicherheit von sämtlichen Personen einzuheben, die ihren Wohnsitz im Ausland haben (außer Deutschland), diese Vorgangsweise sei aber weder mit den Bestimmungen des § 37a VStG noch mit dem Unionsrecht vereinbar.

Im Regelfall seien nur dann wesentliche Erschwernisse bei der Strafverfolgung anzunehmen, wenn mit dem Land, in dem der einer Verwaltungsübertretung Verdächtigte seinen Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt habe, kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen besteht.

Der Rahmenbeschluss 2005/2014/JI des Rates vom 24.02.2005 sei in (vermutlich) allen EU-Ländern (jedenfalls in der hier gegenständlichen tschechischen Republik und in Italien) entsprechend umgesetzt. Da entsprechende Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vorliegen, könne von einer erheblichen Erschwerung der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung überhaupt keine Rede sein.

So habe auch zur Vorschreibung einer Sicherheitsleistung das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bzw das Verwaltungsgericht Wien (vgl. zuletzt LVwG-S-652/001-2017) im Wesentlichen ausgesprochen, dass jeder Behörde zuzumuten sei, sich in Bezug auf die Frage allfälliger wesentlicher Erschwernis der Informationen zur internationalen Rechtshilfe in Form der durch das Bundeskanzleramt zur Verfügung gestellten Internetseite „BKA-wiki internationale Rechtshilfe“ zu bedienen.

Wie der Entscheidung des LVwG Niederösterreich zu LVwG-S-1106/001-2016 zu entnehmen ist, ergebe sich offenbar aus diesem Portal, dass es in der Tschechischen Republik keine Probleme mit der Zustellung bzw Vollstreckung in Verwaltungsstrafsachen gibt; ab einem Strafbetrag von EUR 70,00 sei eine Vollstreckung möglich. Aus den der Beschwerdeführervertreterin verfügbaren Entscheidungen und Internetquellen sei nicht ersichtlich, dass es in Italien anders wäre.

Es sei daher unzulässig, eine vorläufige Sicherheit nur deshalb einzuheben, weil ein Verdächtiger seinen Sitz/Wohnsitz im Ausland habe. Hierzu müssten besondere Umstände hinzutreten (kein entsprechendes Übereinkommen, etc). Liegen entsprechende Übereinkommen vor und würden diese auch in der Praxis eingehalten, was jeder Beamte offenbar problemlos und schnell durch einen Blick auf die BKA-Wiki Seite feststellen könne, könne von keiner erheblichen Erschwernis der Strafvollstreckung oder Strafverfolgung gesprochen werden. Diese Informationen seien jedenfalls selbst einer Prognoseentscheidung zu Grunde zu legen. Allfällige gegenteilige Weisungen an die Organe seien rechtswidrig und unbeachtlich. Selbst wenn das jeweilige Organ darauf vertraut haben sollte, ändere dies nichts an der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Maßnahme.

Zur Höhe der vorläufigen Sicherheit:

Wenn die belangte Behörde das Kumulationsprinzip bemühe, übersehe sie, dass die vorläufige Sicherheit in der maximalen Höhe jeweils nur für die jeweilige Verwaltungsübertretung eingehoben werden dürfe.

Aus der ratio der §§ 37 bzw 37a VStG iVm den jeweiligen Höchstbeträgen in den Materiengesetzen ergebe sich, dass die vorläufige Sicherheit für die jeweilige Verwaltungsübertretung (natürlich nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen) eingehoben werden könne und diese dann (wiederum bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen) entsprechend für die jeweilige Verwaltungsübertretung für verfallen erklärt werden könne.

Nachdem die belangte Behörde bzw das Organ einen Pauschalbetrag ohne jegliche Aufschlüsselung eingehoben habe, könne nicht überprüft werden, für welche vermeintlichen Verwaltungsübertretungen welche vorläufige Sicherheitsleistung in welchem Umfang haften sollte.

Die Behörde schaffe es nicht einmal in ihrer Gegenschrift genau darzulegen, für welche konkreten Verwaltungsübertretungen welche Sicherheitsleistungen in welcher Höhe eingehoben worden sei. Es sei vielmehr zu vermuten, dass die belangte Behörde einen Pauschalbetrag eingehoben habe, den sie dann in weiterer Folge – je nach Bedarf – zuordnen könnte. Eine solche Vorgehensweise würde dazu führen, dass die Behörde je nach Lust und Laune den Betrag auf die eine oder andere Verwaltungsübertretung anrechnen könnte. Jeglicher Überprüfbarkeit wäre der Boden entzogen. Eine solche pauschale Einhebung würde somit einer Willkür gleichen, sodass auch die Höhe der vorläufigen Sicherheit rechtswidrig sei.

Zur Einhebung der vorläufigen Sicherheit vom Lenker:

Die Ausführungen zur Einhebung der vorläufigen Sicherheit vom Lenker als Vertreter des Zulassungsbesitzers werden bestritten.

Die Ausführungen zu den rechtlichen Voraussetzungen seien insofern unzutreffend, als sich die Bestimmung des § 134 Abs 4 KFG von der Bestimmung des § 24 Güterbeförderungsgesetz unterscheide. Dass bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmens der Lenker als Vertreter des Unternehmens gelte, postuliere nur das Güterbeförderungsgesetz und nicht auch das KFG

Auch diesbezüglich sei die mangelnde Aufschlüsselung des „Gesamtbetrages“ problematisch.

Aus dem Akt sei übrigens nirgendwo ersichtlich, dass der Beschwerdeführer Herrn GG zunächst als „Capo“ hätte bezeichnen sollen. Im Akt sei lediglich festhalten, dass der Erstbeschwerdeführer von Anfang an von einem Freundschaftsdienst gesprochen habe. Dieses Vorbringen der belangten Behörde werde auch ausdrücklich bestritten.

Aus all diesen Gründen sei die angefochtene Maßnahme sohin rechtswidrig. Die Beschwerdeführer halten daher ihre diesbezüglichen Anträge vollinhaltlich aufrecht.

Am 04.06.2018 fand in der gegenständlichen Angelegenheit eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, anlässlich derer der Erstbeschwerdeführer unter Beiziehung eines Dolmetsches für die italienische Sprache sowie der Zeuge EE und die Zeugin FF einvernommen wurden. Der ebenfalls ordnungsgemäß geladene Geschäftsführer der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft, Herr GG, ließ sich in der Verhandlung aus beruflichen Gründen entschuldigen. Anlässlich der mündlichen Verhandlung stellte die Rechtsvertreterin der beiden Beschwerdeführer klar, dass erst durch Einsicht in die mit der gegenständlichen Amtshandlung im Zusammenhang stehenden Verwaltungsstrafakten klar geworden sei, dass Euro 970,00 gegenüber dem Lenker als Erstbeschwerdeführer eingehoben wurden und Euro 2.320,00 vom Erstbeschwerdeführer - aber als Vertreter der Zweitbeschwerdeführerin. Insofern werde nunmehr ausgeführt, dass sich die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen die Einhebung der vorläufigen Sicherheit in Höhe von Euro 970,00 und die Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft gegen die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit in Höhe von Euro 2.320,00 richte.

II.      Sachverhalt:

Der Erstbeschwerdeführer lenkte am 09.11.2017 um 07:20 Uhr in W auf der B *** einen LKW (Fahrzeugart: ***, Marke/Type: ***, höchst zulässige Gesamtmasse von 3500 kg) mit dem amtlichen Kennzeichen *** (CZ) samt Anhänger (Fahrzeugart: ***, Marke/Type: ***, ***, höchst zulässige Gesamtmasse von 1720 kg) mit dem amtlichen Kennzeichen *** (CZ) und wurde durch einen Beamten der Polizeiinspektion X einer Kontrolle unterzogen wurde.

Beim Lenker, dem Erstbeschwerdeführer, handelt es sich um einen italienischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in IV. Zulassungsbesitzerin des von ihm gelenkten Fahrzeugs samt Anhänger war zum Tatzeitpunkt die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft mit Sitz in CZ-Z.

Geladen hatte der Erstbeschwerdeführer einen PKW der Marke Mercedes, welcher laut mitgeführten Dokumenten auf DD, wohnhaft in I-U, zugelassen war, und der von Italien nach Tschechien transportiert werden sollte. Im Fahrzeug war kein Kontrollgerät eingebaut, der Erstbeschwerdeführer führte keine Gemeinschaftslizenz mit.

Anlässlich der Kontrolle der Fahrzeugpapiere bemerkte der einschreitende Polizeibeamte, dass der Erstbeschwerdeführer keine entsprechende Lenkberechtigung („BE“) für ein Fahrzeug mit höchst zulässige Gesamtmasse von 3500 kg samt einem Anhänger mit höchst zulässiger Gesamtmasse von 1720 kg (zusammen 5220 kg) besitzt, da er nur im Besitz einer Lenkerberechtigung „B“ war. Der Polizeibeamte hat daher eine Übertretung des § 37 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 FSG als verwirklicht angenommen.

Da eine Verständigung mit dem Italienisch sprechenden Erstbeschwerdeführer kaum möglich war, wurde die Amtshandlung auf der Polizeiinspektion X unter Beiziehung einer Dolmetscherin fortgesetzt.

Bei diesem Gespräch wurden dem Erstbeschwerdeführer jene Verwaltungsübertretungen mitgeteilt, die ihm als Lenker sowie der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft als Zulassungsbesitzerin, Arbeitgeberin bzw Unternehmerin angelastet werden:

So wurde dem Erstbeschwerdeführer erklärt, dass er im Verdacht einer Übertretung nach dem Führerscheingesetz steht, weil er nur eine Lenkerberechtigung „B“ und nicht „BE“ vorgewiesen hat. Wegen dieser Übertretung sei ein Betrag von Euro 370,00 einzuheben.

Dem Erstbeschwerdeführer wurde vorgeworfen, dass im Fahrzeug (LKW samt Anhänger über 3,5 t) kein Kontrollgerät eingebaut war, obwohl die Fahrzeugkombination zur gewerblichen Güterbeförderung verwendet worden ist. Aus diesem Grund sei ein Betrag von Euro 500,00 einzuheben.

Auch konnte der Erstbeschwerdeführer keine Gemeinschaftslizenz vorweisen, sodass ihm eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes vorgeworfen worden ist, und ihm mitgeteilt wurde, dass dafür ein Betrag von Euro 100,00 einzuheben sein wird.

Auch wurde dem Beschwerdeführer erklärt, dass auch dem Zulassungsbesitzer/Arbeitgeber/Unternehmer drei weitere Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt werden. Hinsichtlich des Vorwurfs, dass der Zulassungsbesitzer dem Erstbeschwerdeführer das gegenständliche Fahrzeug überlassen habe, obwohl dieser nicht im Besitz einer entsprechenden Lenkberechtigung gewesen ist, sei ein Betrag von Euro 370,00 vom Lenker als Vertreter des Zulassungsbesitzers einzubehalten.

Weiters wurde mitgeteilt, dass der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft bzw deren zur Vertretung nach außen Befugten als Arbeitgeber vorgeworfen wird, dass der Erstbeschwerdeführer das gegenständliche Fahrzeug zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern gelenkt habe, obwohl kein Kontrollgerät eingebaut gewesen ist. Dafür sei beim Erstbeschwerdeführer als Vertreter der Arbeitgeberin ein Betrag von Euro 500,00 einzuheben.

Schließlich wurde der Vorwurf an den Unternehmer, dass beim genannten Transport keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt wurde, erhoben, wofür ein Betrag von Euro 1.450,00 beim Erstbeschwerdeführer als Vertreter des Unternehmers einzuheben sei.

Dem Beschwerdeführer wurden diese sechs Verwaltungsübertretungen unter Beiziehung der Dolmetscherin vorgehalten und auch die einzelnen Beträge wurden aufgeschlüsselt, die für die jeweilige Verwaltungsübertretung einzuheben sind. Allerdings wurde dem Erstbeschwerdeführer nicht dezitiert erklärt, dass diese Beträge als vorläufige Sicherheit einbehalten werden. Auch konnte der Beschwerdeführer den Erklärungen teilweise nicht folgen, zumal es Verständigungsprobleme – trotz Beziehung einer Dolmetscherin (Schulkenntnisse in Italienisch als HAK-Absolventin, Angestellte in einem Speditionsunternehmen) – gegeben hat.

Nachdem der Erstbeschwerdeführer den Gesamtbetrag von Euro 3.290,00 bezahlt hat, wurde eine Bescheinigung über eine vorläufige Sicherheit über den Gesamtbetrag ausgestellt und dem Erstbeschwerdeführer ausgehändigt. Dieser konnte dann mit dem LKW – allerdings ohne Anhänger – die Weiterfahrt antreten.

Aus den beiden Anzeigen des Polizeibeamten vom 10.11.2017 geht nicht hervor, für welche Verwaltungsübertretung welcher Betrag eingehoben worden ist. Auch in der weiteren Mitteilung vom 02.01.2018 hat der einschreitende Polizeibeamte die Amtshandlung nochmals dargelegt, aber nicht schriftlich festgehalten, welche Beträge für welche Verwaltungsübertretung als vorläufige Sicherheit einbehalten wurden.

III.     Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde Einsicht genommen in den Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol LVwG-2017/12/2887 und 2901, sowie in die Behördenakte der Bezirkshauptmannschaft S *** und ***. Weiters wurden anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht der Erstbeschwerdeführer, der einschreitende Polizeibeamte sowie die Dolmetscherin einvernommen.

Aus den übereinstimmenden Aussagen des Erstbeschwerdeführers und des einschreitenden Polizeibeamten EE ergibt sich, dass eine entsprechende Fahrzeugkontrolle am 09.11.2017 um 07:20 Uhr stattgefunden hat. Der genaue Ort und die Zeit der Kontrolle erschließen sich zudem aus den beiden Anzeigen der Polizeiinspektion X vom 10.11.2017, GZ: ***und ***. Aus diesen ergeben sich auch der Transport eines PKWs von Italien nach Tschechien, die Angaben zum höchst zulässigen Gewicht der Fahrzeugkombination, das Fehlen eines eingebauten Kontrollgerätes im Fahrzeug und das Nichtmitführen der Gemeinschaftslizenz. Dies wurde vom Erstbeschwerdeführer auch nicht bestritten.

Aus den Aussagen ergibt sich auch widerspruchsfrei, dass die Amtshandlung auf der Polizeiinspektion X unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die italienische Sprache (Zeugin FF) weitergeführt worden ist.

Nach der Aussage des Erstbeschwerdeführers hat dieser nur den Vorwurf, dass er für die Fahrzeugkombination nicht im Besitz der richtigen Lenkberechtigung gewesen ist, verstanden. Dass ihm auch das Fehlen des Kontrollgerätes und das Nichtmitführen der Gemeinschaftslizenz vorgeworfen worden sind sowie jene Verwaltungsübertretungen erklärt worden sind, für die von ihm als Vertreter des Zulassungsbesitzers/Arbeitgebers/ Unternehmers eine vorläufige Sicherheit eingehoben worden ist, hat der Erstbeschwerdeführer bestritten. Auch hat er bestritten, dass die Beträge für die vorläufigen Sicherheiten nach den vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen aufgeschlüsselt worden sind. Seine wesentliche Verantwortung lautete:

„Nach ca 2 bis 3 Stunden ist eine junge Frau gekommen, die übersetzt hat. Die Dolmetscherin hat zwar übersetzt, aber die Übersetzung war nicht vollständig. Gewisse Worte haben gefehlt bzw wurden nicht verstanden. Ich habe nicht verstanden, für welche Delikte ich zahlen musste.

Ich habe dann aber schon verstanden, dass mir vorgeworfen worden ist, dass ich nicht den richtigen Führerschein für einen LKW samt Anhänger mit einem Gewicht über 3.500 kg mitgeführt habe.

Wenn ich gefragt werde, ob mir vorgeworfen wurde, dass sich im Fahrzeug kein Kontrollgerät befunden hat, so gebe ich dazu an:

Ich habe gar nicht verstanden, um welches Kontrollgerät es sich handeln soll. Es wurde nie davon gesprochen und es wurde auch nie etwas davon gesagt, dass es eines Kontrollgerätes bedurft hätte. Auch die Dolmetscherin hat nicht davon gesprochen.

Wenn ich gefragt werde, ob ich nach dem Fehlen der Gemeinschaftslizenz befragt wurde, so gebe ich dazu an:

Auch das war kein Thema. Ich wurde nicht zum Fehlen der Gemeinschaftslizenz befragt. Ich bin nur ein Maurer und kein LKW-Lenker und kenne mich insofern auch nicht aus. …

Wenn ich gefragt werde, ob mir gesagt wurde, dass auch die vorläufige Sicherheit für Übertretungen eingehoben wird, die dem Zulassungsbesitzer bzw dem Arbeitgeber bzw dem Beförderungsunternehmen angelastet werden, so gebe ich dazu an:

Ich habe nur verstanden, dass ich bezahlen muss, um nach Hause fahren zu dürfen. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, ob es Thema bei der Befragung war, dass auch für den Zulassungsbesitzer bzw den Eigentümer bzw die Gesellschaft ich als Vertreter die vorläufige Sicherheit zu erlegen hatte. ….

Ich habe damals nur sehr wenig verstanden. Heute verstehe ich es besser. …“

Dem steht folgende glaubwürdige Aussage des Zeugen EE vor dem Landesverwaltungsgericht entgegen:

„Ich habe dann auch mit einer Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft S telefoniert und diese hat mir durchgegeben, welche Mindestbeträge für die jeweilige Übertretung als vorläufige Sicherheit einzuheben sind. Ich habe mir das auf einem Zettel mitgeschrieben, habe aber leider diesen Zettel nicht mehr. …

Es wurde dann dem Beschwerdeführer konkret erklärt, welcher Betrag für welche Übertretung eingehoben wird. Ich habe damals bei dem Telefonat mit der Behörde sämtliche Beträge aufgeschrieben, die jeweils für die Übertretungen des Zulassungsbesitzers und des Lenkers angefallen sind, und habe dann diesen Zettel bei der Übersetzung mit der Dolmetscherin dem Beschwerdeführer vorgehalten und ihm zu jedem Betrag mitgeteilt, welche Übertretung vorgeworfen wird. Es hat sich auch daraus ergeben, wem die jeweilige Übertretung vorgeworfen wird.

Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob ihm gesagt wurde, ob das eine vorläufige Sicherheit ist oder die Strafe. Aber ich gehe schon davon aus, dass wir mitgeteilt haben, dass es sich um die vorläufige Sicherheit handelt, weil wir das ja immer so machen.“

Die beigezogene Dolmetscherin FF hat dies in ihrer Zeugenaussage bestätigt:

„Ich weiß nicht mehr genau, ob ich dem Beschwerdeführer erklärt habe, ob es sich um eine Kaution handelt, die er bezahlen muss oder um die Strafe. Aber jedenfalls war es so, dass ich ihm die Beträge, die mir der Polizeibeamte aufgeschrieben hat, übersetzt habe und ihm erklärt habe, wofür er die einzelnen Beträge zahlen muss, welche Beträge ihn betreffen und welche die Firma betreffen, auf die das Fahrzeug zugelassen war. ...“

Bei einer Zusammenschau dieser Beweisergebnisse wird den übereinstimmenden Zeugenaussagen des einschreitenden Polizeibeamten und der Dolmetscherin insoweit gefolgt, als diese übereinstimmend dargelegt haben, dass dem Beschwerdeführer die einzelnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen und die jeweiligen Beträge, die eingefordert worden sind, mitgeteilt worden sind. Die entgegenstehende Aussage des Erstbeschwerdeführers, wonach er bestritten hat, dass ihm die einzelnen Verwaltungsübertretung vorgehalten wurden, konnte hier nicht überzeugen, zumal der Beschwerdeführer sich an den genauen Gesprächsinhalt nur bruchstückhaft erinnerte, und selbst angab, bei der Amtshandlung sehr nervös gewesen zu sein. Der Erstbeschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aber immer wieder glaubwürdig betont, dass es trotz Beiziehung einer Dolmetscherin zu Problemen in der Verständigung gekommen ist, sodass davon auszugehen ist, dass dem Beschwerdeführer zwar die Verwaltungsübertretungen und einzubehaltenden Beträge mitgeteilt wurden, dieser aber aufgrund von Verständigungsproblemen den Inhalt dieser Vorhaltungen größtenteils nicht verstanden hat.

Die beiden Zeugen EE und FF konnten sich nicht mehr daran erinnern, ob dem Erstbeschwerdeführer auch mitgeteilt worden ist, dass die Beträge als „vorläufige Sicherheit“ einbehalten werden. Der Beschwerdeführer hat dies vehement bestritten, sodass davon ausgegangen wird, dass dem Erstbeschwerdeführer nicht ausdrücklich mitgeteilt wurde, dass es sich dabei um eine vorläufige Sicherheit handelt.

Unbestritten ist, dass der Erstbeschwerdeführer schließlich den Gesamtbetrag in Höhe von Euro 3.290,00 bezahlt hat. Aus dem Verwaltungsakt geht hervor, dass dem Erstbeschwerdeführer am Ende der Amtshandlung eine Bescheinigung über die vorläufige Sicherheitsleitung nach § 37a Abs 1 Z 2 VStG über den Gesamtbetrag von Euro 3.290,00 ausgehändigt wurde (vgl Kopie im Akt).

Dass der Erstbeschwerdeführer nach Bezahlung der vorläufigen Sicherheit mit dem LKW (ohne Anhänger) weiterfahren durfte, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen und des Erstbeschwerdeführers.

IV.      Rechtslage:

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen lauten wie folgt:

§ 37a Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013:

(1) Die Behörde kann besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, von Personen, die auf frischer Tat betreten werden, eine vorläufige Sicherheit einzuheben,

         1.       wenn die Voraussetzungen des § 35 Z 1 und 2 für eine Festnahme vorliegen oder

         2.       wenn andernfalls

         a)       die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte oder

         b)       die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung einen Aufwand verursachen könnte, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Besondere Ermächtigungen in den Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt. § 50 Abs 1 letzter Satz, Abs 3, Abs 5, Abs 6 erster Satz sowie Abs 8 sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Die vorläufige Sicherheit darf das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe nicht übersteigen.

(3) Leistet der Betretene im Fall des Abs 1 Z 2 die vorläufige Sicherheit nicht, so kann das Organ verwertbare Sachen, die dem Anschein nach dem Betretenen gehören und deren Wert das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe nicht übersteigt, als vorläufige Sicherheit beschlagnahmen. Hiebei ist mit möglichster Schonung der Person vorzugehen.

(4) Über die vorläufige Sicherheit oder die Beschlagnahme ist sofort eine Bescheinigung auszustellen. Die vorläufige Sicherheit ist der Behörde mit der Anzeige unverzüglich vorzulegen.

(5) Die vorläufige Sicherheit wird frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen zwölf Monaten gemäß § 37 Abs 5 der Verfall ausgesprochen wird. § 37 Abs 4 letzter Satz gilt sinngemäß.

V.       Erwägungen:

Zur Zulässigkeit:

Die Festsetzung und Einhebung einer vorläufigen Sicherheit nach § 37a durch Verfügung des amtshandelnden Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist ein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, der mit Maßnahmenbeschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpft werden kann (vgl VwGH 03.09.2002, 2001/03/0416, 30.01.1985, 84/03/0050, VwSlg 11660 A/1985).

Anlässlich der mündlichen Verhandlung stellte die Rechtsvertreterin der beiden Beschwerdeführer – nach Einsicht in die Verwaltungsstrafakten - klar, dass sich die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers als Lenker der Fahrzeugkombination gegen die Einhebung der vorläufigen Sicherheit in Höhe von Euro 970,00 richtet und die Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft gegen die Einhebung der vorläufigen Sicherheit in Höhe von Euro 2.320,00, die vom Lenker in seiner Eigenschaft als Vertreter des Zulassungsbesitzer geleistet wurde.

Die Maßnahmenbeschwerde ist fristgerecht binnen der sechswöchigen Beschwerdefrist erhoben worden. Sie ist zulässig.

In der Sache:

§ 37a VStG regelt die Voraussetzungen für die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit, die unmittelbar durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgt.

Gemäß § 37a Abs 1 Z 2 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, von Personen, die auf frischer Tat betreten werden, eine vorläufige Sicherheit einzuheben, wenn andernfalls die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte (lit a) oder die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung einen Aufwand verursachen könnte, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre (lit b). Dabei darf die vorläufige Sicherheit das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe nicht übersteigen (Abs 2). Über die vorläufige Sicherheit oder die Beschlagnahme ist sofort eine Bescheinigung auszustellen (Abs 4).

Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zeichnet sich durch eine relative Form- und Verfahrensfreiheit aus. Dies unterscheidet sie von den grundsätzlichen form- und verfahrensgebundenen Bescheiden. Zwar werden Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auch als verfahrensfreie Akte bezeichnet, doch ist die Verfahrensfreiheit keine vollständige, weil auch solche Akte – zumindest gewissen – verfahrensrechtlichen Bindungen unterliegen können (vgl Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6 Aufl, Rz 430).

Im vorliegenden Fall besteht eine solche Formvorschrift, als über die vorläufige Sicherheit gemäß § 37a Abs 4 VStG sofort eine Bescheinigung auszustellen ist. Nachdem der Einbehalt einer vorläufigen Sicherheit jedenfalls einen Eingriff in das Eigentumsrecht darstellt, soll durch die Formvorschrift des § 37a Abs 4 VStG sichergestellt werden, dass durch diese Bestätigung ein Beweis für den Erlag der vorläufigen Sicherheit in der Hand jener Person verbleibt, welche eine vorläufige Sicherheit geleistet hat bzw für die eine solche durch einen Vertreter geleistet wurde. Nachdem darüber hinaus die Höhe der vorläufigen Sicherheit auch durch das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe begrenzt ist, kann im Nachhinein vom Betroffenen überprüft werden, ob diesen gesetzlichen Vorgaben entsprochen worden ist.

Hinzukommt, dass bei der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, obwohl es zu grundrechtsnahen Eingriffen kommen kann, nicht grundsätzlich geboten ist, dass der Betroffene in einer ihm verständlichen Sprache über die Maßnahme bzw deren Gründe sofort informiert wird, wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist (vgl dazu zB die Verpflichtung zur Unterrichtung über die Festnahmegründe und Anschuldigungen gemäß Art 4 Abs 6 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit), zumal Deutsch gemäß Art 8 Abs 1 B-VG – unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte - die Amtssprache in Österreich ist. Auch bei Amtshandlungen, die in einer Einhebung einer vorläufigen Sicherheit münden, verlangt das Gesetz nicht, dass ein Dolmetscher bei der Amtshandlung beigezogen wird (wenngleich es aus Praktikabilitätsüberlegungen und unter Bedachtnahme auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz häufig der Fall sein wird). Mit der Verpflichtung zur Ausstellung der Bestätigung hat der Gesetzgeber aber sichergestellt, dass dem Betroffenen die Art der Maßnahme und deren Rechtsgrundlage - zwar auf Deutsch, jedoch schriftlich - bekannt gegeben und die Höhe des einbehaltenen Betrages bestätigt wird.

Nun stellt sich vorliegend die Frage, ob die Einhebung der vorläufigen Sicherheit als Gesamtbetrag in Höhe von Euro 3.290,00 und Ausstellung einer Bestätigung über den Gesamtbetrag den oben angeführten gesetzlichen Vorgaben entspricht, wenn sich dieser Betrag eigentlich aus drei vorläufigen Sicherheiten, die beim Lenker, und drei vorläufigen Sicherheiten, die beim Lenker als Vertreter der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft (in ihrer Funktion als Zulassungsbesitzerin gemäß § 134 Abs 4 KFG bzw als Unternehmerin gemäß § 24 Güterbeförderungsgesetz bzw als Arbeitgeberin), einzuheben waren in jeweils unterschiedlicher Höhe zusammensetzt.

Dies ist zu verneinen, weil der mit der gesetzlichen Bestimmung des § 37a Abs 4 VStG gewährleistete Rechtsschutz, durch diese Vorgangsweise nicht gewahrt wird. Gerade bei einer größeren Anzahl an vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen, die – wie im vorliegenden Fall - noch dazu zum Teil dem Erstbeschwerdeführer und zum Teil der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft bzw deren zur Vertretung nach außen Befugten vorgeworfen werden, kann nur durch Ausstellung von separaten Bestätigungen sichergestellt werden, dass im Nachhinein klar feststeht, welcher Betrag für welche Verwaltungsübertretung von wem (betretene Person oder Vertreter des Betretenen) eingehoben worden ist. Eine bloß mündliche Mitteilung der Beträge reicht insofern nicht aus, weil von der kontrollierten Person nicht erwartet werden kann, sich die Beträge im Detail zu merken bzw die kontrollierte Person dies auch nicht musste, da sie davon ausgehen durfte, dass ihr sofort entsprechende schriftliche Bestätigungen ausgestellt werden. Zudem hat es im vorliegenden Fall trotz Beiziehung einer Dolmetscherin Verständigungsprobleme gegeben, sodass nicht davon auszugehen ist, dass der Erstbeschwerdeführer die ihm mitgeteilte Aufteilung auch tatsächlich verstanden hat.

Durch Einhebung eines Gesamtbetrages und Ausstellung einer Bestätigung über die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit über den Gesamtbetrag war für den Erstbeschwerdeführer und die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft somit nicht erkennbar, wie sich dieser Betrag zusammensetzt. Daher konnte auch nicht überprüft werden, ob der jeweils eingehobene Betrag dem zulässigen Höchstmaß nach § 37a Abs 2 VStG entspricht und war insbesondere auch für die beiden Beschwerdeführer nicht erkennbar, welcher Teilbetrag den Erstbeschwerdeführer und welcher die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft betrifft. Das ergibt sich auch daraus, dass erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht nach entsprechender Darlegung der Teilbeträge die Beschwerden des Erstbeschwerdeführers und der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft entsprechend konkretisiert bzw auf den - den jeweiligen Beschwerdeführer betreffenden - Teilbetrag eingeschränkt wurden.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass eine Anwendung der Bestimmungen des § 17 AVG, nämlich dem Recht auf Akteneinsicht, auf bloß faktische Amtshandlungen nicht in Betracht kommt (vgl VwGH 17.03.2016, Ro 2014/11/0012 mwH). Das Recht auf Akteneinsicht setzt ein Verwaltungsverfahren (vgl VwGH 26.06.2012, 2011/11/0005) bei der Behörde, der gegenüber die Einsicht begehrt wird, voraus (vgl VwGH 09.06.1995, 95/02/0146 uva). Solange ein Verwaltungsstrafverfahren nicht eingeleitet gewesen ist bzw die Maßnahmenbeschwerde erhoben worden ist, konnten sich die Beschwerdeführer auch nicht durch Akteneinsicht Klarheit über die Aufteilung der Beträge verschaffen. Hinzukommt, dass der Polizeibeamte weder in der Anzeige noch auf sonstige Weise die Aufteilung der Beträge festgehalten hat, sodass eine nachvollziehbare Aufteilung erst durch eine Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft S erfolgt ist und sich nur anhand eines handschriftlichen Vermerks im Behördenakt durch diese Sachbearbeiterin bzw anhand der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft S vom 20.11.2017, *** betreffend den Erstbeschwerdeführer ergibt. Die Maßnahmen selbst, nämlich die sechsfache Einhebung einer vorläufigen Sicherheit durch den Polizeibeamten, wurde nicht dokumentiert.

Bei einer Gesamtbetrachtung ist daher davon auszugehen, dass die Einhebung der vorläufigen Sicherheit im Zusammenhang mit drei Verwaltungsübertretungen, die dem Lenker angelastet wurden, sowie drei Verwaltungsübertretungen, die der Zulassungsbesitzerin/Arbeitgeberin/Unternehmerin angelastet wurden, als Gesamtbetrag und der Ausstellung lediglich einer Bestätigung über den Gesamtbetrag rechtswidrig gewesen ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich des Antrages, den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, in dem die eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von Euro 3.290,00 an den Erstbeschwerdeführer zurückgezahlt wird, ist auf § 28 Abs 6 VwGVG zu verweisen. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

VI. Kosten:

Gemäß § 35 Abs 1 VwGVG, BGBl I Nr 33/2013, hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei (vgl § 35 Abs 2 VwGVG).

Aufwandersatz ist gemäß § 35 Abs 7 VwGVG auf Antrag der Partei zu leisten.

Beantragt wurde in der Beschwerde gemäß § 35 VwGVG iVm Aufwandersatzverordnung die belangte Behörde zu verpflichten, den Beschwerdeführern die Verfahrenskosten in der durch Verordnung festgelegten Höhe

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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