TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/30 LVwG 30.5-1280/2017

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Veröffentlicht am 30.07.2018
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Entscheidungsdatum

30.07.2018

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Kraftfahrgesetz
L37066 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Steiermark
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

StVO 1960 §26a Abs1a
KFG 1967 §20 Abs1 Z4
ParkgebührenV Graz 1997 §3 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Miliker über die Beschwerde des A B, geb. xx, vertreten durch die C D, Rechtsanwälte GmbH, R, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 27.03.2017, GZ: A10/1P-4226277,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.   Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

s t a t t g e g e b e n,

das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat der Bürgermeister der Stadt Graz (im Folgenden belangte Behörde) dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am 23.11.2016 in der Zeit von 14.03 Uhr bis 14.16 Uhr das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen YY in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in G, gegenüber dem Haus E, ohne Automatenparkschein geparkt, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß gelösten Automatenparkschein zu entrichten. Dadurch habe er die vorgeschriebene Parkgebühr fahrlässig verkürzt und die Rechtsvorschrift des § 2 Steiermärkisches Parkgebührengesetz 2006, LGBl. Nr. 37/2006 iVm §§ 1 (3), 2, 6 und 7 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 18.06.2015 verletzt, wofür eine Verwaltungsstrafe in Höhe von € 45,00 verhängt wurde.

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das gegenständliche Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in G, gegenüber dem Haus E ohne Automatenschein geparkt und dies im Einspruch auch nicht bestritten worden sei. Ein ordnungsgemäß gelöster Automatenparkschein sei vom beeideten Aufsichtsorgan für den verfahrensgegenständlichen Parkvorgang nicht vorgefunden worden.

Das betreffende Kraftfahrzeug sei zwar ein Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes und zur Verwendung als Einsatzfahrzeug gemäß §§ 26, 26a Abs 1 StVO zugelassen, jedoch würden Fahrzeuge des Österreichischen Roten Kreuzes nicht unter die Kategorie „Fahrzeuge im öffentlichen Dienst“, welche gemäß § 3 Abs 1 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 neben „Einsatzfahrzeugen“ etc. von der Parkgebühr befreit seien, fallen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug um ein Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes handle und dass dieses auch zur Verwendung als Einsatzfahrzeug nach den §§ 26, 26a StVO zugelassen sei. Dieses Fahrzeug sei mit Warnzeichen, mit blauem Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne ausgestattet, wodurch es sowohl als Einsatzfahrzeug als auch als Fahrzeug im öffentlichen Dienst zu verstehen sei.

In seinem Erkenntnis vom 07.07.2017 hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark der Beschwerde stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. Dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 01.03.2018, Ra 2017/16/0128-6, behoben, wobei er kurz zusammenfasst feststellte, dass unter die Abgabenbefreiung nach § 3 Z 1 ParkGebV auch die in § 26a Abs 1a StVO genannten Fahrzeuge fallen würden, die nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit den genannten Warnzeichen auch außerhalb von Einsatzfahrten verwendet würden. Der Umstand, dass solche Signalvorrichtungen am in Rede stehenden Fahrzeug angebracht gewesen seien, bedeute aber noch nicht, dass das Fahrzeug zu den in § 20 Abs 1 Z 4 KFG genannten Zwecken verwendet würde. Er bemängelte, dass das Landesverwaltungsgericht nicht festgestellt habe, dass das Fahrzeug für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet würde. Das Landesverwaltungsgericht hätte also nicht davon ausgehen dürfen, dass das Fahrzeug als Fahrzeug im Sinne des § 26a Abs 1a StVO von § 3 ParkGebV erfasst sei.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Am 04.06.2018 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer, sein rechtsfreundlicher Vertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind. Das in Rede stehende Fahrzeug wurde vom Beschwerdeführer zur Verhandlung mitgebracht und wurde im Zuge der Verhandlung vom Beschwerdeführer die Einvernahme des Fuhrparkleiters des Roten Kreuzes Steiermark als Zeuge beantragt.

Aufgrund des Verwaltungsaktes sowie der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen YY am 23.11.2016 in der Zeit von 14.03 Uhr bis 14.16 Uhr in G, gegenüber dem Haus E, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone aufgrund eines dienstlichen Termins bei der Landesregierung (Büro LH Schützenhöfer) abgestellt.

Beim gegenständlichen Kraftfahrzeug handelt es sich um ein Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) und zwar um einen Pkw Kombi, der über die permanent installierten Sondersignale eines Blaulichtbalkens mit Folgetonhorn und einer rundum Beklebung als Einsatzfahrzeug verfügt. Es wird für Einsätze im Rettungsdienst, bei anfallenden Großschadensereignissen, zur Katastrophenhilfe sowie als Fahrzeug für First-Responder-Einsätze und als Ersatzfahrzeug im Notarztrettungsdienst verwendet und auch für Fahrten wie Patiententransporte (Patienten die noch gehfähig sind und nicht liegend transportiert werden müssen) oder auch Dienstfahrten herangezogen. Darüber hinaus kann das gegenständliche Fahrzeug auch für Organ- oder Bluttransporte eingesetzt werden. Es handelt sich somit um ein multifunktionales Allzweckfahrzeug, das bei Bedarf dementsprechend umgerüstet werden kann.

Zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt war dieses Fahrzeug am Standort H für „First-Responder-Einsätze“ verfügbar, sodass im Bedarfsfall jederzeit darauf zugegriffen werden konnte. Als First Responder oder Helfer vor Ort (HVO) bezeichnet man im Rettungswesen Personen, die bei medizinischen Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen eines Rettungsmittels, welches den Patienten dann auch ins Krankenhaus verbringen kann, mit basismedizinischen Maßnahmen überbrücken können.

Das gegenständliche Fahrzeug wird auch für ein bis zwei Wochen pro Jahr für das „Rendezvous-System“ herangezogen, wenn das eigens dafür angeschaffte Fahrzeug des ÖRK (ein Skoda Octavia) aufgrund von Reparatur, Service, Einsatz etc. nicht verfügbar ist. Dieses Rendezvous-System stellt sich so dar, dass der Notarzt tagsüber beim Krankenhaus I stationiert ist und im Bedarfsfall von einem Fahrzeug des ÖRK abgeholt und zum Einsatzort gebracht wird.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Aktenunterlagen der belangten Behörde sowie auf die Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 04.06.2018.

Dass das gegenständliche Fahrzeug tatsächlich auch für Einsätze im Rettungsdienst, bei anfallenden Großschadensereignissen, zur Katastrophenhilfe sowie als Fahrzeug für First-Responder Einsätze und als Ersatzfahrzeug im Notarztrettungsdienst verwendet wird, wurde vom Beschwerdeführer wie auch vom Zeugen J, glaubwürdig dargelegt. Es wurden im Zuge der mündlichen Verhandlung auch beispielhaft Einsatzprotokolle, aus denen ein Rettungseinsatz oder auch ein Sondereinsatz hervorgeht, vorgelegt.

Darüber hinaus konnte bei der Begutachtung des gegenständlichen Fahrzeugs im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgestellt werden, dass sich im Fahrzeug Magnettafeln mit der Aufschrift „Kommando“ befanden, die bei Bedarf angebracht werden können, sowie eine Box mit Materialien für den Einsatzleiter vorhanden war. Diese Box beinhaltete eine Großunfallvorschrift als Patientenleitsystem, einen Helm für den Einsatzleiter, Sanitätsmaterial für den First-Responder, einen Defibrillator und diverse Decken. Ebenfalls befand sich auch eine mit „Arzt“ gekennzeichnete große Metallbox im Fahrzeug, die diverses Sanitätsmaterial beinhaltete.

Des Weiteren waren im Fahrzeug auch eine Kommunikationsbox und ein mobiles Datenterminal mit GPS-Verbindung sowie ein stationäres und ein mobiles BOS-Funkgerät angebracht. Beim Funknetz BOS handelt es sich um den digitalen Behördenfunk der ausschließlich Einsatzorganisationen zur Verfügung steht. Mit den angeführten Geräten ist das Fahrzeug mit der Leitstelle permanent verbunden und kann im Bedarfsfall kontaktiert und zu einem Unfallort geleitet werden. Im rückwertigen Teil des Fahrzeuges befand sich eine Station für sechs weitere BOS-Funkgeräte für den Fall eines Großeinsatzes sowie weitere Funkgeräte für einschreitende Hilfskräfte im Notfall.

Dass das gegenständliche Fahrzeug auch für Rettungseinsätze, bei Großschadensereignissen, zur Katastrophenhilfe sowie für First-Responder Einsätze verwendet wird, ergibt sich für das Landesverwaltungsgericht Steiermark nicht zuletzt aus dem Steiermärkischen Rettungsdienstgesetz, wonach die Aufgaben des allgemeinen Rettungsdienstes rund um die Uhr im gesamten Landesgebiet oder in bestimmten Teilen der Steiermark, zumindest aber in einem politischen Bezirk ordnungsgemäß besorgt werden müssen. Das ÖRK, Landesverband Steiermark wird in § 3 Abs 5 leg. cit als einzige für das gesamte Land Steiermark anerkannte Organisation des allgemeinen Rettungsdienstes genannt. Dies bedeutet, dass das ÖRK jederzeit, 24 Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche entsprechende Fahrzeuge mit entsprechendem Equipment und qualifiziertem Personal in ausreichender Menge vorzuhalten hat, falls sich ein Unfall, eine Katastrophe ereignet hat oder ein sonstiger dringender Einsatz im Rettungsdienst notwendig wird. Daher ist davon auszugehen, dass die Fahrzeuge des ÖRK, die für den Rettungsdienst mit dem notwendigen Equipment ausgestattet sind, auch tatsächlich für diesen Rettungsdienst verwendet werden.

Rechtliche Beurteilung:

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nicht anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt I:

Die maßgeblichen Bestimmungen des (im Beschwerdefall noch geltenden) Finanzausgleichsgesetzes 2008, BGBl. I Nr. 103/2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 (im Folgenden FAG), dem Steiermärkischen Parkgebührengesetz 2006, LGBl. Nr. 37/2006 idgF, der Grazer Parkgebührenverordnung 2006, der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 idgF (im Folgenden StVO), des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idgF (im Folgenden KFG) und des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002 idgF (im Folgenden SanG) lauten wie folgt:

§ 15 Abs 3 Z 5 lit a FAG 2008:

„(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

(…)

5. Mit Wirkung vom 1. Jänner 2006: Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960. Ausgenommen sind:

a) Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge im öffentlichen Dienst gemäß §§ 26 und 26a StVO 1960;“

§ 1 Abs 1 Stmk. ParkGebG:

„(1) Die Gemeinden des Landes Steiermark werden ermächtigt, durch Verordnung eine Abgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960) oder in Teilen von solchen nach Maßgabe der §§ 2, 4 und 7 bis 12 auszuschreiben. Kurzparkzonen, für die Gebührenpflicht besteht, sind durch Hinweistafeln mit der Aufschrift „Gebührenpflichtige Kurzparkzone“ deutlich zu kennzeichnen.“

§ 12 Abs 1 Stmk. ParkGebG:

„(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Parkgebühr hinterzogen oder verkürzt wird, sowie Übertretungen der Auskunftspflicht nach Abs. 5 und der Verpflichtung nach Abs. 6 sind, unbeschadet der nachträglichen Vorschreibung der hinterzogenen oder verkürzten Parkgebühr, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 218 Euro von den Bezirksverwaltungsbehörden zu bestrafen.“

§ 1 Abs 1 Grazer Parkgebührenverordnung:

„(1) Für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 –StVO) und auf Parkplätzen (in Parkzonen) gemäß Anlagen IX und IXa ist eine Parkgebühr zu entrichten. Parkzonen sind durch Hinweistafeln nach dem Muster der Anlage IXb deutlich zu kennzeichnen.“

§ 3 Z 1 Grazer Parkgebührenverordnung:

„Die Parkgebühr ist nicht zu entrichten für

1. Einsatzfahrzeuge, Fahrzeuge im öffentlichen Dienst, Fahrzeuge des Straßendienstes, der Müllabfuhr und der Kanalwartung (§§ 26, 26a und 27 StVO);“

§ 2 Abs 1 Z 25 StVO:

„(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

(…)

25. Einsatzfahrzeug: ein Fahrzeug, das auf Grund kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen (§ 22) blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne führt, für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale;“

§ 26 StVO:

„(1) Die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden verschieden hohen Tönen ausgestattet sind, dürfen diese Signale nur bei Gefahr im Verzuge, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwenden.

(…)“

§ 26a StVO:

„(1) Die Lenker von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des Entminungsdienstes, der Militärstreife, der militärischen Nachrichtendienste und der Finanzverwaltung sind bei Fahrten, soweit dies für die ordnungsgemäße Ausübung des Dienstes erforderlich ist, an Halte- und Parkverbote, an Geschwindigkeitsbeschränkungen, an Fahrverbote gemäß § 52 lit. a Z 1, Z 6a, Z 6b, Z 6c, Z 6d, Z 7a, Z 7b, Z 8a, Z 8b, und Z 8c und an die Verbote bezüglich des Zufahrens zum linken Fahrbahnrand nicht gebunden. Sie dürfen auch Fahrstreifen und Straßen für Omnibusse benützen. Sie dürfen dabei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

(1a) Die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Warnzeichen mit blauem Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne ausgestattet sind, sind auch außerhalb von Einsatzfahrten an die Verbote gemäß § 52 lit. a Z 1 und 2 und die Gebote gemäß § 52 lit. b Z 15 nicht gebunden, wenn Ausnahmen für andere Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke bestehen. Sie dürfen auch Fahrstreifen und Straßen für Omnibusse benützen.

§ 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG (idF BGBl. I Nr. 40/2016):

„(1) Außer den im § 14 Abs. 1 bis 7 und in den §§ 15 und 17 bis 19 angeführten Scheinwerfern, Leuchten und Rückstrahlern dürfen ohne Bewilligung gemäß Abs. 4 an Kraftfahrzeugen und Anhängern nur angebracht werden:

(…)

4. Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei

(…)

f)  Fahrzeugen im Besitz der in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002 namentlich genannten Einrichtungen, die für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet werden;“

§ 23 Abs 1 Z 4 SanG:

„(1) Der Beruf bzw. die Tätigkeiten des Sanitäters dürfen in folgenden Einrichtungen ausgeübt werden:

4.       Österreichisches Rotes Kreuz,“

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 01.03.2018, 2017/16/0128, zum gegenständlichen Verfahren ausgeführt hat, fallen unter die Abgabenbefreiung nach § 3 Z 1 ParkGebV einerseits Fahrzeuge im öffentlichen Dienst, die etwa in § 26a Abs 1 StVO genannt sind, wie auch die in § 26a Abs 1a leg. cit. genannten Fahrzeuge, die nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit den genannten Warnzeichen auch außerhalb von Einsatzfahrten verwendet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in diesem Erkenntnis jedoch weiter aus, dass die Tatsache, dass das in Rede stehende Fahrzeug mit Blaulicht und Folgetonhorn ausgestattet war, noch nicht bedeutet, dass das Fahrzeug nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit diesen Signalvorrichtungen ausgestattet war. „Der Umstand, dass solche Signalvorrichtungen am in Rede stehenden Fahrzeug angebracht waren, bedeutet (…) noch nicht, dass das Fahrzeug zu den in § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG genannten Zwecken verwendet wird.“

Die Ermittlungen im hg. Folgeverfahren haben nun ergeben, dass das gegenständliche Fahrzeug sowohl für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe als auch für Fahrten die nicht diesen Zwecken dienen, verwendet wird.

Zu klären ist nun die Frage, ob ein Fahrzeug des ÖRK ausschließlich für die in § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG genannten Zwecken verwendet werden muss um mit den Signalvorrichtungen nach kraftfahrrechtlichen Bestimmungen ausgestattet zu sein oder ob diese ex lege Bewilligung auch für multifunktionale Fahrzeuge rechtmäßig besteht.

In der bis zur Novelle, BGBl. Nr. 94/2009 geltenden Fassung des KFG war folgende Bestimmung enthalten:

§ 20 Abs 1 lit d

„(1) Außer den im § 14 Abs 1 bis 7 und in den §§ 15 und 17 bis 19 angeführten Scheinwerfern, Leuchten und Rückstrahlern dürfen ohne Bewilligung gemäß Abs 4 an Kraftfahrzeugen und Anhängern nur angebracht werden:

(…)

d) bei Fahrzeugen, die zur Verwendung im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes bestimmt sind, bei Fahrzeugen, die im Bereich des militärischen Eigenschutzes sowie der Militärstreife zur Verwendung kommen oder zur Verwendung von Organen der Abgabenbehörden nach Maßgabe der Bestimmungen des Abgabenverwaltungs-organisationsgesetzes – AVOG, BGBl. Nr. 18/1975, bestimmt sind, bei Feuerwehrfahrzeugen und Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften oder des österreichischen Roten Kreuzes, sowie bei Fahrzeugen gemäß § 97 Abs 2 StVO beeideten Straßenaufsichtsorganen zur Begleitung von Sondertransporten verwendet werden, sofern die Verwendung von Blaulicht im Bescheid gemäß § 39, § 82 Abs 5, § 101 Abs 5 oder § 104 Abs 9 als Auflage zur Transportabsicherung vorgeschrieben wurde, für die Dauer dieser Transportbegleitung, Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht;“

Mit der Novelle BGBl. Nr. 94/2009 trat die nunmehr aktuelle Version des § 20 Abs 1 Z4 lit f KFG in Kraft, wobei in den Gesetzesmaterialien (ErlRV 2020 BlgNR 24.GP) dazu Folgendes ausgeführt ist:

„Zu Z 6 (§ 20 Abs. 1 Z 4):

Die bisherige Gliederung des Abs. 1 in literae wird in Ziffern umgeändert. Inhaltlich wird die nunmehrige Z 4 neu gefasst.

Für die Zulässigkeit der Führung von Scheinwerfern und Warnleuchten mit blauem Licht (Blaulicht) auf Fahrzeugen von Rettungsdiensten gibt es derzeit im Kraftfahrgesetz zwei verschiedene Grundlagen. Einerseits ist die Führung von Blaulicht an Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften oder des österreichischen Roten Kreuzes gemäß § 20 Abs. 1 lit. d ex lege zulässig. Andererseits benötigen andere Rettungsdienste gemäß § 20 Abs. 5 lit. c eine Bewilligung des Landeshauptmannes für jedes in Betracht kommende Fahrzeug. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll dieses Regime geändert werden. Es erscheint durchaus zweckmäßig und vertretbar, wenn alle die Rettungsdienste, die in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 Sanitätergesetz namentlich genannt sind, durch einen Verweis auf diese Bestimmung des Sanitätergesetzes in das Regime des § 20 Abs. 1 Z 4 aufgenommen werden. Dadurch sind keine Bewilligungen durch den Landeshauptmann für diese Fahrzeuge mehr erforderlich. Durch den Verweis auf die in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes namentlich genannten Organisationen erübrigt sich auch die bisherige namentliche Anführung des Roten Kreuzes in dieser Bestimmung.“

Bei historischer Betrachtung der relevanten Gesetzesstelle geht klar hervor, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine ex lege Bewilligung für Fahrzeuge des Rettungsdienstes im Besitz des ÖRK vorgesehen hatte und durch die Novellierung diese Bewilligung lediglich auf die anderen in § 23 Abs 1 Z 1 bis 5 SanG genannten Einrichtungen erweitern, nicht aber einschränken wollte. Nach den Erläuterungen zur Novelle sollte die Bewilligungspflicht für die in § 23 Abs 1 Z 1 bis 5 SanG genannten Einrichtungen wegfallen, um den Verwaltungsaufwand zu verringern.

Wenn der Gesetzgeber von Fahrzeugen des Rettungsdienstes spricht, so sind hierunter Fahrzeuge zu verstehen, die für Aufgaben im Rahmen des Rettungsdienstgesetzes bestimmt sind, worunter neben dringenden Einsätzen im Rettungsdienst unter anderem auch der qualifizierte Krankentransport oder auch die Bereitstellung eines Ambulanzdienstes an Ort und Stelle bei Veranstaltungen angeführt sind.

Es ist demnach bei der Interpretation des § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG idF BGBl. Nr. 94/2009 nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Voraussetzung für eine Bewilligung der in Rede stehenden Warnzeichen derart verschärfen wollte, dass diese Bewilligung nur noch für Fahrzeuge, die ausschließlich für die in dieser Bestimmung genannten Einsätze verwendet werden und nur für den konkreten Zeitraum eines solchen Einsatzes gelten sollte. Wenn somit ein mit den Signalvorrichtungen ausgestattetes Fahrzeug des ÖRK sowohl für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe als auch für andere Zwecke, wie Krankentransporte oder Dienstfahrten verwendet wird, ist davon auszugehen, dass es mit den Signalvorrichtungen nach kraftfahrrechtlichen Bestimmungen ausgestattet ist.

Dies deckt sich auch mit der Rechtsansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Abteilung IV/ST1-Kraftfahrwesen, das in einer Stellungnahme vom 13.04.2018 an den Beschwerdeführer Folgendes ausführt:

„Zur Wortfolge „für dringende Einsätze im Rettungsdienst“ in § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG liegt unsers Wissens noch keine Judikatur vor. Auch diese Bestimmung soll eine exzessive Verwendung von Blaulicht verhindern, sodass sie aus Sicht des BMVIT eher eng auszulegen ist. Ein Fahrzeug muss sich nicht nur im Besitz einer in § 23 Abs 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes genannten Einrichtung befinden, sondern auch für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet werden. Es wird vom Gesetz allerdings nicht gefordert, dass das Fahrzeug ausschließlich für dringende Einsätze im Rettungsdienst verwendet wird, daher kann das Blaulicht auch am Fahrzeug angebracht bleiben, wenn es für einen anderen Zweck verwendet wird. Gemäß § 20 Abs 6a KFG sind die Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht von den betroffenen Fahrzeugen zu entfernen, wenn das Fahrzeug nicht mehr für dringende Einsätze im Rettungsdienst bestimmt ist.

Da die genannten Rettungsorganisationen ex lege berechtigt sind, Blaulicht an Ihren Einsatzfahrzeugen anzubringen, obliegt es in erster Linie Ihnen zu definieren, welche Fahrzeuge für dringende Einsätze im Rettungsdienst benötigt und dann auch dafür verwendet werden. Es kommt Ihnen also ein gewisser Spielraum zu, damit Sie ihre Fahrzeugflotte den Anforderungen des Rettungsdienstes optimal anpassen können. So kann ein Fahrzeug sowohl für dringende Einsätze im Rettungsdienst, als auch für sonstige Einsätze verwendet werden. Eine missbräuchliche Anbringung von Blaulicht an einem Fahrzeug, welches nicht für einen der in § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG genannten Zwecke verwendet wird, würde aber in jedem Fall eine Verwaltungsübertretung nach § 134 KFG darstellen“.

Wie oben bereits ausgeführt, steht das in Rede stehende Fahrzeug im Besitz des Österreichischen Roten Kreuzes und damit in einer der in § 23 Abs 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes namentlich genannten Einrichtungen und wird sowohl für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe als auch für andere Fahrten wie z.B. Krankentransporte oder Dienstfahrten, verwendet.

Da es nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes unter Hinweis auf die obigen Ausführungen gemäß § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG nicht erforderlich ist, dass ein Fahrzeug ausschließlich für die in dieser Bestimmung genannten Einsätze verwendet wird, ist das gegenständliche Fahrzeug mit den in § 20 Abs 1 Z 4 KFG angeführten Signalvorrichtungen rechtmäßig nach den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen ausgestattet. Damit handelt es sich beim genannten Fahrzeug um ein Fahrzeug gemäß § 26a Abs 1a StVO, das nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit den genannten Warnzeichen auch außerhalb von Einsatzfahrten verwendet wird und fällt demnach unter die Abgabenbefreiung nach § 3 Z 1 ParkGebV.

Den Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 12.06.2018, wonach „das verfahrensgegenständliche Kfz zum Übertretungszeitpunkt keine Bewilligung aufwies, noch konkret den ex lege Voraussetzungen für die Warnanlagen entsprochen hatte, da auf den Fotos des Aufsichtsorgans keine wie zuletzt angebrachte Innenausstattung erkennbar ist und die vorgelegten vier Protokolle weit vor dem Übertretungszeitpunkt liegen (…) und zu wenig aussagekräftig sind“, wird Folgendes entgegengehalten:

Wie oben ausgeführt, gilt nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes die ex lege Bewilligung für die Signalvorrichtungen eines Fahrzeuges des ÖRK, das neben den in § 20 Abs 1 Z 4 KFG genannten Einsatzfahrten auch für andere Zwecke verwendet wird, auch für die Zeiträume dieser alternativen Verwendung. Dies kann auch mit § 20 Abs 5 KFG begründet werden, wo unter anderem ausgeführt ist, dass in Fällen der lit d (ärztlicher Bereitschaftsdienst von Gebietskörperschaften, Ärztekammern und Sozialversicherungsträgern) und lit h (ärztliche Hilfe durch Fachärzte in Rufbereitschaft) – sofern es sich nicht um Fahrzeuge gemäß lit c (Rettungsdienst oder Bergrettungsdienst) handelt – die Bewilligung an die Institution oder Krankenanstalt, die den Bereitschaftsdienst organisiert, ergeht. Die Warnleuchten mit blauem Licht dürfen in diesen Fällen jeweils nur an dem Fahrzeug angebracht werden, das tatsächlich für einen bestimmten Bereitschaftsdienst eingesetzt wird und nur für die Dauer des Bereitschaftsdienstes und nur während der Verwendung dieses Fahrzeuges für Einsatzfahrten. Hätte der Gesetzgeber auch für die Fahrzeuge gemäß § 20 Abs 1 Z 4 lit f KFG vorgesehen, dass sich die Bewilligung für die genannten Warnleuchten und Folgetonhorn nur auf die tatsächliche Dauer des jeweiligen Einsatzes erstreckt, hätte er dies, wie in § 20 Abs 5 KFG, auch explizit genannt.

Zusammenfassend wird ausgeführt, dass es sich bei dem zur Tatzeit am Tatort abgestellten Fahrzeug um ein in § 26a Abs 1a STVO genanntes Fahrzeug gehandelt hat, das mit Warnzeichen mit blauem Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden höher Töne nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften ausgestatten war, wodurch es unter die Abgabenbefreiung nach § 3 Z 1 ParkGebV fällt.

Somit hat der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und ist das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einsatzfahrzeug, Parkgebühr, Rettungswesen, Signalvorrichtung, Parkgebührenverordnung, kraftfahrrechtliche Vorschriften, Blaulicht, Rettungsdienst

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.30.5.1280.2017

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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