TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/6 LVwG 30.30-1916/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.08.2018

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §20 Abs2
B-VG Art53 Abs3
B-VG Art57 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Schmalzbauer über die Beschwerde der AB C, geb. xx, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 08.06.2018, GZ: BHGU-15.1-45485/2017,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.       Gemäß § 50 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet

a b g e w i e s e n.

II.  Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 20,00 zu leisten.

III.  Gemäß § 25a Abs 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) ist eine ordentliche Revision wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

IV.  Der belangten Behörde steht die Möglichkeit einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht offen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 08.06.2018, GZ: BHGU-15.1-45485/2017, wurde AB C, geb. xx, Hstraße, D, vorgeworfen, sie habe am xy um 10.22 Uhr in der Gemeinde E, auf der S 35, bei StrKm yy, in Fahrtrichtung F, mit dem PKW mit dem Kennzeichen XX als Lenkerin die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 29 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden.

Sie habe dadurch die Rechtsvorschriften im § 20 Abs 2 StVO verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über sie gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,00 (im Uneinbringlichkeitsfall ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gleichzeitig wurde sie verpflichtet, gemäß § 64 Abs 2 VStG € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass mit Anzeige der API Bruck an der Mur vom 15.09.2017 die im Spruch genannte Übertretung angezeigt worden sei. Auf Anfrage der Behörde habe die Beschwerdeführerin sich selbst als Lenkerin angegeben.

Mit Strafverfügung vom 22.11.2017 sei sie wegen dieser Übertretung bestraft worden.

Dagegen habe die Beschwerdeführerin fristgerecht Einspruch erhoben, der im Wesentlichen damit begründet worden sei, dass die gegenständliche Fahrt im Zusammenhang mit ihrer politischen Tätigkeit als Nationalratsabgeordnete gestanden sei und die Beschwerdeführerin sich deshalb auf ihre Immunität berufen würde, wobei die Tat als solche nicht bestritten worden sei.

Gemäß Artikel 57 Abs 3 B-VG dürften Mitglieder des Nationalrates ohne Zustimmung des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten stehe. Dabei seien strafbare Handlungen, die mit der „Funktion als Mitglied des Nationalrates in Zusammenhang stünden“ als Delikte zu verstehen, die mit den parlamentarischen Pflichten des Mandatars in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stünden.

Bei Übertretungen der StVO, zwecks Wahrnehmung eines Sitzungstermins, sei ein derartig innerer, sachlicher Zusammenhang nicht anzunehmen, weshalb eine behördliche Verfolgung auch ohne Zustimmung des Nationalrates zulässig sei.

Bei der Strafbemessung wurde als mildernd und erschwerend jeweils nichts gewertet.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige und in formaler Hinsicht zulässige Beschwerde, mit dem Antrag, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Begründet wurde dies damit, dass die gegenständliche Fahrt sehr wohl im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit als Nationalratsabgeordnete gestanden sei und sie sich daher auf ihre Immunität berufe. Die Beschwerdeführerin sei auf der Anfahrt zu einem vertraulichen Gespräch mit einem Informanten gewesen. Diese Anfahrt und das Gespräch seien ihrer Tätigkeit als Nationalratsabgeordnete zuzurechnen. Die Entscheidungspraxis der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung sei unklar. Im Verwaltungsstrafverfahren zu GZ: BHGU-XX habe sie sich ebenfalls auf ihre Immunität berufen und dieses sei eingestellt worden mit dem Wortlaut: „Das gegen Sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der StVO wurde gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 eingestellt“.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen: XX.

Beamte der Autobahnpolizeiinspektion Bruck an der Mur führten am xy vormittags auf der S 35 im Gemeindegebiet von E in Richtung F bei StrKm yy Lasermessungen mit dem Geschwindigkeitsmessgerät TruSpeed Nr. 4495 durch.

Am xy, um 10.22 Uhr, befuhr die Beschwerdeführerin mit dem von ihr gelenkten PKW mit dem Kennzeichen XX die S 35 im Gemeindegebiet von E in Richtung F. Auf Höhe von StrKm yy überschritt sie die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 29 km/h, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden war. Die von den Beamten mittels Messung von vorne ermittelte Geschwindigkeit betrug 133 km/h.

Die Beschwerdeführerin war von a bis b Abgeordnete zum Nationalrat.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Akt der belangten Behörde und dem Gegenstandsakt, die diesbezüglich als unbedenklich zu beurteilen sind.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, mit dem von ihr gelenkten PKW am Tatort zur Tatzeit die gemessene Geschwindigkeit eingehalten zu haben. Sie bringt zur vorgeworfenen Übertretung vor, dass die Fahrt im Zusammenhang mit ihrer politischen Tätigkeit als Nationalratsabgeordnete gestanden sei, da sie auf der Anfahrt zu einem vertraulichen Gespräch mit einem Informanten gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung:

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nichts anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

§ 38 VwGVG:

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

§ 20 Abs 2 des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO), BGBl 159/1960, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 68/2017:

„Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.“

§ 99 Abs 3 lit. a StVO:

„Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a)   wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist;“

Artikel 57 Abs 3 B-VG:

Ansonsten dürfen Mitglieder des Nationalrates ohne Zustimmung des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht. Die Behörde hat jedoch eine Entscheidung des Nationalrates über das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges einzuholen, wenn dies der betreffende Abgeordnete oder ein Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses verlangt. Im Falle eines solchen Verlangens hat jede behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterbleiben oder ist eine solche abzubrechen.

Artikel 57 Abs 6 B-VG:

Die Immunität der Abgeordneten endigt mit dem Tag des Zusammentrittes des neugewählten Nationalrates, bei Organen des Nationalrates, deren Funktion über diesen Zeitpunkt hinausgeht, mit dem Erlöschen dieser Funktion.“

Gemäß § 20 Abs 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 StVO eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt ist. Im gegenständlichen Fall war auf der Freilandstraße, S35, im gegenständlichen Bereich eine Geschwindigkeit von höchstens 100 km/h erlaubt.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin am Tatort zur Tatzeit mit dem von ihr gelenkten PKW eine Geschwindigkeit von 133 km/h einhielt.

In ihrer Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei auf der Fahrt zu einem Informanten in Ausübung ihrer Tätigkeit als Nationalratsabgeordnete erfolgt (außerberufliche Immunität).

Die Beschwerdeführerin war zum Tatzeitpunkt Abgeordnete zum Nationalrat, jedoch schied sie zwischenzeitig infolge des Zusammentritts des neugewählten Nationalrates im November 2017 aus dieser Funktion aus. Der Schutz der außerberuflichen Immunität als vorübergehendes Verfolgungshindernis endet mit dem Ende der Rechtsstellung (Kopetzki in Korinek/Holoubek et al., Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 48 zu Art 57; Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Rz 25.010; Fuchs, Zur Neuregelung der Abgeordnetenimmunität, ÖJZ 1980, 253) gemäß Art 57 Abs 6 B-VG. Bereits aus diesem Grund kann sich die Beschwerdeführerin nicht auf die Immunität als Abgeordnete berufen, da mit dem Ende der Mitgliedschaft zum Nationalrat das vorangehende prozessuale Verfolgungshindernis weggefiel. Dabei ist es gleichgültig, ob der Nationalrat befasst wurde oder nicht, da die Zustimmung des Nationalrates (Art 57 Abs 3 B-VG) keine Voraussetzung für die Verfolgung (mehr) darstellt (Kopetzki, aaO, Rz 81). Endet die Immunität, so darf die Tat ohne Zustimmung des Vertretungskörpers verfolgt werden (Fuchs, aaO, 253).

Im Übrigen sei zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Tat sei im Zusammenhang mit ihrer politischen Tätigkeit erfolgt und sie berufe sich auf ihre Immunität, ausgeführt, dass gemäß Artikel 57 Abs 3 B-VG Mitglieder des Nationalrates ohne Zustimmung des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden dürfen, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht. Die Behörde hat dabei die Entscheidung des Nationalrates über das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs einzuholen, wenn dies der betreffende Abgeordnete oder ein Drittel der Mitglieder des, mit diesen Angelegenheiten befassten, ständigen Ausschusses verlangt. Im Fall eines solchen Verlangens, hat jede behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterbleiben oder ist eine solche abzubrechen.

Grundsätzlich ist von der Behörde im Einzelfall zu beurteilen, wann von einem „offensichtlichen“ Zusammenhang der strafbaren Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten auszugehen ist bzw. welche Art der Zusammenhang sein muss (Kopetzki, aaO, Rz 53; Berka, Lehrbuch Verfassungsrecht, Rz 541; Fuchs, aaO, 254). Dabei ist fraglich, ob ein solcher Zusammenhang bereits bei irgendeiner Kausalität zwischen strafbarer Handlung und politischer Tätigkeit vorliegt oder ob ein inhaltlicher Zusammenhang vorliegen muss.

Die Materialien (126/A, II-4416 BlgNR, XIV. GP) lassen eher auf einen engeren Zusammenhang schließen. Im Initiativantrag wird dazu ausgeführt, dass unter strafbaren Handlungen, die mit der Funktion als Mitglied des Nationalrates im Zusammenhang stehen, Delikte aller Art zu verstehen sind, die mit dem parlamentarischen Pflichten eines Mandatars in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehen. So kann etwa ein Verkehrsunfall, den ein Abgeordneter auf dem Weg zu einer Parlamentssitzung oder zu einer Wählerversammlung verursacht, zwar in einem Zusammenhang, aber keinesfalls in einem inneren Zusammenhang zu seiner parlamentarischen Tätigkeit stehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen unmittelbaren sachlichen oder persönlichen Zusammenhang aber auch für ein Mitglied eines Landtages bei einer Tätigkeit als Obmann des Vorstandes einer Genossenschaft mangels innerem Zusammenhang verneint (VwGH 14.12.1982, Zl. 82/05/0103).

Nach Kopetzki (aaO, Rz 42 zu Artikel 57) sprechen subjektiv-historische Überlegungen daher eher für eine engere Auslegung. Ein hinreichender innerer Zusammenhang ist etwa bei Beleidigungen mit politischem Nahebezug oder bei Delikten im Zuge politischer Demonstrationen zu bejahen, nicht hingegen bei Überschreitungen der StVO zwecks Wahrnehmung eines Sitzungstermins (aaO, Rz 42, FN 100). Zwar stellt das Lenken eines KFZ durch eine Abgeordnete zwar eine Möglichkeit dar, sie an den Ort der Ausübung ihrer parlamentarischen Tätigkeit zu bringen, jedoch wird dadurch das Lenken nicht automatisch zu einer Ausübung der parlamentarischen Tätigkeit (UVS Stmk, 12.01.2000, GZ: 30.7-116/1999; Berka, aaO).

Zusammengefasst handelt es sich entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Delikt, welches offensichtlich in keinem inneren Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit als Abgeordnete steht, mag die Beschwerdeführerin auch auf der Anfahrt zu einem vertraulichen Gespräch mit einem Informanten gewesen sein.

Die Beschwerdeführerin hat die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten, da das Verfolgungshindernis gemäß Art 57 Abs 6 B-VG weggefallen ist.

In subjektiver Hinsicht ist auszuführen, dass zur Strafbarkeit gemäß § 5 Abs 1 VStG fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Diese Glaubhaftmachung ist der Beschwerdeführerin nicht gelungen. Die Beschwerdeführerin hat die ihr zur Last gelegte Geschwindigkeitsübertretung auch in subjektiver Weise zu verantworten.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Die übertretene Norm in § 20 Abs 2 StVO zielt, wie nahezu alle Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Dabei ist die gesetzlich vorgeschriebene Geschwindigkeit einzuhalten und den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umstände anzupassen. Mit dem Überschreiten der höchstzulässigen Geschwindigkeit hat die Beschwerdeführerin gegen diesen Schutzzweck verstoßen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung bei einem geschätzten Durchschnittseinkommen zu Recht als mildernd und erschwerend jeweils nichts gewertet.

Dass die Einhaltung der Vorschrift einer besonderen Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer verhindert hätte werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht als geringfügig angesehen werden.

Die von der belangten Behörde gemäß § 99 Abs 2e StVO verhängte Geldstrafe in der Höhe von € 100,00, welche ohnehin nur knapp über einem Zehntel der höchstzulässigen Geldstrafe liegt, begegnet angesichts des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung keinen Bedenken und ist daher als tat- und schuldangemessen anzusehen.

Nachdem der Sachverhalt unbestritten blieb und im Übrigen nur rechtliche Erwägungen ins Treffen geführt wurden, konnte im Sinne des § 44 Abs 3 Z 1 VwGVG von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses der belangten Behörde durch das Verwaltungsgericht dieser Beitrag mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, festzusetzen ist.

Revision:

Gemäß Artikel 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400,00 verhängt wurde.

Nachdem die Voraussetzungen des § 25a Abs 4 VwGG hier vorliegen, kann die Beschwerdeführerin in gegen diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark keine Revision erheben.

Der belangten Behörde steht eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht offen, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Geschwindigkeitsüberschreitung, verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, Immunität, Abgeordnete, Nationalrat, Mandatar; innerer, sachlicher Zusammenhang, parlamentarische Pflichten, Verfolgungshindernis, Informant, Zustimmung des Nationalrates, außerberufliche Immunität, Ausscheiden aus dem Nationalrat, Ende der Immunität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.30.30.1916.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten