TE Vfgh Beschluss 1997/9/29 B1684/97

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Veröffentlicht am 29.09.1997
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §58 ff

Leitsatz

Zurückweisung einer gegen eine Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gerichteten Eingabe betreffend den Nachkauf von Versicherungszeiten mangels Bescheidcharakters der angefochtenen Erledigung; keine Untergliederung in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung; bloß informativer Inhalt

Spruch

Die Eingabe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. In einem an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gerichteten Schriftsatz vom 11. Dezember 1996 führte der Einschreiter aus, daß ihm infolge nicht erfolgter Anmeldung durch frühere Arbeitgeber 47 Monate in der Pensionsversicherung fehlen würden. Von der zuständigen Pensionsversicherungsanstalt sei ihm mitgeteilt worden, daß ein Nachkauf von Versicherungsmonaten nur für Schulzeiten möglich sei. Er ersuche daher um Ermöglichung des Nachkaufes "durch Minister-Erlaß und Gleichheitsgrundsatz".

In Beantwortung dieses Ersuchens erging das - mit Ausnahme der Anrede und der Fertigungsklausel - nachstehend wiedergegebene Schreiben der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 11. April 1997:

"Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales bezieht sich auf ihr Schreiben vom 11.12.1996 und darf Ihnen hiezu mitteilen, daß ein genereller Einkauf von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung nicht vorgesehen ist und eine Bewilligung dazu nicht erteilt werden kann. (Die Möglichkeit eines Einkaufs von Versicherungszeiten war nur aufgrund der 32. Novelle zum ASVG gegeben. Es handelte sich hiebei um eine - für eine bestimmte Personengruppe bzw. für einen bestimmten Zeitraum - bis 31.12.1980 befristet gewesene gesetzliche Regelung. Eine Wiederholung (Erweiterung) einer solchen Maßnahme in gleicher oder ähnlicher Form wurde schon damals keinesfalls in Aussicht genommen.)

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales bedauert, Ihnen keine andere Nachricht geben zu können."

2. Gegen das genannte Schreiben wendet sich die vorliegende, unter dem Betreff "Beschwerde wegen Nachzahlungsverweigerung von Pensionsversicherungszeiten durch das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit u. Soziales" eingebrachte selbstverfaßte Eingabe des Einschreiters vom 7. Juli 1997.

3.1. Gemäß Art144 Abs1 erster Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof (in bestimmten Fällen) über letztinstanzliche Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate.

3.2. In ständiger Rechtsprechung geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß eine nicht der nach dem AVG für Bescheide vorgesehenen Form entsprechende Erledigung dann als Bescheid iSd Art144 Abs1 B-VG zu qualifizieren ist, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren objektiven Gehalt gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (zB VfSlg. 11420/1987 und 13263/1992).

Aus der Erledigung muß - soll sie als Bescheid iSd Art144 Abs1 B-VG qualifiziert werden - deutlich der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Ob dies der Fall ist, kann sich daraus ergeben, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen; die Beurteilung der Frage nach der Bescheidqualität einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung ist daher vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage vorzunehmen (vgl. zB VfSlg. 13723/1994 und VfSlg. 13750/1994).

3.3. Ausgehend von dieser Rechtsprechung - von der abzurücken kein Anlaß besteht - ist die bekämpfte Erledigung nicht als Bescheid iSd Art144 Abs1 B-VG einzustufen. Ihr fehlen - sie ist nicht in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert und auch nicht als "Bescheid" bezeichnet - alle von den §§58 ff. AVG geforderten formellen Merkmale. Sie weist darüber hinaus keinen normativen, sondern einen bloß informativen Inhalt auf,

was schon aus der getroffenen Wortwahl (arg. "... darf Ihnen hiezu mitteilen, daß ... nicht vorgesehen ist ...") erhellt.

Auch der geltenden Rechtslage ist kein Anhaltspunkt dafür entnehmbar, daß über Anträge betreffend den Nachkauf von Versicherungszeiten die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu entscheiden hätte.

4. Die Eingabe war daher als unzulässig zurückzuweisen.

5. Da die Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist, konnte dieser Beschluß gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B1684.1997

Dokumentnummer

JFT_10029071_97B01684_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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