Index
L66208 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Vorarlberg;Norm
B-VG Art12 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde 1) des JS und
2) des WS, beide in X und beide vertreten durch Winkler - Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Oktober 1997, Zl. LAS 410-447, betreffend eine Angelegenheit des Bringungsrechtes (Mitbeteiligte Partei:
Güterweggenossenschaft R - M - G - L - P, vertreten durch den Obmann in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz (AB) vom 26. März 1970 wurde gemäß § 13 des Vorarlberger Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, neu kundgemacht mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung, LGBl. Nr. 25/1963 (GSG), die auf Grund freier Übereinkunft der Eigentümer der im Einzugsgebiet des Güterweges gelegenen Liegenschaften zur gemeinsamen Errichtung, Erhaltung und Benützung der Weganlage gebildete "Güterweggenossenschaft R-F-L" anerkannt und ihre in Spruchabschnitt IV dieses Bescheides wiedergegebene Satzung genehmigt (Spruchabschnitt I. 1.). Zu Spruchabschnitt I. 2. wurde festgestellt, dass der Genossenschaft als Mitglieder die jeweiligen Eigentümer der im Wegkataster (Spruchabschnitt V des Bescheides) aufgezählten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften angehören. Mit Spruchabschnitt II. 2. wurde zur Erstellung, Erhaltung und Benützung des zu Spruchabschnitt II. 1. beschriebenen Güterweges der genannten Genossenschaft nach § 5 Abs. 2 GSG das erforderliche Bringungsrecht an näher angeführten Grundstücken eingeräumt.
Nachdem der Zweitbeschwerdeführer als Eigentümer vom eingeräumten Bringungsrecht betroffener Grundstücke schon im Jahre 1993 bei der AB Beschwerde darüber geführt hatte, dass die Benützung seiner Grundstücke im Bereich des angelegten Güterweges durch Personen erfolge, deren Benützung rechtlich nicht gedeckt sei, und die AB u.a. auch vom zuständigen Bezirkshauptmann mit dem Anliegen um Einschränkung des Verkehrsaufkommens auf dem Güterweg konfrontiert worden war, kam es nach zahlreichen vorangegangenen Besprechungen am 7. Mai 1997 zu einer Verhandlung vor der AB, als deren Gegenstand ein namens bestimmter "Liegenschaften" gestelltes Ansuchen einer näher genannten Gemeinde bezeichnet wurde, die Genehmigung zum Ausbau des bestehenden Güterweges zu erteilen, das hiezu erforderliche Bringungsrecht einzuräumen, die Erweiterung der bestehenden Güterweggenossenschaft anzuerkennen und die Neuaufnahme von Mitgliedern samt Festlegung des Bau- und Erhaltungskostenschlüssels nach dem GSG zu regeln.
Mit Datum vom 7. Juli 1997 erließ die AB einen Bescheid, zu dessen Spruchpunkt I. sie die Erweiterung der bisherigen Güterweggenossenschaft R-F-L durch Einbezug von neuen Grundflächen in den genossenschaftlichen Verband gemäß § 13 Abs. 7 lit. a GSG anerkannte und den nunmehrigen Genossenschaftsnamen als Güterweggenossenschaft R-M-G-L-P (die mitbeteiligte Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - MP) aufsichtsbehördlich genehmigte. Die in Anlage 1. des Bescheides wiedergegebene Satzung, welche einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides darstelle, werde aufsichtsbehördlich genehmigt.
Zu Spruchpunkt II. ihres Bescheides vom 7. Juli 1997 erließ die AB "für die Erhaltung und den Betrieb des Güterweges gemäß § 11 Abs. 1 GSG" eine aus mehreren Punkten bestehende Mautordnung, in welcher die Aufteilung der Mauteinnahmen nach einem bestimmten Schlüssel und die Bedingungen einer Änderung dieses Aufteilungsschlüssels ebenso geregelt wird wie die Mautstrecke, die zeitliche Beschränkung der Mautregelung auf die Zeit von jeweils 1. Juni bis 25. September eines jeden Jahres und die Zuständigkeit des Ausschusses der Genossenschaft zur Festlegung der Preishöhe der Mautkarten und der Ausgabe von Berechtigungsscheinen. Zu Spruchpunkt II. 2. des Bescheides wurde beurkundet, dass die Mitglieder des Bau- und Erhaltungsabschnittes 2 mit den Mitgliedern des Bau- und Erhaltungsabschnittes 1 eine Vereinbarung abgeschlossen hätten, wonach Änderungen der Mautregelung sowohl der Zustimmung der Mehrheit des ersten Wegabschnittes als auch sämtlicher Grundeigentümer des zweiten Wegabschnittes bedürften.
Mit Spruchabschnitt III. 1. des Bescheides wurde gemäß § 13 Abs. 2 GSG festgestellt, dass als Genossenschaftsmitglieder die jeweiligen Eigentümer der im Wegkataster (Anlage 2 und 3) aufgezählten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften angehörten. Mit Spruchabschnitt III. 2. wurde das Anteils- und Beitragsverhältnis der einzelnen Mitglieder zum Bau und zur Erhaltung der Weganlage gemäß § 11 Abs. 1 und § 13 Abs. 2 GSG ebenfalls im Wegkataster durch Aufteilung in vier Bau- und Erhaltungsabschnitte festgelegt. In Spruchabschnitt III. 3. wurde beurkundet, dass die von der Güterweganlage berührten Grundeigentümer den für die Weganlage erforderlichen Grund kostenlos zur Verfügung gestellt und ihr Einverständnis zur grundbücherlichen Übertragung in das Eigentum der neuen Güterweggenossenschaft erteilt hätten. Bis zur grundbücherlichen Durchführung dieser Maßnahmen hätten die Grundeigentümer den Mitgliedern der Güterweggenossenschaft und den Benutzern der Weganlage "im Sinne obiger Mautregelung" ein uneingeschränktes Geh- und Fahrrecht einschließlich des freien Viehtriebsrechtes eingeräumt. Die Zusage zur grundbücherlichen Übertragung des Eigentumes an der Weganlage auf die Güterweggenossenschaft sei unter der Voraussetzung erfolgt, dass das öffentliche Gut, welches im Bereich der genossenschaftlichen Weganlage bei den Mitgliedern noch vorhanden sei, gleichzeitig aufgelassen und den angrenzenden Grundeigentümern kostenlos ins Eigentum übertragen werde.
Ein folgender Spruchabschnitt ebenfalls mit der Bezeichnung "III." des Bescheides der AB vom 7. Juli 1997 ist mit "Allgemeine Bestimmungen" überschrieben und enthält in Unterpunkt 1. den Ausspruch, dass der MP Rechtspersönlichkeit mit den in der Satzung enthaltenen Befugnissen zukomme und die Genossenschaft der Aufsicht und Überwachung durch die Agrarbehörden unterliege. Unterpunkt 2. dieses zweiten Spruchabschnittes III. ordnet an, dass jede Änderung des Wegerechtes, der Mautordnung, der Satzung oder des Wegkatasters der Genehmigung oder der Verfügung der Aufsichtsbehörde bedürfe.
In der Begründung des Bescheides wird festgestellt, dass im Jahr 1970 die Güterweggenossenschaft R-F-L gebildet worden sei, wobei damals nur vier Genossenschaftsmitglieder bestanden hätten. Zur Erhaltung der langen und kostenaufwendigen Genossenschaftsstrecke sei in der Zwischenzeit eine Mautregelung eingeführt worden. Da für laufende Erhaltungsmaßnahmen keine öffentlichen Zuschüsse gewährt würden, solle weiterhin eine Mautregelung aufrecht bleiben, wobei jedoch in Absprache mit der Bezirkshauptmannschaft und den Genossenschaftsmitgliedern eine deutliche Einschränkung des Fahrzeugverkehrs angestrebt werde. Durch die Erweiterung der Güterweggenossenschaft und den Einbezug neuer Grundstücke in diese neue Genossenschaft würden die Fahrverhältnisse rechtlich einwandfrei geregelt und seien nunmehr all jene Grundeigentümer Mitglieder der Güterweggenossenschaft, deren Grundstücke durch die Weganlage erschlossen werden. Die Neuregelung solle eine selbständige und eigenverantwortliche Verwaltung der Weganlage verbessern und klare Verantwortlichkeiten bei der zukünftigen Erhaltung der verschiedene Abschnitte der Weganlage schaffen. Es entspreche der Bescheid dem "einvernehmlichen Verhandlungsergebnis vom 7. Mai 1997".
In ihren gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen erklärten sich die Beschwerdeführer mit der Erweiterung der Güterweggenossenschaft zumal im Hinblick auf die getroffene Mautregelung nicht einverstanden. Der Führung der Güterweganlage als Mautstraße könnten die Beschwerdeführer nicht zustimmen. Der Erstbeschwerdeführer trug vor, bei der Verhandlung vor der AB vom 7. Mai 1997 eindeutig zum Ausdruck gebracht zu haben, mit der Erweiterung der Güterweggenossenschaft mit Mautregelung nicht einverstanden zu sein, es sei allerdings unterlassen worden, seine Wortmeldung in die Verhandlungsschrift aufzunehmen. Der Zweitbeschwerdeführer wies darauf hin, zum Zeitpunkt der Verhandlung im Ausland gewesen zu sein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der AB vom 7. Juli 1997 ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides nahm die belangte Behörde zunächst als erwiesen an, dass der Erstbeschwerdeführer sich bei der Verhandlung vor der AB vom 7. Mai 1997 gegen die Mautordnung ausgesprochen habe, weshalb er mit seinen Einwendungen nicht als präkludiert angesehen werden könne und seine Berufung daher materiell behandelt werden müsse. Dem Zweitbeschwerdeführer sei die Ladung zur Verhandlung vor der AB vom 7. Mai 1997 nicht zugestellt worden, weshalb er ebenfalls nicht als präkludiert angesehen werden könne. Auch seine Berufung sei daher materiell zu behandeln. Es bekämpften die beiden Beschwerdeführer lediglich die Mautordnung und die Mautstraße, während der Rest des Bescheides der AB unangefochten geblieben sei. Es hätten die Beschwerdeführer jedoch mit ihrem Berufungsvorbringen nicht zu erkennen gegeben, worin sie einen Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen erblickten. Die Mautordnung widerspreche nicht dem GSG, insbesondere dessen §§ 11 Abs. 1 und 4 Abs. 4. Der befürchtete Straßenlärm zu Lasten der Häuser der Beschwerdeführer sei nach den Bestimmungen des GSG kein Grund für die Versagung des Betriebes dieses Güterweges bzw. der Mautordnung. Letztere diene entsprechend § 4 Abs. 4 GSG dem Grundsatz, dass durch die Ausübung des Bringungsrechtes der Güterweggenossenschaft möglichst geringe Kosten verursacht werden sollten. Die Berufungen der Beschwerdeführer seien zu wenig substantiiert, als dass sie einer Überprüfung zugänglich wären, und wiesen der Berufungsbehörde keinen Weg, in welcher Richtung eine Überprüfung erfolgen solle. Die Berufungen erschöpften sich in allgemein gehaltenen Aussagen und in der Erklärung, dagegen zu sein, was den Berufungen aber keinen Erfolg bescheren könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehren, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Ausschluss nicht nutzungsberechtigter Personen von der Ausübung des Wegerechtes über ihre Liegenschaft ebenso wie in ihrem Recht darauf als verletzt zu erachten, als Mitglieder der Weggenossenschaft den Weg ohne die Beschränkungen und Formalitäten einer Mautordnung benützen zu können.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die MP hat sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer tragen vor, die Erlassung einer Mautordnung in Form eines Hoheitsaktes durch Bescheid unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 1 GSG sei gesetzlos erfolgt, weil sie weder in der genannten Bestimmung noch in den Bestimmungen der §§ 3 und 4 GSG, auf welche in § 11 Abs. 1 GSG verwiesen werde, Deckung fände. Es habe die belangte Behörde damit einen Bescheid erlassen, der jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehre. Die Einführung der Mautordnung habe offenkundig zum Ziel, dass der Güterweg in der Zeit vom 1. Juni bis 25. September eines jeden Jahres durch jedermann gegen Entrichtung der Maut benutzt werden dürfe. Dies widerspreche dem Gesetz. Die Einräumung eines Bringungsrechtes für die Allgemeinheit sei im GSG nicht vorgesehen. Es habe der Gesetzgeber mit der Novelle zum Vorarlberger Güter- und Seilwege-Landesgesetz, LGBl. Nr. 42/1984 die Bestimmung des § 11 Abs. 2 GSG dahin geändert, dass der Behörde die ausdrückliche Möglichkeit eingeräumt worden sei, mit Verordnung die Benützung von Güterwegen durch Unbefugte zu verbieten. Die Öffnung des Güterweges für den allgemeinen Verkehr gegen Entgelt, was durch die Mautordnung für den Zeitraum 1. Juni bis 25. September eines jeden Jahres geschehen sei, widerspreche der gesetzgeberischen Absicht diametral.
Diesem Beschwerdevorbringen ist vollinhaltlich beizupflichten.
Die hier interessierenden Gesetzesstellen des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes haben folgenden Wortlaut:
"§ 1
Wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung einer oder land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt wird, dass zur Bringung der im land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewonnenen oder gewinnbaren land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung besteht, kann der Eigentümer, Fruchtnießer oder Pächter (§ 5) begehren, dass ihm die zur Behebung dieser Nachteile notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechte - im Folgenden kurz Bringungsrechte genannt - eingeräumt werden.
§ 2
(1) Das Bringungsrecht besteht entweder in dem Rechte, land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse und andere Sachen der in § 1 bezeichneten Art über fremde Liegenschaften ohne Weganlage zu bestimmten Zeiten zu befördern, oder in dem Rechte, zu dem in § 1 angeführten Zweck Güterwege (Fußsteige, Saumpfade, Fahrwege und dgl.) oder Seilwege anzulegen, unzulängliche bestehende
Verbindungen auszugestalten und diese Wege oder schon bestehende Verbindungen zu benützen.
...
§ 3
Die Eigentümer (Fruchtnießer, Pächter) der Liegenschaften, auf denen ein Güter- oder Seilweg errichtet wird, sowie der hieran angrenzenden Liegenschaften haben die ihrer Verfügung unterliegenden und zur Führung ihrer Wirtschaft entbehrlichen, auf diesen Liegenschaften vorhandenen oder leicht gewinnbaren Baustoffe - namentlich Steine, Schotter, Erde und Holz - in dem zur Erbauung und Erhaltung des Güter- oder Seilweges notwendigen Ausmaß dem Berechtigten gegen eine angemessene Entschädigung zu überlassen, wenn eine anderweitige Beschaffung dieser Baustoffe unverhältnismäßige Kosten erforderte. Über Bestand und Ausmaß dieser Verpflichtung sowie über die Höhe der zu leistenden Entschädigung entscheidet die Agrarbehörde.
§ 4
(1) Die Einräumung eines Bringungsrechtes (§ 2) sowie die Enteignung von Baustoffen (§ 3) ist unzulässig, soweit öffentliche Rücksichten entgegenstehen. Wenn hiedurch ein Grundstück in Anspruch genommen werden soll, das Zwecken der Militärverwaltung, der Eisenbahn, des Luftverkehrs, der dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen und Wege, der Wildbachverbauung, der Flussregulierung oder des Bergbaus dient oder auf dem eine Elektrizitäts- oder Telegrafenanlage, eine gewerbliche Betriebsanlage oder eine Heil- und Pflegeanstalt besteht, ist hiezu auch die Bewilligung jener Behörden erforderlich, in deren Wirkungskreis diese Angelegenheiten fallen. Diese Bewilligung ist von der Agrarbehörde vor Erlassung ihrer Entscheidung einzuholen. Wenn auf Waldgrundstücken eine Schlägerung erforderlich wird, ist vor Erlassung der Entscheidung der Agrarbehörde die Bezirksverwaltungsbehörde zu hören.
(2) Ein Recht, land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse oder andere Sachen der in § 1 bezeichneten Art durch oder über ein Grundstück, das gottesdienstlichen oder Friedhofzwecken dient, ein Gebäude, einen Hofraum, einen zu einem Haus gehörigen eingefriedeten Garten oder einen Werks- oder Lagerplatz einer gewerblichen Betriebsanlage oder einer Bergwerksanlage zu bringen, darf nur eingeräumt werden, wenn der Eigentümer des Gebäudes oder Grundstückes oder der Bergbauunternehmer zustimmt.
(3) Die Einräumung eines Bringungsrechtes kann nur dann erfolgen, wenn der hiedurch zu erreichende Vorteil die damit verbundenen Nachteile offenbar überwiegt.
(4) Bei der Bestimmung von Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes ist vom Bedarfe der Liegenschaft, für die das Bringungsrecht eingeräumt werden soll, nach Maßgabe ihrer gegenwärtigen oder glaubhaft gemachten geplanten Bewirtschaftungsart und von den Grundsätzen auszugehen, dass Gefahren für Menschen und Sachen vermieden, fremde Liegenschaften und Baustoffe in möglichst geringem Maße in Anspruch genommen und durch die Ausübung des Bringungsrechtes dem Berechtigten möglichst geringe Kosten verursacht werden. Es ist insbesondere auch auszusprechen, ob und inwieweit das Bringungsrecht das freie Viehtriebsrecht umfasst.
...
§ 11
(1) Zur Anlage und zum Betriebe eines in Ausübung eines Bringungsrechtes errichteten Güter- oder Seilweges - eines Güterweges dann, wenn durch ihn öffentliche Interessen berührt oder für ihn öffentliche Mittel beansprucht werden - ist eine besondere Bewilligung der Agrarbehörde erforderlich. Bei Erteilung dieser Bewilligung sind die Bestimmungen der §§ 3 und 4 dieses Gesetzes anzuwenden. Der diesbezügliche Bescheid hat insbesondere Bestimmungen über Betrieb, Erhaltung und Beaufsichtigung des Güter- oder Seilweges sowie bei gemeinschaftlichen Güter- oder Seilwegen auch über Verteilung der gemeinsamen Kosten und Arbeitsleistungen zu enthalten.
(2) Die Behörde kann nach Anhörung der betroffenen Gemeinden durch Verordnung die Benützung von Güterwegen durch Unbefugte verbieten. Davon ausgenommen ist die Benützung durch Fußgänger.
...
§ 12
Ein Bringungsrecht kann auch mehreren Berechtigten gemeinsam eingeräumt werden. In einem solchen Falle ist das Ausmaß zu bestimmen, in dem jeder Mitberechtigte zur Entschädigung der Eigentümer der belasteten Liegenschaften und zu den Kosten der Herstellung und Erhaltung der gemeinsamen Bringungsanlage beizutragen hat. Nötigenfalls sind Vorschriften über die Ausübung des Bringungsrechtes durch die einzelnen Mitberechtigten und über die Bestellung eines gemeinsamen Verwalters zu erlassen. Über Streitigkeiten, die aus der Gemeinsamkeit eines Bringungsrechtes, welches durch ein Erkenntnis eingeräumt wurde, entstehen, entscheidet die Agrarbehörde.
§ 13
(1) Zur Anlage und zum Betrieb von Güter- und Seilwegen können auf Grund freier Übereinkunft oder auf Grund einer Verfügung der Agrarbehörde (Abs. 6) Güter- oder Seilwegegenossenschaften gebildet werden. Die Bildung einer solchen Genossenschaft ist an die in den folgenden Absätzen enthaltenen Bestimmungen gebunden.
(2) Jede solche Genossenschaft muss eine Satzung, die der Genehmigung der Agrarbehörde bedarf, und einen Vorstand haben, der sie nach außen vertritt. Die Satzung hat insbesondere die Aufzählung der zugehörigen Liegenschaften und den Schlüssel für die Aufteilung der Kosten der Errichtung, der Erhaltung des Betriebes auf die Eigentümer der Liegenschaften zu enthalten, die Wertigkeit von Stimmen der Mitglieder anzugeben, den Vorgang bei der Bestellung des Vorstandes zu regeln und bei Seilwegegenossenschaften die Grundsätze für die Betriebsführung aufzustellen. Zur Entstehung einer solchen Genossenschaft ist entweder die Verfügung der Agrarbehörde oder im Falle der Bildung auf Grund freier Übereinkunft die Anerkennung durch die Agrarbehörde erforderlich.
...
(7) Eine nachträgliche Einbeziehung von Grundflächen in den genossenschaftlichen Verband kann erfolgen
a) durch Übereinkunft zwischen der Genossenschaft und dem Eigentümer des einzubeziehenden Grundstückes und die Anerkennung dieser Übereinkunft durch die Behörde; die Übereinkunft muss sich auch auf den Kostenanteilsbetrag und die Wertigkeit der Stimme des neuen Mitgliedes beziehen;
b) über Antrag des Eigentümers eines Grundstückes oder der Genossenschaft, wenn sich das Vorhandensein der Voraussetzungen des § 1 hinsichtlich des aufzunehmenden Grundstückes und des vorhandenen Güter- und Seilweges erst nachträglich herausstellt oder durch eine dauernde Änderung der Bewirtschaftungsart des aufzunehmenden Grundstückes ergibt; hiebei hat die Behörde auch über den Kostenanteilsbetrag und die Wertigkeit der Stimme des neuen Mitgliedes zu entscheiden; bei der Bemessung des Anteils an den Herstellungskosten ist die bisher an der Bringungsanlage durch den Gebrauch, Witterungseinflüsse u.dgl. eingetreten Wertminderung zu berücksichtigen.
..."
Den Beschwerdeführern ist darin beizupflichten, dass sich aus den wiedergegebenen, von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Bestimmungen der §§ 11 Abs. 1 und 4 Abs. 4 GSG keine Rechtsgrundlage für die Erlassung einer Mautordnung ableiten lässt, mit welcher das Befahren der Bringungsanlage über Grundstücke der Beschwerdeführer Personen unter der Bedingung der Entrichtung einer Maut ohne Bedachtnahme auf die Grundsätze der §§ 1 sowie 4 Abs. 3 und 4 GSG ermöglicht werden sollte.
Den Beschwerdeführern ist desgleichen darin beizupflichten, dass die mit einer solchen Regelung ausdrücklich geduldete Benutzung einer land- und forstwirtschaftlichen Bringungsanlage durch die Allgemeinheit Inhalt, Absicht und Zweck des Güter- und Seilwegegesetzes diametral zuwiderläuft. Mit Recht verweisen die Beschwerdeführer auf die vom Novellengesetzgeber des Jahres 1984 geschaffene Bestimmung des § 11 Abs. 2 GSG, welche augenscheinlich den Zweck verfolgt hat, die Benutzung von Bringungsanlagen durch Personen, auf welche sich die Bringungsrechtseinräumung nicht erstreckt, auf dem Wege der Setzung einer generell-abstrakten Norm zu unterbinden, was dem aus dem eingeräumten Bringungsrecht Belasteten den Vorteil bringt, nicht gegen jeden einzelnen unbefugten Wegbenützer mit dem Antrag auf Erlassung eines Unterlassungsbescheides vorgehen zu müssen. Wenn die Beschwerdeführer die von der belangten Behörde im Beschwerdefall eingeschlagene Vorgangsweise als der gesetzgeberischen Absicht widerstreitend beurteilen, kann ihnen nicht entgegengetreten werden. Land- und forstwirtschaftliche Bringungsrechte als Rechtsinstitute der in Art. 12 Abs. 1 Z. 3 B-VG aufgezählten Materie der Bodenreform dienen ausschließlich dem Interesse an der Erhaltung und Stärkung einer leistungsfähigen Landwirtschaft und dürfen nicht landwirtschaftsfremden Interessen dienstbar gemacht werden.
Die Beschwerdeführer haben in ihrer Berufung ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie der Führung der über ihre Grundstücke verlaufenden Weganlage als Mautstraße im Kontext mit der Erweiterung der Güterweggenossenschaft entgegentreten. Das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer reichte aus, um der belangten Behörde die Wahrnehmung der in der Einräumung von Bringungsrechten an einen unbestimmten Personenkreis ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und ohne Vorliegen einer Zustimmung der Eigentümer aller hiedurch belasteter Liegenschaften gelegenen Gesetzlosigkeit des vor ihr bekämpften Bescheides zu ermöglichen. Dass die belangte Behörde dies nicht getan hat, belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Oktober 1999
Schlagworte
Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997070217.X00Im RIS seit
21.02.2002Zuletzt aktualisiert am
04.11.2011