TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/8 W173 2125250-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.08.2018
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Entscheidungsdatum

08.08.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W173 2125250-1/29E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 1.3.2016, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Am 9.7.2014 beantragte der österreichische Staatsbürger XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) die Ausstellung eines Behindertenpasses. Dazu legte er medizinische Unterlagen vor. Die belangte Behörde holte ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. DDr. XXXX , FÄ für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, ermittelte einen Gesamtgrad der Behinderung von 90%. Dieser beruhte auf folgenden Leiden: 1. Zustand nach Urethraabriss mit Harnröhrenstriktur, suprapubischer Katheder (Pos.Nr. 08.01.07 - GdB 70%), 2. Fußdeformität nach Luxationsfraktur des Sprungbeins und Trümmerfraktur des Fersenbeins (Pos.Nr. 02.05.35 - GdB 40%), 3. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Impressionsfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers (Pos.Nr. 02.01.02 - GdB 30%), 4. Zustand nach Beckenfraktur und Fraktur des linken Oberschenkels (g.Z. 02.05.07. -GdB 20%), 5. Zustand nach Fraktur des linken Unterschenkels (Pos.Nr. 02.05.35 - GdB 10%) und 6. Funktionseinschränkung beider Hände (Pos.Nr. 02.06.26 - GdB 20%). Das Leiden 1 wurde durch die Leiden 2-3 um insgesamt 2 Stufen erhöht. Die weiteren Leiden erhöhten nicht. Eine Nachuntersuchung wurde für 10/2016 wegen möglicher Besserung vorgesehen. Zur Frage der Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führte die beauftrage Sachverständige

Nachfolgendes aus: ".........

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen schränken die Mobilität ein? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (ca. 300 - 400 m), das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?

Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich einschränken. Kurze Wegstrecken können allein zurückgelegt werden. Ein- und Aussteigen ist möglich, da beide Hüftgelenke über 90° gebeugt werden können und beide Kniegelenke annähernd frei beweglich sind.

Es liegt eine höhergradige Deformität des rechten Fußes mit entsprechender Funktionseinschränkung vor, jedoch links annähernd freie Beweglichkeit des Sprunggelenks und Fußes.

Ein sicheres Anhalten ist ebenfalls möglich, da die Gelenke beider oberer Extremitäten frei beweglich sind, ein sicherer Transport ist gegeben.

2. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führen zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?

Keine.

2a. Besteht eine Harn- oder Stuhlinkontinenz bzw. eine erhebliche Miktions- und Defäka tionsstörung oder eine Stomaversorgung? Welche Notwendigkeiten bzw. Konsequenzen ergeben sich daraus?

Nein.

3a. Liegt eine psychische Funktionsbeeinträchtigung vor, welche den Aufenthalt unter Menschen in geschlossenen Räumen (bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln) bei gleichzeitig fehlender Kontrolle über die Situation verunmöglicht? Welche Einschränkungen ergeben sich daraus? Sind zumutbare therapeutische Optionen ausgeschöpft?

Nein.

3b. Bestehen aufgrund der bestehenden Funktionseinschränkungen gravierende Verhaltensauffälligkeiten, welche von fremden Personen im öffentlichen Raum üblicherweise als große Belastung oder Belästigung empfunden werden? Welche Auswirkungen zeigen diese Verhaltensauffälligkeiten?

Nein.

4. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führen zu einer dauerhaften erheblichen Einschränkung des Immunsystems? Ist dadurch die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?

Keine.

5. Stehen sonstige sich aus dem Gesundheitszustand ergebende Umstände aus medizinischer Sicht der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegen?

Nein.

........."

In der Folge wurde dem BF im November 2014 ein bis Oktober 2016 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 90% ausgestellt.

2. Am 29.1.2015 beantragte der BF erstmals die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" samt Ausstellung eines Parkausweises gemäß §29b StVO. Die belangte Behörde stützte sich auf die obigen Ausführungen im medizinischen Sachverständigengutachten von DDr. XXXX , die dem Parteiengehör unterzogen wurden. Unter Berücksichtigung eines neu vorgelegten Befundes führte die genannte Sachverständige in der

Stellungnahme vom 20.2.2015 auszugsweise aus: "....................

Nachuntersuchung AUVA XXXX vom 05.02.2015: im CT linkes Sprunggelenk günstiger Befund, rechts komplette Destruktion des oberen und gesamten unteren Sprunggelenks. Behandlung mit Schmerzpflaster. Orthopädisches Schuhwerk. Zuhause kurze Gehstrecken ohne Krücken, dabei das Gangbild kurzschrittig und hinkend. Der suprapubische Katheter wurde bereits entfernt, Einlagen werden getragen, die Harnröhre wurde wieder rekonstruiert. Im Bereich der rechten Ferse sind mehrere Operationen geplant, um eine stabile Arthrodese zu erreichen.

Stellungnahme: Es konnte im Rahmen der Begutachtung am 27.10.2014 ein mäßig rechts hinkendes Gangbild unter Verwendung von 2 Stützkrücken festgestellt werden, insgesamt raumgreifendes Gehen möglich. Der nachgereichte Befund untermauert die Richtigkeit der getroffenen Beurteilung, da kurze Gehstrecken ohne Krücken bewältigt werden können und im Bereich des linken Sprunggelenks ein günstiger Befund beschrieben wird, somit die höhergradigen Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks kompensiert werden können.

Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich einschränken. Somit wird an der getroffenen Beurteilung festgehalten"

Mit Bescheid vom 9.3.2015 wurde die am 29.1.2015 beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gestützt auf die Ausführungen der Sachverständigen DDr. XXXX , FÄ für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, abgewiesen. Gegen den abweisenden Bescheid erhob der BF, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, mit Schriftsatz vom 24.3.2015 Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde des BF mit Erkenntnis vom 15.7.2015, W207 2105303-1/5E, ab.

3. Nach Prozessführung wurde dem BF mit Bescheid der AUVA vom 1.12.2015 eine Versehrtenrente als Dauerrente auf Grund der unfallbedingten völligen Erwerbsunfähigkeit infolge des Arbeitsunfalles vom 22.11.2013 zuerkannt. In der Folge wurde der Grad der Behinderung des BF mit 100% festgesetzt und in seinem Behindertenpass eingetragen.

4. Mit bei der belangten Behörde am 18.12.2015 eingelangten Schriftsatz beantragte der BF, vertreten durch RA Mag. Doris Einwallner, abermals die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" samt Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO. Der BF bezog sich auf den Arbeitsunfall vom 22.11.2013, bei dem er einen Trümmerbruch erlitten habe und sich nur mit zwei Stützkrücken fortbewegen könne. Er habe deshalb einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 100% erhalten. Es sei keine Besserung seiner Beschwerden zu erwarten, sodass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei.

Von der belangten Behörde wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Im Gutachten vom 28.1.2016 führte DDr. XXXX , FÄ für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF im Wesentlichen aus:

".................................

Derzeitige Beschwerden:

‚Seit der Harnröhrenoperation habe ich stündlich Harn, trage Einlagen. Der Faustschluss ist seit der Operation am Ellbogen rechts mehr als links eingeschränkt. Die meisten Schmerzen habe ich in der unteren Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Beine. Schmerzen auch im Bereich des linken Unterschenkels und der linken Hüfte.

Benötige Schmerzmittel, früher Pflaster.

Benötige den Parkausweis, da ich nicht so lange gehen und stehen kann, die Gehstrecke beträgt etwa 200-250 m, muss alle 2-3 Minuten eine Pause machen.'

Sozialanamnese: Verheiratet, 2 Kinder (19, 23 Jahre), lebt in Wohnung im 1 . Stockwerk mit Lift.

Berufsanamnese: Pensionist seit 01/2015, zuvor seit 11/2013 in Krankenstand.

Behandlung/en/Medikamente/Hilfsmittel:

Medikamente: Pantoprazol, Sertralin, Novalgin, Neurontin, Paspertin, Zyloric, Tolterodin,

Voltaren Emulgel

Allergie: 0

Nikotin: 0

Laufende Therapie bei HA Dr. XXXX , XXXX .

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Vorgelegter Befund Schmerzambulanz AKH Wien vom 9.9.2015 (Zustand nach Arbeitsunfall 11/2013, Schmerzsituation um vieles besser, Medikamente selbst reduziert, psychische Verfassung vieles besser, Physiotherapie wurde beendet.)

Abl. 86, Befund UKH XXXX vom 17.9.2015

Abl. 84,85, Befund Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie vom 5.6.2015 183, Röntgen HWS vom 18. 3. 2015

Abl. 80-82, Befund UKH XXXX vom 2. 1. 2015 (OP sulcus N. ulnaris Syndrom rechts bzw. links)

Abl. 79, Röntgen rechtes Sprunggelenk vom 29.8.2014 (Zustand nach Trümmerbruch des Cancaneus, schwere Arthrose oberes Sprunggelenk).

Stauts: Größe: 165cm, Gewicht: 85kg, RP: 140/80, Allgemeinzustand:

gut, Ernährungszustand: gut

Caput/Collum: unauffällig, klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druck-

schmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich beider Unterarme als gestört angegeben.

Im Bereich der Ellbogengelenke ulnar über dem Sulcus nervi ulnaris jeweils Operationsnarben nach Neurolyse.

Mäßige Krallenstellung 3-5 rechts, geschwächte Hypothenarmuskulatur rechts, Faustschluss rechts eingeschränkt, Fingerkuppen-Hohlhandabstand 2cm, links angedeutet Krallenstellung, Faustschluss links komplett möglich.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke frei beweglich, die grobe Kraft in etwa seitengleich außer Fingerspreizen, Tonus und Trophik unauffällig, Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht möglich.

Der Einbeinstand ist links ohne Anhalten, rechts nicht möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Geringgradige Außenrotationsstellung des rechten Fußes, sonst achsengerechte Stellung der unteren Extremitäten. Annähernd symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge nicht ident, rechts -2,5 cm

Die Durchblutung ist ungestört, Peripherie gut durchblutet, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich beider unterer Extremitäten ab den Leisten abwärts als gestört angegeben. Die Beschwielung rechts zarter.

Linker Oberschenkel: Narbe lateral nach OP einer diaphysären und diacondylären Femurfraktur.

Hüftgelenk links: unauffällig, kein Stauchungsschmerz, kein Rotationsschmerz.

Sprunggelenk links: äußerlich unauffällig, keine Bewegungsschmerzen, stabil.

Fuß links: äußerlich unauffällig, regelrechtes Fußgewölbe.

Sprunggelenk rechts, Fuß rechts: etwas außenrotiert, verplumpt, umfangsvermehrt, die Fersentaille aufgehoben, positiver Zangengriff, schmerzhafte Beweglichkeit und Druckschmerzen im Sprunggelenksbereich, Senkspreizfuß mit Abflachung des Längsgewölbes.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften S 0/100, IRAR bds. 20/0/40, Knie bds. 0/0/130,

Sprunggelenke: OSG rechts 10/0/10, links OSG 10/0/40, USG rechts 10/0/10, links 30/0/40, Zehen sind rechts eingeschränkt, links frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann paralumbal. Klopfschmerz und paralumbaler Druckschmerz im Bereich der unteren LWS, lumbosakraler Übergang.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich.

BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit orthopädischen. Schuhen mit 2 Unterarmstützkrücken in Begleitung des Sohns, das Gangbild mit 2 Krücken und Schuhen im 4 -Punkte-Gang flüssig und raumgreifend möglich.

Barfußgang ohne Anhalten im Untersuchungszimmer einige Schritte möglich, teilweise Anhalten am Mobiliar, dabei eingeschränktes Abrollen des rechten Fußes ohne wesentliche Verkürzung der Schrittlänge.

Das Aus- und Ankleiden wird zum Teil unter Mithilfe des Sohns im Sitzen durchgefühlt. Inkontinenzeinlage wird getragen.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Funktionseinschränkungen:

1)Zustand nach Urethraabriss mit Harnröhrenstriktur und Rekonstruktion

2)Fußdeformität rechts nach Luxationsfraktur des Sprungbeins und Trümmerfraktur des Fersenbeins

3)Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Impressionsfraktur LWK III

4)Zustand nach Beckenfraktur und Fraktur des linken Oberschenkels, Restbeschwerden ohne nachweisbare Funktionseinschränkung der angrenzenden Gelenke

5)Zustand nach Fraktur des linken Unterschenkels, geringgradige Funktionseinschränkung oberes Sprunggelenk

6)Funktionseinschränkung bei Zustand nach Sulcus N. ulnaris-Syndrom bds.

Gutachterliche Stellungnahme:

Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken.

Die Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich des rechten Srunggelenks führt zwar zu einer Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken können allein zurückgelegt werden. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-und Kniegelenke ausreichend ist und das sichere Ein-und Aussteigen gewährleistet ist. Die Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenks kann mit orthopädischen Schuhen und bei nahezu uneingeschränkter Funktion des linken Sprunggelenks ausreichend kompensiert werden.

Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen ist nicht eingeschränkt. Es liegt bei Zustand nach Sulcus nervi ulnaris Syndrom-Operation rechts eine geringgradige Krallenstellung und unvollständiger Faustschluss des Mittel-, Ring-und Kleinfingers vor, das Festhalten ist jedoch möglich, insbesondere liegt im Bereich der linken oberen Extrmität keine wesentliche Funktionseinschränkung vor.

Die Verwendung einer Gehhilfe ist zweckmäßig, steigert durch die vermehrte Sicherheit die Gehleistung und erschwert die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht in hohem Maß. Es liegt keine behinderungsbedingte Notwendigkeit der Benützung von 2 Unterarmstützkrücken vor, eine ausreichend sichere Mobilität ohne Verwendung einer Gehhilfe konnte festgestellt werden.

Es liegen keine Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

X Dauerzustand.

......................."

5. Mit Bescheid vom 1.3.2016 wurde die am 18.12.2015 beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das beiliegende, eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Bescheidbegründung darstelle. Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung. Hingewiesen wurde darauf, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nicht abgesprochen werde, da dafür ohnehin die grundsätzliche Voraussetzung der Gewährung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würde.

6. Mit Schriftsatz vom 13.4.2016 erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 1.3.2016 zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Der BF leide unter erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten. Der Unfall im Jahr 2013 habe zur Folge gehabt, dass die Funktion des rechten Sprunggelenks massiv eingeschränkt sei. Operativ könne keine Verbesserung mehr erzielt werden. Das verplumpte Sprunggelenk des rechten Fußes führe zur Fortbewegung unter Schmerzen. Der BF könne sich nicht stabil und sicher bewegen. Die Gehhilfe (Krücken) erschwere die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel massiv. Selbst im Gutachten sei auf eine Einschränkung der Gehstrecke hingewiesen worden. Ungeachtet dessen gehe die Sachverständige von einem Fehlen maßgeblicher Erschwernisse für die Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel aus. Entgegen den Ausführungen der Sachverständigen könne der BF auch unter Verwendung von orthopädischen Schuhen und der Gehhilfe nicht eine ausreichende sichere Mobilität erreichen. Die Gehbehinderung des BF schließe eine Bewältigung einer längeren Gehstrecke zu Fuß aus. Für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel müssten dazu sehr kurze Gehdistanzen Voraussetzung sein. Dies sei jedoch regelmäßig nicht der Fall. Die zwei Krücken des BF würden auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren. Der BF sei auf ein privates Fahrzeug angewiesen. Die belangte Behörde habe das Parteiengehör verletzt, zumal der BF keine Stellungnahmemöglichkeit zum eingeholten Gutachten erhalten. Zudem leide der angefochtene Bescheid an einem Begründungsmangel, zumal sich die belangte Behörde auf ein unschlüssiges Gutachten stütze. Dem Gutachten seien Funktionseinschränkungen im Befund zu entnehmen, die jedoch nicht als Funktionsbeeinträchtigungen gewertete worden seien, die die Mobilität des BF erheblich und dauerhaft einschränken würden. Die Sachverständige bewerte auch die Verwendung einer Gehhilfe zur sicheren Gehleistung als zweckmäßig. Zugleich werde von ihr jedoch keine Notwendigkeit für die Benützung der Unterarmstützkrücke gesehen. Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig. Es werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

7. Am 25.4.2016 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Auf Grund des Beschwerdevorbringens wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Gutachten eingeholt. Basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF wurde im Gutachten von Dr. XXXX , FA für Unfallchirurgie, vom 4.10.2016, Nachfolgendes ausgeführt:

"............................................

Allgemeine Krankenvorgeschichte

Bezüglich Vorgeschichte siehe Vorgutachten vom 28.012016.

Zwischenanamnese: Abtragen von Kondylomen

Derzeitige Beschwerden:

Der rechte Fuß ist kaputt. Am Oberschenkel habe ich Platten. Aufgezählt werden diverse Operationen. Die Anamneseerhebung gestaltet sich auf Grund der Sprachbarriere ausgesprochen schwierig. Ein exaktes Beschwerdebild ist nicht erhebbar.

Behandlungen / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Pantoprazol, Tramal, Sertralin, Novalgin, Neurontin, Zentius D, Paspertin, Zyloric, Tolterodin, Voltaren, Durogesic,

Laufende Therapie:

Hilfsmittel: hohe orthopädische Schuhe, 2 Unterarmstützkrücken

Kommt in hohen orthopädischen Schuhen und zwei Unterarmstützkrücken zur

Untersuchung. Die Unterarmstützkrücken werden als Gehstöcke verwendet. Das Gangbild ist flüssig, gering rechts hinkend. Das Entkleiden übernimmt demonstrativ der Sohn. Der BW hilft nur geringfügig mit. Trägt eine Inkontinenzeinlage.

Beim Verlassen des Gebäudes geht der BW unter Verwendung nur der rechten Unterarmstützkrücke nur mäßig rechts hinkend. Das Gangbild ist nur gering verlangsamt, ist insgesamt sicher. Die linke Unterarmstützkrücke wird mitgetragen. (Der BW war die letzte zu untersuchende Partei im SMS. Der Endgefertigte hat kurz nach dem BW das Amt verlassen und so die Beobachtung gemacht.)

Sozialanamnese: verh. Pens.

Objektiver Untersuchungsbefund: Größe: 165cm, Gewicht: ca. 85kg,

Allgemeinzustand: normal, Ernährungszustand: gering adipös

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz

Obere Extremitäten:

Rechtshänder. Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört, Benützungszeichen sind seitengleich eher zart vorhanden. An der rechten Hand Streckdefizit am Ring- und

Kleinfingermittelgelenk von je etwa 350 , geringfügig auch am Endgelenk. Weiters auch geringe Streckhemmung am linken Kleinfingermittelgelenk (etwa 20 0).

Rechter Ellenbogen: über der Rinne des Ellennervs unauffällige Narbe. Minimale Streckhemmung.

Linker Ellenbogen: seitengleicher Befund.

Beweglichkeit:

Die Schultern sind über der Horizontalen je zu 1/2 eingeschränkt. Beim Nackengriff reichen die Hände zum Hinterhaupt. Der Kreuzgriff wird umständlich dargestellt. Die Hände reichen zum Gesäß. Ellenbogen S 0-10-120 beidseits, Vorderarmdrehung

Handgelenke seitengleich frei beweglich. Fingerbeweglichkeit so oben. Die übrigen Finger sind frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett.

Untere Extremitäten:

Untersuchung im Liegen: Beinlänge rechts -3cm. Die Sensibilität kann auf Grund der Sprachbarriere nicht erhoben werden.

Rechter Fuß: der Rückfuß ist massiv verplumpt und deformiert, durchgetretener Plattfuß. Reaktionslose Narben um das Sprunggelenk. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk S 10-0-20, das untere Sprunggelenk ist versteift.

Linkes Sprunggelenk: bandfest, Beweglichkeit 5-0-35, das untere Sprunggelenk ist frei beweglich.

Rechtes Knie: ergussfrei, bandfest.

Linkes Knie: ergussfrei, bandfest. Am linken Oberschenkel außenseitig reaktionslose Narbe nach Verplattung.

Die endlagige Hüftbeugung links ist schmerzhaft.

Beweglichkeit:

Hüften S 0-0-100 beidseits, R (S 900) rechts 15-0-30, links 15-040, Knie S 0-0-130 beidseits, Sprunggelenk so oben.

Becken: bei Kompression werden Schmerzen im Bereich des rechten ISG angegeben. Kein Distraktionsschmerz. Kleine Narbe über der Symphyse. Weiters Narbe im Bereich der rechten Leiste.

Wirbelsäule:

Im Stehen steht der rechte Beckenkamm etwa 2cm tiefer. Ausgleichsskoliose an der

Lendenwirbelsäule. Der ganze Oberkörper ist etwas nach rechts geneigt.

Regelrechte Brustkyphose und Lendenlordose. Kein Gibbus. Kein auffälliger

Hartspann. Es wird Klopfschmerz über der unteren Lendenwirbelsäule und am rechten ISG angegeben.

Beweglichkeit:

Halswirbelsäule: allseits endlagig eingeschränkt.

Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: FBA 20, Seitwärtsneigen und Rotation ist jeweils endlagig eingeschränkt.

Beantwortung der Fragen:

1. Liegen die Voraussetzungen für den Zusatzeintrag vor:

Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafte Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung.

Die Voraussetzungen für den Zusatzeintrag Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafte Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung liegen nicht vor.

Eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m ist unter Verwendung von allenfalls einer Unterarmstützkrücke unter Verwendung der orthopädischen Schuhe zumutbar und möglich. Die verwendete Unterarmstützkrücke behindert das Einsteigen- und Aussteigen nicht. Die Beine können gehoben, Niveauunterschiede können überwunden werden. Es besteht ausreichend Kraft und Beweglichkeit an den oberen Extremitäten.

2. Die dauernden Gesundheitsschädigungen sind als Diagnosenliste anzuführen

Posttraumatischer Klumpfuß rechts

Geheilter körperferner Oberschenkelbruch links und geheilter unverschobener

Schienbeinkopf- und Wadenbeinkopfbruch links ohne relevanter Funktionsbehinderung am linken Knie

Zustand nach Harnröhrenabriss und Rekonstruktion

Degenerative und posttraumatische Veränderungen an der Wirbelsäule ohne relevanter Funktionsbehinderung

Zustand nach operiertem Beckenbruch ohne relevanter Funktionsbehinderung Unwesentliche Streckhemmung an beiden Ellenbogen nach OP eines Ellennerv Engpasssyndroms, minimale Funktionsbehinderung am 4. und 5. Finger rechts und 5. Finger links Schwerhörigkeit

3. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.

Eine kurze Wegstrecke ist unter Verwendung von 1 Unterarmstützkrücke und orthopädischen Schuhen zumutbar und möglich. Die verwendete

Unterarmstützkrücke behindert das Einsteigen- und Aussteigen nicht

Die Beine können gehoben, Niveauunterschiede können überwunden werden.

4. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor? Fachbezogen liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

5. Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vor?

Diese Frage kann, weil fachfremd, nicht beantwortet werden.

6. Stellungnahme zur Art und Ausmaß der vom BF angegebenen Beeinträchtigungen

Die doch erhebliche Funktionsbehinderung am rechten Sprunggelenk und Fuß wird durch die vorhandenen hohen orthopädischen Schuhe sehr gut kompensiert, sodass unter Verwendung einer Unterarmstützkrücke oder auch eines Gehstockes das Gangbild nur mäßig rechts hinkend und nur gering verlangsamt ist.

Das Gangbild ist insgesamt sicher

Eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m ist unter Verwendung von allenfalls einer Unterarmstützkrücke unter Verwendung der orthopädischen Schuhe zumutbar und möglich. Die verwendete Unterarmstützkrücke behindert das Einsteigen- und Aussteigen nicht. Die Beine können gehoben, Niveauunterschiede können überwunden werden.

Die dabei auftretenden Schmerzen führen zu keiner Einschränkung der Wegstrecke.

7. Ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen Abl. 120-124

Die Einwendungen hinsichtlich der Gehstrecke sind unrichtig. Eine Einschränkung der Gehleistung ist nicht mit der Unmöglichkeit eine kurze Wegstrecke zu bewältigen gleichzusetzen.

Hinsichtlich der zumutbaren und machbaren Gehstrecke wurde oben bereits ausführlich Stellung genommen.

Auch auf die (Nicht-)Notwendigkeit der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken wurde oben bereits eingegangen.

Die übrigen Einwendungen betreffen allfällige Verfahrensfehler, welche von medizinischer Seite nicht zu beantworten sind.

8. Ausführliche Stellungnahme zu den vorgelegten Befunden Abl.79-86, 98-105

Die Befunde Abl. 79-86 sind Behandlungsunterlagen nach Unfall 2013. Zu diesem Zeitpunkt war die Heilbehandlung nicht abgeschlossen. Relevant ist der heute vorliegende klinische Zustand, welcher zur Beurteilung herangezogen wird. Ein Röntgenbefund der Halswirbelsäule beschreibt degenerative Veränderungen.

Ein Befundbericht Doz. Ortner beschreibt Behandlungsoptionen.

Befundbericht vom XXXX Krankenhaus beschreibt den Endzustand des Fußes, ein flüssiges Gangbild mit 2 Krücken. Diesbezüglich ist Besserung eingetreten, da aus heutiger Sicht 1 Unterarmstützkrücke ausreichend ist. Die Befunde 98-105 sind ident mit 79-86.

9. Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis Abl. 107-109 abweichenden Beurteilung.

Es besteht keine abweichende Beurteilung.

10. Feststellung, ob, bzw. wann eine NU erforderlich ist.

Dauerzustand

..........................."

8. Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wurde dem Parteiengehör unterzogen. Der BF brachte mit Schriftsatz vom 14.11.2016 vor, dass im Gutachten erhebliche Funktionsbehinderungen am rechten Sprunggelenk und Fuß festgestellt worden seien. Damit würde schon aus diesem Grund die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den BF vorliegen. Die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke mit orthopädischen Schuhen und der Krücke an guten Tagen sei mit massiven Schmerzen verbunden, was außer Acht gelassen worden sei. Zudem sei der Stand des BF in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht sicher genug, um Bremsen oder Ähnliches im fahrenden öffentlichen Verkehrsmittel auszugleichen. Freie Behindertensitzplätze seien im öffentlichen Verkehrsmittel in der Regel besetzt. Abgesehen davon, seien wesentliche Fragen des Sachverständigen sprachbarrierebedingt nicht beantwortet worden. Es habe das Beschwerdebild deshalb nicht exakt erhoben werden können. Es hätte deshalb auch die Sensibilität der Beine nicht ermittelt werden können. Das Gutachten sei aus diesem Grunde unvollständig und zudem nicht objektiv. Dem BF sei das selbstständig Entkleiden nicht möglich, sodass ihn sein Sohn unterstützt habe. Dazu wurde eine undatiertes Schreiben der AUVA vorgelegt, wonach es dem BF auf Grund des Arbeitsunfalles die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich sei.

9. Auf Grund der im Schriftsatz vom 14.11.2016 erstmals behaupteten Sprachbarriere des österreichischen Staatsbürgers, der seit mehr als einem Jahrzehnten in Österreich lebt, wurde vom Bundesverwaltungsgericht der Dolmetscher, Mag. Akgün Mustafa, für die türkische Sprache bestellt. In Anwesenheit des Dolmetschers wurde die persönliche Untersuchung des BF durch den medizinischen Sachverständigen, Dr. XXXX , FA für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, durchgeführt. Im Gutachten vom 28.2.2018 wurde Nachfolgendes auszugsweise ausgeführt:

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SACHVERHALT:

Beschwerde, BBG - Prüfung der Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragung - Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel; BF fährt noch selber Auto mit Automatik;

letzte SVGA:

2016/01 (Abl. 107-109), SVGA Dr. XXXX : keine Funktionsbeeinträchtigungen der OE, UE und WS, die die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken; keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit;

2016/10 (Abl. 126/5-10, entspricht Abl. 126/11-13), SVGA Dr. XXXX :

UZBÖVM nicht gegeben; keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und der unteren Extremitäten;

ANAMNESE:

Anamnese und Status werden in Anwesenheit des vom Gericht bestellten Dolmetschers für die türkische Sprache, Herrn Mag. Mustafa AKGÜN, durchgeführt;

seit dem letzten SVGA keine Erkrankungen, Operationen oder Unfälle;

DERZEITIGE BESCHWERDEN:

ich habe Schmerzen im linken Sprunggelenk und Schmerzen in der li Hüfte über das Knie bis zur Fußsohle; ich habe auch einen häufigen Harndrang (ca. 1x/Stunde), ich verliere manchmal unwillkürlich Harn, trage Einlagen und muss eine Selbstkatheterisierung 3-4x/Tag mit ca. 250ml Restharn durchführen; Gefühlsstörungen: beide Arme bis Finger I-V bds.

Lähmungen: manchmal Krämpfe, dann schlechte Beweglichkeit im Bein re>li

Gehleistung: in der Ebene ca. 200m, sonst ca. 150m

Stufensteigen: 1 Stockwerk, 10 Stufen

VAS (visuelle Analogskala): 5-8,5 (beim Fortbewegen)

BEHANDLUNGEN / MEDIKAMENTE / HILFSMITTEL:

B: dzt. Physiotherapie

M: Neurobion forte Drg.; Gabapentin 300mg; Lipcor 200mg; Sertralin 50mg; Vesicare; Diclostad 50mg; Latanoprost Stad 50mcg; Voltaren Gel; Liquick Base;

HM: 2 UASK

SOZIALANAMNESE:

Familie: verheiratet

Beruf / Arbeit: Pension

Wohnung: Halbstock, 10 Stufen

ZUSAMMENFASSUNG RELEVANTER BEFUNDE (INKL. DATUMSANGABE):

Vom AS / BF zur Untersuchung mitgebrachte Befunde:

2015/06: Fußzentrum Wels, Dr. XXXX : nur aufwändige Rückfußoperation möglich, daher zunächst Optimierung der Schmerzmedikation;

2017/02: OSS, Fußchirurgie, Dr. XXXX : Dg: Z.n. Polytrauma, Osteosynthese Ellbogen, Trümmerfraktur Talus und Calcaneus re,; Th:

kein rekonstruktiver Eingrriff wegen massiver Defektsituation, konservatives Management mit orthop. Schuhen und UASK weiter, Vorstellung Plast. Chir. wegen Ulnarisläsion reg

2017/05 : OSS, 1.orthop. Abt., Dr. XXXX : Verdacht auf inkomplette Ulnarisparese bds., ad NLG-und EMG Untersuchung Nervus ulnaris bds.;

2017/11: AUVA, Landesstelle Wien: Bestätigung, dass lt.

Stellungnahme

chefärztlichen Station die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Folgen ihres Arbeitsunfalles nicht möglich ist;

2018/01: OSS, l.orthop. Abt.: gewisse Kontraktur Finger IV-V im PIP-Gelerk; Kontrolle mit HWS-und BWS-MRT: Osteochondrose C5 bis C7, keine Myopathie, kein Prolaps; HG empfohlen, kein handchirurg. Vorgehen;

UNTERSUCHUNGSBEFUND:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: adipös, Größe:165cm,

Gewicht: 92kg

Klinischer Status - Fachstatus:

Hörvermögen: beeinträchtigt; Hörgerät bds.

Sehvermögen: beeinträchtigt; Lesebrille

Zehenballen- und Fersenstand: beidseits nicht durchführbar;

Einbeinstand: beidseits angedeutet durchführbar;

Finger-Boden-Abstand: Kniehöhe

A)CAPUT/COLLUM: unauffällig;

THORAX: unauffällig;

Atemexkursion: 4cm

ABDOMEN: kein Druckschmerz, klinisch unauffällig, adipös;

B)WIRBELSÄULE:

nach re aus dem Lot;

Schulter- und Beckengeradstand;

Druckschmerz: nein; Klopfschmerz: nein; Stauchungsschmerz: nein;

Halswirbelsäule: in allen Ebenen ein Drittel eingeschränkt, Kinn-Jugulum-Abstand

2,0cm, Myogelosen und Hartspan des Trapezius beidseits;

Brustwirbelsäule: Ott 30/32cm, Rippenbuckel: nein;

Lendenwirbelsäule: Schober 10/13cm, Seitneigung ein Drittel eingeschränkt, Lendenwulst nein; Insuffizienz der Rückenmuskulatur;

C)OBERE EXTREMITÄTEN: Rechtshänder

Nacken- und Kreuzgriff beidseits endlagig eingeschränkt; muskuläre Verhältnisse unauffällig; Durchblutung unauffällig;

Faustschluss, Grob- und Spitzgriff beidseits unauffällig;

Schulter: rechts links normal

Ante-/Retroflexion 150 0 40 150 0 40 160 0 40

Auße-/Innenrotation 40 0 80 40 0 80 50 0 90

Abduktion/Adduktion 140 0 40 140 0 40 160 0 40

Ellbogen: rechts links normal

Extension/Flexion 0 0 140 0 0 140 10 0 150

Pronation/Supination 80 0 80 80 0 80 90 0 90

Handgelenk: rechts links normal

Extension/Flexion 50 0 50 50 0 50 60 0 60

Radial-/Ulnarduktion 30 0 30 30 0 30 30 0 40

Fingergelenke: beidseits frei und schmerzfrei beweglich, geringe Krallenstellung dig IV + V re

Neurologie obere Extremität:

Kraftgrad: 5

Sehnenreflexe: beidseits untermittellebhaft;

Sensibilität: diskrete Hypästhesie dig I-V re

Tinnel-Hoffmann-Zeichen: beidseits angedeutet positiv;

D) Untere Extremitäten:

Valgusstellung: 10 Grad

Hüftgelenke: rechts links normal

Druckschmerz nein nein nein

Extension/Flexion 0 0 110 0 0 110 15 0 130

Abduktion/Adduktion 25 0 25 25 0 25 35 0 35

Aussen-/Innenrotation 25 0 25 25 0 25 35 0 35

Oberschenkel:

Rechts: unauffällig; links: lateral bis Knie 30cm lang, blande Narbe; Umfang: seitengleich;

Kniegelenke: rechts links normal

Druckschmerz nein nein nein

Extension/Flexion 0 0 120 0 0 120 5 0 130

Erguss nein nein nein

Rötung nein nein nein

Hyperthermie nein nein nein

Retropatell.Symptomatik nein nein nein

Zohlen-Zeiche negativ negativ negativ

Bandinstabilität nein nein nein

Kondylenabstand: 2 QF

Unterschenkel:

Rechts: unauffällig, links: unauffällig, Umfang: seitengleich

Oberes Sprunggelenk: rechts links normal

Extension/Flexion 10 0 10 20 0 40 25 0 45

Bandinstabilität nein nein nein

Unteres Sprunggelenk: rechts links normal

Eversion/Inversion 5 0 5 10 0 20 15 0 30

Erguss nein nein nein

Hyperthermie/Rötung nein nein nein

Malleolenabstand: 4 QF

Re Mall.med.: 8cm lande, blande Narbe

Knick-Senk-Plattfuß re

Zehengelenke:

Beweglichkeit: kleine Gelenke beidseits endlagig eingeschränkt, schmerzfrei;

Fußsohlenbeschwielung: normal

Durchblutung: unauffällig

Neurologie untere Extremitäten:

NEUROLOGIE untere Extremitäten:

Lasegue: negativ; Bragard: negativ;

Kraftgrad: 4-5, unklare Peronäus-und Tibialisschwäche re;

Sehnenreflexe: seitengleich untermittellebhaft auslösbar;

Sensibilität: unauffällig

BEINLÄNGE: re ca. -3,5cm;

GESAMTMOBILITÄT - GANGBILD:

Hilfsmittel: 2 UASK

Schuhwerk: knöchelhohe orthopädische Maßschuhe mit Kopieeinlagen, med. + lat.

Schaftversteifung re, Schleppabsatz bds., Abrollwiege bds., Verkürzungsausgleich re;

Anhalten: erforderlich beim Aufstehen / Stehen

An-und Auskleiden im Stehen: mit geringer Hilfe durchführbar

Transfer zur Untersuchungsliege/Wendebewegungen: mit geringer Hilfe

Hocke: beidseits angedeutet durchführbar

Gangbild: symmetrisch, Schonhinken re, ohne Schuhe Verkürzungshinken re Schrittlänge: 0,5-1 SL

STATUS PSYCHICUS:

zeitlich und örtlich orientiert; kommunikativ; kooperativ,kein Hinweis auf relevante psychische Störung

ERGEBNIS DER DURCHGEFÜHRTEN BEGUTACHTUNG:

ad 1) Liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber/der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" vor?

Bei dem Beschwerdeführer bestehen aus orthopädischer Sicht keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen, die die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken.

Eine Therapierefraktion ist nicht gegeben, da eine optimierte Einstellung mit geeigneter Schmerzmedikation zur Beschwerdebesserung und die konservative Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen mit Kopieeinlagen und orthopädischen Schuhzurichtungen zur Verbesserung der Mobilität beitragen.

Aus orthopädischer Sicht liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber/der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" nicht vor.

ad 2) Diagnoseliste:

-Zustand nach Urethraabriss mit Harnröhrenstriktur und Rekonstruktion

-Fußdeformität rechts nach Luxationsfraktur des Sprungbeins und Trümmerfraktur des Fersenbeins

-degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Impressionsfraktur LWK III -ausgeheilter Zustand nach Beckenfraktur und Fraktur des linken Oberschenkels

-ausgeheilter Zustand nach Fraktur des linken proximalen Unterschenkels

-Zustand nach Sulcus nervi ulnaris-Syndrom beidseits mit Neurolyse des Nervus ulnaris

-Presbyakusis (Schwerhörigkeit)

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor? Außer den anerkannten, auch die Schmerzzustände berücksichtigenden Funktionseinschränkungen liegen keine erheblichen behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten vor.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor ?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

ad 5) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor.

ad 6) Stellungnahme zur Art und dem Ausmaß der von dem Beeinträchtigungen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Eine exakte ziffernmäßige Erfassung einer Gehleistung könnte nur durch ei Ganganalysenanlage erfolgen, die aber leider den Sachverständigen im Rahmen der Untersuchung im Sozialministerium nicht zur Verfügung steht.

Die subjektive Angabe des Beschwerdeführers enthielt eine Gehleistung von 150m bis 200m, bei der Untersuchung konnte der Beschwerdeführer direkt bei der Bewältigung einer pausenfreien Gehstrecke von einigen Dutzend Metern mit gleichmäßiger, symmetrischer Schrittabwicklung beobachtet werden.

Trotz der Schmerzsymptomatik und der Funktionseinschränkung seitens des Sprunggelenks-und Rückfußbereiches rechts, dem ausgeheilten Zustand nach Oberschenkelfraktur links und den geringgradigen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Impressionsfraktur des dritten Lendenwirbelkörpers ist daher davon auszugehen, dass eine ausreichende Gehstrecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar und zuzumuten ist.

Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigung von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels ist wegen des ausreichenden Bewegungsumfanges aller großen Gelenke der unteren Extremitäten, wenn erforderlich im Nachstellschritt, durchführbar und zuzumuten. Bei der fachärztlich-orthopädischen Untersuchung finden sich an beiden oberen Extremitäten keine behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen, wodurch ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben ist. Die geringgradige Krallenstellung der Finger bei nicht eingeschränk

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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