Entscheidungsdatum
21.08.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W242 2202919-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht:
I.) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
II.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
A.) Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am XXXX den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
Aus dem noch am selben Tag eingeholten Eurodac-Abgleich ergab sich, dass der Beschwerdeführer am 07.11.2017 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt wurde.
Anlässlich seiner am XXXX durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Beiziehung eines Dolmetschers für die XXXX Sprache durchgeführten niederschriftlichen Erstbefragung, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben. Er müsse bald zum Militärdienst einrücken habe deshalb Angst um sein Leben. Sein Bruder sei desertiert und habe er deshalb öfter Probleme mit den Behörden in Syrien gehabt. Seine Mutter würde in Schweden leben.
Am 02.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich unter Beiziehung eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers für die XXXX Sprache einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass seine Mutter in Schweden, ein Bruder in Deutschland und einer in Österreich leben würden. Seine Mutter sei seit vier Jahren in Schweden, habe den Status des anerkannten Flüchtlings und werde nächstes Jahr die schwedische Staatsbürgerschaft beantragen. Er möchte nicht nach Schweden, da ein Antrag auf Familienzusammenführung von Schweden abgelehnt worden sei. Sein Bruder in Österreich sei Friseur. Dass sei auch sein Beruf und möchte er mit seinem Bruder in Österreich ein gemeinsames Projekt starten. Ihre Mutter würde, wenn sie die schwedische Staatsangehörigkeit habe, nach Österreich ziehen.
Am 28.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl genauer zu den Personalien seiner Mutter befragt.
Mit Schreiben vom 05.03.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert die Wohnsitzadresse und die Dokumente der Mutter in Schweden vorzulegen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer am 14.03.2018 nach.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl trat am 15.03.2018 an die zuständige Dublin-Behörde Schwedens heran und übermittelte ein auf Art. 8 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmegesuch.
Mit Schreiben vom 03.05.2018 teilte die schwedische Dublin-Behörde mit, dass diese dem Aufnahmegesuch hinsichtlich des Beschwerdeführers nach Art. 8 Dublin III-VO zustimmen würde.
Dem Beschwerdeführer wurde mittels Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG am 03.07.2018 die Absicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl seinen Antrag auf internationalen Schutz aufgrund angenommener Zuständigkeit Schwedens zurückzuweisen, mitgeteilt.
Der Beschwerdeführer wurde am 03. 07.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines Dolmetschers für die XXXX Sprache und unter Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie einer Vertrauensperson erneut niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab nicht nach Schweden zu wollen. Er habe von Anfang an die Absicht gehabt zu seinem Bruder nach Österreich zu ziehen, da sein Antrag von der schwedischen Botschaft in Kairo abgelehnt worden sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom XXXX, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass Schweden gemäß Art. 8 der Dublin III-VO zuständig sei. Unter einem erließ es gemäß § 61 Abs. 1 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG 2005) eine Anordnung zur Außerlandesbringung und stellte fest, dass demzufolge die Abschiebung nach Schweden gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 zulässig sei.
Zu den Verhältnissen in Schweden wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl folgendes festgestellt (durch das Bundesverwaltungsgericht gekürzt wiedergegeben):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (Migrationsverket o.D.; vgl. AIDA 3.2017, USDOS 2.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (o.D.): Protection and asylum in Sweden, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden.html, Zugriff 16.2.2018
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018
Dublin-Rückkehrer
Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer nach Schweden kommt, werden neue Asylanträge auf jeden Fall entgegengenommen. Wenn eine frühere Entscheidung in der Zwischenzeit rechtskräftig geworden ist, werden entsprechende Maßnahmen gesetzt (EASO 24.10.2017).
Wen das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Schweden noch läuft, wird er entsprechend untergebracht und das Verfahren beschleunigten geführt. Dublin-Rückkehrer mit einer rechtskräftig negativen Entscheidung in Schweden können zur Außerlandesbringung geschlossen untergebracht werden (AIDA 3.2017).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer mit negativer Asylentscheidung gemäß ärztlichem Attest gesundheitlich nicht für die Außerlandesbringung geeignet ist, wird diese ausgesetzt. Solange der Betreffende bei der Asylbehörde registriert ist, hat er das Recht auf Unterbringung. Im Falle einer Nicht-Registrierung bei der Asylbehörde, ist die Gemeinde, in welcher der Antragssteller seinen Wohnsitz hat, für die Unterbringung zuständig (Migrationsverket 3.1.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
-
Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail
-
Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail
Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Asylwerber unter 18 Jahren werden als unbegleitete Minderjährige eingestuft und sind rechtlich schwedischen Kindern gleichgestellt (Migrationsverket 12.2017). UMA haben Anspruch auf einen Vormund und einen Rechtsberater während des Asylverfahrens (AIDA 3.2017). In der Zuständigkeit eines Vormundes liegen Themen wie Begleitung bei Behördengängen, Finanzen, Bildung, medizinische Betreuung usw. Unbegleitete Minderjährige haben das Recht auf eine schulische Ausbildung, sowie kostenlose medizinische Versorgung und Zahnbehandlung wie schwedische Minderjährige. Bestehen Zweifel an der Minderjährigkeit, wird eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt (Migrationsverket 12.2017). Die Zuverlässigkeit der Methode der Altersfeststellung wurde in den letzten Jahren mehrfach kritisiert (AIDA 3.2017). Aus diesem Grund wurde im Jahr 2017 eine neue Methode zur Altersbestimmung eingeführt, die aus einer Röntgen- und MRT-Untersuchung besteht (TL 30.5.2017). UMA werden entweder bei Verwandten oder in Pflegefamilien oder in speziellen Zentren untergebracht (Migrationsverket 12.2017).
Auf den Umgang mit den speziellen Bedürfnissen vulnerabler Asylwerber wird im Gesetz und beim Training der Verfahrensführer besonders eingegangen. Zumindest 50% der Antragsteller nehmen die Möglichkeit der Gesundenuntersuchung wahr, was wichtig für die Identifizierung von Folteropfern etc. ist. Wegen der Schweigepflicht wird dies dem Verfahrensführer aber nicht automatisch bekannt gegeben. Der Rechtsbeistand des Asylwerbers kann dies jedoch ins Verfahren einbringen. Nicht geschäftsfähigen Antragstellern muss ein Vormund zur Seite gestellt werden (AIDA 3.2017).
Die Asylbehörde verfügt über drei Zentren mit einer Gesamtkapazität von 45 Plätzen für schutzbedürftige Asylwerber in verschiedenen Teilen des Landes. Hier werden Asylwerber aus ethnischen Minderheiten, Folteropfer aber auch einige LGBTI-Personen untergebracht. Alleinstehende Frauen und alleinerziehende Mütter werden gemeinsam beherbergt. Familien werden zusammen untergebracht. Die Asylbehörde verfügt über barrierefreie Wohnmöglichkeiten für Menschen im Rollstuhl. Für Personen mit körperlicher Behinderung kann eine an ihrer Bedürfnisse angepasste Betreuung beantragt werden. Im Falle einer gehörlosen Person, kommt eine Unterbringung in Leksand in Frage. Für gefährdete Personen kann die Asylbehörde in Zusammenarbeit mit der Polizei oder, wenn es notwendig ist, mit der kommunalen Sozialbehörde Platz in einem Frauenhaus zur Verfügung stellen. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für traumatisierte Personen (AIDA 3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (12.2017): How to apply for asylum, https://www.migrationsverket.se/download/18.4a5a58d51602d141cf4194a/1516357864308/Barnbroschyr_utan_foralder_eng.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
TL - The Local (30.5.2017): First results of Sweden's asylum age assessment tests,
https://www.thelocal.se/20170530/first-results-of-swedens-asylum-age-assessment-tests, Zugriff 16.2.2018
Non-Refoulement
In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018
Versorgung
Asylwerber haben in Schweden generell Zugang zu Versorgung. Im Falle von Folgeanträgen besteht jedoch nur ein eingeschränktes Recht darauf. Wenn Antragssteller über eigene finanzielle Mittel verfügen, müssen sie diese zuerst aufbrauchen. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine, die deutlich niedriger ist als die Sozialhilfe für schwedische Staatsangehörige. Das monatliche Taschengeld für Asylwerber beträgt in einem Unterbringungszentrum mit Verpflegung zwischen 60 und 76,50 Euro. Im Falle einer privaten Unterkunft liegt es zwischen 194 und 225 Euro. Für besondere Ausgaben (z.B. Winterkleidung, Brillen, teilweise auch zur Deckung medizinischer Kosten) kann eine Sonderzulage beantragt werden. Asylwerber haben nach Erfüllung bestimmter Kriterien Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass es für sie eine Arbeitsgenehmigung erforderlich wäre (AIDA 3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
Unterbringung
Die schwedische Asylbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch private Unterbringung bei Freunden oder Verwandten ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen Asylwerbern und in eigenen Zimmern untergebracht (AIDA 3.2017).
Die schwedische Asylbehörde verfügt in 290 Gemeinden über diverse Unterbringungsmöglichkeiten, in denen Ende 2016 63.063 Asylwerber beherbergt wurden. Dabei handelt es sich meist um angemietete Privathäuser und -wohnungen. 35.449 Asylwerber haben 2016 eine private Unterkunft gehabt und 24.196 Personen befanden sich aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit oder aus anderen Gründen in speziellen Unterbringungszentren (AIDA 3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Nothilfe, sowie unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung (Migrationsverket 14.12.2017). Weiters schreibt das Gesetz über die medizinische Versorgung von Ausländern ohne Aufenthaltsberechtigung vor, dass das schwedische Gesundheitssystem für alle Personen, unabhängig von deren Aufenthaltstitel, eine medizinische Versorgung in folgenden Fällen zur Verfügung zu stellen hat: unaufschiebbare Behandlung, Gesundheitsfürsorge für Mütter, Abtreibung und Nachbehandlung, Verhütungsberatung, Verschreibung von Medikamenten in den aufgezählten Fällen und ärztliche Untersuchung (Migrationsverket 5.1.2018).
Alle Asylwerber erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf einen Übersetzer. Für bestimmte medizinische Leistungen und Rezepte ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen (Migrationsverket 14.12.2017; vgl. AIDA 3.2017). Diese Gebühren werden für Personen über 18 Jahren staatlich subventioniert. Wenn innerhalb von sechs Monaten Medikamentenkosten von 400 SEK überschritten werden, besteht die Möglichkeit eine Kostenrückerstattung für den überschreitenden Betrag zu beantragen. Kinder unter 18 Jahren sind in der medizinischen Versorgung mit schwedischen Staatsbürgern gleichgestellt (5.1.2018).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.216).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (14.12.2017): Health care for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail
-
MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine auf 3 Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung, mit denselben Rechten wie bei unbefristetem Aufenthalt. Läuft diese aus und man ist selbsterhaltungsfähig, kann man eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragen (Migrationsverket 9.1.2018.a). Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für 13 Monate, mit denselben Rechten wie bei unbefristetem Aufenthalt. Auch die Arbeitsaufnahme ist erlaubt, aber beim Familiennachzug gibt es erhebliche Einschränkungen. Auch diese Aufenthaltserlaubnis ist unter bestimmten Bedingungen verlängerbar (Migrationsverket 9.1.2018b).
Wer eine Aufenthaltsgenehmigung erhält, soll nach zwei Monaten die Unterbringung für Asylwerber verlassen. Danach fallen Schutzberechtigte in Hinsicht auf Unterstützung und Bereitstellung von Wohnraum in die Zuständigkeit der quotenmäßig zuständigen Wohnsitzgemeinde. Sie haben Anspruch auf einen "Introduction Plan" um ihren Zugang zu Bildung, Sprachkursen, Kursen über die schwedische Gesellschaft, Berufsausbildung usw. zu planen. Schutzberechtigte haben Zugang zu medizinischer Versorgung wie alle anderen in Schweden aufenthaltsberechtigten Personen (AIDA 3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (9.1.2018a): Residence permits for those granted refugee status,
https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-refugee-status.html, Zugriff 16.2.2018
Migrationsverket (9.1.2018b): Residence permits for those granted subsidiary protection status,
https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-subsidiary-protection-status-.html
Begrünend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass sich die Zuständigkeit Schwedens aufgrund der Zustimmung zum Aufnahmeersuchen aufgrund der Zusammenführung mit der Mutter, ergeben würde. Umstände, insbesondere gesundheitliche, die einer Überstellung entgegenstünden, würden nicht vorliegen.
Der nunmehr angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Wege über die gesetzliche Vertretung gemeinsam mit einer Verfahrensanordnung über die amtswegig erfolgte Beigebung eines Rechtsberaters gemäß § 52 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) am XXXX zugestellt.
Mit dem am XXXX beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, womit der Bescheid vollumfänglich angefochten wurde. Begründend wurden zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Zuständigkeit nach Art 8 Abs.3 Dublin III-VO nach dem Kindeswohl ergeben würde. Entsprechend Art 6 Abs. 3 lit d Dublin III-VO sei bei der Bestimmung des Kindeswohls auch dessen Ansichten entsprechend seines Alters und seiner Reife zu berücksichtigen.
B.) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht festgestellt werden kann, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Am 15.03.2018 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 8 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Schweden. Mit Schreiben vom 03.05.2018 teilte die schwedische Dublin-Behörde mit, dass dem Aufnahmegesuch gemäß Art. 8 der Dublin III-VO zugestimmt wird.
Der Beschwerdeführer verfügt über einen volljährigen Bruder im Bundesgebiet mit dem er in einem gemeinsamen Haushalt lebt.
Die Mutter des Beschwerdeführers, XXXX XXXX, geb. XXXX, ist in Schweden aufenthaltsberechtigt.
Die oben wiedergegebenen Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides zur Situation in Schweden werden der Entscheidung des erkennenden Gerichts zu Grunde gelegt.
Konkretes Vorbringen hinsichtlich einer individuellen Gefährdung durch eine Überstellung wurde nicht vorgebracht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Schweden, insbesondere wegen drohender Kettenabschiebungen und fehlender adäquater Unterbringung, Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität des Beschwerdeführers kann mangels geeigneter identitätsbezeugender Dokumente nicht festgestellt werden. Die Feststellungen zum Reiseweg beruhen auf den dahingehend glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers, die durch den vorliegenden Eurodac-Abgleich untermauert werden.
Die mängelfreie Durchführung des Konsultationsverfahrens ergibt sich aus der entsprechenden Dokumentation im Verwaltungsakt.
Die Feststellungen zu familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten beruhen auf den dahingehend glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Die Feststellung des gemeinsamen Wohnsitzes mit dem Bruder ergibt sich aus einem aktuell eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 08.08.2018.
Hinsichtlich des Aufenthalts der Mutter in Schweden und zu deren Aufenthaltsrecht beruhen die Feststellungen auf den im Verwaltungsverfahren durch den Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen. Hinzu kommt, dass die schwedische Dublin-Behörde der Aufnahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestimmt hat.
Hinsichtlich eines relevanten gesundheitlichen Problems wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde Vorbringen erstattet.
Hinsichtlich des in Schweden etablierten Asylsystems ergeben sich aus den dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Länderinformationen keine Hinweise auf grobe systematische Mängel. Somit war durch das Bundesverwaltungsgericht, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung und die Sicherheitslage der Schutzsuchenden den Feststellungen der Verwaltungsbehörde zu Folgen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:
Asylgesetz 2005:
§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
...
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
...
BFA-Verfahrensgesetz:
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
...
§ 21.
(6a) Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.
(7) Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Fremdenpolizeigesetz:
§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Verordnung (EU) 604/2013:
Artikel 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Artikel 6
Garantien für Minderjährige
(1) Das Wohl des Kindes ist in allen Verfahren, die in dieser Verordnung vorgesehen sind, eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten.
(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein unbegleiteter Minderjährige in allen Verfahren, die in dieser Verordnung vorgesehen sind, von einem Vertreter vertreten und/oder unterstützt wird. Der Vertreter verfügt über die entsprechenden Qualifikationen und Fachkenntnisse, um zu gewährleisteten, dass dem Wohl des Minderjährigen während der nach dieser Verordnung durchgeführten Verfahren Rechnung getragen wird. Ein solcher Vertreter hat Zugang zu dem Inhalt der einschlägigen Dokumente in der Akte des Antragstellers einschließlich des speziellen Merkblatts für unbegleitete Minderjährige.
Dieser Absatz lässt die entsprechenden Bestimmungen in Artikel 25 der Richtlinie 2013/32/EU unberührt.
(3) Bei der Würdigung des Wohls des Kindes arbeiten die Mitgliedstaaten eng zusammen und tragen dabei insbesondere folgenden Faktoren gebührend Rechnung:
a) Möglichkeiten der Familienzusammenführung;
b) dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Minderjährigen unter besonderer Berücksichtigung seines Hintergrundes;
c) Sicherheitserwägungen, insbesondere wenn es sich bei dem Minderjährigen um ein Opfer des Menschenhandels handeln könnte;
d) den Ansichten des Minderjährigen entsprechend seinem Alter und seiner Reife.
(4) Zum Zweck der Durchführung des Artikels 8 unternimmt der Mitgliedstaat, in dem der unbegleitete Minderjährige einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, so bald wie möglich geeignete Schritte, um die Familienangehörigen, Geschwister oder Verwandte des unbegleiteten Minderjährigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu ermitteln, wobei er das Wohl des Kindes schützt.
Zu diesem Zweck kann der Mitgliedstaat internationale oder andere einschlägige Organisationen um Hilfe ersuchen und den Zugang des Minderjährigen zu den Suchdiensten dieser Organisationen erleichtern.
Das Personal der zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 35, die unbegleitete Minderjährige betreffende Anträge bearbeiten, haben eine geeignete Schulung über die besonderen Bedürfnisse Minderjähriger erhalten und werden weiterhin geschult.
(5) Zur Erleichterung geeigneter Maßnahmen zur Ermittlung der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats lebenden Familienangehörigen, der Geschwister oder der Verwandten eines unbegleiteten Minderjährigen gemäß Absatz 4 dieses Artikels erlässt die Kommission Durchführungsrechtsakte, einschließlich der Festlegung eines Standardformblatts für den Austausch einschlägiger Informationen zwischen den Mitgliedstaaten. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und6 genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 8
Minderjährige
(1) Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen, so ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich ein Familienangehöriger oder eines der Geschwister des unbegleiteten Minderjährigen rechtmäßig aufhält, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient. Ist der Antragsteller ein verheirateter Minderjähriger, dessen Ehepartner sich nicht rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhält, so ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich der Vater, die Mutter, oder ein anderer Erwachsener - der entweder nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des Mitgliedstaats für den Minderjährigen zuständig ist - oder sich eines seiner Geschwister aufhält.
(2) Ist der Antragsteller ein unbegleiteter Minderjähriger, der einen Verwandten hat, der sich rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, und wurde anhand einer Einzelfallprüfung festgestellt, dass der Verwandte für den Antragsteller sorgen
kann, so führt dieser Mitgliedstaat den Minderjährigen und seine Verwandten zusammen und ist der zuständige Mitgliedstaat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.
(3) Halten sich Familienangehörige, Geschwister oder Verwandte im Sinne der Absätze 1 und 2 in mehr als einem Mitgliedstaat auf, wird der zuständige Mitgliedstaat danach bestimmt, was dem Wohl des unbegleiteten Minderjährigen dient.
(4) Bei Abwesenheit eines Familienangehörigen eines seiner Geschwisters oder eines Verwandten im Sinne der Absätze 1 und 2, ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.
(5) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Ermittlung von Familienangehörigen, Geschwistern oder Verwandten eines unbegleiteten Minderjährigen; die Kriterien für die Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung; die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit eines Verwandten, für den unbegleiteten Minderjährigen zu sorgen, einschließlich der Fälle, in denen sich die Familienangehörigen, Geschwister oder Verwandten des unbegleiteten Minderjährigen in mehr als einem Mitgliedstaat aufhalten, delegierte Rechtsakte zu erlassen. Bei der Ausübung ihrer Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte geht die Kommission nicht über den in Artikel 6 Absatz 3 vorgesehenen Umfang des Wohls des Kindes hinaus.
(6) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Artikel 18
Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Artikel 21
Aufnahmegesuch
(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen.
Abweichend von Unterabsatz 1 wird im Fall einer Eurodac-Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt.
Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.
(2) Der ersuchende Mitgliedstaat kann in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, nachdem die Einreise oder der Verbleib verweigert wurde, der Betreffende wegen illegalen Aufenthalts festgenommen wurde oder eine Abschiebungsanordnung zugestellt oder vollstreckt wurde, eine dringende Antwort anfordern.
In dem Gesuch werden die Gründe genannt, die eine dringende Antwort rechtfertigen, und es wird angegeben, innerhalb welcher Frist eine Antwort erwartet wird. Diese Frist beträgt mindestens eine Woche.
(3) In den Fällen im Sinne der Unterabsätze 1 und 2 ist für das Gesuch um Aufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat ein Formblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen und/oder sachdienliche Angaben aus de