Entscheidungsdatum
10.09.2018Norm
AuslBG §12bSpruch
W 156 2198689-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichtern Mag. Peter Maska und die fachkundige Laienrichterin Mag. Schulz über die Beschwerde der M XXXX XXXX XXXX XXXX GmbH, B XXXX straße XXXX , XXXX , in Verbindung mit dem Vorlageantrag vom 11.06.2018 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 26.01.2018, GZ 08114/GF: XXXX , betreffend Ablehnung der Zulassung des A XXXX M XXXX als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.05.2018, GZ XXXX Nr. XXXX , in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet
zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 26.01.2018, GZ 08114/GF: XXXX , wurde die Zulassung des A XXXX M
XXXX als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG abgelehnt.
2. Dieser Bescheid wurde nachweislich am 02.02.2018 durch Übernahme zugestellt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde mit Mail vom 21.03.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 28.05.2018, GZ XXXX , wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.
5. Die Beschwerdevorentscheidung wurde nachweislich am 30.05.2018 durch Übernahme durch die Beschwerdeführerin zugestellt.
6. Mit Mail vom 11.06.2018 beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht.
7. Mit Schreiben vom 19.06.2018 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht samt Bezugsakt vorgelegt.
7. Mit Schreiben vom 21.06.2018, zugestellt am 28.06.2018, wurde die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert, zum Verspätungsvorhalt Stellung zu nehmen.
8. Mit Schreiben vom 11.07.2018 wurde von der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie stets in Kontakt mit der belangten Behörde gewesen wäre und sie davon ausgegangen wäre, dass diese Korrespondenz als "Einspruch" gegolten habe und der Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte noch bearbeitet werde.
9. Mit Schreiben vom 19.07.2018 wurden die belangte Behörde sowie die Beschwerdeführerin aufgefordert, den gesamten Schriftverkehr ab dem 26.01.2018 bis zur Einbringung der Beschwerde zu übermitteln.
10. Mit Schreiben vom 01.08.2018 langte die Stellungnahme der belangten Behörde beim Bundesverwaltungsgericht ein, mit Schreiben vom 14.08.2018 die der Beschwerdeführerin.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Bescheid vom 26.01.2018, mit dem die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z1 AuslBG abgelehnt wurde, wurde nachweislich am 02.02.2018 durch Übernahme zugestellt.
Mit Mail vom 09.02.2018 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde folgendes Mail:
"Wir haben das Schreiben vom 26.01.2018 erhalten. Jedoch überrascht uns Ihr negativ Schreiben bzgl. Herrn M XXXX A XXXX , da wir fristgerecht eine Stellungnahme und Unterlagen (...) abgegeben haben. Daher fragen wir uns ob Sie bei der Entscheidungsfindung unsere E-Mail vom 22.01.2018 berücksichtigt haben. Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung."
Mit Mail vom 12.02.2018 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde informiert, dass die Nachreichungen vom 22.01.2018 keinen Einfluss auf die Berechnung der Mindestpunkteanzahl hätten und diese das Rechtsmittel der Beschwerde in Anspruch zu nehmen hätte.
Gegen den Bescheid wurde mit Mail vom 21.03.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 28.05.2018, GZ XXXX , wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde nachweislich am 30.05.2018 durch Übernahme durch die BF zugestellt.
Mit Mail vom 11.06.2018 beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Schreiben vom 21.06.2018, zugestellt am 28.06.2018, wurde die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert, zum Verspätungsvorhalt Stellung zu nehmen.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie davon ausgegangen ist, dass das Mail vom 09.02.2018 als "Einspruch" gewertet wird, ist zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2016 gegen einen abweisenden Bescheid des AMS - eine formal richtige - Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht hat und damit vorauszusetzen ist, dass der Beschwerdeführerin daher die formalen Inhalte einer Beschwerde bekannt sind.
Das Vorbringen ist daher als Schutzvorbringen zu bewerten, dies auch vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin erstmals dieses Vorbringen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach Aufforderung im Parteiengehör einbrachte. Im gesamten Vorverfahren gab die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme zur Verspätung ab, wäre dies aber spätestens nach der Zurückweisung der Beschwerde als verspätet zu erwarten gewesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
§ 9 Abs. 1 VwGVG lautet:
Inhalt der Beschwerde
Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
1. Zur Qualifikation des Mails vom 09.02.2018 als Beschwerde:
§ 9 Abs. 1 VwGVG regelt den Inhalt der Beschwerde. Die darin enthaltenen Angaben sind deshalb erforderlich, weil das Bundesverwaltungsgerichtgemäß § 27 VwGVG in seinem Prüfumfang an den Umfang der Beschwerde beschränkt ist.
Aus der Beschwerdebegründung muss der Wille des Beschwerdeführers erkennbar sein, im Beschwerdeverfahren ein für ihn vorteilhafteres Ergebnis zu erzielen.
In seinem Erkenntnis vom 02.05.2018, GZ Ra 2017/02/0254, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass nach dem Bericht des Verfassungsausschusses des Nationalrates zum VwGVG 2014 (2112 BlgNR 24. GP, 7) die inhaltlichen Anforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG 2014 materiell jenen des § 63 Abs. 3 AVG entsprechen. Die Rechtsprechung des VwGH zu § 63 Abs. 3 AVG idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist daher weiter von Bedeutung, wonach die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides in der Weise zu erfolgen hatte, die es ermöglicht, unter Anwendung der Auslegungsgrundsätze der §§ 6 und 7 ABGB den angefochtenen Bescheid zu erkennen und jede Verwechslung darüber auszuschließen (vgl. VwGH 11.4.1991, 90/06/0223); keinesfalls sollte aber damit ein übertriebener Formalismus in das Verwaltungsverfahren eingeführt werden (vgl. VwGH 26.5.1992, 88/05/0191).
In seiner ständigen Judikatur zu § 63 Abs. 3 AVG führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen, zumal es sich bei § 63 Abs 3 AVG um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet. Die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (Hinweis Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 491 ff und Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 595 ff).
In Rede stehenden Mail vom 09.02.2018 lässt aber nicht erkennen, was die Beschwerdeführerin anstrebte oder womit sie ihrem Standpunkt zu vertreten gedachte. Es lässt sich daraus lediglich erkennen, dass sie den Bescheid erhalten hat und nunmehr um Mitteilung ersucht, ob die letzten übermittelten Unterlagen in die Entscheidung miteinbezogen wurden. Weder lässt sich daraus ein Antrag auf Abänderung oder Behebung des Bescheides noch ein Vorbringen betreffend die Rechtswidrigkeit der Entscheidung erkennen.
Selbst bei Absehen von einem übertriebenen Formalismus im Sinne der obstehenden Judikatur kann dem von der Beschwerdeführerin als "Beschwerde" vorgelegten Mail vom 09.02.2018 kein einziges Element im Sinne des § 9 Abs. 1 VwGVG entnommen werden, das auf eine Beschwerde hindeutet.
Zur Verspätung der Beschwerde:
Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides lautet auszugsweise:
"Gegen diesen Bescheid kann binnen 4 Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich beim Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden."
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Somit ergibt sich, dass die Frist von vier Wochen, beginnend mit Freitag, 02.02.2018, am Freitag 02.03.2018, geendet hätte. Die Beschwerde wurde am 21.03.2018, per Mail an die belangte Behörde übermittelt.
Die Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde nicht beantragt.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).
Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
§ 32 Abs. 2 AVG trifft eine klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W156.2198689.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.11.2018