TE Vwgh Erkenntnis 2018/9/20 Ra 2017/11/0284

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Veröffentlicht am 20.09.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Führerscheingesetz

Norm

AVG §37
AVG §52
FSG 1997 §24 Abs1 Z1
FSG 1997 §24 Abs1 Z2
FSG 1997 §24 Abs3
FSG 1997 §24 Abs4
FSG 1997 §26 Abs2
FSG 1997 §3 Abs1 Z3
FSG 1997 §8
FSG 1997 §8 Abs6
FSG-GV 1997 §14
FSG-GV 1997 §14 Abs1
FSG-GV 1997 §14 Abs2
FSG-GV 1997 §14 Abs5
FSG-GV 1997 §2 Abs1
FSG-GV 1997 §5
StVO 1960 §99 Abs1 lita
VwGG §41
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des G S in B, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 23. Oktober 2017, Zl. LVwG-AV-870/002-2017, betreffend Einschränkung einer Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber hatte am 4. November 2016 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft von 0,81 mg/l) einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, indem er als Lenker seines Kraftfahrzeugs gegen ein abgestelltes Fahrzeug gefahren war. Auf Grund dessen entzog ihm die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. November 2016 die Lenkberechtigung für sechs Monate (bis 4. Juli 2017) und ordnete an, dass er sich innerhalb der Entziehungszeit einer Nachschulung zu unterziehen und ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie ein verkehrspsychologisches Gutachten beizubringen habe. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2        Nach Beibringung der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 6. März 2017 und Erstattung des amtsärztlichen Gutachten vom 19. Mai 2017 befristete die belangte Behörde mit Bescheid vom 5. Juli 2017 gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 iVm § 13 Abs. 5 FSG die Lenkberechtigung des Revisionswerbers bis 19. Mai 2018 und schränkte deren Gültigkeit zudem dadurch ein, dass alle drei Monate für ein Jahr hindurch gerechnet ab Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens, somit am 19. August 2017, 19. November 2017, 19. Februar 2018 und 19. Mai 2018, dem Amtsarzt der Behörde ein MCV-, GGT- und CDT-Befund vorzulegen sei; die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wurde aberkannt.

3        Dem legte die belangte Behörde im Wesentlichen zugrunde, dass die vom Revisionswerber vorgelegte verkehrspsychologische Stellungnahme ihn zum Lenken von Kraftfahrzeugen bloß „bedingt geeignet“ erachtet und die Wiedererteilung der Lenkberechtigung unter der Voraussetzung von unauffälligen alkoholrelevanten Laborparametern befürwortet habe. Darauf aufbauend habe das schlüssige und nachvollziehbare amtsärztliche Gutachten vom 19. Mai 2017 eine Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr und die vorgenommenen Einschränkungen der Lenkberechtigung empfohlen.

4        Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die vom Revisionswerber gegen den behördlichen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

5        Seiner Entscheidung legte das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen zu Grunde:

6        Dem Revisionswerber, seit 1987 in Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B, sei im Jahr 2004 die Lenkberechtigung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeugs in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand (Blutalkoholgehalt 2 ‰) für sechs Monate entzogen worden. Die aufgrund des neuerlichen Alkoholdelikts beigebrachte verkehrspsychologische Stellungnahme habe ergeben, dass der Revisionswerber aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklassen AM und B „bedingt geeignet“ sei und unter der Voraussetzung von unauffälligen alkoholrelevanten Laborparametern aus verkehrspsychologischer Sicht die Wiedererteilung der Lenkberechtigung befürwortet werde. Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit sowie die intellektuellen Voraussetzungen zum Lenken eines Kraftfahrzeugs seien als gegeben anzusehen, eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung liege vor.

7        Der vom Verwaltungsgericht bestellte Amtssachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, auf Grund der vorliegenden Befunde ergebe sich kein Verdacht auf das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit. Ausgehend von den ihm vorliegenden Akten handle es sich um ein erstmaliges Delikt und es lägen aktuell unauffällige alkoholsensitive Blutwerte vor.

8        Die amtsärztliche Beurteilung hinsichtlich der Befristung stütze sich auf die vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie herausgegebenen „Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrzeuglenkern“, welche ein „objektiviertes Sachverständigengutachten für Amtsärzte im Führerscheinverfahren“ darstellten: Beim Revisionswerber sei ein sehr hoher Blutalkoholgehalt nachgewiesen worden, nämlich 1,62 ‰. Bei seltenem Alkoholgenuss und Fehlen einer Gewöhnung an die Alkoholwirkung bestehe bei 1,62 ‰ Blutalkohol eine so hohe Rauschwirkung, dass üblicherweise ein Kraftfahrzeug nicht mehr in Betrieb genommen werde. Bei Personen, die dies dennoch tun, bestehe der Verdacht auf chronischen Alkoholkonsum, Adaptierung an die Rauschwirkung, Verlust der kritischen Einstellung gegenüber der Wirkung von Alkohol und somit ein hohes Rückfallrisiko; aus medizinischer Sicht sei daher die Befristung sowie die vierteljährliche Vorlage von alkoholsensitiven Blutbefunden erforderlich.

9        Der festgestellte Sachverhalt ergäbe sich „aus der unbedenklichen Aktenlage sowie aus den eingeholten Gutachten sowie den Angaben des Beschwerdeführers bei Erstellung der verkehrspsychologischen Untersuchungen“.

10       Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht fallbezogen auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes aus: Seitens des Amtssachverständigen sei zwar keine Krankheit festgestellt, jedoch schlüssig dargelegt worden, dass auf Grund des hohen Blutalkoholgehalts der Verdacht auf chronischen Alkoholkonsum und Adaptierung an die Rauschwirkung bestünde, was mit einer hohen Rückfallgefahr verbunden sei. Der Revisionswerber habe überdies bereits im Jahr 2004 ein Kraftfahrzeug im stark alkoholbeeinträchtigten Zustand gelenkt. Den Ausführungen des Sachverständigen sei daher zu folgen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befristung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers sowie für die Erteilung der Auflage der Beibringung von Blutbefunden sei zu bejahen gewesen.

11       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten vorgelegte außerordentliche Revision.

12       Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurück-, in eventu auf Abweisung der Revision.

13       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14       Das Führerscheingesetz (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 15/2017, lautet (auszugsweise):

Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2.   verkehrszuverlässig sind (§ 7),

3.   gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.   die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.   ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen....

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen: ‚geeignet‘, ‚bedingt geeignet‘, ‚beschränkt geeignet‘ oder ‚nicht geeignet‘. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

...

2.   zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten ‚bedingt geeignet‘ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

...

(3a) Die Dauer der Befristung ist vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

...

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

1.   die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs. 1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs. 3 Z 2 und 3);

2.   die verkehrspsychologische Untersuchung (Abs. 2) und die zu erfüllenden Mindesterfordernisse für den Nachweis der verkehrspsychologischen Eignung;

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.   die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.   die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

...

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

...

3.   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

... Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. ...

...

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. ...

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) ...

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

1.   erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,

...

(5) Eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 gilt als erstmalig, wenn eine vorher begangene Übertretung der gleichen Art zum Zeitpunkt der Begehung bereits länger als fünf Jahre zurückliegt.

...“

15       Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 322/1997 idF BGBl. II Nr. 206/2016 (FSG-GV), lautet (auszugsweise):

Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

1.   ärztliches Gutachten: ein von einem Amtsarzt oder von einem gemäß § 34 FSG bestellten sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin gemäß der Anlage erstelltes Gutachten, das in begründeten Fällen auch fachärztliche Stellungnahmen, gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt gemäß § 9 FSG oder erforderlichenfalls auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat.

2.   fachärztliche Stellungnahme: diese hat ein Krankheitsbild zu beschreiben und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen und ist von einem Facharzt des entsprechenden Sonderfaches abzugeben. In dieser ist gegebenenfalls auch die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen.

3.   verkehrspsychologische Untersuchung eines Bewerbers um eine Lenkberechtigung oder eines Führerscheinbesitzers: diese besteht aus a) der Prüfung seiner kraftfahrspezifischen verkehrspsychologischen Leistungsfähigkeit und b) der Untersuchung seiner Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.

4.   amtsärztliche Nachuntersuchung: Grundlage für ein von einem Amtsarzt erstelltes ärztliches Gutachten über die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eines Besitzers einer Lenkberechtigung; sie umfaßt sowohl das Aktenstudium als auch die Beurteilung allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen sowie gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt und hat sich auf die gesundheitlichen Mängel zu beschränken, auf Grund derer die Nachuntersuchung vorgeschrieben wurde, es sei denn, anläßlich der Nachuntersuchung treten andere Auffälligkeiten auf.

5.   ärztliche Kontrolluntersuchung: Grundlage für eine fachärztliche Stellungnahme, auf Grund bestimmter Leiden, die im Hinblick auf eine Befristung der Lenkberechtigung regelmäßig durchzuführen ist und für die amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.

...

Allgemeines

§ 2. (1) Das ärztliche Gutachten hat gegebenenfalls auszusprechen:

1.   ob und nach welchem Zeitraum eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist,

2.   ob und in welchen Zeitabständen ärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind,

...

Werden in den Fällen der §§ 5 bis 16 ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so dürfen diese niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden.

...

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1.   die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.   die nötige Körpergröße besitzt,

3.   ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.   aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

...

(3) Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anläßlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.

...

Gesundheit

§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

1.   schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

2.   organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

3.   Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewußtseinsstörungen oder -trübungen kommt,

4.   schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a)   Alkoholabhängigkeit oder

b)   andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

5.   Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

...

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, daß sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

(2) Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, haben ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Mißbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

...

Verkehrspsychologische Stellungnahme

§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1.   auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2.   auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung

erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

...

Verkehrspsychologische Untersuchung

§ 18. (1) Die Überprüfung der einzelnen Merkmale ist nach dem jeweiligen Stand der verkehrspsychologischen Wissenschaft mit entsprechenden Verfahren vorzunehmen. Die Relevanz dieser Verfahren für das Verkehrsverhalten muß durch Validierungsstudien wissenschaftlich nachgewiesen werden.

...

(3) Für die Erfassung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist insbesondere das soziale Verantwortungsbewußtsein, die Selbstkontrolle, die psychische Stabilität und die Risikobereitschaft des zu Untersuchenden zu untersuchen sowie zu prüfen, ob eine Tendenz zu aggressiver Interaktion im Straßenverkehr besteht und ob sein Bezug zum Autofahren kritisch von der Norm abweicht. Zur Überprüfung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist neben einem verkehrsbezogenen Persönlichkeitstest auch ein ausführliches Explorationsgespräch durchzuführen. Dieses darf nur von einem gemäß § 20 für Verkehrspsychologie qualifizierten Psychologen geführt werden oder, unter seiner Verantwortung und in seinem Beisein, von einem in Ausbildung zum Verkehrspsychologen befindlichen Psychologen.

...

(5a) Ist eine verkehrspsychologische Stellungnahme nicht schlüssig oder ist sie aus anderen Gründen mangelhaft, so ist sie an die jeweilige Untersuchungsstelle mit dem Auftrag zur Verbesserung zurückzustellen. Diesem Auftrag ist nachzukommen, ohne dass weitere Beträge gemäß § 23 Abs. 3 in Rechnung gestellt werden.

(6) Die für die verkehrspsychologische Untersuchung angewandten Testverfahren müssen dem Stand der Wissenschaft entsprechend als geeignet anerkannt und vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr genehmigt werden. ...“

16       Die Revision ist zulässig und auch begründet, weil das angefochtene Erkenntnis, wie von ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend aufgezeigt wird, den sich aus der hg. Rechtsprechung ergebenden Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung zur Einschränkung einer Lenkberechtigung nicht genügt.

17       Das Verwaltungsgericht hat die von ihm bestätigte Einschränkung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers wie dargestellt allein darauf gestützt, dass beim Revisionswerber zwar nicht der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit bestehe, aber „der Verdacht auf chronischen Alkoholkonsum, Adaptierung an die Rauschwirkung bzw. Verlust der kritischen Einstellung gegenüber der Wirkung von Alkohol“ und daher ein hohes Rückfallrisiko gegeben sei.

18       Die Revision führt dagegen - zusammengefasst - ins Treffen, die getroffenen Feststellungen genügten nicht den in der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dargelegten Anforderungen; die (vom bestellten Sachverständigen herangezogenen) „Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrzeuglenkern“ seien schon mangels Rechtsverbindlichkeit keine Grundlage für eine Verschärfung dahin, dass allein ein Alkoholdelikt mit einem Alkoholisierungsgrad von 1,6 Promille oder mehr eine Einschränkung der Lenkberechtigung rechtfertigen könne. Zudem fehle es an einer Begründung für die festgesetzten Kontrollintervalle.

19       Im Ergebnis wird damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt.

20       Das den Anlass für die revisionsgegenständlichen Maßnahmen bildende, vom Revisionswerber am 4. November 2016 begangene Alkoholdelikt (Alkoholisierungsgrad von 0,81 mg/l Atemluft) stellt eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und damit gleichzeitig eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z 1 FSG dar. In § 26 Abs. 2 Z 1 FSG - nach dem Verständnis des § 26 Abs. 5 FSG galt die Übertretung (ungeachtet einer gleichartigen im Jahr 2004) als „erstmalig“ - wird für diesen Sonderfall der Entziehung angeordnet, dass die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen hat. Gleichzeitig normiert § 24 Abs. 3 zweiter Satz FSG, dass diesfalls eine Nachschulung anzuordnen ist. Schließlich verlangt § 24 Abs. 3 fünfter Satz FSG, dass bei einer solchen Übertretung auch die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen ist.

21       Eine Zusammenschau des § 24 Abs. 3 und des § 26 Abs. 2 FSG zeigt, dass der Gesetzgeber zwar davon ausgeht, dass jemand, der - wie der Revisionswerber - ein Alkoholdelikt nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begeht, selbst bei erstmaliger Begehung für die Dauer von mindestens sechs Monaten als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist, hingegen ungeachtet eines (erstmaligen) Lenkens mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l (oder mehr) nicht davon ausgeht, dass dem Betreffenden allein schon wegen der - voraussetzungsgemäß - hohen Alkoholisierung (zumindest 0,8 mg/l Atemluft bzw. 1,6 Promille Blutalkoholgehalt) beim Lenken eines Kraftfahrzeugs die gesundheitliche Eignung fehlt. Das FSG und die FSG-GV, die in ihrem § 14 Abs. 2 normiert, dass diesfalls Lenker „ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen“ haben, lassen vielmehr erkennen, dass eine derartige Alkoholisierung zunächst nur Bedenken am Bestehen der gesundheitlichen Eignung begründet, denen zwingend durch Einholung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens nachzugehen ist. Erweisen sich im Rahmen dieser Untersuchungen die Bedenken als begründet, wird ein „Verdacht“ - etwa auf das Bestehen einer Alkoholabhängigkeit - also erhärtet, besteht eine Grundlage für eine Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung aus gesundheitlichen Gründen. Ein nicht verifizierter „Verdacht“ allein rechtfertigt eine solche Maßnahme hingegen nicht, wie unmissverständlich auch § 24 Abs. 4 erster Satz FSG zeigt: Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG einzuholen und ist „gegebenenfalls“ - falls sich also die Bedenken als begründet erweisen - die Lenkberechtigung einzuschränken bzw. zu entziehen.

22       Durch § 8 Abs. 6 FSG wird dem Verordnungserlasser ermöglicht, nach dem jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft nähere Bestimmungen (ua) über bei Personen mit bestimmten gesundheitlichen Beeinträchtigungen festzusetzende Auflagen oder Beschränkungen zu erlassen.

23       In diesem Sinn regelt § 14 FSG-GV die Vorgangsweise im Zusammenhang mit „Alkohol-, Sucht- und Arzneimittel“:

24       Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf (von der im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahme des Abs. 4 abgesehen) Personen, die (aktuell) von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.

25       Personen hingegen, die (in der Vergangenheit) alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungname und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu „erteilen oder wiederzuerteilen“ (§ 14 Abs. 5 FSG-GV).

26       Wie im hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/11/0088, mit näherer Begründung ausgeführt wurde, ist das in § 14 Abs. 5 FSG-GV vorgesehene Instrument der ärztlichen Kontrolluntersuchung auch auf Fälle anzuwenden, in denen in der Vergangenheit eine Abhängigkeit bestanden hat, aber unentdeckt geblieben ist und demgemäß nicht zur Einleitung eines Entziehungsverfahrens geführt hat. Wenn nun der Betroffene diesen Zustand überwunden hat, er also bloß (in einem in der Vergangenheit liegenden - abgeschlossenen - Zeitraum) abhängig „war“, ist gleichwohl iSd. § 14 Abs. 5 FSG-GV eine ärztliche Kontrolluntersuchung zu veranlassen (und gemäß § 2 Abs. 1 letzter Satz FSG-GV mit Befristung und amtsärztlicher Nachuntersuchung zu verbinden).

27       Nichts anderes kann gelten, wenn die in der Vergangenheit gelegene Gesundheitsbeeinträchtigung darin bestanden hat, dass nicht „Abhängigkeit“ iSd. § 14 Abs. 1 FSG-GV vorlag, sondern die Unfähigkeit, den Konsum dieser Mittel so weit einzuschränken, dass der Betreffende beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt ist: § 14 Abs. 1 FSG-GV behandelt diese beiden Fälle gravierender Gesundheitseinschränkungen, falls sie aktuell, also im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt, noch bestehen, insofern gleich, als derartigen Personen eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden darf; sie sind also - zwecks Wahrung der Verkehrssicherheit - jedenfalls vom Lenken eines Kraftfahrzeugs auszuschließen, eine bloße Einschränkung der Lenkberechtigung kommt insoweit nicht in Betracht. Ausgehend von der Zielsetzung des FSG (vgl. insbesondere § 3 Abs. 1 Z 3 und § 24 Abs. 1 Z 1) und der FSG-GV, nur für solche Personen, die zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund sind (§ 5 FSG-GV), die Erteilung bzw. Belassung einer - uneingeschränkten - Lenkberechtigung zu erlauben, ist also immer dann, wenn ein Gesundheitszustand, wie er in § 14 Abs. 1 FSG-GV umschrieben ist (Abhängigkeit von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel bzw. Unfähigkeit, den Konsum dieser Mittel so weit einzuschränken, dass eine Beeinträchtigung beim Lenken eines Kraftfahrzeugs nicht besteht), in der Vergangenheit bestanden hat, mittlerweile aber überwunden ist, nach § 14 Abs. 5 FSG-GV vorzugehen, also eine ärztliche Kontrolluntersuchung (samt Befristung und amtsärztlicher Nachuntersuchung) zu veranlassen. Es kann nämlich - unabhängig von der unterschiedlichen Wortwahl in § 14 Abs. 1 und Abs. 5 FSG-GV - davon ausgegangen werden, dass ein Konsumverhalten, wie es in Abs. 1 beschrieben ist, jedenfalls „gehäuften Missbrauch“ iSd. Abs. 2 darstellt.

28       Liegt also ein in § 14 Abs. 1 FSG-GV genannter Gesundheitszustand aktuell vor, ist eine aufrechte Lenkberechtigung zwingend zu entziehen und nicht bloß einzuschränken; lag ein solcher Zustand bloß in der Vergangenheit vor, ist die Lenkberechtigung iSd. § 14 Abs. 5 FSG-GV zu beschränken.

29       Fallbezogen folgt:

30       Vom Verwaltungsgericht wurde das Bestehen einer Alkoholabhängigkeit beim Revisionswerber verneint (diesbezüglich liege nicht einmal ein Verdacht vor). Dieser verfüge auch über die notwendige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und es liege eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vor.

31       Der vorgenommenen Einschränkung der Lenkberechtigung legte das Verwaltungsgericht allein zu Grunde, dass beim Revisionswerber der „Verdacht auf chronischen Alkoholkonsum, Adaptierung an die Rauschwirkung, Verlust der kritischen Einstellung gegenüber der Wirkung von Alkohol und somit ein hohes Rückfallrisiko“ bestehe.

32       Abgesehen davon, dass - wie oben unter Rn. 21 ausgeführt - ein bloßer Verdacht die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung nicht rechtfertigen kann, bleibt dabei unklar, ob das Verwaltungsgericht mit dieser Wendung vom Verdacht auf den aktuellen Bestand einer derartigen Gesundheitsbeeinträchtigung ausgeht (worauf die Zitierung des § 14 Abs. 1 FSG-GV hindeutet) oder davon, dass ein solcher Zustand - möglicherweise („Verdacht“) - in der Vergangenheit bestanden habe (wofür sprechen könnte, dass die Lenkberechtigung nicht entzogen, sondern nur eingeschränkt wurde).

33       Für die Beantwortung der Frage, wie auf eine alkoholbedingte gesundheitliche Beeinträchtigung zu reagieren ist (ob durch Entziehung der Lenkberechtigung oder durch bloße Einschränkung), ist die entsprechende - vom Verwaltungsgericht aber unterlassene - Klarstellung nach dem eben Gesagten allerdings von entscheidender Bedeutung.

34       Das angefochtene Erkenntnis erweist sich auch in weiterer Hinsicht als rechtswidrig: Das Verwaltungsgericht stützte sich bei seinen oben wiedergegebenen Annahmen („Feststellungen“) auf die Ausführungen des von ihm bestellten Amtssachverständigen, der sich diesbezüglich [allein] auf die genannten „Leitlinien“ bezog.

35       Dazu ist zunächst festzuhalten, dass diesen „Leitlinien“ für sich genommen keine normative Kraft zukommt: Eine solche gegebenenfalls als Erlass zu qualifizierende Anweisung an untergeordnete Verwaltungsbehörden stellt nämlich keine für die Verwaltungsgerichte oder den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsquelle dar (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/11/0269, mwN).

36       Im Übrigen ist im gegebenen Zusammenhang - also hinsichtlich der führerscheinrechtlichen Konsequenzen der Verwirklichung einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Lenken eines Kraftfahrzeugs in alkoholisiertem Zustand von zumindest 0,8 mg/l Atemluft bzw. 1,6 Promille Blutalkoholgehalt) - hervorzuheben, dass die Verordnungsermächtigung des § 8 Abs. 6 FSG vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie verlangt, bei Festlegung der näheren Bestimmungen über die bei Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen festzusetzenden Auflagen oder Beschränkungen dem „jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft“ zu entsprechen. Wenn nun § 14 FSG-GV bei Festlegung der Vorgangsweise im Zusammenhang mit Alkohol sowie Sucht- und Arzneimitteln für den Fall, dass beim Lenker eines Kraftfahrzeugs ein Alkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr festgestellt wird, den Nachweis der psychologischen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme verlangt (Abs. 2), aber nicht etwa - jedenfalls und unabhängig vom Einzelfall - eine Einschränkung der Lenkberechtigung durch Befristung und die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen (wie dies aber bei vergangener Abhängigkeit oder bei gehäuftem Missbrauch in der Vergangenheit erforderlich wäre), muss davon ausgegangen werden, dass die (nach dem Gesagten der Einhaltung des jeweiligen Stands der Wissenschaft verpflichtete) FSG-GV offenbar gerade nicht zu Grunde legt, jedes „Alkoholdelikt von über 1,6 Promille“ rechtfertige (wie von den „Leitlinien“ vermeint) bereits die „Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos“.

37       Es genügt aber auch das so bezeichnete Gutachten des vom Verwaltungsgericht beigezogenen Amtssachverständigen für sich genommen nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Gutachten iSd § 52 AVG: Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. nur etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage [1998], unter E 150 ff genannte Judikatur) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Gleiches gilt, wenn der Sachverständige nicht darlegt, auf welchem Weg er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist.

38       Dass das in Rede stehende „Gutachten“ diesen Anforderungen nicht entspricht, bedarf keiner weiteren Begründung: Der Sachverständige beschränkt seinen Befund - ohne Vornahme einer eigenen Untersuchung des Revisionswerbers - auf die Wiedergabe der Aktenlage, und stützt sein eigentliches Gutachten nach einer Wiedergabe der Leitlinien auf folgende „Beurteilung“:

„Im gegenständlichen Fall wurde ein sehr hoher Blutalkoholgehalt nachgewiesen (1,62 Promille). Bei seltenem Alkoholgenuss und daher Fehlen einer Gewöhnung an die Alkoholwirkung besteht bei 1,62 Promille Blutalkohol eine so hohe Rauschwirkung, dass üblicherweise ein KFZ nicht mehr in Betrieb genommen wird.

Bei Personen, die dies trotzdem tun, besteht der Verdacht auf chronischen Alkoholkonsum, Adaptierung an die Rauschwirkung, Verlustes der kritischen Einstellung gegenüber der Wirkung von Alkohol und somit ein hohes Rückfallrisiko (siehe oben zitierte Leitlinien).

Folgt man einschlägiger Fachliteratur (z.B. den zitierten Richtlinien) so ist im gegenständlichen Fall eine Befristung aus medizinischer Sicht erforderlich (hohe Rückfallgefahr).

Der Befristungszeitraum ist (den zitierten Leitlinien folgend) mit einem Jahr festzulegen und es ist durch vierteljährliche Vorlage von alkoholsensitiven Blutbefunde (MCV, GammaGT und CDT) die Alkoholrestriktion zu belegen.“

39       Die Beurteilung des Sachverständigen stützt sich der Sache nach also, ohne auf den vorliegenden Fall bzw. dessen allfällige Besonderheiten näher einzugehen, lediglich auf die erwähnten „Leitlinien“, die für sich genommen die vorgenommene Einschränkung der Lenkberechtigung nicht tragen können, enthält aber keine auf den Einzelfall eingehende Begründung, warum anzunehmen sei, dass beim Revisionswerber - sei es in der Vergangenheit oder in der Gegenwart - ein gesundheitlicher Zustand vorlag bzw. vorliegt, wie er in § 14 Abs. 5 bzw. Abs. 1 FSG-GV beschrieben wird.

40       Da das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis - offenbar in Verkennung der Rechtslage - auf ein formelhaft begründetes Sachverständigengutachten stützte, ohne die für eine Einschränkung der Lenkberechtigung unabdingbaren Feststellungen zu treffen, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

41       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 20. September 2018

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017110284.L00

Im RIS seit

08.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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