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L66205 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Salzburg;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der Agrarbehörde Salzburg gegen Spruchpunkt I des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 24. Mai 2018, Zl. 405- 1/285/1/9-2018, betreffend eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis einer Bringungsgemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Bringungsgemeinschaft U, vertreten durch Univ.-Prof. DDDr. Dieter G. Kindel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Spruchpunkt I des in Revision gezogenen Erkenntnisses stellte das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) in Abänderung des vor ihm in Beschwerde gezogenen Bescheides der Agrarbehörde Salzburg (der Amtsrevisionswerberin) vom 31. Jänner 2018 in einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis der mitbeteiligten Bringungsgemeinschaft fest, dass nach § 18 Z 1 des Salzburger Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (GSLG) die Befahrung der Weganlage, soweit sie nicht der Bewirtschaftung näher genannter Grundstücke zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken diene, nicht zulässig und zu unterlassen sei.
2 Unter anderem argumentierte das LVwG damit, dass eine Erklärung des Obmanns der Bringungsgemeinschaft vom 15. Oktober 1998, wonach dieser "als Obmann bestätige, dass die Zufahrt zum Zweitwohnungsgebiet des Herrn X über den Güterweg möglich sei, da dieser auch Mitglied des Güterweges sei," als verschriftlichte (inhaltlich unrichtige) Auskunft keine Rechtseinräumung im konstitutiven Sinne bewirken könnte. Eine Bringungsrechtseinräumung nach dem Salzburger Güter- und Seilwege-Landesgesetz (GSLG) sei bringungsrechtsautonom nicht vorstellbar, überschreite die Vertretungsmacht eines Obmannes im Grundsätzlichen und sei daher keine konstitutive Rechtshandlung. In der vorliegenden Erklärung könne daher nur eine (unzutreffende) Rechtsauskunft liegen, die jedenfalls nicht als rechtskonstitutiv im Sinne einer Rechtseinräumung im Sinne eines Bringungsrechts abseits land- und forstwirtschaftlicher Nutzung ausgelegt werden könne.
3 Die Revision wurde nicht zugelassen.
4 Gegen Spruchpunkt I dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (VwGH 1.8.2016, Ra 2016/08/0003, mwN).
9 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den VwGH erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0134, mwN).
10 In den Zulässigkeitsausführungen ihrer Amtsrevision macht die Agrarbehörde - soweit erkennbar - als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend, es stelle sich die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Obmann für eine Bringungsgemeinschaft rechtsverbindliche Erklärungen abgeben könne, die in einem weiteren Verfahren Verwendung finden könnten.
11 In der Begründung der Revision schließt sich die Amtsrevisionswerberin zuerst der Rechtsansicht des LVwG an, wonach die genannte Erklärung des Obmanns keine Bringungsrechtseinräumung darstelle, sondern eine privatrechtliche Erklärung sei. Weiters heißt es, dass die Ansicht des LVwG, wonach eine solche Bestätigung niemals als Rechtseinräumung im konstitutiven Sinn verstanden werden könne, absolut nicht nachvollziehbar und unvertretbar sei. Unter Hinweis auf näher dargestellte umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.11.2008, 2007/05/0237; 26.9.2013, 2011/07/0121; 25.4.2002, 2002/07/0005; 28.4.2011, 2009/07/0124; 24.9.2015, Ra 2015/07/0073) vertritt die Agrarbehörde weiters die Ansicht, eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes, welche als juristische Person des öffentlichen Rechtes rechtsfähig sei, werde durch ihr handlungsfähiges Organ selbstverständlich legitimiert, zivilrechtlich verbindliche Erklärungen abzugeben. In der Satzung gebe es hier keine Einschränkungen.
12 Mit diesem Vorbringen macht die Agrarbehörde keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend.
13 Das vorliegende Erkenntnis des LVwG befasste sich bei der Lösung einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis einer Bringungsgemeinschaft mit der Frage, ob für die Nutzung der Weganlage der Bringungsgemeinschaft zur Errichtung einer Baustraße und der Realisierung eines Zweitwohnsitzgebietes durch einzelne Mitglieder eine öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage nach dem GSLG, dem Gründungsbescheid, dem Einbeziehungsbescheid nach § 13 Abs. 3 GSLG bzw. der Satzung besteht oder nicht. Dass eine solche öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage zum Befahren eines Bringungsweges für die genannten Zwecke nicht durch die genannte Erklärung des Obmannes der Bringungsgemeinschaft geschaffen werden könnte, stellt die revisionswerbende Agrarbehörde aber außer Streit.
14 Sie vertritt hingegen offenbar die Ansicht, dass eine rein privatrechtliche Erklärung des Obmanns über die Möglichkeit einer nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienenden Nutzung der Bringungsanlage einem Mitglied ein solches Nutzungsrecht auf zivilrechtlicher Grundlage beschaffe und die Bringungsgemeinschaft und deren Mitglieder entsprechend verpflichte, obwohl es sich dabei um keine öffentlich-rechtliche Rechtseinräumung handle. Um welches privatrechtliches Rechtsinstitut, das die Einräumung eines Fahrtrechts zu den genannten Zwecken über die im Eigentum der Bringungsgemeinschaft stehende Bringungsanlage zum Inhalt haben könnte (zB. Nutzungsvertrag, Einräumung einer Dienstbarkeit), es sich dabei handeln sollte, legt die Amtsrevision aber nicht näher dar.
15 Als Begründung für ihre Rechtsansicht zitiert die Amtsrevision die oben wiedergegebene, umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verbindlichkeit "zivilrechtlicher" Erklärungen eines Obmannes (einer Agrargemeinschaft oder sonstigen Gemeinschaft) und erblickt darin einen Widerspruch zu der im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht.
16 Vorauszuschicken ist, dass der allgemein gehaltenen Erklärung des Obmannes vom 15. Oktober 1998 weder zu entnehmen ist, an wen konkret sie sich richtet ("Sehr geehrte Damen und Herren") noch auf welche konkrete Zwecke sich die Zufahrt, von der in dieser Erklärung die Rede ist, überhaupt beziehen soll; im Text ist zudem nur von einem einzigen Mitglied der Bringungsgemeinschaft die Rede. Ein für die Annahme einer auch die Bringungsgemeinschaft verpflichtenden, zivilrechtlich verbindlichen Willenserklärung zugunsten mehrerer Mitglieder der Bringungsgemeinschaft notwendiger eindeutiger Inhalt fehlt dieser Erklärung. Schon aus diesem Grund eignet sie sich nicht zur Annahme, daraus wäre das begehrte Nutzungsrecht ableitbar.
17 Ergänzend wird bemerkt, dass es bei der von der Amtsrevisionswerberin zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (etwa VwGH 24.11.2008, 2007/05/0237; 26.9.2013, 2011/07/0121; 28.4.2011, 2009/07/0124) jeweils um die Frage der Wirksamkeit und Zurechenbarkeit verfahrensrechtlich relevanter Schritte (wie die Stellung eines verfahrenseinleitenden Antrags, die Erhebung eines Rechtsmittels oder einer Beschwerde) einer Agrargemeinschaft (oder einer vergleichbaren Gemeinschaft) gegenüber einer Behörde oder dem Verwaltungsgerichtshof ging, wobei diese Schritte durch den Obmann im Außenverhältnis vorgenommen wurden, ohne dass eine Deckung durch eine entsprechende Beschlussfassung im Innenverhältnis vorlag.
18 Diesen Erklärungen des Obmanns war gemeinsam, dass die damit verfahrensrechtlich gesetzten Schritte, wie etwa die rechtzeitige Erhebung von Rechtsmitteln, unmittelbar in der Satzung oder im Gesetz vorgesehen waren, sich somit inhaltlich im Rahmen des Gesetzes bzw. der Satzung bewegten. Dies war auch bei dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 2002, 2002/07/0005, zu Grunde gelegenen Sachverhalt der Fall, in dem es um die im Gesetz vorgesehene Wahrnehmung der Erklärung eines Vorkaufsrechtes durch den Obmann für die Agrargemeinschaft ging.
19 Dass diese Rechtsprechung aber gerade nicht auf den Abschluss zivilrechtlicher Verträge durch einen Obmann übertragen werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem auch von der Revisionswerberin zitierten Erkenntnis vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0073 (unter Hinweis auf VwGH 25.4.2002, 2001/05/1082), mit näherer Begründung zum Ausdruck gebracht.
20 Weiters ist darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf Rechtsgeschäfte, mit denen die Bringungsgemeinschaft Rechtsverbindlichkeiten eingeht, die Vertretung des Obmannes nach außen aber - im Gegensatz zu den Sachverhalten, die der eingangs dargestellten Rechtsprechung unterlagen - nicht mehr unbeschränkt ist; nach § 15 (4. Gedankenstrich) der Satzung sind solche Schriftstücke von einem zweiten Ausschussmitglied zu unterzeichnen. Die Erklärung des Obmannes vom 15. Oktober 1998 weist zweifelsfrei keine solche zweite Unterschrift auf. Auch unter diesem Gesichtspunkt fehlte es der verfahrensgegenständlichen Erklärung daher an rechtlicher Relevanz (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25.4.2002, 2002/07/0005).
21 Ein Widerspruch des angefochtenen Erkenntnisses zur dargestellten Rechtsprechung liegt somit nicht vor.
22 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
23 Die Revision war somit zurückzuweisen.
Wien, am 3. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070426.L00Im RIS seit
01.11.2018Zuletzt aktualisiert am
15.11.2018