TE Vwgh Beschluss 2018/10/3 Ra 2018/07/0421

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.2018
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §56;
AVG §63 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
GewO 1994 §367 Z25;
GewO 1994 §78 Abs2;
UVPG 2000 §17 Abs4;
UVPG 2000 §18 Abs3;
UVPG 2000 §19 Abs1;
UVPG 2000 §20 Abs2;
UVPG 2000 §20 Abs4;
UVPG 2000 §39 Abs1;
UVPG 2000 §45 Abs2 litb;
UVPG 2000 §45;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §138;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/07/0422 B 3. Oktober 2018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des DI H M in B, vertreten durch die Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 4. Juni 2018, Zl. LVwG-1-693/2017-R9, betreffend Übertretung des UVP-G 2000 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (LVwG) wurde in Abänderung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Bludenz über den Revisionswerber als nach § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der V AG wegen Übertretung der §§ 45 Z 2 lit. b in Verbindung mit § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 iVm dem Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 11. Dezember 2012 eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 800,00 verhängt. Dem Revisionswerber wurde zum einen vorgeworfen, entgegen der Vorschreibung A)2. des genannten Bescheides die dort genannten Daten bestimmter Messstellen der Behörde nicht fristgerecht übermittelt zu haben; zum anderen sei entgegen der Vorschreibung A)44. des genannten Bescheides ein näher bezeichnetes Projekt der Behörde nicht fristgerecht vorgelegt worden.

2 Aus der Begründung des Erkenntnisses geht hervor, dass die Vorarlberger Landesregierung im vorliegenden Fall nach § 39 Abs. 1 vierter Satz UVP-G 2000 ihre Zuständigkeit zur Durchführung von Strafverfahren an die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen habe. Das LVwG ging weiters davon aus, dass nach Rechtskraft eines Bescheides die darin enthaltenen Auflagen und Befristungen einzuhalten seien; dies gelte vorliegendenfalls für die Nebenbestimmungen A)2. und A)44. des UVP-Bescheides vom 11. Dezember 2012. Die darin enthaltenen Fristen seien nicht eingehalten und es sei somit gegen diese Nebenbestimmungen verstoßen worden. Ob durch die Nichterfüllung der Auflagen nur unerhebliche Änderungen im Hinblick auf die Schutzgüter des UVP-G 2000 eingetreten seien, sei unerheblich. Der Anlageninhaber habe auch keinen Genehmigungsantrag mit dem Ziel der Genehmigung geringfügiger Abweichungen gestellt; auch eine nachträgliche Einbringung eines solchen Antrags hätte aber nicht strafbefreiend gewirkt.

3 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In seiner gegen das Erkenntnis des LVwG vom 4. Juni 2018 erhobenen außerordentlichen Revision wirft der Revisionswerber drei Fragen auf, denen seines Erachtens grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8 1.1. Der Revisionswerber verweist auf § 121 Abs. 1 WRG 1959, nach dessen zweitem Satz rechtskräftige Entscheidungen in bestimmtem Rahmen abgeändert werden könnten. Diese Bestimmung sei bei der Abnahmeprüfung nach § 20 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 UVP-G 2000 mit anzuwenden. Demnach könnte auch die Nichtdurchführung einer Auflage nachträglich genehmigt werden; auch die Vorschreibung weiterer Auflagen in der Abnahmeprüfung wäre zulässig.

9 Nach Ansicht des Revisionswerbers habe der Konsensinhaber bei Änderung eines bewilligten Vorhabens eigenverantwortlich zu prüfen, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Änderung handle. Bei einer wesentlichen Änderung habe er eine Änderungsgenehmigung nach § 18b UVP-G 2000 zu bewirken; bei geringfügigen Änderungen bestehe dazu keine Verpflichtung, dh er habe ein Wahlrecht, eine geringfügige Änderung ex ante nach § 18b UVP-G 2000 oder ex post nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000, somit im Rahmen der Abnahmeprüfung, zur Genehmigung zu beantragen und konsentiert zu erhalten.

10 Wenn nun aber ein solches Wahlrecht bei sämtlichen Auflagen bestehe, könne keine Strafbarkeit bestehen, wenn mit der Abänderung des Auflageninhaltes bis zur Abnahmeprüfung zugewartet werde. Indem das LVwG diese zu § 121 WRG 1959 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unberücksichtigt gelassen habe, sei es von dieser abgegangen. Auch fehle es an Rechtsprechung zur Frage, ob die zu § 121 WRG 1959 ergangene Judikatur auf Auflagen nach § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 und die Abnahmeprüfung nach diesem Gesetz übertragbar sei und welche Auswirkungen das Zuwarten mit einer geringfügigen Änderung bis zu dieser Abnahmeprüfung auf die Strafbarkeit nach § 45 Z 2 lit. b UVP-G 2000 habe.

11 1.2. Nach der vom Revisionswerber zitierten Rechtsprechung zu § 121 WRG 1959 (VwGH 21.6.1994, 93/07/0079) ermöglicht es diese Bestimmung, rechtskräftige Entscheidungen (in bestimmtem Rahmen) abzuändern. Einer neuen Entscheidung - so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis - stehe insoweit die Rechtskraft des Bewilligungsbescheides nicht entgegen. Zu einer erteilten wasserrechtlichen Bewilligung gehörten auch die Auflagen. Eine Abweichung im Sinne des § 121 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 stelle daher auch die Nichtausführung einer Auflage dar. Ein Unterbleiben einer Auflagenausführung könne daher nachträglich genehmigt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen hiefür vorlägen. Es bestehe ein Anspruch auf meritorische Erledigung eines Antrages auf nachträgliche Genehmigung der Nichteinhaltung einer Auflage als geringfügige Abweichung nach § 121 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 durch die Wasserrechtsbehörde, welcher somit nicht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden könne.

12 Dieser Entscheidung (und anderen in diese Richtung gehenden Erkenntnissen, etwa VwGH 26.6.1996, 93/07/0107) ist zwar zu entnehmen, dass eine Abweichung vom Konsens auch in der gänzlichen Nichtdurchführung einer Auflage liegen könne und dass im Rahmen des Verfahrens nach § 121 WRG 1959 bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen auch die Möglichkeit besteht, eine Bewilligung insofern abzuändern, als dieses Unterbleiben der Ausführung nachträglich genehmigt wird. Dass durch die bis dahin gegebene Nichterfüllung einer Auflage der Tatbestand des § 137 Abs. 2 Z 7 WRG 1959 nicht verwirklicht werde, ist dieser Rechtsprechung hingegen nicht zu entnehmen. Ein Widerspruch des Erkenntnisses des LVwG zu der vom Revisionswerber angeführten Rechtsprechung liegt daher nicht vor.

13 Ein Bescheid nach § 121 WRG 1959, mit dem als Folge einer festgestellten Abweichung vom Konsens Auflagen nachträglich abgeändert oder fallen gelassen werden, ändert in diesem Umfang den ursprünglichen Bewilligungsbescheid mit Wirkung ex nunc. Im Zeitraum bis zu einer im Rahmen eines Kollaudierungsbescheides nachträglichen Abänderung behalten die Auflagen mit dem im Genehmigungsbescheid vorgesehenen Inhalt ihre Rechtsverbindlichkeit.

14 Dementsprechend braucht die Behörde bei einer von der erteilten Bewilligung abweichenden Ausführung eines Wasserbauvorhabens nicht erst das wasserrechtliche Überprüfungsverfahren nach § 121 WRG 1959 abzuwarten, um gegen eine solche Abweichung vorgehen zu können; vielmehr kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch schon im Ausführungsstadium die Bestimmung des § 138 WRG 1959 zur Anwendung (VwGH 18.9.2002, 2000/07/0086; 23.3.2006, 2005/07/0175).

15 1.3. Das UVP-G 2000 sieht in seinem § 20 eine Abnahmeprüfung vor. Die Behörde hat dabei das Vorhaben darauf zu überprüfen, ob es der Genehmigung entspricht, und darüber einen Bescheid zu erlassen. Die Behörde hat die in den Verwaltungsvorschriften bestehenden Bestimmungen über Betriebsbewilligungen, Benutzungsbewilligungen, Kollaudierungen und dergleichen anzuwenden. Der Abnahmebescheid ersetzt die nach diesen Verwaltungsvorschriften jeweils vorgesehenen Bescheide.

16 Daraus folgt, dass die UVP-Behörde bei der Abnahmeprüfung nach § 20 Abs. 2 UVP-G 2000 (regelmäßig) auch die Bestimmungen des § 121 WRG 1959 mit anzuwenden hat. Bei Nebenbestimmungen, die in keinem Materiengesetz, sondern unmittelbar in § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 gründen, bietet § 20 Abs. 2 und 4 UVP-G 2000 die entsprechende Rechtsgrundlage. Die Behörde hat demnach entweder die Beseitigung festgestellter Abweichungen aufzutragen oder in Anwendung des § 18 Abs. 3 UVP-G 2000 nachträglich geringfügige Abweichungen zu genehmigen, sofern den betroffenen Parteien gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben wurde. Darunter fällt auch der Fall einer Abweichung von der Bewilligung durch gänzliche Nichterfüllung einer Auflage.

17 Die in § 20 Abs. 4 zweiter Satz UVP-G 2000 vorgesehene Möglichkeit, nachträglich geringfügige Abweichungen genehmigen zu können, stellt eine Ausnahme von dem im ersten Satz formulierten Grundsatz, wonach die Beseitigung festgestellter Abweichungen aufzutragen ist, dar. Ausnahmen sind grundsätzlich restriktiv auszulegen. Diese Erleichterung darf aber nicht dazu führen, dass den von den Abweichungen Betroffenen Rechte vorenthalten werden, die sie im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens geltend machen könnten (VwGH 20.6.2013, 2012/06/0092, 0093).

18 Das LVwG zog vorliegendenfalls nicht in Zweifel, dass die Möglichkeit einer im Rahmen eines Abnahmeverfahrens nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 zu erteilenden Genehmigung für die Abweichung von der Bewilligung - Geringfügigkeit der dadurch bewirkten Abweichungen vom Konsens und Durchführung eines Verfahrens mit den von der Abänderung allenfalls Betroffenen vorausgesetzt - besteht. Insofern sind die Rechtsprechung bzw. die Rechtslage nach dem UVP-G 2000 eindeutig; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt darin nicht.

19 1.4. § 45 Abs. 2 lit. b UVP-G 2000 sanktioniert die Nichteinhaltung von Nebenbestimmungen eines Genehmigungsbescheides, die auf das UVP-G 2000 (§ 17 Abs. 2 bis 4 und 6, ua) gestützt sind. Dass es sich im vorliegenden Fall um diese Art von Nebenbestimmungen handelt, bestreitet der Revisionswerber nicht substantiiert; der angedeutete Vorwurf der mangelnden Prüfung der Rechtsgrundlage der Auflage wird in der Revision nicht näher ausgeführt. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass die vorgeworfene Verwirklichung dieses im UVP-G 2000 gründenden Verwaltungsstraftatbestandes keine Rechte des Revisionswerbers verletzte.

20 Dass die genannten beiden Auflagen nicht fristgerecht umgesetzt wurden, wird nicht in Zweifel gezogen; weder die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, wonach kein Genehmigungsantrag nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 in Bezug auf den Entfall der hier verfahrensgegenständlichen Auflagen gestellt worden war (zur Notwendigkeit einer solchen Antragstellung durch den Konsensinhaber vgl. Schmelz/Schwarzer, UVP-G (2011), § 20 Rz 26) noch die Feststellung der zwischenzeitig (bereits vor Erlassung des Straferkenntnisses) erfolgten Erfüllung der Auflagen wird bestritten.

21 1.5. Angesichts dessen weichen die oben wiedergegebenen rechtlichen Überlegungen des Revisionswerbers im vorliegenden Fall vom Sachverhalt ab:

22 Wie dargestellt, wurden beide verfahrensgegenständlichen Auflagen zwischenzeitig erfüllt; ein Abschlussbescheid liegt noch nicht vor. § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 stellt auf die - im Zeitpunkt der Erlassung des Abnahmebescheides - festgestellten Abweichungen ab; eine solche Abweichung von der Genehmigung, die allenfalls ein Vorgehen nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 nach sich ziehen könnte, liegt fallbezogen nicht mehr vor.

23 Im Verfahren nach § 20 Abs. 2 UVP-G 2000 wäre (gegebenenfalls: auch) in Bezug auf die beiden Auflagen lediglich festzustellen, dass der Genehmigung in diesen Punkten (wenn auch verspätet) entsprochen wurde. Die Nebenbestimmungen, um deren Nichteinhaltung und verspätete Erfüllung es hier geht, sind und bleiben daher Bestandteil der Genehmigung.

24 Abgesehen davon würde auch eine nachträgliche Abänderung von Nebenbestimmungen durch einen Abnahmebescheid nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 ihre Rechtswirkungen erst ab Erlassung dieses Bescheides entfalten und nichts an der bis dahin erfolgten Nichteinhaltung der Nebenbestimmungen ändern.

25 Auch aus diesem Grund wird mit dem oben wiedergegebenen Revisionsvorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

26 1.6. Ergänzend wird bemerkt:

27 Folgte man den Überlegungen des Revisionswerbers und überließe man die - nach Ansicht des Revisionswerbers relevante - Beurteilung der Geringfügigkeit der Abweichung von der Bewilligung dem Konsensinhaber und ermöglichte man es ihm, sanktionslos von den bescheidmäßig vorgeschriebenen Nebenbestimmungen im Rahmen dieser "Geringfügigkeit" nach Beliebigkeit abzuweichen, so fehlte den rechtskräftig vorgeschriebenen Nebenbestimmungen, die dem Schutz öffentlicher Interessen und/oder von Rechten Dritter dienen, von Anfang an ihre Verbindlichkeit.

28 Im Zusammenhang mit in der Nichteinhaltung von Nebenbestimmungen von Bescheiden liegenden Verwaltungsstraftatbeständen wurde in der Rechtsprechung aber regelmäßig die - hier nicht in Zweifel gezogene - ausreichende Bestimmtheit dieser Nebenbestimmungen betont, die auch eine der Voraussetzungen für ihre Vollstreckbarkeit darstellt (vgl. aus der Rechtsprechung des VwGH 14.10.2003, 2001/05/1171; 25.2.1993, 92/04/0164, uvm). Dem liegt die Annahme zugrunde, dass es keinen Spielraum im Sinne einer geringfügigen Abweichung vom normativen Inhalt einer Nebenbestimmung gibt.

29 Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund einer vergleichbaren Bestimmung der GewO 1994 (nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 ist die Behörde ermächtigt, vom Betriebsinhaber eigenmächtig vorgenommene Abweichungen vom Genehmigungsbescheid mit Bescheid zuzulassen, vorausgesetzt, es kommt dadurch nicht zu einer Verringerung des Schutzes, den der Genehmigungsbescheid gewährleistet hat) in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass die Verpflichtung des Betriebsinhabers, die im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen einzuhalten, unverändert - und durch § 367 Z 25 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert - besteht, so lange die Behörde von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht und einen entsprechenden Bescheid nicht erlassen hat. Erst der bescheidmäßige Abspruch über die Zulässigkeit der vorgenommenen Abweichungen beseitigt diese Verpflichtung (VwGH 15.9.2011, 2009/04/0154; 7.11.2005, 2003/04/0104; 30.6.2004, 2002/04/0209, uam).

30 Dem UVP-G 2000 ist nicht zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Einhaltung von Nebenbestimmungen im Sinne dieser Rechtsprechung im Zeitraum zwischen der Umsetzung des Konsenses und dem Abschluss eines allfällige geringfügige Abweichungen nachträglich genehmigenden Abnahmebescheides (nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000) nicht bestünde; auch in diesem Zeitraum stellt eine Nichteinhaltung einer Nebenbestimmung die Verwirklichung des Verwaltungsstraftatbestandes nach § 45 Abs. 2 lit. b UVP-G 2000 dar.

31 Darauf, ob mit der Nichterfüllung der Auflage ein Eingriff in Schutzgüter des UVP-G 2000 verbunden wäre, kommt es bei der Verwirklichung des Straftatbestandes - wie das LVwG zutreffend ausführte - ebenfalls nicht an.

32 1.7. Eine Abweichung von der Rechtsprechung oder der Rechtslage durch das LVwG wird durch die erstgenannte Rechtsfrage der Revision daher nicht aufgezeigt.

33 2. Weiters macht die Revision als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend, es sei fraglich, ob die Delegation für den Einzelfall nach § 39 Abs. 1 vorletzter Satz UVP-G 2000 einen Bescheid erfordere oder ob als Übertragungsakt ein schlichtes Schreiben ausreiche.

34 Nach der letztgenannten Bestimmung kann die Landesregierung die Zuständigkeit zur Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verfahren gemäß § 45, und zur Entscheidung ganz oder teilweise der Bezirksverwaltungsbehörde übertragen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Verfahren nach § 45 UVP-G 2000; die Delegation erfolgte per Verfahrensanordnung.

35 Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kann eine Delegation sowohl verfassungs- als auch gesetzeskonform durch Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG erfolgen (VfGH 17.6.1986, VfSlg. 10.912/1986; VwGH 20.1.1982, 858/80; 23.10.1985, 85/02/0219; 16.3.2012, 2010/05/0035; 30.4.2014, 2013/11/0232).

36 Es gibt keinen Grund, bei einer Delegation nach § 39 Abs. 1 letzter Satz UVP-G 2000 von dieser Rechtsprechung abzuweichen; für die im vorliegenden Fall erfolgte Delegation der Zuständigkeit von der Landesregierung an die Bezirksverwaltungsbehörde bedurfte es keines Bescheides.

37 3. Schließlich macht der Revisionswerber im Zusammenhang mit der Darstellung des innerbetrieblichen Kontrollsystems geltend, es fehle dem angefochtenen Erkenntnis diesbezüglich an einer nachvollziehbaren Begründung.

38 Auch damit zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf. Das LVwG befasste sich in seinen Erwägungen auf den Seiten 11 bis 13 des angefochtenen Erkenntnisses mit dem Aspekt eines wirksamen innerbetrieblichen Kontrollsystems unter Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen.

39 Die Frage, ob ein konkretes Kontrollsystem eines bestimmten Unternehmens ausreichend wirksam gewesen ist, betrifft zudem nur den Einzelfall und stellt als solche keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (VwGH 12.12.2017, Ra 2017/05/0286; 6.3.2018, Ra 2018/02/0074; 12.4.2018, Ra 2018/04/0082). Dass die Beurteilung der Wirksamkeit des konkreten Kontrollsystems durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, ergibt sich aus den Revisionszulässigkeitsgründen nicht.

40 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

41 Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 3. Oktober 2018

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070421.L00

Im RIS seit

01.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten