TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/22 99/02/0163

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Veröffentlicht am 22.10.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §54b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des WR in W, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien XVI, Ottakringer Straße 57, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. April 1999, Zl. UVS-03/V/52/00084/99, betreffend Teilzahlungen (§ 54b Abs. 3 VStG) in Angelegenheit Übertretungen der StVO und des FSG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/02/0401, verwiesen.

Der Beschwerdeführer begehrte mit Eingabe vom 3. Februar 1999 hinsichtlich der über ihn in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen der StVO und des FSG verhängten Geldstrafen (einschließlich der Kosten des Strafverfahrens) eine Bewilligung von monatlichen Ratenzahlungen im Ausmaß von nicht mehr als S 5.000,--.

Mit Bescheid vom 12. März 1999 wies die Bundespolizeidirektion (kurz: BPD) Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 3. Februar 1999 um Bewilligung einer Teilzahlung bezüglich der mit Berufungsbescheid des UVS Wien vom 7. Oktober 1998 rechtskräftig ausgesprochenen Geldstrafe von S 80.000,--, zuzüglich von S 24.840,-- Kosten, gemäß § 54b Abs. 3 VStG ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge, behob den angefochtenen Bescheid und gab dem Antrag auf Teilzahlung hinsichtlich der mit dem vorgenannten Bescheid vom 7. Oktober 1998 rechtskräftig verhängten Geldstrafe zuzüglich Kosten gemäß § 54b Abs. 3 VStG dahingehend statt, dass die Teilzahlung in elf Monatsraten zu je S 9.000,-- und einer Monatsrate von S 5.840,-- bewilligt wurde.

In der Begründung wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe über Aufforderung der belangten Behörde die Kopie eines Gehaltszettels seiner Ehegattin vorgelegt, wonach diese monatlich ca. S 30.000,-- netto verdiene. Demnach würden den Beschwerdeführer die familiär bedingten Aufwendungen des täglichen Lebens nur anteilsmäßig treffen. Weiters habe der Beschwerdeführer mehrere Auftragsbestätigungen betreffend den Zeitraum 15. März 1999 bis 29. März 1999 übermittelt, welche seine Kalkulation im begleitenden Schriftsatz vom 20. April 1999, er werde ein monatliches Einkommen vor Steuern und Sozialversicherung von S 58.000,-- erzielen, realistisch erscheinen ließen.

Im Hinblick darauf - so die belangte Behörde weiter -, dass der Beschwerdeführer eine sofortige Gesamtzahlung offensichtlich "fremdfinanzieren" müsste und dadurch überdies den notwendigen Unterhalt seines minderjährigen Kindes gefährden würde, sei die unverzügliche Zahlung des Strafbetrages samt Kosten aus wirtschaftlichen Gründen als für den Bestraften unzumutbar anzusehen. Ferner habe der Beschwerdeführer glaubhaft dargelegt, dass er ein monatliches Einkommen erwirtschafte, durch welches seine aktuelle Zahlungsfähigkeit gewährleistet sei. In Ansehung dieser Umstände, insbesondere des zu erwartenden Nettoeinkommens von ca. S 30.000,-- monatlich, lägen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Teilzahlung im Sinne des § 54b Abs. 3 VStG vor. Es sei dem Beschwerdeführer auch angesichts der ihn treffenden Sorgepflichten durchaus zuzumuten, jeweils etwa ein Drittel seines Monatseinkommens an Ratenzahlungen zu leisten. Demnach sei die Teilzahlung auf insgesamt zwölf Monatsraten zu beschränken und spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet insbesondere im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob aus wirtschaftlichen Gründen gemäß § 54b Abs. 3 VStG eine Teilzahlung zu bewilligen ist, ein, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass derjenige, der um Bewilligung der Teilzahlung ersuche, seine aktuelle Zahlungsfähigkeit nachzuweisen habe. Dies sei jedoch sachlich nicht gerechtfertigt, weil der Beschwerdeführer durch das von ihm betriebene Gewerbe eine "aktuelle Zahlungsfähigkeit" besitzen müsse, widrigenfalls er zur Anmeldung des Konkurses verpflichtet wäre.

Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist nach § 54b Abs. 2 erster Satz VStG die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde nach § 54b Abs. 3 VStG auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.

Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass es trotz Betreibens eines Gewerbes nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass sich Geldstrafen, wenn sie noch dazu - wie im Beschwerdefall - eine nicht unbeachtliche Höhe erreichen, im Sinne des § 54b Abs. 2 erster Satz VStG als uneinbringlich erweisen können oder dies mit Grund angenommen werden kann.

Sind die Voraussetzungen des §54b Abs. 2 VStG gegeben, so ist für eine Anwendung des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kein Raum (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/16/0303, m.w.N.). Ferner ist bei Beurteilung der Einbringlichkeit der Geldstrafe nur die Sachlage maßgebend, wie sie sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde dargestellt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 1991, Zl. 91/02/0027). Die belangte Behörde war daher gehalten, vorab auch die Frage der Einbringlichkeit der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen zu prüfen.

Ferner trifft grundsätzlich auch bei amtswegig durchzuführenden Verfahren die Partei eine entsprechende Mitwirkungspflicht, insbesondere dort, wo den amtswegigen behördlichen Erhebungen im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind; dort also, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, was insbesondere bei jenen in der Person des Antragstellers gelegenen Voraussetzungen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann, ist die Partei selbst zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanbot verpflichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1993, Zl. 91/08/0122). Ein solcher Fall ist u.a. bei der Beurteilung des aktuellen Einkommens einer Partei im Zusammenhang mit der Frage einer allfälligen Unzumutbarkeit der unverzüglichen Zahlung von Geldstrafen aus wirtschaftlichen Gründen (vgl. § 54b Abs. 3 VStG) in der Regel gegeben, weshalb den gegenteiligen Beschwerdeausführungen nicht gefolgt werden kann.

Der Beschwerdeführer wendet ferner ein, er habe seiner Ansicht nach ausführlich und hinreichend von seiner finanziellen Situation berichtet und es sei auch die belangte Behörde der Meinung, dass er der Konkretisierungspflicht nachgekommen sei, zumal sie einer grundsätzlichen Ratenzahlung, jedoch mit zu hohen Monatsraten zugestimmt habe. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer mit einem Nettoeinkommen von monatlich ca. S 30.000,-- rechnen könne, sei unrichtig. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer in seiner Bekanntgabe vom 6. Mai 1999 nicht nur den Rohgewinn von S 1,2 Mio., sondern auch den möglichen Ausfall von S 1,560.656,28 bekannt gegeben habe, welcher gerichtlich geltend gemacht worden sei. Bei Ausfall dieser Klagsforderung werde der zu erwartende Rohgewinn großteils zur Abdeckung der ausfallenden Forderung heranzuziehen sein. Ferner habe er ausgeführt, dass die voraussichtlichen Zahlungseingänge erst nach 4 bis 6 Wochen beginnen würden. Er rechne daher mit langsam, aber stetig steigenden Einnahmen. Sollte ein neuerlicher - wie schon im Jahre 1998 eingetretener - Kundenausfall erfolgen, so werde zwar seine Liquidität gewahrt bleiben, jedoch eine Zahlung von monatlich größeren Beträgen (höher als S 5.000,--) würde seine finanziellen Möglichkeiten übersteigen und zur Gefährdung seines Unternehmens führen. Die Behörde habe § 54b Abs. 3 VStG, dessen Tatbestandsvoraussetzungen der Beschwerdeführer nach eigener Meinung erfüllt und auch in seinen Darstellungen der Behörde mitgeteilt habe, nicht richtig angewandt.

Die erstmals im Rahmen der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dass der vom Beschwerdeführer bekannt gegebene Rohgewinn großteils zur Abdeckung einer unter Umständen ausfallenden Forderung von mehr als 1,5 Mio. S heranzuziehen wäre, stellt gemäß § 41 Abs. 1 VwGG eine unzulässige Neuerung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dar, weil der Beschwerdeführer in seinen an die Behörde gerichteten Schriftsätzen lediglich auf die seiner Ansicht nach zu Recht diesbezüglich bestehende Forderung und deren gerichtliche Geltendmachung hingewiesen, es jedoch unterlassen hat, allfällige sich aus dem Ausfall dieser Forderung für ihn ergebende konkrete Konsequenzen hinsichtlich des von ihm für das Jahr 1999 bekannt gegebenen zu erwartenden Einkommens näher darzulegen. Der Beschwerdeführer vermag daher auf der Basis der von ihm im Verwaltungsverfahren mitgeteilten Einkommensverhältnisse für das Jahr 1999 nicht mit Erfolg der im Rahmen der Beweiswürdigung erfolgten Einschätzung der belangten Behörde entgegenzutreten, dass er ein zu erwartendes Nettoeinkommen von "ca. S 30.000,--" monatlich erzielen werde.

Es ist auch angesichts der von der belangten Behörde getroffenen Einkommensfeststellungen nicht zu erkennen, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar sein sollte, die Teilzahlungen in der festgelegten Höhe zu leisten, zumal der Beschwerdeführer in seinen an die Behörde gerichteten Schriftsätzen auch nicht konkret darlegte, ob und in welcher Weise sich ein von ihm für möglich gehaltener Ausfall der vorgenannten Forderung auf seine aktuelle Einkommenssituation auswirken werde.

Auch mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte insbesondere den Beschwerdeführer einvernehmen und weitere Erhebungen von Amts wegen pflegen müssen, zeigt dieser im Hinblick auf die bereits dargelegte Mitwirkungspflicht nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal sich die Behörde im Wesentlichen auf seine im Zuge des Verwaltungsverfahrens diesbezüglich getätigten Angaben gestützt hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999020163.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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