TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/31 VGW-131/036/6585/2018

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Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Index

90/02 Führerscheingesetz

Norm

FSG §4
FSG §24 Abs1 Z1
FSG §24 Abs3
FSG §29 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde des (1984 geborenen) Herrn S. B. in H., A.-straße (Schweiz), gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 30.03.2018, Zl. …, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (ein 1984 geborener Schweizer Staatsbürger) hatte zuletzt bis 30.01.2018 in Wien, S.-gasse, seinen Hauptwohnsitz. Nach seinem Vorbringen ist er Ende Jänner 2018 in die Schweiz gezogen (und arbeite auch dort). Mit Bescheid vom 20.11.2017 hatte die belangte Behörde gemäß § 4c Abs. 2 des Führerscheingesetzes (FSG) angeordnet, dass der Beschwerdeführer innerhalb von 4 Monaten, ab Zustellung dieses Bescheides, die bzw. den nachfolgenden angeführten Ausbildungsabschnitt(e) der zweiten Ausbildungsphase absolvieren müsse (Fahrsicherheitstraining und Perfektionsfahrt). Gemäß § 4c Abs. 2 iVm § 4 Abs. 3 zweiter Satz FSG hätten Beschwerden gegen die bescheidmäßige Anordnung keine aufschiebende Wirkung. Begründend war ausgeführt worden, anlässlich des erstmaligen Erwerbes einer Lenkberechtigung für die Klasse A sei der Beschwerdeführer verpflichtet, eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Würden die fehlenden Stufen nicht innerhalb von 12 Monaten (14 Monate im Fall der Klasse A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert werden, sei der Führerscheinbesitzer nach Fristablauf darüber zu verständigen. Das Verstreichen der Frist und die Setzung der Nachfrist von 4 Monaten sei dem Beschwerdeführer vom Bundesrechnungszentrum schriftlich mitgeteilt worden. Da er trotz Setzung der Nachfrist die zweite Ausbildungsphase nicht zeitgerecht abgeschlossen habe, habe ihm die Absolvierung der fehlenden Ausbildungsstufe bescheidmäßig aufgetragen werden müssen. Werde der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb von 4 Monaten ab Zustellung dieses Bescheides nachgekommen, so sei die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Frist zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase sei am 17.11.2017 abgelaufen. Dieser Bescheid war dem Beschwerdeführer am 27.11.2017 durch Hinterlegung zugestellt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30.03.2018 entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG die für die Klasse A erteilte Lenkberechtigung. Gemäß § 24 Abs. 3 FSG wurde verfügt, dass ihm, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, bis zur Befolgung der Anordnung der zweiten Ausbildungsphase (Fahrsicherheitstraining und Perfektionsfahrt) keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Der Beschwerdeführer habe gemäß § 29 Abs. 3 FSG den am 24.05.2016 unter der Zahl … von der LPD Wien für die Klasse(n) AM, A und B ausgestellten Führerschein unverzüglich am Verkehrsamt zwecks Streichung der Klasse A abzugeben. Begründend wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe mit Bescheid vom 20.11.2017 angeordnet, dass der Beschwerdeführer binnen 4 Monaten, ab Zustellung des Bescheides, die Ausbildungsabschnitte der zweiten Ausbildungsphase absolvieren müsse. Dieser Anordnung habe er keine Folge geleistet, sodass gemäß § 24 Abs. 3 sechster Satz FSG spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 26.04.2018 Beschwerde. Er brachte vor, er habe keinen österreichischen Führerschein mehr. Da er seit Ende Jänner 2018 in der Schweiz lebe und seit Anfang Februar dort auch arbeite, habe er im Zuge dessen seinen österreichischen Führerschein in einen Schweizer Führerausweis umtauschen müssen. Den österreichischen Führerschein habe er bei der Schweizer Behörde abgeben müssen.

Über Nachfrage teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.07.2018 mit, dass das Straßenverkehrsamt L. ihm mitgeteilt habe, dass der ungültige österreichische Führerschein vor circa zwei Wochen postalisch an die österreichische Behörde rückübermittelt worden sei. Weiters sei ihm bei der Beantragung des Umtausches keine Bestätigung ausgehändigt worden. Bei einer etwaigen Polizeikontrolle, sei ihm gesagt worden, sei sein Antrag auf den neuen Führerschein digital bei der Polizei vermerkt. Dies könne das Straßenverkehrsamt L. bestätigen. Der Beschwerdeführer hatte seiner Eingabe Kopien seines neuen Schweizer Führerscheines und des Niederlassungsausweises Schweiz (Meldezettel) angeschlossen gehabt.

Mit Schreiben vom 17.08.2018 teilte das Verkehrsamt mit, dass der österreichische Führerschein am 16.08.2018 dort eingelangt sei.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften des FSG lauten auszugsweise wie folgt:

„Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein)

§ 4 (1) Lenkberechtigungen für die Klassen A, B, C und D oder die Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, unterliegen einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.

(2) Die Bestimmungen über den Probeführerschein gelten auch für Lenkberechtigungen von Personen, die ihren Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) innerhalb von zwei Jahren nach Erteilung ihrer ausländischen Lenkberechtigung nach Österreich verlegen; die Probezeit gilt für zwei Jahre ab Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung.

(3) Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs. 6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs. 7, so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs. 6 in die Wege zu leiten.

Zweite Ausbildungsphase – Allgemeines

„§ 4a (1) Anlässlich des erstmaligen Erwerbs einer Lenkberechtigung der Klassen A1, A2 oder A sowie anlässlich des erstmaligen Erwerbs einer Lenkberechtigung der Klasse B haben deren Besitzer unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs. 3 innerhalb des in § 4b Abs. 1 bis 3 vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Bei den Klassen A1, A2 und A ist die zweite Ausbildungsphase nur einmal und zwar anlässlich des erstmaligen Erwerbes einer der genannten Klassen zu durchlaufen. Jene Personen, die gleichzeitig eine Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2 oder A und für die Klasse B erstmalig erworben haben, haben die zweite Ausbildungsphase für beide Klassen (A(A1, A2) und B) zu durchlaufen.

(2) Ausgenommen von den Bestimmungen über die zweite Ausbildungsphase sind Besitzer von ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigungen, die ihren Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) nach dem Erwerb ihrer Lenkberechtigung im Ausland nach Österreich verlegen, selbst wenn eine österreichische Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 erteilt wurde.

(3) Der Besitzer einer Lenkberechtigung der in Abs. 1 genannten Klassen ist zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase nicht verpflichtet, wenn er

1. seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) ins Ausland verlegt hat oder

2. innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Lenkberechtigung sich nachweislich für mindestens sechs Monate zum Zweck des Besuches einer Schule oder Universität im Ausland aufhält und zum Zeitpunkt einer etwaigen Wiederbegründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) oder des Aufenthaltes in Österreich der Erwerb der Lenkberechtigung länger als zwölf Monate zurückliegt.

(4) Im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase sind

1. Perfektionsfahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr und

2. ein Fahrsicherheitstraining, das

a)   ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch und

b)   bei den Klassen A1, A2 oder A zusätzlich ein Gefahrenwahrnehmungstraining beinhaltet, gemäß den Bestimmungen des § 4b zu absolvieren.

(5) Perfektionsfahrten sind von Fahrschulen unter Anleitung eines geeigneten Ausbildners abzuhalten. Perfektionsfahrten für die Klassen A1, A2 und A dürfen auch von Vereinen von Kraftfahrzeugbesitzern sofern sie im Kraftfahrbeirat vertreten sind, abgehalten werden. Perfektionsfahrten dürfen von Fahrlehrern für die Klasse A oder von Instruktoren, die zur Durchführung des Fahrsicherheitstrainings befugt sind, durchgeführt werden. Über die Perfektionsfahrten sind von der durchführenden Stelle entsprechende Aufzeichnungen zu führen und auf Verlangen der Behörde vorzulegen. Die Perfektionsfahrt umfasst

1. eine Fahrt im Beisein des Ausbildners und

2. ein Gespräch mit dem Ausbildner.

Die Perfektionsfahrt gilt als Ausbildungsfahrt. Eine Durchführung der Perfektionsfahrt ist zulässig, auch wenn der Betreffende nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung ist.

(6) Das Fahrsicherheitstraining ist unter der Leitung eines besonders geeigneten Instruktors durchzuführen. Zur Durchführung des Fahrsicherheitstrainings sind befugt:

1. Vereine von Kraftfahrzeugbesitzern sofern sie im Kraftfahrbeirat vertreten sind und

2. Fahrschulen,

die über die erforderlichen Voraussetzungen verfügen. Das Fahrsicherheitstraning hat auf einem geeigneten Übungsgelände stattzufinden. Die besondere Eignung der durchführenden Stellen sowie der durchführenden Instruktoren wird durch eine Kommission, bestehend aus je einem Vertreter der in Z l und 2 genannten Stellen sowie einem Vertreter einer für Verkehrssicherheitsfragen zuständigen Institution sowie allenfalls zwei vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zu entsendenden Vertretern festgestellt. Die Kommission wird vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Die Entscheidungen der Kommission sind zu dokumentieren und auf Verlangen der Behörde sind die entsprechenden Unterlagen der Behörde zur Verfügung zu stellen. Entscheidet die Kommission, dass bei einer durchführenden Stelle oder bei einem Instruktor die Voraussetzungen für die Zulassung zur Durchführung von Fahrsicherheitstrainings nicht gegeben sind oder entscheidet die Kommission nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einbringen des Ansuchens, so kann der Betreffende von der Behörde eine Entscheidung über sein Ansuchen verlangen. Ergibt die Prüfung durch die Behörde, dass dem Antrag stattzugeben ist, hat die Behörde die Zuständigkeit der Kommission zur Entscheidung festzustellen. Diese hat unverzüglich zu entscheiden. Ergibt die Prüfung der Behörde, dass dem Antrag nicht stattzugeben ist, hat die Behörde über den Antrag mit Bescheid abzusprechen. Für diese Erledigung ist ein Aufwandersatz zu entrichten, der der Gebietskörperschaft gebührt, die den Aufwand für die Behörde zu tragen hat, die das Ansuchen der durchführenden Stelle oder des Instruktors inhaltlich prüft.

(7) Das verkehrspsychologische Gruppengespräch und das Gefahrenwahrnehmungstraining sind unter der Leitung eines besonders

ausgebildeten Psychologen durchzuführen.“

Zweite Ausbildungsphase - Konkrete Inhalte

§ 4b (1) Die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B hat – unbeschadet des Abs. 2 – folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

1. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung;

2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

3. eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2 oder A ist. Zwischen der Perfektionsfahrt gemäß Z 1 und der Perfektionsfahrt gemäß Z 3 hat ein Zeitraum von mindestens drei Monaten zu liegen.

(2) Die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer einer vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B hat folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

1. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

2. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2 oder A ist.

(3) Die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer einer Lenkberechtigung der Klassen A1, A2 oder A hat folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

1. ein Fahrsicherheitstraining, ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch und ein Gefahrenwahrnehmungstraining, die alle an einem Tag abzuhalten sind, im Zeitraum von zwei bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

2. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von vier bis 14 Monaten nach Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2 oder A bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B ist. Zwischen der Absolvierung der in Z 1 und 2 genannten Inhalte hat ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten zu liegen.“

Zweite Ausbildungsphase – Verfahren

§ 4c. (1) Die jeweils durchführende Stelle hat die Absolvierung der einzelnen in § 4b genannten Stufen der zweiten Ausbildungsphase im Führerscheinregister einzutragen und dem Teilnehmer eine Bestätigung über die Absolvierung der jeweiligen Stufe auszustellen, wobei das Fahrsicherheitstraining und das, bei den Klassen A1, A2 und A auch das Gefahrenwahrnehmungstraining, als Einheit anzusehen sind und von der das Fahrsicherheitstraining durchführenden Stelle einzutragen und zu bestätigen sind. Zu diesem Zweck ist von der Bundesrechenzentrum GmbH die Anbindung der Fahrschulen und der in § 4a Abs. 6 Z 1 genannten Vereine an das Führerscheinregister zu ermöglichen.

(2) Werden eine oder mehrere der in § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 nicht innerhalb von zwölf Monaten (14 Monaten im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate (14 Monate im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe(n) anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 3 zweiter bis vierter Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz vorzugehen. Die Behörde kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung absehen, wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Frist den oder die fehlenden Teil(e) nicht absolvieren konnte. Hat der Betreffende in der Zwischenzeit seinen Hauptwohnsitz verlegt, hat die Behörde gegebenenfalls das Verfahren an die nunmehr zuständige Behörde abzutreten.

(3) Wurde die Lenkberechtigung auf mehr als 18 Monate entzogen, so ist die zweite Ausbildungsphase nach einer eventuellen Wiedererteilung der Lenkberechtigung zu durchlaufen, sofern sie nicht bereits im Rahmen der Ersterteilung der Lenkberechtigung absolviert wurde.“

Verfahren bei der Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 5 (1) Ein Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung darf unbeschadet des Abs. 1a nur gestellt werden, wenn der Antragsteller

1. seinen Wohnsitz im Sinne des Art. 12 der Richtlinie über den Führerschein ABl. Nr. 403/2006 in Österreich hat (Abs. 2),

2. das für die Absolvierung der Fahrausbildung erforderliche Mindestalter (§ 6 Abs. 2) erreicht hat und

3. noch keine Lenkberechtigung für die angestrebte Klasse besitzt.

Der Bewerber um eine Lenkberechtigung hat den Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung und Ausdehnung einer Lenkberechtigung auf andere Klassen bei der von ihm besuchten Fahrschule seiner Wahl mit Sitz im Bundesgebiet einzubringen. Die Fahrschule hat den Antrag unverzüglich, spätestens am nächsten Arbeitstag im Führerscheinregister zu erfassen. Mit Erfassen des Antrages im Führerscheinregister durch die Fahrschule gilt der Antrag als eingelangt. Über diesen Antrag hat die Behörde zu entscheiden, in deren Sprengel die vom Antragsteller besuchte Fahrschule ihren Sitz hat. In den Fällen, in denen für die Erteilung einer Lenkberechtigung eine Ausbildung in der Fahrschule nicht zwingend vorgeschrieben ist oder bei Anträgen auf Eintragung des Zahlencodes 111 hat der Antragsteller den Antrag bei einer Führerscheinbehörde seiner Wahl einzubringen.

(2) Ein Wohnsitz in Österreich gemäß Abs. 1 Z 1 liegt vor, wenn sich die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen und – sofern vorhanden – beruflichen Bindungen innerhalb der letzten zwölf Monate nachweislich während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten hat oder glaubhaft macht, dass sie beabsichtigt, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten. Als Wohnsitz eines Führerscheinwerbers oder -besitzers, dessen berufliche Bindungen in einem anderen Staat als seine persönlichen Bindungen liegen, gilt unabhängig von der 185-tägigen Frist der Ort der persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Auch wenn die Person nicht regelmäßig an den Ort der persönlichen Bindungen zurückkehrt, gilt der Ort der persönlichen Bindungen als Wohnsitz, wenn sich die Person in dem anderen Staat nur zur Ausführung eines Auftrages von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des Wohnsitzes zur Folge.

…“

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.03.2018 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die für die Klasse A erteilte Lenkberechtigung entzogen; gleichzeitig wurde verfügt, dass ihm bis zur Befolgung der Anordnung der zweiten Ausbildungsphase keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Er wurde auch aufgefordert, den österreichischen Führerschein zwecks Streichung der Klasse A beim Verkehrsamt abzugeben. Der Beschwerdeführer hat nun im Verfahren vorgebracht, er habe seinen Wohnsitz seit Ende Jänner 2018 in der Schweiz und arbeite auch in der Schweiz. Auf Aufforderung hat der Beschwerdeführer eine Kopie seines Schweizer Führerscheines und seines Niederlassungsausweises übermittelt. Aus diesem geht hervor, dass er am 30.01.2018 nach H., A.-straße, gezogen ist und sich dort auch angemeldet hat. Auch hat er seinen österreichischen Führerschein bereits in einen Schweizer Führerschein (genannt: Führerausweis) umgetauscht.

Anzumerken ist, dass in einem Verfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung grundsätzlich jene Behörde örtlich zuständig ist, in deren Sprengel der Betreffende seinen Hauptwohnsitz hat (seit Ende Jänner 2018 hat der Beschwerdeführer aber keinen Hauptwohnsitz mehr in Österreich). Man kann nun darauf schließen, dass eben nach § 3 Z. 3 AVG maßgebend für die Zuständigkeit zur Bescheiderlassung der letzte Hauptwohnsitz im Inland ist.

Das Verwaltungsgericht Wien nimmt es (aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers und der von ihm vorgelegten Unterlagen) als erwiesen an, dass er seit Ende Jänner 2018 seinen Hauptwohnsitz in die Schweiz verlegt hat und dort auch arbeitet. Nach § 4a Abs. 3 FSG ist aber der Besitzer einer Lenkberechtigung der in Abs. 1 genannten Klassen (also auch A und B) zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase nicht verpflichtet, wenn er – was im vorliegenden Fall geschehen ist - seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat. Da dem Beschwerdeführer nach dieser Bestimmung also keine Verpflichtung zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase (mehr) trifft, erfolgte auch die mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.03.2018 ausgesprochene Entziehung der Lenkberechtigung bzw. Verfügung gemäß § 24 Abs. 3 FSG, dass ihm bis zur Befolgung der Anordnung der zweiten Ausbildungsphase keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe, zu Unrecht. Der Beschwerdeführer hat mittlerweile schon einen Schweizer Führerschein (Führerausweis), somit kommt auch eine Abgabe des ursprünglich ausgestellten österreichischen Führerscheines nicht mehr in Betracht.

Aufgrund der obigen Erwägungen war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalls hinausgehenden Rechtsfragen stellten.

Schlagworte

Probeführerschein; zweite Ausbildungsphase; Wohnsitzverlegung; Ausland

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.131.036.6585.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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