Entscheidungsdatum
17.10.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §68 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch den Richter Dr. Martin Warter über die Beschwerde der AB AA, AE 15, AC AD, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. AG AF, AJ 1, AH AI, gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde AI (belangte Behörde) vom 20.6.2018, Zahl xxx/10-2018,
z u R e c h t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG iVm § 68 Abs 1 AVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.6.2018 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde AI vom 5.10.2017, Zahl xxx/5-2017, mit dem das Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 22.6.2017 (im Stadtamt AI eingelangt am 26.6.2017) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen worden ist, als unbegründet abgewiesen.
Begründend wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass der Bürgermeister zutreffend von entschiedener Sache ausgegangen sei. Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes sei nicht eingetreten. Bereits mit Ansuchen vom 14.7.2016 sei um baubehördliche Bewilligung für die betreffenden baulichen Maßnahmen angesucht worden. Wesentlicher Inhalt dieses Ansuchens sei der Umbau bzw die Errichtung von Anbauten aller Geschoße (Unter-, Erd-, 1. und 2. [Ober-]Geschoß) gewesen, damit eine Nutzung für drei eigenständige Wohneinheiten möglich sei. In einem Teilbereich sei auch ein Abbruch des Hauptdaches vorgesehen gewesen. Dieses Ansuchen sei rechtskräftig abgewiesen worden. In der nunmehr neuen Einreichplanung sei das Gelände im Südwesten des Objektes um ca 1,22 m erhöht dargestellt. Laut Aussage des Sachverständigen der Beschwerdeführerin solle das Gelände im Südwesten auf das ursprüngliche vorhandene (historische) Niveau angehoben werden. § 56 Abs 5 Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) spreche jedoch nur von natürlichem Gelände bzw über das neu geschaffene Niveau. Dies solle auch für nachträgliche Geländeaufschüttungen bei bestehenden Bauten gelten. Eine Interpretation sei abzulehnen, wonach eine nachträgliche Geländeaufschüttung bei Bestandsbauten – und erfülle dies auch nur den Zweck, um auf die Höhe des historisch natürlichen Geländes zu gelangen – dazu führen könnte, dass ein als bis zu diesem Zeitpunkt als oberirdisch geltendes Geschoß und somit unter anderem relevant für die Ermittlung der Geschoßflächenzahl im Sinne des § 56 Abs 4 Z 1 ROG 2009, plötzlich rechtlich als unterirdisches Geschoß zu werten wäre. Es hätte somit theoretisch unter gewissen Rahmenbedingungen jeder Bauwerber in der Hand, durch nachträgliche Geländeerhöhungen – auf das (historische) natürliche Gelände – die bauliche Ausnutzbarkeit seines Bestandsbaus zu erhöhen. Beim neuerlichen Ansuchen, das sich nur durch die geplante Geländeaufschüttung und der daraus resultierenden geänderten Geschoßflächenberechnung unterscheide, sei somit nicht von einem zeitlich, örtlich oder sachlich differenzierten Geschehen auszugehen, das als anderer Sachverhalt anzusehen wäre. Es sei Identität der Sache gegeben. Es sei zwar eine Änderung der Rechtslage dahingehend eingetreten, dass nunmehr § 47 ROG 2009 idF LGBl Nr 82/2017 die Vergrößerung von im Grünland liegenden Bauten bei Mehr-Generationen-Häusern bis auf 375 m² ermögliche; die Gesamtgeschoßfläche des Baus (inklusive der ohne Genehmigung errichteten Zubauten und unter Berücksichtigung des im 2. Obergeschoß projektierten Abbruchs) betrage jedoch insgesamt 528 m². Eine Änderung der maßgeblichen Rechtslage liege somit nicht vor. Es liege auch Identität des Parteienbegehrens vor. Das nunmehrige Ansuchen unterscheide sich vom bereits rechtskräftig entschiedenen Ansuchen nur durch die Erhöhung des Geländes im Südwesten um ca 1,22 m. Bei der Aufschüttung des Geländes im Südwesten handle es sich um eine „Modifikation von Nebenumständen“, die in rechtlicher Betrachtungsweise für die Frage der Identität der Sache nicht entscheidend sei und dazu führe, dass sich das neue Parteienbegehren vom bereits rechtskräftig abgewiesenen Begehren im Wesentlichen unterscheide. Das gegenständliche Ansuchen sei daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.
Gegen den angefochtenen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 6.7.2018 Beschwerde erhoben; sie führt darin aus wie folgt:
„Die Einschreiterin erhebt durch ihren sich auf die mündliche Vollmachtserteilung berufenden Vertreter Rechtsanwalt Mag. AG AF gegen den Berufungsbescheid der Stadtgemeinde AI vom 20.06.2018, Zahl: xxx/10-2018, zugestellt am 27.06.2018, sohin offener Frist,
BESCHWERDE
an die zuständige Behörde. Der Bescheid vom 20.06.2018 wird in seinem gesamten Umfang angefochten. Die Einschreiterin beantragt, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass die baubehördliche Bewilligung antragsgemäß erteilt wird, in eventu den Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Bescheiderlassung nach Verfahrensergänzung an die Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid, womit der Antrag der Einschreiterin vom 26.6.2017 um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Herstellung eines Gebäudeanbaus und diverser Umbauarbeiten im Gebäudeinneren des Objekts AC AD, AE 15, Gst z, KG AI, zurückgewiesen wurde, bestätigt.
Der Bescheid vom 26.06.2018 wird wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.
Die Behörde vermeint, der Antrag der Einschreiterin sei inhaltlich ident mit einem bereits rechtskräftig entschiedenen Antrag. Er sei zurückzuweisen, weil entschiedene Sache (res judicata) gegeben sei.
Mit dieser Meinung ist die Behörde im Unrecht:
Res judicata (§68 Abs1 AVG) liegt nach übereinstimmender Judikatur (vgl. VfSlg. 9764/1983, 11688/1988 und 12514/1990) und Literatur nur dann vor, wenn seit Erlassung des ersten Bescheides die maßgebende Sach- und Rechtslage in den entscheidungswichtigen Punkten unverändert geblieben ist. Im vorliegenden Fall hat sich - entgegen der Meinung der belangten Behörde - die Sachlage in entscheidungsrelevanter Weise gewandelt, weshalb eine andere (neue) Sache vorliegt, auf die sich die Rechtskraft des ersten Bescheides nicht erstreckt. Res judicata läge nur vor, wenn aufgrund identischer Einreichunterlagen ein neuerlicher Bewilligungsantrag gestellt würde (vgl. 5Ob27/87). Im gegenständlichen Fall wird aber eine Baubewilligung aufgrund eines neuen Einreichplans beantragt. Es genügt, dass sich nur Teile einer Planung ändern, um eine Zurückweisung wegen res judicata auszuschließen.
Die Wirkung der Rechtskraft eines Bescheides erstreckt sich jedoch nicht auf nach Erlassung des Bescheides geänderte Sachverhalte (eine solche Änderung des Sachverhaltes wird von der Beschwerde behauptet), es sei denn, daß sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, daß es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist (VwGH 19.11.79 Z16/1979 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Wie der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 10240/1984 unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen hat, ist die Frage, ob sich die nach dem früheren Bescheid maßgebend gewesene Sachlage derart geändert hat, daß die Erlassung eines neuen Bescheides in Betracht kommt, durch Messen des bestehenden Sachverhaltes an der dem früheren Bescheid zugrundeliegenden Rechtsanschauung und ihrem normativen Hintergrund zu beantworten, und zwar nach derselben Methode, mit der er im Falle einer neuen Sachentscheidung an der Norm selbst zu messen wäre.
Nach den erstinstanzlichen und von der Berufungsbehörde übernommenen Feststellungen handle es sich beim betreffenden Objekt um einen ‚widmungswidrigen‘ Bestandsbau im Sinne des § 47 ROG (Zitat aus dem Bescheid, nicht Argumentation der Beschwerdeführerin). Dabei muss berücksichtigt werden dass zumindest teilweise ein Jahrhunderte alter Altbestand (der unter Denkmalschutz steht) vorliegt.
Es ist weiters definitiv nicht der Fall, dass das im gegenständlichen Einreichplan als ‚Untergeschoss‘ bezeichnete Geschoss mit mehr als der Hälfte seiner Fläche einen Meter über das natürliche Niveau hinausrage. Diese Behauptung wurde von der erst-und zweitinstanzlichen Behörde ohne eine diese Annahme deckende Befundaufnahme unterstellt.
Es ist somit auch unrichtig, dass das Untergeschoss zur Ermittlung der Geschossflächenzahl hinzuzurechnen sei. Das Gegenteil ist der Fall. Das Untergeschoss ist zur Ermittlung der Geschossflächenzahl nicht hinzuzurechnen, weil das Untergeschoss nicht über das natürliche Niveau hinausragt, wobei unter ‚natürlichem Niveau‘ das historische Niveau heranzuziehen ist, bevor es zu Änderungen und Abtragungen von diesem natürlichen Niveau gekommen ist.
Ältere Aufnahmen belegen, wie das natürliche Niveau tatsächlich ausgesehen hat. Dies ist von den Unterinstanzen vollkommen unberücksichtigt gelassen worden. Es verbietet sich, willkürlich ein bestimmtes Datum heranzuziehen und nach diesem Datum das ‚natürliche Niveau‘ anzunehmen.
Gemäß § 56 ROG gilt als oberirdisches Geschoss, das über mindestens die Hälfte seiner Fläche mehr als 1 Meter über das angrenzende natürliche Gelände oder bei Geländeabtragung über das neugeschaffene Niveau hinausragt. Der historische Geländeverlauf ist durch die dem Gutachten von Architekt Dipl.-Ing. AN beigelegten Fotos (Foto von Südwesten aus den Jahren um 1945 und Foto von Nordosten um 1960) sowie einen Zeitungsausschnitt (Salzburger Nachrichten - Zeichnung Prof. E. AO um 1960, welche ebenfalls die Ansicht von Südwesten zeigt), ausreichend dokumentiert.
Aus den Ansichten von Südwesten ist eindeutig eine Stützmauer erkennbar, die direkt an die nördliche Flanke der Durchfahrt anschließt und eindeutig höher als 1 Meter, nämlich ca. 2 Meter, über dem Niveau derselben liegt. Unter dieser Stützmauer liegt das direkt an das Objekt anschließende Gartenniveau fast auf der gleichen Höhe wie die Krone der Stützmauer. Aus dem Foto und der Zeichnung ist eindeutig erkennbar, dass das Gelände vom Straßenniveau aus ansteigt, was auch aus der dort gezeigten Bepflanzung/Schuppen hervorgeht. Aus dem Foto aufgenommen von Nordosten ist eine ähnliche Situation erkennbar; das Gelände steigt direkt neben der Durchfahrt steil an und umhüllt zur Gänze das nordseitig gelegene Untergeschoss. Der derzeitige Bestand belegt, dass die oben erwähnte Stützmauer nach wie vor erhalten ist. Der dahinter im Jahr 2011 auf dem Niveau des Untergeschosses (520,28 Meter) errichtete Anbau (Honiglager/WC) liegt um 35 cm unter dem dahinter anschließenden Gelände, welches gegenüber dem historischen Niveau teilweise abgegraben wurde. Der nordwestseitig konsenslos errichtete Anbau, der 3 Geschosse aufweist, schließt direkt an die bestehende Durchfahrt an. Der nordwestseitig errichtete Anbau, der 3 Geschosse aufweist, schließt direkt an die bestehende Durchfahrt an. Direkt an den im Untergeschoss errichteten Haustechnikraum wurde eine Stützmauer aus Bruchsteinen analog zu jener im Südwesten errichtet, um eine Abstützung gegen das nördlich dahinter liegende Gartenniveau, das in Höhe des ersten Obergeschosses anschließt, zu bilden. Die gegenständliche Einreichplanung sieht gegenüber jener aus dem Jahr 2016, die von Baumeister AP verfasst wurde und welche von der Baubehörde negativ beschieden wurde, Änderungen dahingehend vor, dass das Gelände im Südwesten von dem auf Niveau des Untergeschosses gelegenen Honiglager/WC durch Anschüttung auf das ursprünglich vorhandene (historische) Niveau um ca. 1,20 Meter angehoben wird.
Die Einreichplanung seitens Baumeister AP sah eine Abmauerung (Stilllegung von Teilen des Erdgeschosses) und einen Abbruch von Teilen des dritten Obergeschosses vor. Das Untergeschoss ist entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde nicht zur Geschossfläche zuzuzählen. Dazu kommt, dass auch im jetzigen Zustand der größere Teil des Untergeschosses als unterirdisch anzusehen ist, da der im Nordosten errichtete Anbau als unterirdisch (sowohl im Urzustand als auch im Istzustand) zu bewerten ist. Somit beträgt die Gesamtgeschossfläche nach Abzug des Untergeschosses 299,86 m2 und liegt somit unter dem Maß von 300 m2 (seit 01.01.2018 ist das bezughabende Maß sogar 375 m2; insofern liegt sogar eine geänderte Rechtslage vor, was für die Frage, ob res judicata vorliegt, von Bedeutung ist).
Die Behörde hat es auch unterlassen, vor Erlassung des angefochtenen Bescheides einen Ortsaugenschein vorzunehmen, um die verfahrensrelevanten Feststellungen zu treffen. Die Vornahme eines Lokalaugenscheins ist unerlässlich, wenn es um Fragen geht, wie das natürliche Gelände aussieht (oder aussah). Dadurch ist das Verfahren mangelhaft geblieben. Das Bauansuchen vom 14.07.2016 ist mit dem gegenständlichen Ansuchen nicht ident. Auch die zweitinstanzliche Behörde hat verkannt, dass es zwischen den beiden Ansuchen inhaltliche (tatsachenmäßige) und rechtliche Unterschiede gibt. Wie auch aus dem Befund und Gutachten der bautechnischen Amtssachverständigen vom 20.09.2017 (Zahl xxx/4-2017/zum/sca) hervorgeht, sind im gegenständlichen Einreichplan Nr. 021/2017 im Untergeschoss Absoluthöhen eingetragen, die ‚darauf schließen lassen, dass eine Aufschüttung des Geländes geplant ist‘. Wie aus dem Befund und Gutachten weiters hervorgeht, sind die Absoluthöhen der Einreichungen vom 14.06.2016 und vom 26.06.2017 unterschiedlich, sodass schon aus diesem Grund nicht davon auszugehen ist, dass es sich um ein und das selbe Bauvorhaben handelt.
Wie aus dem im Akt der liegenden Gutachten von Herrn Arch. Dipl.-Ing. AN hervorgeht, hat sich auch die Geschossflächenzahl geändert. Darauf hat die belangte Behörde keine Rücksicht genommen.
Es ist somit klar, dass eine entschiedene Rechtssache nicht vorliegt, weil offenbar zwei unterschiedliche Bauansuchen vorliegen. Selbst wenn vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen würde, wonach vom (wiederherzustellenden) natürlichen Gelände bzw. vom neu geschaffenen Niveau auszugehen ist, ist keineswegs eine entschiedene Rechtssache anzunehmen. Res judicata liegt gem. § 68 Abs 1 AVG nur dann vor, wenn seit der Erlassung des ersten Bescheides die maßgebende Sach- und Rechtslage in den entscheidungswichtigen Punkten unverändert geblieben ist. Die Sache verliert hingegen ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten. Es kann dabei nur eine solche Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Dabei ist das Wesen der Sachverhaltsänderung nicht nach der objektiven Rechtslage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH, 2000/17/0217).
Keineswegs liegt eine ‚Modifikation von Nebenumständen‘ vor, wie dies die belangte Behörde vermeint, sondern um wesentliche Änderungen zum ursprünglichen Bauansuchen, die eine Neubeurteilung der Sach- und Rechtslage erforderlich machen. Die Behörde erster Instanz ging laut Bescheid von einer Einreichplanung aus dem Jahr 2016 von ‚Baumeister AQ‘ aus. Die Einschreiterin hat betont, dass ihr ein ‚Baumeister AQ‘ im gegenständlichen Zusammenhang unbekannt ist.
Bei einem Gespräch im Stadtbauamt AI im Beisein von Frau Ing. AR, Herrn Dr. AS, Herrn Arch. Dipl.-Ing. AN und dem Einschreitervertreter wurde die Sach- und Rechtslage vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bereits ausführlich erörtert. Dabei wurde das Bauamt der Stadtgemeinde AI auf dessen ambivalente Argumentation hingewiesen. Einerseits berief sich nämlich das Bauamt auf das Urgelände, andererseits auf das neu geschaffene Gelände. Es kann jedoch nur entweder das eine oder das andere zur Beurteilung herangezogen werden, jedoch nicht eine Mischung aus beiden, womit den Rechtsstandpunkt der Einschreiterin nicht Rechnung getragen würde. Aufgrund der neuen und dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Einreichplanung kann somit eindeutig festgestellt werden, dass das Untergeschoss nicht zur Geschossfläche gezählt werden darf (und dies selbst dann, wenn die Fläche der Durchfahrt dazu gezählt würde). Den Ausführungen im Gutachten von Architekt Dipl.-Ing. AN, welches im Akt erliegt, kommt daher Berechtigung zu. Die erstinstanzliche Behörde hat somit eindeutig die Rechtslage verkannt. Die Behörde hätte daher den Antrag der Beschwerdeführerin nicht wegen entschiedener Sache zurückweisen dürfen, sondern wäre verpflichtet gewesen, über diesen - stattgebend - in der Sache zu entscheiden.
Die Einschreiterin stellt daher die
ANTRÄGE,
wonach die Beschwerdebehörde den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern möge, dass die Baubewilligung antragsgemäß erteilt werde, in eventu, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Bescheiderlassung nach Verfahrensergänzung an die Vorinstanzen zurückverwiesen werde.“
Vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg hat am 13.9.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die von der belangten Behörde vorgelegten Akten sowie der Akt des Verwaltungsgerichtes verlesen und die Parteien angehört wurden.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu Folgendes festgestellt und erwogen:
Vom Verwaltungsgericht wird der nachstehende Sachverhalt als erwiesen angenommen:
1. Das GSt-Nr z, KG AI, ist im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde AI als Grünland (Ländliches Gebiet, § 36 Abs 1 Z 1 ROG 2009) ausgewiesen.
Der auf GSt-Nr z, KG AI, unter anderem bestehende Bau (sog „AT“) mit der Anschrift AI (AD), AE 15, existiert bereits seit mehreren Jahrhunderten.
Hinsichtlich des ATes wurde das Gebäude 2011 unter Denkmalschutz gestellt.
2. Mit Eingabe vom 13./14.7.2016 hat die Beschwerdeführerin beim Bürgermeister der Stadtgemeinde AI um baubehördliche Bewilligung für die Herstellung eines Gebäudeanbaus und diverser Umbauarbeiten im Gebäudeinneren beim Objekt AC AD, AE 15, auf GSt-Nr z, KG AI, angesucht. Dem Bauansuchen angeschlossen waren ein Einreichplan vom Juli 2016 (Plan-Nr 037-2016) sowie ein Detailplan für die Geschoßflächenermittlung vom Juli 2016 (Plan-Nr 038-2016), jeweils der AP Baugesellschaft mbH. Mit dem Bauansuchen sollte im Wesentlichen eine nachträgliche Baubewilligung für bereits durchgeführte bauliche Maßnahmen erwirkt werden.
Der Einreichplan vom Juli 2016 sieht einerseits im Nordosten des Bestandsbaus – dieser besteht laut Einreichplan aus Untergeschoß, Erdgeschoß, 1. Obergeschoß und 2. Obergeschoß – einen Zubau vor, der vom Untergeschoß bis zum 1. Obergeschoß reicht. Andererseits sieht die Einreichplanung im Südwesten des Bestandsbaus einen Zubau im Untergeschoß vor. Des Weiteren sollen bestehende Fenster auf Ebene des Erdgeschoßes beim Bestandsbau im Nordwesten zugemauert, Änderungen in der Raumaufteilung im 1. und 2. Obergeschoß des Bestandsbaus vorgenommen und eine Räumlichkeit im 2. Obergeschoß im Nordwesten abgebrochen werden.
Im Südwesten des Bestandsbaus im Bereich des in der Einreichplanung vorgesehenen Zubaus (im Südwesten) wird im Einreichplan (im Grundriss des Untergeschoßes) die Oberkante des dort befindlichen Steinsatzes mit 522,25 Meter über Adria (müA) und das Gelände (südlich und westlich des Zubaus) mit 520,83 müA angegeben.
Im Detailplan für die Geschoßflächenermittlung (Plan-Nr 038-2016) wird das Ergebnis der Berechnung der Geschoßfläche des Baus mit insgesamt 299,86 m² angegeben. Dazu werden im Detailplan die Geschoßflächen des Erdgeschoßes, des 1. Obergeschoßes und des 2. Obergeschoßes zusammengezählt; das Untergeschoß wird in der Berechnung nicht zur Geschoßfläche gezählt. In diesem Zusammenhang wird im Grundriss des Untergeschoßes im Detailplan dargestellt, dass eine gelb schraffierte Fläche von 56,18 m² weniger als 1 m über das Gelände hinausrage und blau schraffierte Flächen von zusammen 45,18 m² mehr als 1 m über das Gelände hinausragen würden.
Zur Geschoßflächenberechnung hat die vom Bürgermeister beigezogene bautechnische Amtssachverständige in ihrem Befund und Gutachten um 22.7.2016 wie folgt ausgeführt:
„(…)
Grundsätzlich wird festgestellt, dass die vorliegende Berechnung der Geschossflächenanzahl nicht den Festlegungen des § 56 ROG 2009 entspricht.
Das Untergeschoss ist aus bautechnischer Sicht nicht als unterirdisches Geschoss zu werten, da jedenfalls mindestens die Hälfte seiner Fläche mehr als 1,00 m über das angrenzende natürliche Gelände hinausragt, weil die Fläche gelb 56,18 m² (unterirdisch) und die Fläche blau mit weiß 63,58 m² (oberirdisch) beträgt.
Für die Geschoßflächenberechnung des Wohngebäudes ergeben sich daher, laut Parie Geschoßflächenermittlung, Plannr. 038-2016, folgende Flächen:
Untergeschoss:
gelbe Fläche 56,18 m²
blaue Fläche 45,18 m²
101,36 m²
Der Ordnung halber wird angemerkt, dass es sich bei dem Untergeschoss um ein oberirdisches Geschoss handelt, bei dem jedoch der öffentliche Durchgang - weiße Fläche mit ca. 18,40 m² - bei der Geschossflächenzahl nicht zu berücksichtigen ist.
Erdgeschoss:
grüne Fläche 18,37 m²
rote Fläche 41,02 m²
graue Fläche 26,32 m²
85,71 m²
1. Obergeschoss:
grüne Fläche 18,23 m²
rote Fläche 39,61 m²
graue Fläche 82,43 m²
140,27 m²
2. Obergeschoss:
rote Fläche 82,80 m²
blaue Fläche 17,40 m²
100,02 m²
Gesamtgeschossfläche 427,36 m²
(…)“
Nach Gewährung von Parteiengehör über das Vorprüfungsergebnis im Sinne des § 8 Abs 1 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG 1997), zu dem von der Beschwerdeführerin eine schriftliche Äußerung in der Folge nicht erstattet worden ist, hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde AI mit Bescheid vom 20.9.2016, Zahl xxx/21-2016, das Bauansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen und die Baubewilligung versagt. Begründend wird im Bescheid vom 20.9.2016 zusammengefasst ausgeführt, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Bau um einen widmungswidrigen Bestandsbau im Sinne des § 47 ROG 2009 handle. Eine Vergrößerung auf über 300 m² Geschoßfläche sei demnach unzulässig. Unter Heranziehung des § 56 Abs 5 ROG 2009 habe unter Berücksichtigung des Befundes und Gutachtens der bautechnischen Amtssachverständigen der unterirdische Teil des Untergeschoßes 56,18 m² und der oberirdische Teil des Untergeschoßes 63,58 m². Das Untergeschoß rage somit mit mehr als der Hälfte seiner Fläche 1 m über das natürliche Gelände hinaus. Das als Untergeschoß bezeichnete Geschoß sei somit im Sinne des § 56 Abs 5 ROG 2009 als oberirdisches Geschoß zu werten. Die gesamte Fläche des Untergeschoßes sei zur Geschoßflächenermittlung heranzuziehen. Laut der Amtssachverständigen betrage die Gesamtgeschoßfläche ca 427,36 m², weshalb eine Vergrößerung des Bestandsbaus § 47 ROG 2009 (§ 47 Abs 2 Z 2 lit b ROG 2009) widersprechen würde. Das Bauansuchen sei daher abzuweisen gewesen.
Der Bescheid des Bürgermeisters vom 20.9.2016 wurde an die Beschwerdeführerin am 30.9.2016 zugestellt. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht erhoben.
3. Mit Eingabe vom 22.6.2017 (im Stadtamt AI eingelangt am 26.6.2017) hat die Beschwerdeführerin beim Bürgermeister der Stadtgemeinde AI erneut um Herstellung eines Gebäudeanbaus und diverser Umbauarbeiten im Gebäudeinneren beim Objekt AC AD, AE 15, auf GSt-Nr z, KG AI, angesucht.
In der „Technischen Beschreibung“ zum Bauansuchen vom 22.6.2017 wird die Gesamtgeschoßfläche mit 299,74 m² angegeben, diese errechnet sich nach der technischen Beschreibung wiederum als Summe der Geschoßflächen des Erdgeschoßes, des 1. Obergeschoßes und des 2. Obergeschoßes. Das Untergeschoß wird demnach als unterirdisch bewertet.
Dem Bauansuchen beigeschlossen war eine „gutachterliche Stellungnahme Sachverhaltsdarstellung des Verlaufs der Renovierung mit Anbau des sog. ‚AT‘ AH AI, AE 15 auf der GP z KG … sowie gutachterliche Stellungnahme zur geplanten Neueinreichung“ des Architekten DI AU AN vom 21.6.2017.
Zugrunde gelegt ist dem Bauansuchen vom 22.6.2017 der Einreichplan der AP Baugesellschaft mbH von Juni 2017 (Plan-Nr 021-2017).
Der Einreichplan vom Juli 2016, Plan-Nr 037-2016, ist mit dem Einreichplan vom Juni 2017, Plan-Nr 021-2017, ident, dies mit nachstehenden Abweichungen:
- Das Gelände im Südwesten des Bestandsbaus im Bereich des projektierten südwestlichen Zubaus wird im Plan vom Juni 2017 südlich und westlich des Zubaus mittels Höhenkoten mit 522,05 müA dargestellt (im Plan vom Juli 2016 wird das Gelände dort – wie festgestellt – mit 520,83 müA angegeben; die Oberkante des dort befindlichen Steinsatzes wird weiterhin mit 522,25 müA dargestellt).
- Die Absoluthöhen der (Bestands-)Geschoßdecken weichen voneinander ab (Oberkante Keller im Plan 2016 bei 520,36 müA, im Plan 2017 bei 520,33 müA; Oberkante Erdgeschoß im Plan 2016 bei 523,09 müA, im Plan 2017 bei 523,26 müA; das 1. und 2. Obergeschoß werden bei gleichbleibender Raumhöhe – korrespondierend zur Erhöhung im Erdgeschoß – ebenfalls jeweils um 17 cm höher dargestellt; der südwestliche Zubau hat eine um 17 cm höhere Raumhöhe; die Raumhöhe im Untergeschoß des nordöstlichen Zubaus ist um 7 cm erhöht, die Oberkante der Bodenplatte des nordöstlichen Zubaus liegt im Plan 2016 bei 520,60 müA, im Plan 2017 bei 520,70 müA).
Beweiswürdigend ist zu den Sachverhaltsfeststellungen auszuführen, dass sich diese auf den Inhalt des Aktes des Bürgermeisters der Stadtgemeinde AI mit der Zahl xxx/21-2016, auf den Inhalt des Aktes der belangten Behörde mit der Zahl xxx/10-2018 und auf den Inhalt des Aktes des Verwaltungsgerichtes, insbesondere auch auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13.9.2018, gründen. Die Feststellung in Bezug auf die Flächenwidmung gründet sich auf die Einsichtnahme in das Salzburger Geoinformationssystem SAGIS; die Grünlandwidmung wird von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen. Dass der sogenannte „AT“ bereits seit mehreren Jahrhunderten besteht, war ebenfalls als unstrittig anzunehmen. Die Unterschutzstellung nach Denkmalschutzrecht im Jahr 2011 ergibt sich aus dem sich in den Verwaltungsakten befindlichen Grundbuchsauszug. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Bauansuchen vom 13./14.7.2016 waren durch Einsichtnahme in den Akt des Bürgermeisters der Stadtgemeinde AI mit der Zahl xxx/21-2016 zu treffen. Der Inhalt der diesbezüglichen Einreichplanung war dem Einreichplan vom Juli 2016 zu entnehmen. Die Absoluthöhen im Südwesten des Bestandsbaues in Bezug auf das Gelände und in Bezug auf den Steinsatz sind dem Grundriss des Untergeschoßes des Einreichplanes zu entnehmen. Die Feststellungen im Zusammenhang mit der Geschoßflächenermittlung laut Detailplan ergeben sich wiederum durch Einsichtnahme in denselben. Auch die Ausführungen der bautechnischen Amtssachverständigen sind dem Verwaltungsakt zu entnehmen. Der Inhalt (Spruch und Begründung) des Bescheides des Bürgermeisters vom 20.9.2016 ergibt sich ebenfalls durch Einsichtnahme in das sich im Verwaltungsakt befindliche Bescheidkonzept. Dass der Bescheid vom 20.9.2016 an die Beschwerdeführerin am 30.9.2016 zugestellt worden ist, ist dem im Verwaltungsakt aufliegenden Rückschein zu entnehmen; dass die Beschwerdeführerin ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 20.9.2016 nicht erhoben hat, ist wiederum unstrittig.
Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 22.6.2017 sind aufgrund der diesbezüglichen Unterlagen in den Verwaltungsakten zu treffen. Die Feststellungen im Zusammenhang mit der Darstellung der Abweichungen des Einreichplanes vom Juni 2017 vom Einreichplan vom Juli 2016 ergeben sich wiederum zwanglos durch Einsichtnahme in die diesbezüglichen Einreichpläne. In diesen ist ersichtlich, dass einerseits die Absoluthöhen des Geländes im Südwesten des Bestandsbaues im Einreichplan vom Juni 2017 nunmehr erhöht, und zwar mit 522,05 müA, dargestellt werden; andererseits sind den Schnitten „A-A“ in den Einreichplänen die unterschiedlichen Absoluthöhen der Geschoßdecken zu entnehmen. In Bezug auf die Abweichungen kann auch auf die Ausführungen der bautechnischen Amtssachverständigen vom 20.9.2017, enthalten im Verwaltungsakt, verwiesen werden. In Bezug auf den entscheidungswesentlichen Sachverhalt sind letztlich Widersprüche, die beweiswürdigend aufzulösen gewesen wären, nicht hervorgekommen.
Rechtlich ist hiezu auszuführen wie folgt:
1. Gegenständlich hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde AI das Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 22.6.2017 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die belangte Behörde hat dies mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt.
Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist nach der Rechtsprechung Sache eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl VwGH Ra 2016/22/0107; Ra 2018/06/0096). Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Zurückweisungsentscheidung des Bürgermeisters bestätigt, ohne dass inhaltlich über das Bauansuchen abgesprochen worden wäre (auch für die Berufungsbehörde ist bei einer Zurückweisung durch die Behörde erster Instanz Sache im Sinne des § 66 Abs 4 AVG die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung; vgl VwGH Ra 2014/07/0002).
In Bezug auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf die zurückweisende Entscheidung des Bürgermeisters, die von der belangten Behörde bestätigt worden ist, davon auszugehen, dass eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über das Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 22.6.2017 durch das Verwaltungsgericht den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde (vgl VwGH Ro 2016/12/0009). Eine inhaltliche Entscheidung im Sinne eines inhaltlichen Abspruches über das Bauansuchen der Beschwerdeführerin ist dem Verwaltungsgericht vorliegend verwehrt (vgl VwGH Ra 2016/03/0055; Ra 2015/22/0082).
Zu untersuchen ist somit ausschließlich, ob das Bauansuchen der Beschwerdeführerin rechtmäßig zurückgewiesen worden ist oder nicht.
2. Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren, in dem das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt zu beurteilen ist, wobei der mit den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist (vgl VwGH Ro 2014/06/0003). Dies gilt auch bei der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung; Gegenstand eines baubehördlichen Bewilligungsverfahrens ist stets nur jenes Projekt, wie es sich in den eingereichten Plänen darstellt, nicht aber eine allenfalls erfolgte andere Bauausführung (vgl VwGH Ra 2017/06/0118).
Die Frage, ob das Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 22.6.2017 rechtmäßiger Weise zurückgewiesen worden ist, ist daher unter Heranziehung des Bescheides des Bürgermeisters vom 20.9.2016 samt Berücksichtigung der Einreichunterlagen, die dem Bauansuchen vom 13./14.7.2016 zugrunde gelegt waren, einerseits und der Einreichunterlagen, die dem Bauansuchen vom 22.6.2017 zugrunde gelegt worden sind, andererseits zu beurteilen.
3. Die Rechtsansicht des Bürgermeisters der Stadtgemeinde AI und der belangten Behörde, dass der gegenständliche Bau als widmungswidriger Bestandsbau im Sinne des § 47 ROG 2009 zu qualifizieren ist (dies zieht die Beschwerdeführerin auch nicht in Zweifel), ist angesichts der Feststellung der Grünlandwidmung und des jahrhundertelangen Bestandes des Baues nicht zu beanstanden (vgl zur Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit einer alten Baulichkeit Giese, Salzburger Baurecht², § 16 Rn 22; VwGH Ra 2018/05/0162).
4.1. Der tragende Grundsatz der Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt. „Sache“ einer rechtskräftigen Entscheidung ist dabei stets der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zum Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde bei ihrem Bescheid gestützt hat (vgl VwGH Ra 2014/06/0041).
Auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit darf über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden (vgl VwGH Ra 2015/09/0011).
Die materielle Rechtskraft (die Unabänderlichkeit/Unwiderrufbarkeit sowie die Unwiederholbarkeit) des Bescheides steht einer weiteren Entscheidung in derselben Sache entgegen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 [Stand 1.3.2018, rdb.at] Rz 23 ff).
4.2. Vorliegend hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde AI mit Bescheid vom 20.9.2016 das Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 13./14.7.2016 mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, dass das in den Einreichunterlagen als „Untergeschoß“ bezeichnete Geschoß unter Anwendung des § 56 Abs 5 ROG 2009 als oberirdisches Geschoß zu werten sei. Dabei wurde davon ausgegangen, dass das Untergeschoß mit mehr als der Hälfte seiner Fläche 1 m über das natürliche Gelände hinausrage. Die in § 47 Abs 2 ROG 2009 angeordnete Obergrenze von 300 m² Geschoßfläche werde vom gegenständlichen Bau somit überschritten, weshalb das Bauansuchen, mit dem eine Vergrößerung des Baus einhergehen würde, unzulässig gewesen sei.
Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat (vgl VwGH Ra 2016/21/0143).
In Bezug auf Parteienbegehren hat der Verwaltungsgerichtshof des Weiteren ausgesprochen, dass Identität der Sache nur dann vorliegt, wenn bei gleich gebliebener maßgeblicher Sach- und Rechtslage auch das neue Parteienbegehren im Wesentlichen, dh abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung oder Sache unerheblich sind, mit dem früheren Begehren übereinstimmt, also in derselben „Sache“ eine nochmalige Entscheidung fordert (vgl dazu Hengstschläger/Leeb aaO Rz 36).
Soweit sich nun festgestellter Maßen die Einreichunterlagen vom Juni 2017 bei den Absoluthöhen der Geschoßdecken um wenige Zentimeter (bis zu 17 cm) von den Einreichunterlagen vom Juli 2016 unterscheiden, so ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes in Bezug auf dieses Abweichen der Absoluthöhen von bloßen Nebenumständen des Parteienbegehrens auszugehen. Einerseits sind diese geänderten Absoluthöhen der Geschoßdecken für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache, nämlich letztlich die Qualifikation des Untergeschosses als oberirdisch oder unterirdisch, unerheblich (vgl dazu etwa VwGH 83/06/0023); andererseits entspricht das nunmehrige Bauvorhaben laut Einreichplan vom 22.6.2017 in allen übrigen Details exakt dem Bauvorhaben laut Einreichplan vom Juni 2017 (zum Urgelände siehe unten). Ändern sich in den Einreichplänen die Absoluthöhen von Bestandsgeschoßdecken und – damit in Zusammenhang – von projektierten Geschoßdecken um wenige Zentimeter, dies offenbar vor dem Hintergrund der nachträglichen Baubewilligung aufgrund einer Berichtigung der Einmessung der bereits errichteten Baulichkeit, bleibt im Übrigen aber das gesamte Bauvorhaben im Vergleich zu einer vorherigen Einreichplanung – so wie vorliegend – unverändert und ist diese Änderung auch für die rechtliche Beurteilung der Sache letztlich unerheblich, so ist in diesem Zusammenhang von bloßen „Nebenumständen“ im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs 1 AVG auszugehen, die die Identität der „Sache“ nicht beeinträchtigen.
4.3. Durch das LGBl Nr 82/2017 ist eine Änderung in § 47 Abs 2 Z 2 lit b ROG 2009 dahingehend eingetreten, dass nunmehr bei Mehr-Generationen-Häusern die Obergrenze für eine Vergrößerung bei 375 m² Geschoßfläche liegt (in Kraft getreten während des Berufungsverfahrens am 1.1.2018 [vgl § 86 Abs 1 Z 1 ROG 2009]). Mit dieser Änderung ist aber eine Änderung in den den Bescheid vom 20.9.2016 tragenden Normen nicht eingetreten; mit der Änderung ist keine wesentliche, die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Modifikation eingetreten (vgl VwGH 2012/05/0152).
Maßgeblich für die Entscheidung vom 20.9.2016 war, dass nach § 56 Abs 4 Z 1 ROG 2009 zur Geschoßfläche die Flächen der einzelnen oberirdischen Geschoße zählen und nach § 56 Abs 5 ROG 2009 ein Geschoß als oberirdisch gilt, das über mindestens die Hälfte seiner Fläche mehr als 1 m über das angrenzende natürliche Gelände oder bei Geländeabtragung über das neu geschaffene Niveau hinausragt. Durch die Änderung des § 47 Abs 2 Z 2 lit b ROG 2009 ist keine Änderung der Rechtslage eingetreten, die die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides ermöglichen oder gebieten würde. Unter Zugrundelegung des vom Bürgermeister im Bescheid vom 20.9.2016 angenommenen Sachverhalts führt die Änderung der Rechtslage in § 47 Abs 2 Z 2 lit b ROG 2009 zu keinem anderen Ergebnis in der Sache (vgl Hengstschläger/Leeb aaO Rz 32).
4.4. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrem Bauansuchen (im Einreichplan und in dem dem Bauansuchen beigeschlossenen Gutachten des Architekten DI AN) im Vergleich zum Bauansuchen vom Juli 2016 bei einem Teil des Bauplatzes von einem geänderten natürlichen Gelände ausgeht, ist auf Folgendes hinzuweisen: Wie bereits dargestellt, ist der Bürgermeister der Stadtgemeinde AI im Bescheid vom 20.9.2016 davon ausgegangen, dass das Untergeschoß mit mehr als der Hälfte seiner Fläche 1 m über das natürliche Gelände hinausrage. Bei der Prüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich geändert hat, ist nun vom Vorbescheid auszugehen, ohne dabei dessen sachliche Richtigkeit (nochmals) zu ergründen (vgl VwGH 2004/07/0014). Es liegt Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs 1 AVG auch dann vor, wenn die Behörde die Rechtsfrage aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens (oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung) entschieden hat (vgl VwGH 2006/05/0158). Bei nach Erlassung des Bescheides hervorgekommenen Umständen, welche dessen Unrichtigkeit dartun, ist nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um eine Änderung des Sachverhalts handelt (vgl Hengstschläger/Leeb aaO Rz 25). Derartige Umstände bilden lediglich unter der Voraussetzung des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (vgl VwGH Ra 2014/09/0029).
Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, dass durch die Behauptung eines anderen natürlichen Geländes als vom Bürgermeister im Bescheid vom 20.9.2016 angenommen nicht eine Änderung des Sachverhalts eingetreten ist, sondern im Ergebnis damit allenfalls die Unrichtigkeit des Bescheides vom 20.9.2016 dargelegt werden soll. Wird nunmehr ein anderes natürliches Gelände als im Bescheid vom 20.9.2016 von der Beschwerdeführerin angenommen, so ist dies allenfalls ein Umstand, mit dem sie die Unrichtigkeit des Bescheides vom 20.9.2016, nämlich die Unrichtigkeit des darin angenommenen natürlichen Geländes, darlegen könnte, es handelt sich aber nicht um eine Änderung des Sachverhalts im Sinne des § 68 AVG, sondern wenn überhaupt, unter den Voraussetzungen des § 69 AVG um einen Wiederaufnahmegrund.
Dabei verkennt das Verwaltungsgericht nicht, dass – wie dargelegt – das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist und grundsätzlich der Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist (vgl VwGH Ro 2014/06/0003; Ro 2014/05/0051). Zu berücksichtigen ist aber im vorliegenden Zusammenhang, dass das natürliche Gelände eines Bauplatzes nicht – so wie eine Modifikation des Projekts – disponibel ist, also vom Parteienbegehren des Bauwerbers abhängt. Auch wenn der Bauwerber den Inhalt des Bauansuchens vorgibt, bedeutet dies nicht, dass das natürliche Gelände in seiner Disposition liegen würde. Anders als bei der zu zur Bewilligung anstehenden baulichen Maßnahme, hängt das natürliche Gelände nicht vom Bauwillen des Bauwerbers ab.
Der Bürgermeister der Stadtgemeinde AI hat im Bescheid vom 20.9.2016 unter Zugrundelegung des Verlaufes des natürlichen Geländes das Untergeschoß nach § 56 Abs 5 ROG 2009 als oberirdisch gewertet. Durch die nunmehrige Annahme der Beschwerdeführerin, dass das Urgelände in einem bestimmten Bereich des Bauplatzes höher gelegen ist, als im Bescheid vom 20.9.2016 angenommen, wird keine Änderung des Sachverhaltes dargelegt. Vielmehr würde damit – wenn überhaupt – die Unrichtigkeit des Bescheides vom 20.9.2016 mit der Annahme eines gewissen natürlichen Geländes dargelegt und damit allenfalls ein Wiederaufnahmegrund aufgezeigt werden.
4.5.Die von den Parteien thematisierte Rechtsfrage, ob für die Bewertung eines Geschoßes als oberirdisch im Sinne des § 56 Abs 5 ROG 2009 ein bereits abgetragenes natürliches Gelände, das höher gelegen ist, als das durch Geländeabtragung neu geschaffene Niveau maßgeblich sein kann, kann dahingestellt bleiben, da bereits im Bescheid vom 20.9.2016 von einem natürlichen Gelände in einer bestimmten Höhe ausgegangen worden ist, nunmehr aber von der Beschwerdeführerin ein anderes natürliches Gelände argumentiert wird. Ob das von der Beschwerdeführerin nunmehr argumentierte natürliche Gelände noch oder wieder existiert oder nicht und ob bei erfolgter Abtragung des natürlichen Geländes dieses überhaupt noch für die Beurteilung nach § 56 Abs 5 ROG 2009 herangezogen werden kann, ist für die vorliegende Frage, nämlich ob betreffend das Bauansuchen vom 22.6.2017 in Bezug auf den Bescheid vom 20.9.2016 von entschiedener Sache auszugehen ist, irrelevant.
4.6. Insgesamt ist eine Änderung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage nicht eingetreten, weshalb der Bürgermeister der Stadtgemeinde AI das Bauansuchen der Beschwerdeführerin zutreffend wegen res iudicata zurückgewiesen hat.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (§ 25a Abs 1 VwGG; Spruchpunkt II.):
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war. Ob res iudicata anzunehmen ist oder nicht, ist wesentlich von der Auslegung des Bescheides vom 20.9.2016 abhängig. Auslegungen von Bescheiden stellen in aller Regel einzelfallbezogene Rechtsfragen dar, die nicht revisibel sind (vgl VwGH Ra 2014/06/0041). Im Übrigen ist ein Abweichen von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs 1 AVG angesichts der im Erkenntnis angeführten Judikate des Verwaltungsgerichtshofes nicht anzunehmen.
Schlagworte
Baurecht; entschiedene Sache, res iudicata, Annahme eines anderen natürlichen GeländesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.3.423.1.8.2018Zuletzt aktualisiert am
30.10.2018