TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/1 W170 2176154-1

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Veröffentlicht am 01.12.2017
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Entscheidungsdatum

01.12.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2176150-1/2E

W170 2176146-1/2E

W170 2176153-1/2E

W170 2176154-1/2E

W170 2176157-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.10.2017, Zl. 1091416301 - 151552764/BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.10.2017, Zl. 1091416508 - 151552772/BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.

III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch XXXX, diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.10.2017, Zl. 1091416802 - 151552802/ BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.

IV. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch XXXX, diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.10.2017, Zl. 1091417004 - 151552799/BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.

V. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch XXXX, diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.10.2017, Zl. 1091416704 - 151552785/ BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) stellte am 7.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz; gleichzeitig mit diesem stellten seine Ehefrau XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin) sowie ihre gemeinsamen, minderjährigen Kinder XXXX (in Folge: BF 3),XXXX (in Folge: BF 4) und XXXX (in Folge: BF 5) gleichartige Anträge.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei des Krieges wegen rechtswidrig aus Syrien ausgereist; weiters weil die al-Nusra-Front ihn suche und die Freie Syrische Armee (FSA) ihn bedroht habe. Früher habe er in seiner Werkstatt für das syrische Innenministerium Fahrzeuge repariert, die FSA habe ihn aufgefordert, stattdessen für sie zu arbeiten. Er habe die Zusammenarbeit mit der FSA abgelehnt. Daraufhin hätte ihn die FSA bedroht und hätte seine Werkstatt gebrannt. Nach Eroberung seiner Herkunftsregion durch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) hätten auch diese vom Beschwerdeführer verlangt, sich ihnen anzuschließen, was er abgelehnt habe.

Im Rahmen des Administrativverfahrens legte der Beschwerdeführer einen auf diesen lautenden syrischen Personalausweis sowie ein Familienbuch vor.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie sei des Krieges wegen rechtswidrig aus Syrien ausgereist; außerdem werde ihr Mann gesucht. Sie sei aufgrund der Probleme ihres Mannes geflüchtet; diese Fluchtgründe machte sie auch für ihre Kinder geltend.

Im Rahmen des Administrativverfahrens legte die Beschwerdeführerin einen auf diese lautenden syrischen Personalausweis vor.

3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch

I. bezeichneten Bescheid vom 9.10.2017, erlassen am 13.10.2017, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die FSA habe sich in den meisten Teilen Syriens aufgelöst, die Bedrohung durch die YPG sei nicht glaubwürdig und es werde nicht davon ausgegangen, dass Rekrutierungsabsichten seitens der regulären Streitkräfte vorliegen würden.

Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin mit im Spruch II. bezeichneten Bescheid vom 9.10.2017, erlassen am 13.10.2017, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei nicht persönlich von asylrelevanter Verfolgung und betroffen und die Behörde erachte die von ihrem Mann vorgebrachten Fluchtgründe als nicht asylrelevant.

Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurden die gegenständlichen Anträge des BF 3, der BF 4 und der BF 5 mit in den Sprüchen III., IV. und V. bezeichneten Bescheiden vom 9.10.2017, erlassen am 13.10.2017, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten jeweils abgewiesen. Unter einem wurde diesen jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, sie hätten keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht; die Fluchtgründe ihrer Eltern seien nicht asylrelevant.

4. Mit am 3.11.2017 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde von den beschwerdeführenden Parteien gegen den jeweiligen Spruchpunkt I. der in den Sprüchen I., II., III., IV. und V. bezeichneten Bescheide Beschwerde erhoben.

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei sowohl von der FSA und den YPG bedroht und zur Zusammenarbeit bzw. Teilnahme an Kampfhandlungen aufgefordert worden. Die Annahme des Bundesamts, die drohende Zwangsrekrutierung durch die YPG sei nicht glaubhaft, sei unrichtig und hätte dem Beschwerdeführer bei korrekter Beurteilung des Sachverhalts die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden müssen. Aktuelle Berichte würden beweisen, dass auch die YPG systematisch zwangsrekrutiere und werde Kurden in anderen Landesteilen automatisch eine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Außerdem sei eine Einberufung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst höchst wahrscheinlich. Das Bundesamt habe diesbezüglich zu wenig ermittelt.

5. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 10.11.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Kurden angehört, dessen Identität feststeht und der in Österreich unbescholten ist.

XXXX ist eine volljährige syrische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Kurden angehört, deren Identität feststeht und die in Österreich unbescholten ist. XXXX ist die Ehefrau des XXXX, die Ehe hat bereits vor der Einreise nach Österreich bestanden.

XXXX, XXXX und XXXX sind minderjährige, syrische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Kurden angehören, deren Identität jeweils feststeht und die in Österreich unbescholten sind. XXXX, XXXX und XXXX sind die unmündigen, ledigen Kinder von XXXX und XXXX.

XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX führten in Syrien und führen derzeit ein Familienleben; dieses könnten die Genannten in keinem anderen Land außerhalb Österreichs fortsetzen.

XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX haben am 7.10.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Administrativverfahren ist diesen jeweils rechtskräftig der Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden.

1.2. XXXX ist rechtswidrig aus Syrien ausgereist; er ist nicht im Besitz eines syrischen Reisepasses.

1.3. XXXX könnte nur über den Flughafen von Damaskus sicher und legal nach Syrien zurückkehren; dieser ist in der Hand des syrischen Regimes.

1.4. XXXX ist ein männlicher Syrier, der 39 Jahre alt und hinreichend gesund ist.

Es ist objektiv nachvollziehbar, dass XXXX im Falle seiner Rückkehr nach Syrien befürchten muss, vom syrischen Regime dem Wehrdienst bzw.dem Dienst als Reservist der syrischen Armee (in Folge: Militärdienst der syrischen Armee) zugeführt zu werden.

Die Weigerung, den Militärdienst der syrischen Armee anzutreten, würde zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden.

Der Militärdienst der syrischen Armee wäre mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang verbunden, sich an Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen.

1.5. XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX haben keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe verwirklicht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweiswürdigung zu 1.1.:

Die Feststellungen zu den Personen der beschwerdeführenden Parteien gründen sich im Wesentlichen auf die von der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer vorgelegten Personalausweise und Familienbuch sowie den diesbezüglichen Angaben der beschwerdeführenden Parteien vor dem Bundesamt, das diese Angaben seiner Entscheidung unwidersprochen unterstellt hat. Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf die eingeholten Strafregisterauskünfte.

Dass die beschwerdeführenden Parteien ein Familienleben führen, ergibt sich aus den nachvollziehbaren und mit der Aktenlage in Einklang zu bringenden Angaben des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt, das diese Angaben seiner Entscheidung unwidersprochen unterstellt hat; dass diese ihr Familienleben nicht außerhalb Österreichs fortsetzen können, ergibt sich aus dem Umstand, dass diese wegen der festgestellten Verfolgung nicht nach Syrien zurückkehren können und in keinen anderen Staat rechtmäßig einreisen können.

Die Feststellungen zur Antragstellung und zur rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ergeben sich aus der Aktenlage.

2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.:

Die Feststellungen hinsichtlich der rechtwidrigen Ausreise und hinsichtlich des Fehlens eines syrischen Reisepasses gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

2.3. Beweiswürdigung zu 1.3.:

Die Feststellung, dass eine Rückkehr nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus sicher und legal möglich ist, ergibt sich aus dem notorischen Wissen des Bundesverwaltungs-gerichtes bzw. aus dem Umstand, dass die Behörde eine andere Möglichkeit nicht aufgezeigt hat.

2.4. Beweiswürdigung zu 1.4.:

Hinsichtlich der Beweiswürdigung zu den (der Übersichtlichkeit halber) wiederholten Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers wird auf dessen Aussagen, den vorgelegten Ausweis und die Beweiswürdigung zu 1.1. verwiesen.

Hinsichtlich der objektiven Nachvollziehbarkeit der Furcht des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr nach Syrien vom syrischen Regime dem Militärdienst der syrischen Armee zugeführt zu werden, ist einleitend auf die Feststellung zu 1.3. zu verweisen, nach der eine sichere und legale Rückkehr nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus möglich ist, der in der Hand des Regimes ist.

Aus den diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Bundesamtes zum Wehrdienst bzw. zum Dienst als Reservist der syrischen Armee geht hervor, dass sich die Stärke der syrischen Streitkräfte von etwa 300.000 Personen auf die Hälfte reduziert hat, das syrische Verteidigungsministerium begonnen habe, zusätzliche Wehrpflichtige – auch bei Kontrollen an Checkpoints – einzuziehen und Reservisten einzuberufen; letzteres insbesondere auf Grund der bestehenden Schwierigkeiten, Rekruten auszuheben. Eine Befreiung vom Wehrdienst selbst bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist unwahrscheinlich, einen Wehrersatzdienst gibt es in Syrien nicht und wird eine Ablehnung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen nicht anerkannt.

Es ist daher davon auszugehen, dass ein reales Risiko besteht, dass das syrische Regime insbesondere männliche Syrier zwischen 18 und zumindest 40 Jahren, die über den Flughafen von Damaskus nach Syrien zurückkehren, dem Militärdienst zuführen wird, da es dieser Personen bereits habhaft ist und diese darüber hinaus – außerhalb des Familienverbandes und ohne Zugang zu anderer Art sozialer Unterstützung – dem syrischen Regime in der Phase der Einreiseformalitäten besonders ausgeliefert sind.

Dass die Weigerung, den Militärdienst der syrischen Armee anzutreten, zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden würde, ergibt sich aus den diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Bundesamtes (siehe diesbezüglich insb. den Punkt "Wehrdienstverweigerung/Desertion" in den Länderfeststellungen), der Umstand, dass der Militärdienst der syrischen Armee mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang verbunden wäre, sich an Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen, ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt über Syrien der Staatendokumentation.

2.5. Beweiswürdigung zu 1.5.:

Die Feststellung, dass die beschwerdeführenden Parteien keine Asylausschluss- oder

-endigungsgründe verwirklicht haben, gründet sich auf den Umstand, dass keine Hinweise auf das Vorliegen solcher Gründe zu erkennen waren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist in den vorliegenden Fällen jeweils zweifellos Syrien.

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen – etwa gegen die Zivilbevölkerung – auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies wird auch ausdrücklich im Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EU als asylrelevante Verfolgung festgehalten. Daher ist eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.

Festgestellt wurde, dass es im Bürgerkrieg in Syrien zu durch staatliche Stellen zu verantwortende Menschenrechtsverletzungen kommt. Auch wurde festgestellt, dass eine objektiv nachvollziehbare Befürchtung besteht, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr den Militärdienst der syrischen Armee antreten müsste. Schließlich wurde festgestellt, dass in Syrien auch Grundwehrdiener/Reservisten der syrischen Armee (in Folge: Militärdiener der syrischen Armee) zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Handlungen gezwungen werden, widrigenfalls ihnen jedenfalls eine Gefängnisstrafe droht.

3. Da die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül die sichere und legale Erreichbarkeit des ins Auge gefassten Gebietes erfordert (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063) und eine sichere und legale Rückkehr der beschwerdeführenden Partei nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus möglich wäre, dieser aber in der Hand des Regimes ist und dieses der Verfolger der beschwerdeführenden Parteien ist, kommt eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht; ebenso liegen keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe vor.

Daher ist der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch I. bezeichneten Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017 (in Folge: VwGVG), stattzugeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen; gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist weiters auszusprechen, dass dem Beschwerdeführer somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist unter anderem Familienangehöriger

* die Ehegattin, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat oder

* ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind

eines Asylwerbers oder eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die Beschwerdeführerin ist die Ehegattin des Beschwerdeführers, die Ehe hat bereits vor der Einreise nach Österreich bestanden. Die unter 1.1. genannten Kinder sind die gemeinsamen Kinder des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführerin. Daher sind diese Personen Familienangehörige im Sinne des AsylG des Beschwerdeführers.

Gemäß § 34 Abs. 4 1. Fall und Abs. 5 AsylG hat das Bundesverwaltungsgericht Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen des Abs. 2 ist allen Familienangehörigen der Status des oder der Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 34 Abs. 2 und Abs. 5 AsylG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn (1.) dieser nicht straffällig geworden ist; (2.) die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und (3.) gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

Die Beschwerdeführerin und die unter 1.1. genannten Kinder sind nicht straffällig und führen mit dem Beschwerdeführer ein Familienleben, das nicht in einem anderen Staat fortgesetzt werden kann; gegen den Beschwerdeführer ist kein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten anhängig; daher ist den Beschwerden der gegenständlichen Familienangehörigen stattzugeben, den beschwerdeführenden Parteien jeweils der Status der bzw. des Asylberechtigten zuzuerkennen und auszusprechen, dass diesen somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017,– der diesbezüglich § 24 Abs. 4 VwGVG vorgeht (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) – kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren erhoben wurde, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt.

Das ist hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hier der Fall, da dieser bereits von der Behörde ermittelt wurde; diese hat lediglich die sich aus dem ermittelten Sachverhalt ergebenden Rechtsfolgen übersehen und waren daher nur Rechtsfragen zu klären.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W170.2176154.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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