TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/31 W215 1428011-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W215 1428011-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX, geb.XXXX, Staatsangehörigkeit Republik Tadschikistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2015, Zahl

570741310-1993342, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes I. wie folgt lautet:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste problemlos, legal mit seinem tadschikischen Auslandsreisepass aus seinem Herkunftsstaat aus, mit einem Visum rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 29.06.2012, Zahl 11 13.717-BAT, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat "Russische Föderation" ab (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die "Russische Föderation" ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an den damals zuständigen Asylgerichtshof. Mit 01.01.2014 ging das Verfahren auf das Bundesverwaltungsgericht über.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.04.2014 wurde die Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2015, Zahl W147 1428011-1/19E, bezüglich Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und Spruchpunkt II. insoweit berichtigt, als subsidiärer Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht gewährt wurde. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde aufgehoben und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das mit 01.01.2014 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Nach der Geburt des Sohnes des Beschwerdeführers erfolgte am XXXX eine standesamtliche Eheschließung des Beschwerdeführers mit der Mutter seines Sohnes, der in Österreich als Asylwerberin aufhältigen tadschikischen Staatsangehörigen XXXX. Die Beschwerdesachen in den Asylverfahren der Ehegattin und des Sohnes des Beschwerdeführers sind zu den Zahlen W215 2108235-1 und W215 2109415-1 in dieser Gerichtsabteilung anhängig und werden mit Erkenntnis vom heutigen Tage inhaltsgleich entschieden.

Am 18.11.2015 wurde der Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. Dabei brachte er im Wesentlichen vor, seit XXXX mit einer als Asylwerberin in Österreich aufhältigen Tadschikin verheiratet zu sein und mit dieser einen gemeinsamen Sohn zu haben. Sie würden, gemeinsam mit seinen ebenfalls in Österreich aufhältigen Eltern und seinem Bruder, in deren Wohnung leben. Einer Arbeit gehe der volljährige Beschwerdeführer nicht nach, er lebe stattdessen von der Caritas und seinen Eltern. Der Beschwerdeführer nehme an Deutschkursen der Caritas teil und habe eine A1 Prüfung abgelegt. Der Beschwerdeführer sei weiters in einem Sportclub aktiv, den Mitgliedsbeitrag in Höhe von € 27,- im Monat bestreite sein Bruder. Der Beschwerdeführer wolle eine Arbeit annehmen und nicht länger nur zu Hause sitzen.

In der Republik Tadschikistan habe der Beschwerdeführer XXXX Klassen Grundschule absolviert undXXXX Jahre an der Universität XXXX studiert, das Studium jedoch nicht abgeschlossen. Er habe in der Republik Tadschikistan als XXXX gearbeitet und XXXX verkauft. Seine finanzielle Situation in der Republik Tadschikistan sei gut gewesen, er habe normal verdient. In sein Herkunftsland habe der Beschwerdeführer noch Kontakt, er telefoniere zwei- bis dreimal im Monat mit seiner Schwester. Strafrechtlich sei er in der Republik Tadschikistan niemals in Erscheinung getreten, Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religion habe der Beschwerdeführer nie gehabt. Im Falle einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer um sein Leben, weil "sie", das seien Exekutivorgane, den Vater des Beschwerdeführers suchen würden. Seine Schwester, die in XXXX lebe, sei allerdings keiner Gefahr ausgesetzt, weil sie verheiratet sei und somit nicht mehr zur Familie des Beschwerdeführers zählen würde. Der Beschwerdeführer fürchte, dass sein Sohn eines Tages ohne Vater dastehe.

Mit Stellungnahme vom 02.12.2015 legte der Beschwerdeführer mehrere Urkunden vor (darunter Deutschkursbestätigungen, eine Einstellungszusage und eine Mitgliedschaftsbestätigung der XXXX) und machte Angaben zu seinem Familien- und Privatleben in Österreich. Unter Bezugnahme auf die Länderinformationen sei ihm eine Rückkehr in die Republik Tadschikistan derzeit nicht zumutbar.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte mit Bescheid vom 18.12.2015, Zahl 570741310-1993342, dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht gegenständliche Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass entgegen der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sehr wohl ein schützenswertes Familienleben vorliege. Er lebe gemeinsam mit seiner Ehegattin, seinem Kind, seinen Eltern und seinem Bruder in einem Haushalt in deren Wohnung, darüber hinaus würden sich auch eine Schwester mit ihrer Familie und viele weitere Verwandte in Österreich aufhalten. Der Beschwerdeführer habe zahlreiche Sprachkurse absolviert und sein Lebensmittelpunkt befinde sich jedenfalls in Österreich. Aufgrund seiner langen Abwesenheit seien die Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsland Tadschikistan stark abgeschwächt. Das gesamte Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers finde in Österreich statt. Der Beschwerdeführer sei seiner Mitwirkungspflicht stets nachgekommen und habe daher die Verfahrensdauer nicht zu verantworten. Der bekämpfte Bescheid sei rechtswidrig.

2. Die Beschwerdevorlage vom 22.01.2016 langte am 26.01.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes im Verfahren des Beschwerdeführers, sowie hinsichtlich der Verfahren seiner Ehegattin und des gemeinsamen Sohnes, wurde für den 06.02.2017 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin erschienen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits in der Beschwerdevorlage für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Der Beschwerdeführer verzichtete auf Einsichtnahme und Ausfolgung.

Nach der Geburt der gemeinsame Tochter XXXX des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin wurde für diese ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der inhaltsgleich wie jenes ihres Bruders erstinstanzlich entschieden wurde. Das Beschwerdeverfahren zur Zahl W215 2168834-1 ist in dieser Gerichtsabteilung anhängig und wird mit Erkenntnis vom heutigen Tage inhaltgleich entschieden.

Mit Schreiben vom 30.04.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin aktuelle Länderfeststellungen zu Tadschikistan und ersuchte um Informationen zu ihrer aktuellen persönlichen und familiären Situation in Österreich.

Mit Stellungnahme vom 14.05.2018 erstatteten der Beschwerdeführer und seine Ehegattin Angaben zu ihrer Integration in Österreich legten ein Konvolut an Unterlagen vor (darunter mehrere Empfehlungsschreiben, Deutschkursbestätigungen, eine Bestätigung einer XXXX, Einkommensnachweise des Bruders und des Vaters des Beschwerdeführers und zwei Schreiben des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin).

Am 20.06.2018 wurde ein Unterstützungsschreiben für die Ehegattin des Beschwerdeführers in Vorlage gebracht.

Am heutigen Tag wurde eine Kopie eines Sprachzertifikates in Vorlage gebracht, wonach die Ehegattin des Beschwerdeführers am 11.07.2018 eine Sprachprüfung A2 Deutsch bestanden hat und ein XXXX-Ambulanzbericht vom XXXX wonach beim Sohn des Beschwerdeführers eine XXXX durchgeführt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Tadschikistan, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und ist moslemischen Glaubens. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Tadschikisch, er spricht darüber hinaus auch Russisch.

2. Der Beschwerdeführer reiste problemlos, legal aus der Republik Tadschikistan aus, rechtmäßig mit einem Schengen-Visum in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde schließlich mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2015, Zahl W147 1428011-1/19E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, gemäß

§ 3 Abs. 1 AsylG und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde aufgehoben und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte im fortgesetzten Verfahren mit gegenständlichem Bescheid vom 18.12.2015, Zahl 570741310-1993342, dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.).

Der Beschwerdeführer lernte bereits im Jahr 2010 FrauXXXX, die ebenfalls Staatsangehörige der Republik Tadschikistan ist, kennen, hielt jahrelang über das Internet Kontakt zu ihr und forderte sie auf zu ihm nach Österreich zu kommen, um hier mit ihm gemeinsam zu leben. Frau XXXX reiste schließlich im Jahr 2014, gemeinsam mit ihrer Mutter und Schengen-Visa in das österreichische Bundesgebiet ein. Ihre Mutter kehrte vor Ablauf des Visums in die Republik Tadschikistan zurück, Frau XXXX blieb im Bundesgebiet und stellte einige Tage nach dem Ablauf des Visums, somit erst während ihres illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet, am 06.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes XXXX, geboren am XXXX, in Österreich, heiratete der Beschwerdeführer standesamtlich die Mutter des Sohnes und diese brachte für das Kind einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Später kam auch noch die gemeinsame Tochter XXXX, geboren am XXXX, zur Welt. Die Beschwerdeverfahren der Ehegattin und der Kinder des Beschwerdeführers sind beim Bundesverwaltungsgericht anhängig und ihre Verfahren werden mit Erkenntnissen vom heutigem Tag, Zahlen W215 2108235-1/18E,

W215 2109415-1/14E und W215 2168834-1/6E, inhaltsgleich entschieden.

3. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in die Republik Tadschikistan Gefahr liefe, existentiellen Bedrohungen ausgesetzt zu sein.

Der gesunde Beschwerdeführer hat in der Republik Tadschikistan XXXX Klassen Schule absolviert, XXXX JahreXXXX an der Universität studiert und ist gelernter XXXX. Er konnte seinen Lebensunterhalt in der Republik Tadschikistan bis zur Ausreise als XXXX durch den Verkauf von XXXX finanzieren. Die Existenz des Beschwerdeführers ist somit im Falle seiner Rückkehr durch Erwerbstätigkeit gesichert. Auch die Ehegattin des Beschwerdeführers hat in der Republik Tadschikistan XXXX studiert und bis zur Ausreise als XXXX in einer XXXX gearbeitet. Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehegattin verfügen über Berufserfahrung und hatten vor ihrer Ausreise keinerlei wirtschaftlichen Probleme.

Im Herkunftsland leben die verheiratete Schwester des Beschwerdeführers, mit der er zwei- bis dreimal im Monat telefoniert, die Eltern, drei Schwestern und ein Bruder seiner Ehegattin sowie mehrere Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer und seine Familie zumindest für die Anfangszeit etwa bei seinen Schwiegereltern oder anderen Verwandten Unterkunft finden können. Weiters kann sich der Beschwerdeführer weiterhin auch in den Herkunftsstaat von seinem Bruder und seinem Vater - die den Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet zusätzlich zum Leistungsbezug aus der Grundversorgung, finanziell unterstützen - Geldleistungen überweisen lassen.

4. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers in Österreich.

Der unbescholtene Beschwerdeführer hält sich seit seinem Antrag auf internationalen Schutz am 13.11.2011 durchgehend in Österreich auf, verfügte aber nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens und musste sich somit seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein. Der Beschwerdeführer bezieht seit 13.11.2011 durchgehend Leistungen aus der Grundversorgung und erhält darüber hinaus finanzielle Zuwendungen von seinem Vater und seinem Bruder. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig, war nie in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert und geht keiner beruflichen Tätigkeit nach.

In Österreich halten sich - neben seiner Ehegattin und seinen beiden Kindern - seine Eltern, ein Bruder, eine volljährige Schwester mit ihrer Familie und weitere Verwandte des Beschwerdeführers auf. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Ehegattin, den gemeinsamen Kindern, in der Wohnung seiner Eltern und seines Bruders. Der Vater des Beschwerdeführers erwirtschaftet sein Einkommen durch Tätigkeiten als XXXX, der Bruder des Beschwerdeführers arbeitet bei einem XXXX. Zwischen dem XXXX Beschwerdeführer, der von der Grundversorgung lebt, seinen Eltern und seinem Bruder kann kein Abhängigkeitsverhältnis festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer verbringt die Tage damit auf Kosten seines Bruders im Fitnesscenter zu trainieren und seine Ehegattin bei der Haushaltsführung und Kindesbetreuung zu unterstützen. Er ist Mitglied des Vereins XXXX. Der Beschwerdeführer besucht derzeit einen A2-Deutschkurs, hat bislang aber kein einziges Sprachdiplom vorgelegt. Er besucht mit seiner Ehegattin regelmäßig ein Sprachcafé. In der mündlichen Verhandlung konnte sich der Beschwerdeführer in gebrochenem Deutsch artikulieren. Er versteht Fragen, benötigt aber Zeit, um über die Antwort nachzudenken.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" kamen nicht hervor.

5. Zur aktuellen Lagen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Allgemein

Tadschikistan hatte im Juli 2017 mehr als 8,4 Millionen Einwohner und ist über. 144 000 Quadratkilometer groß (CIA Factbook 20.04.2018).

Die Republik Tadschikistan hat eine Bevölkerung von 8,75 Millionen (hochgerechnet 2017) und ist ein Tadschikistan ist ein Binnenstaat im Süden Zentralasiens mit einer West-Ost-Ausdehnung von 700 km und von Nord nach Süd erstreckt es sich über 350 km. Seine Fläche wird allerorten mit 143.100 km² angegeben (muss eigentlich 142.100 km² lauten, da 2002 Tadschikistan vertraglich 1.000 km² im Pamir an China abgetreten hat, das im Gegenzug auf weitere 28.000 km² Gebietsansprüche verzichtete; das zugehörige Protokoll wurde Januar 2011 vom Tadschikischen Parlament ratifiziert). Dies entspricht etwas mehr als einem Drittel der Fläche Deutschlands. - Tadschikistan grenzt im Westen und Norden an Usbekistan (ca. 1330 km), im Norden an Kirgisistan (ca. 980 km), im Osten an China (ca. 520 km), und im Süden an Afghanistan (ca. 1340 km [LIP Überblick März 2018]).

Nach der Unabhängigkeit von der UdSSR am 09.09.1991 wuchsen die Spannungen zwischen der kommunistischen Regierung unter Präsident Nabiev und oppositionellen Gruppen. In diesem Konflikt entluden sich politischen, religiösen und regionale Gegensätze. Im Zuge der gewaltsamen Eskalation 1992 verlor Nabiev seine Macht. Nach einer kurzen Übergangszeit wurde Emomali Rahmon zuerst Vorsitzender des Obersten Sowjets Tadschikistans (1992), später Staatspräsident (1994). Innertadschikische Gespräche unter russischer und iranischer Vermittlung führten am 17.09.1994 zu einem Waffenstillstand (Dokument von Teheran). Der Bürgerkrieg wurde mit Unterzeichnung des "Allgemeinen Abkommens über Frieden und Nationale Versöhnung in Tadschikistan" durch Präsident Rahmon und Oppositionsführer Nuri am 27.06.1997 in Moskau beendet. Zum Vorsitzenden der mit der Umsetzung der Friedensvereinbarungen beauftragten Nationalen Versöhnungskommission (NVK) wurde der 2006 verstorbene UTO-Chef Nuri gewählt. Zu den wichtigsten Ergebnissen der NVK-Tätigkeit zählen die Rückführung aller tadschikischen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Afghanistan, der Austausch der Kriegsgefangenen und eine Amnestie für bürgerkriegsbedingte Straftaten. Der Opposition wurde eine 30-Prozent-Quote an hohen Regierungsämtern eingeräumt. Nach Aufhebung des Verbots der Parteien und politischen Gruppierungen der UTO am 12.08.1999 konnten sich diese und andere Parteien registrieren und am politischen Leben teilnehmen. Seit der 2006 erfolgten Entlassung des damaligen Katastrophenschutzministers Mirzo Ziyoyev wurden prominente Regierungsämter nicht mehr mit Politikern der Opposition besetzt. Die Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (PIWT), ehemals Teil der Vereinigten Tadschikischen Opposition, wird der Unterstützung eines Putschversuchs im September 2015 bezichtigt und wurde auf Grundlage dieses Vorwurfs verboten. Tadschikistan hat ein Zweikammer-Parlament mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren. Die Abgeordneten des Unterhauses werden laut Verfassung in gleicher, freier, direkter und geheimer Wahl gewählt. Es gilt ein gemischtes Mehrheits- und Verhältniswahlrecht sowie eine Fünfprozent-Klausel. Die Abgeordneten des Oberhauses werden zum Teil von den Regionen entsandt, zum Teil vom Staatspräsidenten ernannt. Die Präsidentschaftswahlen am 06.11.2013 gewann Staatspräsident Rahmon nach offiziellen Angaben mit 86,6 Prozent der Stimmen; seine derzeitige Amtszeit endet 2020. Am 01.03.2015 fanden Parlamentswahlen statt. Im Mai 2016 wurden in einem Referendum mehrere Verfassungsänderungen angenommen, darunter die Möglichkeit einer lebenslangen Präsidentschaft Rahmons sowie die Senkung des Mindestalters für das Präsidentenamt auf 30 Jahre. Im Januar 2017 übernahm Rustam Emomali, Sohn des Staatspräsidenten, das Bürgermeisteramt der Hauptstadt Duschanbe (AA Innenpolitik März 2018).

Die Republik Tadschikistan stellt sich nach außen hin, von ihrer 1994 angenommenen Verfassung her gesehen, als ein eng an westlichen Vorbildern und Werten orientiertes Staatswesen dar - mit Gewaltenteilung, Parlament, Mehrparteiensystem und freien Wahlen, mit Presse-, Meinungs-, und Versammlungsfreiheit... Lediglich die starke, überwiegend in den Händen des Präsidenten konzentrierte Exekutive sticht bei den Regelungen der Verfassung ins Auge. Praktisch gesehen aber kommt den nominell anderen Gewalten und Organen des Staats gegenüber dem autoritären, klientelistischen und patriarchalen Regime, das ganz auf den Präsidenten und seinen mächtigen präsidialen Apparat zentriert ist, keine eigenständige Bedeutung zu. Nicht nur bei der Regierung sondern auch bei der Verwaltung, dem Justizapparat und den Sicherheitsorganen liegt die Besetzung der Schlüsselposten in der Hand des Präsidenten und lässt mithin im Zweifelsfall die nötige Unabhängigkeit - bis hinauf zum Verfassungsgericht - und rechtsstaatliches Handeln einschlägiger Institutionen missen. Die Rolle des Parlaments - Majlisi Oli, das sich seit 1999 in ein Oberhaus (Majlisi Milli) mit ernannten Deputierten und ein alle fünf Jahre neugewähltes Unterhaus (Majlisi Nemoyandagon) teilt - erscheint hinsichtlich seiner legislativen Funktion weitgehend auf die periodische Verabschiedung anderweitig vorgefertigter Gesetzesentwürfe reduziert. Dem Justizapparat mangelt es an Unabhängigkeit. Die formal gegebene Kompetenzenteilung durch die administrative Gliederung in fünf Provinzen (1. die Hauptstadt Duschanbe als eigenständige Einheit innerhalb des Gebiets der 2. von ihr aus verwalteten Bezirke, die der Republik unterstellt sind; 3. Sughd; 4. Chatlon; 5. die Autonome Provinz Berg-Badachschan ), welche sich wiederum in Bezirke (nohija) und jene in Dorfgemeinschaften (dschamoat) untergliedern, verblasst hinter einem allerorten spürbaren Zentralismus (LIP Geschichte und Staat März 2018).

(CIA, Central Intelligence Agency, The World Factbook, Tajikistan, last update 24.04.2018,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ti.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Überblick, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/ueberblick

AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat)

Sicherheitslage

Aufgrund von verstärkten und voraussichtlich andauernden Kampfhandlungen im Großraum Faizabad (Afghanische Provinz Badachschan) wird bis auf weiteres von Reisen in den tadschikischen Grenzbezirk Ischkaschim (Autonomer Oblast Gorno Badachshan) abgeraten. Zudem kann es an der Grenze zu Afghanistan vereinzelt zu Schusswechseln zwischen afghanischen Drogenschmugglern und Angehörigen der tadschikischen Grenztruppen und der Drogenkontrollbehörde kommen. Fahrten nahe der Grenze zu Afghanistan sollten nur nach vorheriger Information über die aktuelle Sicherheitslage und unter größtmöglicher Umsicht durchgeführt werden. Es wird dringend davor gewarnt, die unzureichend demarkierte und bisweilen ungesicherte afghanisch-tadschikische Grenze illegal zu überschreiten, um z.B. auf afghanischem Territorium Fotos für Soziale Netzwerke zu erstellen. Darüber hinaus ist es seit Anfang 2014 im Grenzgebiet zwischen Tadschikistan und Kirgisistan wiederholt zu bewaffneten Auseinandersetzungen teilweise mit Todesopfern gekommen. Ausländische Reisende waren zwar nicht betroffen, dennoch sind auch hier Vorsicht und Wachsamkeit geboten. Das Risiko terroristischer Anschläge auch auf westliche Einrichtungen erscheint derzeit weiterhin gering, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es wird daher weiterhin zur Vorsicht und Wachsamkeit aufgerufen (AA Reise- und Sicherheitshinweise 27.04.2018).

Von eigenen nächtlichen Überlandfahrten sollte wegen verbreiteter Erscheinungen grob mangelhafter Verkehrssicherheit abgesehen werden - in ganz besonderem Maße im grenznahen Gebiet zu Afghanistan (Schmuggler und Grenzschutz im Einsatz [LIP Alltag März 2018]).

Von Reisen in die unmittelbaren Grenzgebiete zu Usbekistan und Kirgisistan wird abgeraten, es ist Vorsicht und Wachsamkeit geboten. Die Grenze ist stellenweise vermint. An der Grenze zu Afghanistan kommt es vereinzelt zu Schusswechsel zwischen afghanischen Drogenschmugglern, tadschikischen Vertretern der Grenztruppen und der Drogenkontrollbehörde. Fahrten nahe der Grenze zu Afghanistan sollten nur nach vorheriger Information über die aktuelle Sicherheitslage unter größtmöglicher Umsicht durchgeführt werden. Das Risiko terroristischer Anschläge auf westliche Einrichtungen erscheint derzeit gering, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es wird allgemein zu erhöhter Vorsicht und Wachsamkeit aufgerufen. In den Grenzgebieten zu Usbekistan und Kirgisistan (Masdcho Tal) hielten sich in der Vergangenheit islamistische Gruppierungen mit potenziell terroristischer Ausrichtung auf (BMEIA 27. 04.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 03.04.2018, Stand 27.04.2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/TadschikistanSicherheit_node.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Alltag, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/alltag

BMEIA, Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Reiseinformation, Tadschikistan, unverändert gültig seit 09.11.2017, Stand 27.04.2018, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tadschikistan)

Justiz

Obgleich das Gesetz eine unabhängige Gerichtsbarkeit vorsieht, übt die Exekutive Druck auf Staatsanwälte, Verteidiger und Richter aus. Korruption und Ineffizienz stellen erhebliche Probleme dar (USDOS 20.04.2018).

Die Gerichtsbarkeit in der Republik Tadschikistan ist laut Gesetz zwar unabhängig und organisatorisch abgegrenzt, in der Praxis ist sie jedoch weitgehend der Exekutive untergeordnet. Der Staatspräsident kontrolliert durch sein verfassungsmäßiges Prärogativ die Richter und den Generalstaatsanwalt zu ernennen bzw. zu entlassen die Justiz. Die Gerichte werden in ihrer Spruchpraxis durch die Staatsanwaltschaft beeinflusst. Bezüglich Einfluss und politischer Macht steht die Staatsanwaltschaft über den Gerichten. In politisch heiklen Fällen urteilen die Richter gemäß den Anweisungen mächtiger Beamter der Präsidialverwaltung oder des Geheimdienstes (BTI 2018).

Dem Justizapparat mangelt es an Unabhängigkeit. Rechtsstaatlichkeit ist nur sehr bedingt gewährleistet; Repressionen sind zu einem konstanten Wesensmerkmal des Regimes geworden. Korruption, Patronage und Nepotismus genießen unter der Regierung, in Verwaltung und Justiz hohe Verbreitung. Eine überraschende Präsidentenschelte in diese Richtung von Anfang 2012 und damit verbundene Postenumbesetzungen werden an der Situation schwerlich etwas Grundlegendes geändert haben, da Rahmon, seine Familie und Günstlinge selbst als tief in derlei Netzwerke verstrickt gelten (LIP Geschichte und Staat März 2018).

(USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper

BTI, Bertelsmann Stiftung Transformation Index, Tadschikistan, Country Report 2018,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/TJK

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat)

Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium ist vorrangig für die Erhaltung der Öffentlichen Ordnung zuständig und leitet die Polizei. Die Drogenkontrollbehörde, die Antikorruptionsbehörde und die staatliche Steuerbehörde können spezifischen Straftaten verfolgen und berichten dem Präsidenten. Das Staatskomitee für Nationale Sicherheit (GNKB) ist für den Nachrichtendienst verantwortlich, kontrolliert den Grenzschutz und untersucht Fälle von vermeintlichen extremistischen Aktivitäten im politischen oder religiösen Bereich, Fälle von Menschenschmuggel und politisch sensible Fälle. Die Zollbehörde berichtet direkt dem Präsident. Die Generalstaatsanwaltschaft beaufsichtigt die strafrechtlichen Untersuchungen die von zuständigen Behörden durchgeführt werden. Es kommt zu beträchtlichen Überlappungen bei der Zuständigkeit. Die Vollzugsbehörden unterstehen dem GNKB und sind bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht effizient, da kriminelle Banden über Beziehungen in hohen Regierungskreisen und Sicherheitsbehörden verfügen (USDOS 20.04.2018).

Straffreiheit bei Behörden stellt weiterhin ein gravierendes Problem dar. Während Behörden geringe Anstrengungen unternehmen um Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, gibt es weiterhin Berichte von Folter und Misshandlungen von Häftlingen. Die Kultur von Straffreiheit und der Korruption behindern die Ermittlungen und die Strafverfolgung (USDOS 20.04.2018).

(USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper)

Korruption

Auf einer Pressekonferenz der Agentur für Finanzkontrolle und den Kampf gegen Korruption wurde am 15.02.2018 bekannt, dass 2017 im Ministerium für Bildung und Wissenschaft die meisten Korruptionsfälle (70) aufgedeckt wurden, gefolgt vom Gesundheitsministerium (60) und dem Innenministerium mit 57 (ZA 122 23.02.2018).

Zwei problematische Wirtschaftsfaktoren von unbestimmter Größe stellen seit Jahren Korruption und Drogenhandel dar. 2007 wurden rund 5,2 Tonnen Rauschgift, darunter 2,5 Tonnen Opium und 1,5 Tonnen Heroin konfisziert, 2010 waren es 4 Tonnen Rauschgift, darunter 1 Tonne Heroin, und 2013 wurden nach Angaben der Drogenkontrollagentur Tadschikistans 6,6 Tonnen beschlagnahmt und 2016 3,5 Tonnen. Dies wird auf einen nur geringen Anteil an derjenigen Menge von Drogen geschätzt, die das Land im Transit von Afghanistan her passieren. So wird in einer vom UNODC 2012 vorgelegten Studie angenommen, dass 2010 75-80 Tonnen Heroin und 18-20 Tonnen Opium ihren Weg über Tadschikistan genommen haben. Eine andere, 2014 angefertigte Studie bestätigt diese Ergebnisse und hält zudem fest, dass die Einnahmen aus Drogenhandel sich auf mindestens 30% des BIP belaufen und Tadschikistan hinsichtlich seiner registrierten Drogenkriminalität die niedrigste Rate in Zentralasien aufweist. Transparency International listet Tadschikistan im Corruption Perceptions Index für 2017 auf Platz 161 von 180. Eine 2007 vom UNDP veröffentlichte Studie zur Schattenwirtschaft beziffert den informellen Sektor für 2005 auf 60,93% des BIP (32,98% Steuerhinterziehungen, 14,74% Eigenproduktion und -konsum von Nahrungsmitteln, 13,21% Schwarzarbeit und Tauschgeschäfte), wobei Einkünfte aus kriminellen Aktivitäten bei dieser Studie nicht berücksichtigt wurden. Nach neueren Schätzungen des IWF belief sich 2012 das Volumen der Schattenwirtschaft auf rd. 30% des BIP, also etwa 2 Mrd. US$; allerdings war dann für 2013 schon wieder von über 50% die Rede. Bei der Bewertung des Risikos von Geldwäsche durch den Basel AML Index für 2017 ist Tadschikistan auf Platz 4, also mit an der Spitze unter den dort gelisteten 146 Ländern zu finden. Zur Frage der Korruption im Land hat das Strategische Forschungszentrum unter dem Präsidenten 2006 einen eigenen Survey der öffentlichen Meinung vorgelegt und 2010 dazu eine Nachfolgeuntersuchung durchgeführt. Aus letzterer geht hervor, dass seit 2006 der Anteil korrupter Dienstleistungen von 60% auf 83% gestiegen war, das Risiko in eine Bestechungssituation zu geraten von 31% auf 46%, und Forderungen nach Bestechung waren von 25% auf 40% gewachsen. Als korrupteste Strukturen gelten: die Verkehrspolizei (32,3%), medizinische Einrichtungen (30,6%), Institutionen für Höhere Bildung (23,9%) und die Antikorruptionsbehörde (21,4%). In den letzten Jahren wurde seitens der Tadschikischen Regierung zumindest formal einiges gegen Korruption unternommen. Valide Hinweise auf eine grundlegende Veränderung der Situation liegen aber nicht vor, wie z.B. auch ein OECD-Bericht von 2014 zum Stand der Anti-Korruptionsreformen in Tadschikistan und ein Update dazu von 2016 sowie ein weiteres von Ende 2017 erkennen lassen. Zwar sind angemahnte Veränderungen an der Gesetzeslage vorgenommen worden, aber der Frühjahr 2017 losgetretene Skandal um die Antikorruptionsbehörde wirft etliche praktische Fragen auf (LIP Wirtschaft März 2018).

Am 23.01.2017 wurde Sulajmon Sultonsoda neuer Chef der Agentur für den Kampf gegen Korruption, der bis zu seiner Ernennung zum Bürgermeister von Duschanbe in der Vorwoche Rachmons Sohn Rustam Emomali vorgestanden hatte (ZA 110 24.02.2017)

Staatliche Verfolgung von Korruption erfolgt fast ausschließlich aus politischen Gründen auf den unteren Ebenen der staatlichen Verwaltung, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft (BTI 2018). Im Corruption Perceptions Index 2017 von Transparency International liegt Tadschikistan auf Platz 161 von 180 bewerteten Ländern (TI 2017).

Das Gesetz sieht Sanktionen nach dem Strafrecht für bestechliche Beamte vor, doch setzt die Regierung dieses Gesetz nicht effektiv um. Beamte sind häufig in korrupte Praktiken verwickelt und kommen ungestraft davon. Korruption kommt im Bildungsministerium systematisch vor. Für die Zulassung zu den prestigeträchtigsten Hochschulen des Landes müssen Studenten tausende Somoni (hunderte Dollar) an Schmiergelder zahlen. Studenten bezahlen oft zusätzlich Bestechungsgelder um gute Prüfungsnoten zu erhalten. Viele Verkehrspolizisten behalten sich Bußgelder, welche für sie Verwaltungsübertretungen eingenommen haben. Das Problem ist verbreitet und zum Teil eine Folge der niedrigen Gehälter der Verkehrspolizei. Viele Verkehrspolizisten sollen selbst Bestechungsgelder für ihre Aufnahme bezahlt haben und versuchen sich auf diese Weise bei motorisierten Verkehrsteilnehmern schadlos zu halten. Das Innenministerium, die Antikorruptionsbehörde und das Büro des Generalstaatsanwalts sind für die Verfolgung, Verhaftung und Anklageerhebung von als korrupt verdächtigen Beamter zuständig. Die Regierung gesteht Probleme mit Korruption ein und unternahm einige Maßnahmen zur Bekämpfung, darunter Beamten unteren Ebenen wegen Annahme von Bestechungsgeldern vor Gericht zu bringen (USDOS 20.04.2018).

Am 04.02.2017 berichtet in einem Interview mit dem tadschikischen Dienst von RFE/RL der oberste Auditor der Rechnungskammer, dass sieben Mitarbeiter lokaler Behörden in Bochtar (Gebiet Chatlon), Kanibadam (Gebiet Sogd), Ruschan (Autonomes Gebiet Berg-Badachschan, GBAO) und Kurgan-Tjube (Gebiet Chatlon) wegen des Vorwurfs der missbräuchlichen Verwendung von Haushaltsmitteln entlassen und weitere 200 disziplinarisch zur Verantwortung gezogen wurden (ZA 110 24.02.2017).

Zum Nachfolger auf dem machtpolitisch bedeutsamen Bürgermeisterposten ernannte der Präsident seinen eigenen ältesten Sohn Rustam Emomali, einen jungen Mann (er wird Ende 2017 30 Jahre alt), der mit einer zweifelerweckenden Reputation ausgestattet ist, seit 2013 als Leiter der Zollbehörde und seit März 2015 als Chef der Antikorruptionsbehörde fungiert hatte, wobei letztere bemerkenswerterweise unmittelbar danach ihrerseits heftig in die Schusslinie des Präsidenten geraten ist (LIP Geschichte und Staat März 2018).

Am 14.06.2017 berichtete der tadschikische Dienst von RFE/RL, dass bereits zwei Wochen zuvor Chursched Dschabborsoda, stellvertretender Leiter einer Abteilung der Generalstaatsanwaltschaft, unter Korruptionsverdacht verhaftet wurde. Am 20.06.2017 meldete der tadschikische Dienst von RFE/RL die Verhaftung eines weiteren hochrangigen Ex-Mitarbeiters der Agentur zur Finanzkontrolle und für den Kampf gegen Korruption. Kosim Saidsoda war in leitender Funktion in der Hauptverwaltung für den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität tätig (ZA 114 30.06.2017).

Der tadschikische Dienst von RFE/RL berichtete am 22.01.2018, dass als Maßnahme im Kampf gegen Korruption in allen Räumen und Korridoren des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Handel Videokameras installiert wurden (ZA 122 23.02.2018).

(ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr.114, 30.06.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen114.pdf

BTI, Bertelsmann Stiftung Transformation Index, Tadschikistan, Country Report 2018,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/TJK

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, Tajikistan, http://www.transparency.org/country/TJK

ZA, Zentralasien-Analyse, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 110, 24.02.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen110.pdf

USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Wirtschaft und Entwicklung, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/wirtschaft-entwicklung

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 122, 23.02.2018,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen122.pdf

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat)

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

2009 wurde ein "Beauftragter der Regierung für die Wahrung der Menschenrechte" - ein sogenannter Ombudsmann - per Dekret des Präsidenten eingesetzt; seine Wirkungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt (AA Innenpolitik März 2018).

Ebenso wie bei den Medien ist das Wirken von tadschikischen NGOs mittlerweile stark reglementiert, zunächst durch eine Novelle des Vereinsrechts, welche u.a. eine Neuregistrierung aller NGOs bis Januar 2008 verlangte, und jüngst (2015) durch eine Verschärfung des Gesetzes, das nun u.a. eine Offenlegung ihrer Finanzierung verlangt. Die Aktivitäten von NGOs sind zumeist - auch im Fall des Eintretens für Pressefreiheit - von außen, durch internationale Organisationen inspiriert und gefördert, so z.B. vom Open Society Institute, das auch in Tadschikistan eine Zweigstelle unterhält, und anderen us-amerikanischen Stiftungen, von UN-Organisationen oder auch von der OSZE, die seit 1994 mit einer Langzeitmission (Oktober 2002 in ein OSZE-Zentrum, Juni 2008 in ein OSZE-Büro in Tadschikistan umgewandelt und schließlich Juli 2017 [auf Drängen der Tadschikischen Regierung] zu einem OSZE-Programmbüro in Duschanbe herabgestuft) vor Ort vertreten ist (LIP Geschichte und Staat März 2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat)

Menschenrechte

Im Vergleich zur Zeit des Bürgerkriegs hatte sich die Menschenrechtslage zunächst verbessert. Tadschikistan hat alle wichtigen Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert. 2009 wurde ein "Beauftragter der Regierung für die Wahrung der Menschenrechte" - ein sogenannter Ombudsmann - per Dekret des Präsidenten eingesetzt; seine Wirkungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt. Defizite bestehen in den Bereichen Freiheit der Medien, Rechtsstaatlichkeit, Haftbedingungen sowie innerhalb der Streitkräfte. Verhaftungen von Rechtsanwälten und Politikern im Zusammenhang mit oppositionellen Akteuren wie der Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans verstärken die Sorge über Rückschritte. Das Verhältnis zum Islam, dem 98% der tadschikischen Bevölkerung angehören, ist von Kontrollbemühungen der Regierung und dem Zurückdrängen fundamentalistischer Einflüsse gekennzeichnet. Damit wird versucht, dem wachsenden Einfluss radikaler Strömungen entgegenzuwirken. Eine Grundlage bildet das 2009 in Kraft getretene "Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen", das von OSZE und EU in vielen Punkten kritisiert wurde (AA Innenpolitik März 2018).

Polizei und Sicherheitsbehörden verfolgen Menschenrechtsanwälte und deren Familien (AI 22.02.2018).

Die Arbeit der Zivilgesellschaft wird durch selektive Justiz und willkürliche Anwendung bestehender Regularien und Gerichtsurteile in Einzelfällen behindert. Seit dem Jahr 2012 wurde eine rechtlich wirksame Definition der Folter in den Gesetzeskanon aufgenommen, die Strafen für Folter wurden verschärft und inzwischen auch einzelne Fälle vor Gericht gebracht und abgeurteilt. Tadschikistan hatte 2012 den Sonderberichterstatter für Folter sowie den Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit der Hochkommissarin für Menschenrechte eingeladen und gewährte ihnen im Rahmen ihrer Besuche weitgehend freien Zugang zu Haftanstalten und anderen geschlossenen Institutionen(AA Innenpolitik März 2018).

(AI, Amnesty International, Report 2017/18, The State of the World's Human Rights, Tajikistan, 22.02.2018, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/tajikistan/report-tajikistan

AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html)

Todesstrafe

Tadschikistan hat die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe kraft Gesetzes mit Rückwirkung zum 30.04.2004 ausgesetzt. Für Frauen ist die Todesstrafe gänzlich abgeschafft (AA Innenpolitik März 2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html)

Grundversorgung

Die volkswirtschaftliche Struktur ist unter anderem geprägt durch die Folgen des Bürgerkriegs, Abwanderung und Arbeitsmigration, die Gebirgslage, geringe fossile Rohstoffvorkommen und eine anhaltend negative Außenhandelsbilanz. Tadschikistan ist der ärmste der fünf zentralasiatischen GUS-Staaten. Nach Angaben der Weltbank lebten 2015 31% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze, 2000 hingegen noch 83%. In wichtigen Feldern wie Korruptionsbekämpfung, Registrierung und Schutz von Privateigentum sowie Wirtschaftsförderung sind weitere Reformschritte nötig. Nach wie vor gibt es keine bedeutende ausländische Direktinvestitionen westlicher Staaten. Auch 2016 ist das BIP (Bruttoinlandsprodukt) in US-Dollar laut Weltbank weiter gesunken, auf 6,95 Mrd. insgesamt und 796 USD pro Kopf. In Landeswährung hingegen lag lt. offiziellen Zahlen ein reales Wachstum von 6,9% vor, ähnliche Werte werden von offiziellen Stellen für 2017 und 2018 erwartet. In den letzten Jahren wurden die Aluminium- und Baumwollproduktion - und damit auch der Export - nicht zuletzt aufgrund deutlich gesunkener Weltmarktpreise stark zurückgefahren. Seit Ende 2014 hat der tadschikische Somoni krisenbedingt deutlich an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren. Bis 2016 gingen die Zahl der tadschikischen Gastarbeiter in Russland und Kasachstan und deren Rücküberweisungen stark zurück. Gleichwohl entsprachen sie 2016 laut Internationalem Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) 29% des BIP (Bruttoinlandsprodukt); einen höheren Wert erzielten weltweit nur Nepal und Liberia. Derzeit reisen wieder mehr Gastarbeiter nach Russland. Die Diversifizierung der heimischen Wirtschaft hat nur punktuell Fortschritte gemacht. Faktoren wie Problemfälle im Bankensektor sich nachteilig auf die ökonomische Entwicklung aus. In den letzten Jahren haben sich einige Länder, vor allem die Volksrepublik China, mit einer Reihe von Infrastruktur-Großprojekten (Energie, Bergbau, Straßenbau) sowie industriellen Investitionen engagiert. Tadschikistan wirbt um Kooperation mit Golfstaaten mit Katar und Saudi-Arabien, die unter anderem Großbauten in der Hauptstadt finanzieren. Verbesserungspotenzial besteht in der Diversifizierung der Wirtschaft und der Stärkung des Bildungssystems sowie des Privatsektors. In den Bereichen Korruptionsprävention, Rechtssicherheit, der Steuerverwaltung und Infrastrukturentwicklung sind weiterhin Fortschritte nötig. Eine positive Entwicklung ist im Agrarbereich zu verzeichnen, wo das Angebot sichtbar gewachsen ist (AA Wirtschaft März 2018).

Am 26.06.2017 wurde bekannt, dass die Regierung vor einigen Wochen die Bildung einer Staatsagentur für Ernährungssicherheit beschlossen hat (ZA 115 28.07.2017).

Ein Blick auf Wirtschaftsdaten Tadschikistans kann nicht mehr als einer groben Orientierung dienen, da 1) ein erheblicher Anteil der tadschikischen Ökonomie sich in Grauzonen abspielt, 2) die Erhebung von Daten durch die nationale Statistikbehörde - eine wichtige Quelle, auch für die multilateralen Geber - noch auf relativ schwachen Beinen steht, und mithin 3) die Angaben häufig auf Fortschreibungen, Schätzungen und Hochrechnungen basieren und nur selten auf einem aktuellen Stand angeboten werden. Die merkliche Verbesserung der Sicherheitslage im Land auf der einen Seite sowie Folgen des "11. September" 2001 auf der anderen Seite unterstützten, dass Tadschikistan mit der Jahrtausendwende gesamtwirtschaftlich gesehen in eine Phase des Wachstums eintrat. Das anhaltende, im Zuge der internationalen Finanzkrise lediglich vorübergehend gebremste Wirtschaftswachstum mag als Indikator einer gewissen Konsolidierung zu verstehen sein, entbehrt aber weitgehend einer soliden Grundlage. Es ist in erster Linie makroökonomisch begründet und basiert zu einem überaus hohen Prozentsatz auf Arbeitsmigration sowie zwei Exportgütern, die beide in bis heute staatseigenen bzw. -kontrollierten Betrieben hergestellt werden: Aluminium (sorgte lange Zeit für rund die Hälfte der Exporterlöse, wobei aber Tadschikistan selbst über keine abbauwürdigen Bauxitvorkommen verfügt, sondern lediglich über eine riesige Aluminiumschmelze aus sowjetischer Zeit), und Baumwolle (macht rd. 15% der Exporterlöse aus). Die Preise für diese Güter auf dem Weltmarkt sind unbeständig. Die einseitige Zusammensetzung der Exporte setzte sich über die Jahre fort (2015 machen Aluminium noch 30% und Baumwolle 9,8% aus), auch wenn in jüngster Zeit hier eine leichte Diversifizierung und statistisch ein zunehmender Anteil des Dienstleistungssektors am BIP zu konstatieren sind, welche aber hinsichtlich der makroökonomischen Stabilität offenbar keine rechte Wirkung zeigen. Ein Wachstumsfaktor, der seit 2004 unversehens zu erheblicher Bedeutung aufgestiegen ist, sind die Rücktransfers tadschikischer Arbeitsmigranten. Aus der Not der Bevölkerung geboren, hat das Phänomen Arbeitsmigration im Lauf der Jahre gewaltige Dimensionen angenommen. 2008 wurde geschätzt, dass von gut 1,5 Mio. Arbeitsmigranten (98% davon nach Russland) an die 2,5 Mrd. US$ (praktisch die Hälfte des BIP) nach Tadschikistan und dort zu einem guten Teil in privaten Konsum, aber auch kleinere Privatinvestitionen geflossen sind. An diesen Verhältnissen hat sich in den darauf folgenden Jahren zunächst wenig geändert. Für 2011 wurde Tadschikistan mit einem Anteil von 47% am BIP in dieser Relation mit weitem Abstand auf Platz 1 derjenigen Länder der Welt gelistet, die Rücktransfers von Arbeitsmigranten empfangen, und dies mit leicht steigender Tendenz wie jüngere Berechnungen ergaben. Mit 2015 hat sich diese Situation jedoch spürbar gewandelt, da Russland einerseits verschärfte Einreisebestimmungen für tadschikische Arbeitsmigranten eingeführt hat (u.a. Visumspflicht, Sprachtest, Gesundheitscheck) und andererseits durch die Ukrainekrise mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, was sich bereits im letzten Quartal 2014 für Tadschikistan bemerkbar gemacht hat: erste Berechnungen der ADB (Anmerkung: Asian Development Bank) ergaben, dass die Rücktransfers um 8,3% gesunken waren. Für das 1. Halbjahr 2015 meldete die Russische Zentralbank, dass die Überweisungen tadschikischer Arbeitsmigranten um 58,6% gesunken seien, wohingegen die Tadschikische Nationalbank von einem Rückgang von 32% sprach; und schließlich gelangte die Russische Zentralbank zu der Feststellung, dass die Rücktransfers im Gesamtjahr 2015 um 67% auf 1,2 Mrd. US$ gefallen seien. Dahingegen geht die Weltbank für 2015 von einem Rückgang auf 28,8% des BIP aus, also ein Sinken der Transfers auf 2,26 Mrd. US$, und für 2016 auf 26,9%. Laut einem Vertreter der Russischen Regierung soll sich 2016 die Summe der Transfers auf 1,9 Mrd. US$ belaufen haben, was mit einer Schätzung der Weltbank von 1,8 Mrd. korelliert, und nach Angaben der Russischen Zentralbank für 2017 auf 2,5 Mrd. US$ (LIP Wirtschaft März 2018). Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Migration vom 19.01.2017 haben 2016 517.300 Arbeitsmigranten Tadschikistan verlassen, 437.000 und damit 12% mehr als im Vorjahr sind zurückgekehrt. Am 12.01.2017 senkt die Weltbank ihre Prognose für die Entwicklung des BIP Tadschikistans wegen des voraussichtlichen Rückgangs der Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten für 2017 um 0,3% auf 4,5%, für 2018 sagt das Institut ein BIP-Wachstum von 5,2% voraus (ZA 109 27.01.2017). Nach Angaben der russischen Zentralbank haben tadschikische Arbeitsmigranten 2017 mehr als 2,5 Mrd. US-Dollar in ihre Heimat rücküberwiesen, über 600 Mio. US-Dollar mehr als 2016 (ZA 123 29.03.2018).

Auch jenseits der aktuell sich abzeichnenden Krise ist die tadschikische Arbeitsmigration langfristig eher als ein wirtschaftlicher Risikofaktor einzustufen (Abhängigkeit vom russischen Markt; hohe soziale Kosten; fehlender (qualifizierter) lokaler Arbeitsmarkt gepaart mit mangelnden Reformen im Privatsektor machen Tadschikistan für Direktinvestoren unattraktiv... [LIP Wirtschaft März 2018]). Im neuesten Index of Economic Freedom 2018 steht Tadschikistan nahezu unverändert auf Rang 106 (von 180), direkt vor der Russischen Föderation (ZA 122 23.02.2018).

Auf dem Gelände des Heizkraftwerkes von Duschanbe wurde am 19.02.2018 die ersten Chargen der insgesamt 10.000 Tonnen Heizöl im Wert von 3,9 Mio. US-Dollar, die Kasachstan Tadschikistan als humanitäre Hilfe zur Verfügung stellt, feierlich übergeben (ZA 123 29.03.2018).

Was die Mittel angeht, so hatte die EU für 2011-2013 noch 321 Mio. €

nachgelegt. Davon sollten jährlich 35 Mio. in die Förderung regionaler Kooperation und gutnachbarschaftlicher Beziehungen fließen sowie 72 Mio. in nationale Hilfsprogramme (Armutsreduzierung, gute Regierungsführung, Wirtschaftsreformen). 29% davon (= 20,7 Mio. € p.a.) waren für Tadschikistan vorgesehen. 2012 beschloss die EU an ihrer Zentralasienstrategie unverändert festzuhalten, und ebenso blieb das Monitoring bei seiner Kritik an deren marginaler Wirkung und der problematischen Verknüpfung von eigenen Sicherheitsinteressen mit Entwicklungspolitik. In ihrer Planung für 2014-2020 hält die EU im bislang geübten Rahmen an ihrem Engagement in Tadschikistan fest und hat dafür ein Gesamtbudget von 251 Mio. € (also 35 Mio. pro Jahr) für Programme in den Bereichen Gesundheit (24,8%), Bildung (29,9%), ländliche Entwicklung (43,8%) und sonstige Unterstützungsmaßnahmen (1,5%) eingeplant. Das Monitoring mahnt weiterhin an, sich besser auf ein paar wenige und dafür wirkungsvolle Maßnahmen zu konzentrieren (LIP Geschichte und Staat März 2018).

Asia-Plus berichtet am 26.02.2018 unter Berufung auf offizielle Statistiken, dass Tadschikistan 2017 humanitäre Hilfe vom mehr als 73,6 Mio. US-Dollar, und damit fast 18 Mio. US-Dollar mehr als 2016, erhalten hat. Größter Geber war China (32,2 %), gefolgt von Russland

(18,65 %). Der deutsche Anteil wird mit 2,7 % angegeben (ZA 123 29.03.2018).

Die dennoch bemerkenswert starke Verminderung der Armutsrate - 2012 soll sie bei 36% und 2016 bei 30,3% gelegen haben - ist in hohem Maße auf die Rücktransfers von Arbeitsmigranten und gestiegene Löhne zurückzuführen, nicht aber auf nachhaltiges Wachstum und neue Arbeitsplätze (LIP Wirtschaft März 2018).

Mietbarer Wohnraum steht insbesondere in der Hauptstadt Duschanbe (von ca. 200 US$ im Monat an aufwärts) in ausreichender Menge zur Verfügung. Eine Suche über Makler oder ein Anzeigenportal ist möglich - empfehlenswerter ist es jedoch, persönliche Kontakte zu nutzen. Die Mietpreise für Ausländer sind vergleichsweise überhöht. Vorsicht ist bei der Lage, Ausstattung und dem Zustand von Wohnraum angebracht, was insbesondere die Wasser- und Stromversorgung angeht sowie die Frage der Heizmöglichkeiten im Winter. Die Wohnungssuche auf dem Lande kann sich schwierig gestalten. Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs werden in den größeren Städten in genügender Menge und Vielfalt angeboten, wobei westliche Produkte - etwa in Supermärkten der Hauptstadt - recht teuer gehandelt werden. In ländlichen Gebieten ist die Produktvielfalt erheblich reduziert. Die Auswahl und das Angebot an frischen Lebensmitteln auf den Märkten, wo sich insbesondere auch alles für die tadschikische Küche finden lässt, sind saisonalen und/oder Import-Schwankungen unterworfen. Alles in allem aber zählt Duschanbe zu den Orten der Welt mit relativ niedrigen Kosten für die Lebenshaltung (LIP Alltag März 2018).

Am 04.05.2017 stellt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) tadschikischen Kreditinstituten 7 Mio. Euro zur Finanzierung des Baus von Wohnhäusern in ländlichen Siedlungen zur Verfügung. Der entsprechende Vertrag wird von Nematullo Chikmatullosoda, Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, und Kristin Laabs, Direktorin der KfW-Vertretung in Tadschikistan, unterzeichnet (ZA 112-113 26.05.2017).

Noch in den 1990er Jahren führte Tadschikistan ein Konzept zur Reformierung des Sozialsystems ein. Im April 2014 publizierte die W

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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