TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/3 W270 2171076-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2018
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Entscheidungsdatum

03.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W270 2171076-1/11E

Schriftliche Ausfertigung des am 22.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Günther GRASSL über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch: den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2017, Zl. XXXX , betreffend eine Angelegenheit nach AsylG 2005 und FPG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: "Beschwerdeführer") stellte am 06.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.08.2016 gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass seine Eltern tot seien und er als Afghane im Iran keine Recht gehabt habe, so habe er sich beispielsweise nicht weiterbilden dürfen. Im Iran verfüge er über keine Aufenthaltsberechtigung und in Afghanistan habe er niemanden mehr.

3. Bei seiner Einvernahme am 26.07.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: "belangte Behörde"), gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine Asylantragstellung befragt zusammengefasst an, dass er im Iran im Alter von zwölf Jahren auf sich alleine gestellt gewesen sei und arbeiten hätte müssen, weil sowohl seine Eltern als auch sein Onkel bereits verstorben gewesen seien. Dokumente um legal im Iran aufhältig zu sein habe er nicht besessen. Deswegen habe der Beschwerdeführer in ständiger Angst vor den iranischen Behörden gelebt, weil er befürchtet habe, dass diese ihn zurück nach Afghanistan schicken. Er habe in einer Schneiderei gearbeitet. Dort hätte es auch Kontrollen durch die iranischen Behörden gegeben, einmal sei er auch festgenommen worden. Sein Arbeitgeber hätte aber Schmiergeld für ihn bezahlt, weswegen er wieder freikam. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers hätte ihm geraten, nach Europa zu fliehen, weil er von den iranischen Behörden sonst nach Afghanistan oder nach Syrien in den Krieg geschickt werden würde. Der Beschwerdeführer sei dann ausgereist.

4. Die belangte Behörde wies den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m.

§ 2 Abs. 1 Z 13 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: "AsylG 2005") (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) mit Bescheid vom 28.04.2017 ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m.

§ 9 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: "BFA-VG"), wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: "FPG") erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III. und IV.).

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine aktuelle, individuelle Bedrohungs- bzw. Gefährdungslage welcher er in Afghanistan ausgesetzt sein könnte glaubhaft vorgebracht habe. Er könne sich bei einer Rückkehr nach Kabul, als arbeitsfähiger und gesunder junger Mann, selbst versorgen. Er habe weder familiäre noch private Beziehungen in Österreich vorgebracht, die eine enge Bindung darstellen könnten.

5. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werden die wesentlichen Bescheiderwägungen wiedergegeben und insbesondere auf einen Bericht der AGEs betreffend Zwangsrekrutierung und auf eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan betreffend die Lage der Hazara verwiesen.

6. Am 22.06.2018 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt in deren Rahmen der Beschwerdeführer insbesondere zu einer möglichen Rückkehr sowie seinem Leben in Österreich einvernommen wurde und außerdem weitere Urkunden zur Integration vorlegte. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden außerdem weitere länderkundliche und sonstige Informationen in das Verfahren eingeführt, zu denen der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Stellungnahme abgab. In dieser wird insbesondere auf die Sicherheitslage in Kabul sowie die wirtschaftliche Situation der Rückkehrer eingegangen. Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis verkündet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Identität, Herkunft und Sprachkenntnisse:

Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und ist Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan. Er wurde am XXXX in der Stadt Teheran im Iran geboren und ist auch dort aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat nie in Afghanistan gelebt.

Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Neben dieser Sprache hat der Beschwerdeführer noch Kenntnisse der Sprachen Farsi und Deutsch (s. dazu unten Pkt. 1.3.).

1.1.2. Volksgruppe und Religion:

Der Beschwerdeführer gehört der afghanischen Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam.

1.1.3. Familiäre Situation und wirtschaftliche Lage:

Die Eltern des Beschwerdeführers stammen ursprünglich aus der Provinz Uruzgan. Die Familie wanderte jedoch noch vor der Geburt des Beschwerdeführers nach Teheran in den Iran aus. Seine Eltern sowie auch sein Onkel sind bereits in dessen Kindheit im Iran verstorben. Die Tante des Beschwerdeführers ist nach dem Tod seines Onkels aus dem Iran ausgereist. Der Beschwerdeführer hat drei Cousins. Zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Vermögen.

1.1.4. Schulbildung, Ausbildung und Berufserfahrung:

Der Beschwerdeführer hat im Iran drei Jahre lang eine Schule besucht und verfügt über eine dort erworbene, jedenfalls fünfjährige Arbeitserfahrung im Schneidergewerbe. Bei letzter Tätigkeit nahm er nach einer Lehre unter anderem Schneide- und Nähtätigkeiten vor. Mit seiner Tätigkeit aus dem Schneidergewerbe verdiente sich der Beschwerdeführer im Iran seinen Lebensunterhalt.

1.1.5. Gesundheitszustand:

Der Beschwerdeführer ist gesund. Er nimmt keine Medikamente ein.

1.1.6. Ausreise aus dem Iran und Antragstellung in Österreich:

Der Beschwerdeführer hat den Iran Ende 2015 bzw. Anfang 2016 verlassen und stellte schließlich am 06.07.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat den Iran nach Europa verlassen, weil er dort als Afghane unterschiedliche Probleme hatte: So gab es aufgrund fehlender Dokumente Schwierigkeiten mit den iranischen Behörden. Er wurde von diesen bei einer Kontrolle mitgenommen, es musste etwa Schmiergeld bezahlt werden. Ihm wurde von seinem dortigen Arbeitgeber im Schneidergewerbe gesagt, dass er möglicherweise nach Syrien in den Krieg geschickt werde. Dieser hat ihm auch geraten, den Iran zu verlassen.

1.3. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer lebt in einer Unterkunft in XXXX .

In Österreich leben weder Verwandte noch sonstige nahe Angehörige des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat bereits eine Prüfung für das Sprachniveau A1 in Deutsch abgelegt. Bis 24.01.2018 besuchte er einen Deutschkurs für das Sprachniveau A2, Teil 2 und bis 25.04.2018 täglich einen angebotenen Deutschunterricht. Der Beschwerdeführer ist in der Lage, auf elementarer Ebene in einfachen routinemäßigen Situationen des Alltags- und Berufslebens auf Deutsch zu kommunizieren. Außerdem hat er einen Werte- und Orientierungskurs besucht.

Des Weiteren ist der Beschwerdeführer Mitglied einer Jugendgruppe des Österreichischen Roten Kreuzes sowie im örtlichen Fußballverein.

Er war in seiner Heimatgemeinde auch bereits ehrenamtlich tätig. So hat der Beschwerdeführer mehrere Tage freiwillig bei der großen Kirchensanierung der röm. kath. Pfarrkirche mitgeholfen und freiwillige Arbeiten in der Flüchtlingsherberge durchgeführt. Er hilft außerdem sowohl bei der jährlichen Wegsäuberung der Gemeinde als auch beim Integrationsverein mit.

Der Beschwerdeführer besuchte im Zeitraum von 15.10.2016 bis 17.12.2016 den Kurs "Fi XXXX " der OÖ Hilfswerk GmbH.

In seiner Freizeit spielt der Beschwerdeführer Fußball mit seinen österreichischen und türkischen Freunden, " XXXX ", " XXXX ", " XXXX ", " XXXX ", " XXXX ", " XXXX " und " XXXX ", oder sie schauen Filme.

Sein soziales Umfeld bezeichnet den Beschwerdeführer als freundlich, respektvoll und hilfsbereit.

Er war bisher in Österreich nicht erwerbstätig. Er lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Ferner verfügt er über keine Einstellzusage.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

1.4. Zur persönliche Situation des Beschwerdeführers bei Rückkehr nach Afghanistan:

Bei Rückkehr nach Afghanistan insbesondere am Ort der Rückkehr, der Stadt Kabul, ist der Beschwerdeführer weder einer Gefährdung wegen seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit noch als Rückkehrer aus dem Westen ausgesetzt.

Für den Beschwerdeführer besteht die Möglichkeit, Rückkehrhilfe zu beziehen:

Von 01.01.2017 bis 31.12.2019 implementiert die Internationale Organisation für Migration (IOM), Landesbüro für Österreich, das Projekt "RESTART II - Reintegrations-unterstützung für Freiwillige Rückkehrerinnen und Rückkehrer nach Afghanistan und Iran". Das Projekt wird durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union und das Österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert.

Im Rahmen des Projekts können Drittstaatsangehörige bei ihrer freiwilligen Rückkehr in die Islamische Republiken Afghanistan und Iran sowie bei ihrer nachhaltigen Reintegration im jeweiligen Herkunftsland unterstützt werden.

Das Projekt sieht die Teilnahme von 490 Personen vor. Pro Haushalt kann nur eine Person teilnehmen.

Die Maßnahmen, die die Rückkehrerinnen und Rückkehrer bei ihren Reintegrationsbemühungen unterstützen, werden gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.

IOM setzt im Rahmen des Projekts folgende Maßnahmen um:

Rückkehrunterstützung

* Informationsgespräche vor der Abreise in Österreich;

* Möglichkeit der Erhebung der familiären Situation im Rückkehrland im Falle der Rückkehr von unbegleiteten Minderjährigen;

* Logistische Organisation der Reise (inklusive Kauf des Flugtickets);

* Unterstützung bei der Abreise am Flughafen Wien Schwechat;

* Empfang und Unterstützung bei der Ankunft sowie Organisation der Weiterreise zum endgültigen Zielort in Afghanistan und der Islamischen Republik Iran;

* Temporäre Unterkunft nach der Ankunft im Rückkehrland.

Reintegrationsunterstützung

* Beratung der Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer nach der Rückkehr bezüglich ihrer Möglichkeiten unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten, ihres Ausbildungs- und beruflichen Hintergrunds und ihrer persönlichen Lebenssituation;

* Finanzielle Unterstützung in Form von Bargeld: EUR 500,- für jede Projektteilnehmerin und jeden Projektteilnehmer, um die dringendsten Bedürfnisse direkt nach der freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland abzudecken;

* Unterstützung in Form von Sachleistungen wie

o Unterstützung bei Gründung von oder Beteiligung an einem Unternehmen (z.B. Kauf von Ausstattung, Waren);

o Aus- und Weiterbildung;

o Unterkunft;

o Unterstützung für Kinder;

* Medizinische Unterstützung

* Leitfaden zur Unternehmensgründung und Weitervermittlung zu kostenlosen Business Trainings.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

1.5.1. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist insgesamt nach wie vor volatil; immer wieder erschüttern Attentate das Land und treiben regierungsfeindliche Kräfte ihr Unwesen. Die konkrete Beurteilung der Sicherheitslage variiert von Provinz zu Provinz stark. Die Hauptstadt Kabul und mehrere Provinzhauptstädte, stehen jedoch überwiegend unter staatlichem Einfluss und sind vergleichsweise sicher. Die Taliban haben keine größeren Versuche mehr unternommen, Provinzhauptstädte einzunehmen.

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018 [in Folge: "LIB"], Pkt. 1. "Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen" und 3. "Sicherheitslage")

Rebellengruppen

Allgemeines

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015. Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium.

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden.

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit.

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban. Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen. Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung.

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt. Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben. Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten. Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan).

Der derzeitige Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. Hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour.

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet. Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente. Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar.

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert. Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete. Anfangs wuchs der IS schnell. Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand.

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar. Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen. Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen. Der IS hatte mit Verlusten zu kämpfen. Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan.

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen. Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan.

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan.

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 3. "Sicherheitslage")

Grundversorgungs- und Wirtschaftslage

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können.

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe.

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 21. "Grundversorgung und Wirtschaft")

Rechtsschutz und Justizwesen in Afghanistan

Im Bereich des Rechtsschutzes und des Justizwesens in Afghanistan gibt es legislative Fortschritte; dennoch gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen und werden Dispute überwiegend außerhalb des formellen Justizsystems gelöst. Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, in den ländlichen Gebieten aber schwächer ausgeprägt. Dem Justizsystem mangelt es an Leistungsfähigkeit, teils mangels qualifizierten Personals (insbesondere in ländlichen Gebieten), teils wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit von Gesetzestexten; die Situation bessert sich jedoch. Innerhalb des Gerichtswesens ist auch Korruption vorhanden und sind Richterinnen und Richter und Anwältinnen und Anwälte oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffnete Gruppen.

(Zusammenfassung aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 4. "Rechtsschutz/Justizwesen")

Sicherheitsbehörden in Afghanistan

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums.

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen; dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt.

Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan's Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen.

Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert, davon 4.228 Frauen.

Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2%.

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption und die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31.5.2016 beträgt die Stärke der ANP etwa 148.000 Mann. Dies beinhaltet nicht die rund 6.500 Auszubildenden in Polizeiakademien und andere die Ausbildungszentren landesweit ausgebildet werden. Frauen machen sind mit etwa 1.8% in der ANP vertreten. 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind.

Die Personalstärke der ALP beträgt etwa 28.800 Mann; zusätzlich autorisiert sind weitere 30.000 Mann, welche nicht in der allgemeinen ANDSF-Struktur inkludiert sind. Aufgabe der ALP ist, Sicherheit innerhalb von Dörfern und ländlichen Gebieten zu gewährleisten - indem die Bevölkerung vor Angriffen durch Aufständische geschützt wird, Anlagen gesichert und lokale Aktionen gegen Rebellen durchgeführt werden.

Die monatlichen Ausfälle der ANP betragen über die letzten Jahre relativ stabil durchschnittlich 1.9%.

Afghanische Nationalarmee (ANA)

Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit verantwortlich, primär bekämpft sie den Aufstand im Inneren (USDOS 13.4.2016).

Mit Stand 31. Mai 2016 betrug der autorisierte Personalstand der ANA 171.000 Mann, inklusive 7.100 Mann in den Luftstreitkräften (Afghan Air Force - AAF); etwa 820 Frauen sind in der ANA, inklusive AAF. Die Ausfälle in der ANA sind je nach Einheit unterschiedlich. Die allgemeine Ausfallsquote lag unter 3%, gegenüber 2,5% in der letzten Berichtsperiode. Die Einheiten der Luftstreitkräfte und der afghanischen Spezialeinheiten (ASSF) hielten weiterhin die niedrigsten Ausfallsquoten und die höchsten Verbleibquoten aller ANDSF-Teile.

Die Vereinigten Staaten von Amerika errichteten fünf Militärbasen in: Herat, Gardez, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul.

Resolute Support Mission

Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO-geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene, sowie in höheren Ebenen der Armee und Polizei. Die personelle Stärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 (durch NATO und anderen Partnernationen). Das Hauptquartier ist in Kabul (Bagram), mit vier weiteren Niederlassungen in: Mazar-e-Sharif, Herat, Kandahar und Laghman.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 5. "Sicherheitsbehörden")

Folter und unmenschliche Behandlung

Laut afghanischer Verfassung ist Folter verboten (Art. 29). Fälle von Folter durch Angehörige der Polizei, des NDS und des Militärs sind nachgewiesen und werden von den jeweiligen Behörden zumindest offiziell als Problem erkannt.

Generell sind Frauen und Kinder in Polizeigewahrsam und Haftanstalten besonders in Gefahr, misshandelt zu werden. In jüngerer Vergangenheit wurden im Zusammenhang mit Häftlingen, die im Zuge des bewaffneten Konfliktes in Afghanistan festgenommen wurden, grobe Missstände aufgedeckt.

Im Jänner 2015, startete Präsident Ghani einen Nationalen Aktionsplan zur Eliminierung von Folter; das dafür zuständige Komitee wurde im Mai 2015 gegründet. Im November 2015, war das Justizministerium dabei ein neues Anti-Folter-Gesetz zu erarbeiten. Von diesem wird erwartet, weitläufige Bestimmungen zur Wiedergutmachung für Folteropfer zu enthalten. Human Rights Watch zufolge, gab es im Jahr 2016 diesbezüglich keine weiteren Entwicklungen.

Artikel 30 der afghanischen Verfassung besagt, dass Aussagen und Geständnisse, die durch Zwang erlangt worden sind, ungültig sind. Da die Abgrenzung zwischen polizeilicher und staatsanwaltlicher Arbeit nicht immer gewahrt ist, werden Verdächtige oft lange über die gesetzliche Frist von 72 Stunden hinaus festgehalten, ohne einem Staatsanwalt oder Richter vorgeführt zu werden. Trotz gesetzlicher Regelung erhalten Inhaftierte zudem nur selten rechtlichen Beistand durch einen Strafverteidiger. Schließlich liegt ein zentrales Problem in der Tatsache begründet, dass sich afghanische Richter/innen bei Verurteilungen fast ausschließlich auf Geständnisse der Angeklagten stützen. Das Geständnis als "Beweismittel" erlangt so überdurchschnittliche Bedeutung, wodurch sich der Druck auf NDS und Polizei erhöht, ein Geständnis zu erzwingen. Da die Kontrollmechanismen weder beim NDS noch bei der afghanischen Polizei durchsetzungsfähig sind, erfolgt eine Sanktionierung groben Fehlverhaltens durch Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden bisher nur selten. Allerdings scheint sich die Lage dieser Häftlinge insgesamt verbessert zu haben: rund 35% der Befragten gaben an, gefoltert worden zu sein (im Gegensatz zu 49% im UNAMA-Bericht von Januar 2013).

Im Juni 2015 gab der NDS wiederholt Anweisungen betreffend des Folterverbots, speziell zum Erhalt von Geständnissen.

(Zusammenfassung aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 6. "Folter und unmenschliche Behandlung")

Binnenflüchtlinge

Allgemeines

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern.

Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 4. Februar 2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben. Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren.

Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen.

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben.

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren.

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc.

2017

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden.

2016

Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar.

Flüchtlinge in Afghanistan

Laut UNHCR sind derzeit in Afghanistan rund 55.000 registrierte Flüchtlinge (darunter viele pakistanische Staatsangehörige) und ca. 300 Asylwerber. Der Großteil der Menschen aus Pakistan ist im Juni 2014 vor Auseinandersetzungen aus der Nord-Waziristan-Region nach Afghanistan geflüchtet.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 20. "Binnenflüchtlinge")

1.5.2. Lage in der Heimatprovinz (Heimatdistrikt) des Beschwerdeführers

Uruzgan ist angeblich eine von 11 Provinzen mit der höchsten Anzahl an Sicherheitsvorfällen. Im Jahr 2017 gab die UNAMA an, dass Uruzgan zu den neun Provinzen mit den höchsten zivilen Opferquoten gehört. Während des gesamten Jahres 2017 dokumentierte die UNAMA 639 zivile Opfer in Uruzgan (344 Tote und 518 Verletzte), was einem Rückgang von 26 % gegenüber 2016 entspricht. Die Hauptursachen für zivile Opfer in der Provinz waren Bodenangriffe, nicht selbstmörderische IEDs und Luftangriffe. In einer UNOCHA-Landkarte, die die "Konfliktschwere" im Jahr 2017 darstellt, wird eine Kombination von drei Indikatoren verwendet: Sicherheitsvorfälle, zivile Opfer und konfliktbedingte Vertreibung, um Provinzen und ihre Distrikte zu kategorisieren. UNOCHA platziert zwei von fünf Distrikten in Uruzgan (Tirin Kot und Chora/Chinarto) in der höchsten Kategorie der "Schwere" und die restlichen drei (Dehrawud, Shahid-e Hassas, Khas Uruzgan) in der zweithöchsten Kategorie.

Im Zeitraum vom 01.012017 bis 31.03.2018 wurden 154 Vorfälle im Zusammenhang mit Aufständischen in der Provinz Uruzgan in offenen Medienquellen auf der Website der Global Incidents Map gefunden.

Bodeneinsätze waren die Hauptursache für zivile Opfer in Uruzgan im Jahr 2017 und Uruzgan gehörte zu den 5 Provinzen mit den höchsten Verlusten durch Bodenkämpfe. Die UNAMA stellte jedoch auch fest, dass die Zahl der Opfer, insbesondere in Uruzgan, zurückgegangen ist, was auf eine Verringerung der Großoperationen in den großen Ballungszentren und eine Verringerung der Schäden durch die afghanischen Streitkräfte zurückzuführen ist. Im Jahr 2017 gab es in Uruzgan 332 Todesopfer (36 Tote und 296 Verletzte), ein Rückgang von 36 % gegenüber 2016. Außerdem verzeichnete die UNAMA zwei Vorfälle von Suchaktionen, die das ganze Jahr über zivile Opfer in Uruzgan forderten. Beispiele für Vorfälle mit zivilen Opfern sind ein Mörser, der während einer ANSF-Operation in Tirinkot ein Haus traf, zwei Kinder tötete und ein weiteres Kind und seinen Vater verletzte. Im Februar 2018 kam es bei mehreren Zusammenstößen in verschiedenen Bezirken der Provinz zu Toten, darunter Aufständische, Polizisten und Zivilisten. In Tirinkot wurden drei Mitglieder einer Familie - ein Mann, eine Frau und ein Baby - von den Taliban getötet.

Am 01.04.2018 protestierten Zivilisten, die meisten von ihnen vertrieben, gegen die Fortsetzung der Operationen gegen die Taliban in ihrer Provinz. Sie behaupteten, dass zweijährige Operationen gegen die Taliban keine Sicherheit gebracht hätten, im Gegenteil, viele Zivilisten wurden getötet und ihre Wohnungen, Bauernhöfe und Obstgärten wurden zerstört, so die Demonstranten.

Am 30. September kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den Sicherheitskräften in der Nähe des Bezirkszentrums von Chora, die zur Einnahme von 7 Sicherheitskontrollstellen führten. Der Angriff wurde von 30 Aufständischen durchgeführt und ließ 26 Mitglieder der Sicherheitskräfte sterben. Die Taliban haben Berichten zufolge Sprengstoff entlang der Straßen, die in das Bezirkszentrum führen, gepflanzt. Der Bundestag machte auf den Angriff aufmerksam, als Abgeordnete behaupteten, die Sicherheitskräfte in Chora hätten um Unterstützung gebeten, diese aber nicht erhalten, und sich darüber beschwerten, dass die Taliban eine größere Zahl von Taliban haben als die Sicherheitskräfte in diesem Gebiet.

Im Februar 2018 sperrten die Taliban die Straße zwischen der Provinz und Kandahar und entführten anschließend 30 Passagiere, darunter 19 Polizisten. Zwei Tage später wurden neun Personen freigelassen, aber 21 Personen, die im Verdacht standen, ANSF-Personal zu sein, blieben in Taliban-Gewahrsam.

(Auszug aus folgender Quelle, EASO, Afghanistan: Security Situation - Update, Mai 2018, abzurufen unter:

https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports, abgerufen am 29.08.2017, Pkt. 2.32.2.)

1.5.3. Lage in der Stadt Kabul:

Allgemeines

Die Einwohnerzahl der Stadt Kabul beträgt nach offiziellen Angaben rund drei Millionen, Schätzungen gehen aber von bis zu sieben Millionen aus.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: Country of Origin Information Report Afghanistan, Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City, August 2017 [abrufbar unter:

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_COI_Afghanistan_IPA_August2017.pdf (abgerufen am 29.08.2018); in Folge: "EASO-Bericht Sozioökonomie"], Pkt. 1.1.)

Die Stadt Kabul ist neben 14 anderen Distrikten ein eigener Distrikt in der Provinz Kabul. In diesem Bericht wird die Stadt Kabul aufgrund ihrer herausragenden Stellung als Hauptstadt, gesondert behandelt. Hierbei liegt es an der hohen Konzentration von Regierungsgebäuden, internationalen Organisationen, diplomatischen Einrichtungen und internationalen und nationalen Sicherheitskräften, dass Kabul Stadt eine andere Prognose als den meisten anderen Provinzen Afghanistans in Bezug auf die Sicherheitslage zukommt. Kabul ist mit Abstand die größte Stadt in Afghanistan und sicherlich die am schnellsten wachsende. Eine große Anzahl an Rückkehrern, Binnenvertriebene und Wirtschaftsmigranten haben in Kabul ein rasantes Wachstum ausgelöst. Schätzungen der Bevölkerung reichen von 3,5 Millionen bis zu mehr als 7 Millionen Menschen, davon viele in informellen Siedlungen. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung der Provinz Kabul leben in der Stadt Kabul. Kabul ist eine ethnisch vielfältige Stadt. Laut dem Kabul City Master Plan beträgt die Beschäftigungsstruktur der Provinz Kabul 79,4% Landwirtschaft, 5,7% Industrie und 14,9% Dienstleistungen. Auch wenn die Bevölkerung der Provinz Kabul zu 80% urban ist, sind die meisten Einwohner von der Landwirtschaft abhängig.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan, Security Situation, Dezember 2017 [in Folge:

"EASO-Bericht Sicherheitslage", abrufbar unter:

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Afghanistan_security_situation_2017.pdf, abgerufen am 29.08.2018, Pkt. 2.1.)

Sicherheit allgemein

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert. Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten fand eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Kabul statt.

Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren. Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen. Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen.

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert. Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant.

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an.

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizistinnen und Polizisten werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten, also ab der zweiten Jahreshälfte 2017, schrittweise umgesetzt werden.

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden nach einer Quelle von Ende Jänner 2018 Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 1. "Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen" und Pkt. 3.1. "Kabul")

Entwicklungen der Sicherheitslage im Besonderen seit Ende 2017

Im Jahr 2017 gab es in der Provinz Kabul die meisten zivilen Opfer in Afghanistan, die hauptsächlich auf vorsätzliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen ist; 16 % aller zivilen Opfer Afghanistans ereignete sich in Kabul. Selbstmordattentate und komplexe Angriffe, sowie andere Arten von Vorfällen, zu denen auch der Einsatz von IEDs gehört, haben die Zahl der zivilen Opfer in Kabul erhöht. Allein ein hochkarätiger Angriff im Mai 2017 verursachte ein Drittel aller zivilen Opfer.

UNAMA erklärte, dass im Jahr 2017, in Kabul Stadt, Selbstmord und komplexe Angriffe verursacht 1 612 zivile (440 Tote und 1 172 Verletzte), ein Anstieg von 17 % gegenüber 2016. Im Januar 2018 wurden allein in der Stadt Kabul mindestens 174 Menschen getötet.

In seiner Karte mit der Darstellung der "Konfliktschwere" im Jahr 2017 - eine Kombination von drei Indikatoren: Sicherheitsrelevante Vorfälle, zivile Opfer und konfliktbedingte Vertreibung - UNOCHA stellt den Bezirk der Stadt Kabul in der zweithöchsten Kategorie.

Einige Vorfälle, darunter Angriffe mit zivilen Opfern, sind nachstehend aufgeführt:

Sechs bis zehn Menschen, darunter mehrere Zivilisten, wurden bei einem Selbstmordattentat auf ein NDS-Gelände im Dezember 2017 getötet, eine Woche nach dem Sturm auf ein NDS-Ausbildungszentrum mit schweren Waffen. Zu beiden Angriffe bekannte sich der ISKP.

Im Januar 2018 wurde von der ISKP ein Selbstmordanschlag verübt, der auf eine Demonstration von Ladenbesitzern im Osten Kabuls, an der Jalalabad Road abzielte, dabei wurden nach den Erkenntnissen der UNAMA 13 Zivilisten getötet und weitere 19 verletzt. UNAMA erklärte, dass 12 der 13 getöteten Menschen Polizeibeamte waren, die rechtmäßige Strafverfolgungsaufgaben wahrnehmen und bei der Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit für Zivilisten nach einem gewalttätigen Zwischenfall tätig waren. UNAMA stellte weiter klar, dass ANP Mitarbeiter als Zivilisten gelten, es sei denn, sie sind direkt an den Feindseligkeiten beteiligt. Tolonews berichtete, dass die Zahl der Todesopfer auf 20 gestiegen war, während 30 weitere verletzt wurden.

Ebenfalls im Januar reklamierten die Taliban einen Angriff auf das Intercontinental Hotel für sich, in dem sie mindestens 22 Personen töteten.

Später, im Januar 2018, explodierte ein mit Sprengstoff beladener Krankenwagen in einem überfüllten und besiedelten Gebiet im Zentrum von Kabul und tötete, nach ersten Berichten, mindestens 95 Personen und es gab 158 weitere Verletzte. Afghanische Beamte erhöhten die Zahl der Opfer auf 103 Getötete und 235 Verwundete.

Im Februar 2018 wurde ein Lastwagen mit 2 000 kg Sprengstoff auf dem Weg nach Parwan aus Kabul beschlagnahmt. Dies demonstriert laut dem UNHCR die Fähigkeit der AGEs, die Angriffe trotz Sicherheitsmaßnahmen der ANSF durchzuführen.

Ende Februar 2018 tötete ein Selbstmordattentäter drei Personen und verwundete fünf bis sieben Personen im diplomatischen Bereich von Kabul, in der Nähe der US-Botschaft und des NATO-Hauptquartiers.

Im März 2018 tötete eine Autobombe, die auf ausländische Botschaftsfahrzeuge zielte, stattdessen ein Mädchen und verwundet weitere 22 Personen, wobei keiner von ihnen im Zusammenhang mit dem Ziel stand.

Eine Selbstmord-Autobombe, die auf eine ausländische Sicherheitsfirma in der Stadt gerichtet war, tötete im März 2018 drei Zivilisten, es gab auch zwei weitere Verwundete.

Eine sogenannte Haftbombe oder magnetische IED explodierte in der Nähe eines Protestzeltes zur Unterstützung des Schicksals von Paschtunen in Pakistan, wobei eine Person getötet und 13 weitere verletzt wurden.

Schiitische muslimische Zivilisten wurden bei den folgenden Angriffen in Kabul absichtlich angegriffen, fast alle die Angriffe wurden vom ISKP beansprucht:

Im Dezember 2017 zielte ein Selbstmordattentäter auf ein schiitisches Bildungszentrum im hazaradominierten Bereich von Dasht-e Barchi von Kabul und tötete 41 hauptsächlich junge berentende schiitische Zivilisten und verwundete 80 mehr.

Im März 2018 versuchte ein Selbstmordattentäter in eine Gedenkfeier für den 23. Jahrestag des Hazara-Führers Abdullah Mazari in Dasht-e Barchi einzudringen. Als er von der Polizei aufgehalten wurde detonierte er seine Explosivstoffe und tötete sieben bis zehn Personen, einschließlich Polizisten, und verwundete 22.

Im März 2018 zielte ein Selbstmordattentäter mit einer Sprengstoffweste erneut auf ein Lernzentrum in Dasht-e Barchi. Dabei versuchte der Angreifer zunächst, eine Handgranate in eine Klasse zu werfen mit 600 Studenten. Diese Granate exp

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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