TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/6 W166 2203038-1

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Veröffentlicht am 06.09.2018
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Entscheidungsdatum

06.09.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W166 2203038-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 13.07.2018, wegen Abweisung des Antrags auf Ausstellung des Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 19.03.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte diverse medizinische Beweismittel vor.

In dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 08.06.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, wird im Wesentlichen folgendes angeführt:

"(...) Derzeitige Beschwerden:

Ich kann nicht schnell gehen, nicht laufen, nicht Stiegensteigen. Die Beweglichkeit am Sprunggelenk ist eingeschränkt. Aus dem Hocken kann ich nicht aufstehen, da habe ich keine Kraft in den Beinen. Seit 15 Jahren habe ich Bandscheibenprobleme. Ich habe Gelenksschmerzen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Medikamente: Miranax, Mexalen, Rheutrobs, Seractil, Deflamat, Pantoloc, Monodex, Ciscutan, Salben Laufende Therapie:

Kontrollen im Hanusch-KH, 02.2018 Rehabilitation in Hofgastein, am 29.05.2018 SAD linke Schulter im Hanusch-KH

Hilfsmittel: Unterarmstützkrücke rechts, Schulter-Arm-Verband links, orthop. Schuhe sind in Arbeit.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

02/2018 Kurbefund Bad Hofgastein beschreibt Einschränkungen am rechten Sprunggelenk bei freier Wirbelsäule und Schultern

11/2017 Befundbericht HKH über untere Sprunggelenksarthrodese rechts

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

1 Senkspreizfüße beidseits, rechts Zustand nach Versteifung des

unteren Sprunggelenks 02.05.36 30

Unterer Rahmensatz dieser Position, da bis auf versteiftes unteres Sprunggelenk rechts gute Beweglichkeit in den Sprunggelenken

2 Zustand nach Schulteroperation links wegen Engpasssyndrom 02.06.01 10 Wahl dieser Position, da Verbleib einer geringen Beweglichkeitseinschränkung

zu erwarten ist

3 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 10

Unterer Rahmensatz dieser Position, da geringe Beweglichkeitseinschränkung 4 Rosacea

Fixer Rahmensatz 01.01.01 10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, wegen fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.07.2018 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen und einen Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt.

Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei und nach diesem Gutachten der Grad der Behinderung 30 v. H. betrage. Gemäß § 40 Abs. 1 BBG sei behinderten Menschen erst ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Das Sachverständigengutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage mit dem Bescheid übermittelt.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer, fristgerecht Beschwerde und brachte vor, er sei mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. nicht einverstanden, da er der Meinung sei, seine Leiden führten zu einem höheren Grad der Behinderung. Die unteren Extremitäten seien sehr gering eingeschätzt worden, und der Beschwerdeführer benötige Krücken. Er könne keine Stiegen steigen, müsse ständig Medikamente einnehmen, habe Bewegungseinschränkungen im linken Arm, könne ihn kaum heben, es liege ein Bandscheibenvorfall vor und er habe Schmerzen. Da er seit längerer Zeit arbeitslos sei, habe er in der Nacht Halluzinationen und sei in psychiatrischer Behandlung. Weitere medizinische Beweismittel wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 08.08.2018 vorgelegt.

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 19.03.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim Beschwerdeführer liegen folgende behinderungsrelevante Funktionseinschränkungen vor:

1 Senkspreizfüße beidseits, rechts Zustand nach Versteifung des unteren Sprunggelenks (02.05.36, 30 v.H.)

2 Zustand nach Schulteroperation links wegen Engpasssyndrom (02.06.01, 10 v.H.) 3 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (02.01.01, 10 v.H.)

4 Rosacea (01.01.01, 10 v.H.)

Der Grad der Behinderung beträgt 30 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Einbringung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen und zum Grad der Behinderung ergeben sich aus dem eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten vom 08.06.2018.

Die getroffene Einschätzung, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen.

In dem medizinischen Sachverständigengutachten wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, die mit dem Antrag vorgelegten medizinischen Beweismittel wurden vom fachärztlichen Sachverständigen gutachterlich berücksichtigt und beurteilt.

Der Beschwerdeführer brachte in der Beschwerde vor, seine Leiden seien zu gering eingeschätzt worden. Die unteren Extremitäten seien sehr gering eingeschätzt worden, er benötige Krücken, könne keine Stiegen steigen, müsse ständig Medikamente einnehmen, habe Bewegungseinschränkungen im linken Arm, könne ihn kaum heben, es liege ein Bandscheibenvorfall vor und er habe Schmerzen. In der Nacht habe er Halluzinationen und sei in psychiatrischer Behandlung.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der fachärztliche Sachverständige die vorliegenden Leiden "1 Senkspreizfüße beidseits, rechts Zustand nach Versteifung des unteren Sprunggelenks", "2 Zustand nach Schulteroperation links wegen Engpasssyndrom", "3 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" und "4 Rosacea" entsprechend den Positionen der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt beurteilt und die jeweiligen Einstufungen begründet hat.

Betreffend die unteren Extremitäten hat der Gutachter ausgeführt, dass für das Leiden 1 der untere Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.36 gewählt wurde, da bis auf ein versteiftes unteres Sprunggelenk rechts eine gute Beweglichkeit in den Sprunggelenken gegeben ist. Zur Verwendung einer Unterarmstützkrücke rechts wurde im Sachverständigengutachten festgehalten, dass deren Verwendung nicht erforderlich ist, und der Beschwerdeführer die Beine anheben kann.

Die Bewegungseinschränkung im linken Arm wurde vom fachärztlichen Gutachter in der Beurteilung von Leiden 2 berücksichtigt, und zur Wahl der Positionsnummer ausgeführt, dass diese Einstufung gewählt wurde, da der Verbleib einer geringen Beweglichkeitseinschränkung zu erwarten ist.

Bandscheibenprobleme wurden vom Beschwerdeführer anlässlich der persönlichen Untersuchung angegeben, und wurden unter "Derzeitige Beschwerden" im Gutachten angeführt. Die Beschwerden betreffend den Bewegungsapparat wurden unter Leiden 3 eingeschätzt.

Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer Medikamente einnimmt wurde vom Sachverständigen berücksichtigt und sind diese unter "Medikamente" im Gutachten angeführt.

Der Beschwerdeführer hat anlässlich der persönlichen Untersuchung auch vorgebracht, unter Schmerzen zu leiden, und wurde dies ebenfalls im Gutachten unter "Derzeitige Beschwerden" aufgelistet, und vom fachärztlichen Sachverständigen bei der Einschätzung der jeweiligen Leiden berücksichtigt.

Das Vorliegen psychiatrischer Probleme wurde vom Beschwerdeführer weder bei Antragstellung noch anlässlich der persönlichen Untersuchung vorgebracht und wurden im gesamten Verfahren, auch nicht mit der Beschwerde, diesbezüglichen Befunde vorgelegt.

Mit der Beschwerde wurden seitens des Beschwerdeführers keine Einwendungen erhoben welche geeignet waren die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu entkräften oder die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Neue medizinische Beweismittel wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen fachärztlichen Sachverständigen, welchen der erkennende Senat folgt, auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen unschlüssig oder unzutreffend seien.

Es bestehen seitens des Bundesverwaltungsgerichts keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des gegenständlichen Sachverständigengutachtens.

Das fachärztliche Sachverständigengutachten vom 08.06.2018 wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Dass Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mittelung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen eines Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.

Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung, BGBl. II 261/2010 (Einschätzungsverordnung) idgF, lauten auszugsweise:

.....

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

(..)

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Betreffend die beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung Nachfolgendes zu entnehmen:

"01.01.

Entzündliche, exanthematische, toxische, allergische, infektiöse, immunologische bzw. autoimmunologische, nicht entzündliche Erkrankungen und gutartige Neubildungen der Haut, sichtbarer Schleimhäute und der Hautanhangsgebilde; Narben, Fehlbildungen und Pigmentstörungen.

01.01.01 Leichte Formen 10 %

Weitgehend begrenzt, bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend, therapeutisch gut beherrschbar

02.01

Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich

Sprunggelenk

Funktionseinschränkung bis Versteifung der Sprunggelenke je nach Funktion und Stellung - günstige oder ungünstige Stellung.

Fußdeformitäten nicht kompensiert Fußdeformitäten und Restzustand nach operativer Sanierung je nach Funktionsstörung. Kompensierbare Fehlstellungen, beispielsweise durch Schuheinlagen und nicht über das zivilisatorische Ausmaß hinausgehende Fehlstellungen, sind nicht im Sinne einer Behinderung einzuschätzen (Senk-Spreiz-Hohlfuß).

02.05.36 Beidseitig mit Funktionseinschränkungen geringen bis mittleren Grades 30 - 40%

02.06 Obere Extremitäten

Schultergelenk, Schultergürtel Instabilität (habituelle Luxation) ist entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen und der Häufigkeit einzuschätzen.

02.06.01 Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig 10 %

Abduktion und Elevation zwischen 90° und 120° eingeschränkt und Einschränkung der Außenrotation"

Da in dem gegenständlichen fachärztlichen Sachverständigengutachten, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, ein Grad der Behinderung von 30 v. H. festgestellt wurde, sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt.

Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Beurteilung des Grades der Behinderung in Betracht kommt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung abgesehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde zur Klärung des Sachverhaltes ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt und wurde der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung mit 30 v.H. eingeschätzt. Der Beschwerdeführer wurde persönlich untersucht, die vorgelegten Befunde wurden im Gutachten berücksichtigt und beurteilt. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen in seiner Beschwerde waren nicht geeignet, das Sachverständigengutachten zu entkräften. Neue medizinische Beweismittel wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt. Auch ist nach Aktenstudium und Lektüre des Beschwerdeschreibens für das Gericht nicht zu Tage gekommen, dass es zum Zwecke der Entscheidungsfindung überdies auf die Gewinnung des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers ankäme. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht beantragt.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W166.2203038.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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