TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/10 W157 2204906-1

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Veröffentlicht am 10.09.2018
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Entscheidungsdatum

10.09.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W157 2204906-1/3Z

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER in der Beschwerdesache von XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH - ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, über Spruchpunkt VII. (Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2018, XXXX, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) richtet, stattgegeben und Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu (Spruchpunkt III.), erließ "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.); weiters erkannte das BFA einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG ab (Spruchpunkt VII.), stellte fest dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, ab 28.03.2018 in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.) und stellte fest, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 07.03.2018 verloren habe (Spruchpunkt IX.).

2. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 07.08.2018 persönlich durch Organe XXXX zugestellt. Mit E-Mail vom 28.08.2018, am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt, erhob er dagegen Beschwerde mit den Anträgen,

"das Bundesverwaltungsgericht möge

* der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen,

* den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - zur Gänze beheben und dem BF den Status des Asylberechtigten zuerkennen;

In eventu

* Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - allenfalls nach Verfahrensergänzung - beheben und dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen;

In eventu

* Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides beheben und dahingehend abändern, dass eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird;

In eventu

* den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen;

* eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG durchführen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zum Islam sunnitischer Richtung. Er lebte in Afghanistan in Kabul (Stadt). Nach seiner illegalen Einreise nach Österreich wurde für ihn am 19.07.2016 durch die Jugendwohlfahrt XXXX ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.2. Der Beschwerdeführer ist in Österreich einmal strafrechtlich (rechtskräftig) verurteilt worden, und zwar mit Urteil des LG XXXX vom 07.03.2018,XXXX, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a SMG) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, welche gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 09.02.2018 in Wien im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken als Mittäter mit einem abgesondert Verfolgten vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich vier Baggies mit 3,6 Gramm brutto Cannabiskraut (Wirkstoffe: Delta-9-THC und THCA) auf einer öffentlichen Verkehrsfläche bzw. an einem allgemein zugänglichen Ort und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet war, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, nämlich auf eine zumindest potenziell für einen Personenkreis von mehr als zehn Personen wahrnehmbare Weise, zwei Personen zu überlassen. Als Milderungsgrund für die Strafbemessung wurde berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat, ein reumütiges Geständnis abgelegt hat und zum Tatzeitpunkt unter 21 Jahre alt war.

2. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

Die getroffenen Feststellungen betreffend die Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren vor der belangten Behörde.

Die Feststellung betreffend den Zeitpunkt der Asylantragstellung ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verfehlungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im vorgelegten Verwaltungsakt befindlichen Urteil und wurden entsprechend auch im angefochtenen Bescheid getroffen. Dies blieb in der Beschwerde unwidersprochen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. § 18 BFA-VG lautet:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

3.2. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt aberkannt werden, wenn "schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt".

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG ist nicht zwingend, sondern setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen des Bescheidadressaten gegenüberzustellen (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146, dessen Ausführungen zu dieser Norm zwar aus Anlass einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ergangen sind, die aber in Bezug auf den Inhalt der "Kann-Bestimmung" des Einleitungssatzes dieser Bestimmung verallgemeinerbar und damit auch auf die anderen Ziffern dieses Absatzes zu übertragen sind).

3.3. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) erging: In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids des Bundesamts) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

3.4. Mit Bescheid vom 01.08.2018 hat die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.), da schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen würden, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.

3.5. Der Beschwerdeführer beantragte in der vorliegenden Beschwerde, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Er stellte damit - trotz der Überschrift "4. Zum Antrag auf aufschiebende Wirkung" - keinen Antrag, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre, sondern wendet sich der Beschwerdeführer im Rahmen eines eigenen Absatzes in der Beschwerde unter Hinweis auf eine ihm in Afghanistan drohende Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK im Falle seiner Rückführung dorthin zulässigerweise auch gegen den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verfügenden Spruchpunkt des ihn betreffenden Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2018 (welchen er ausdrücklich "im vollen Umfang" anficht). Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt zu entscheiden.

Die Beschwerde bringt vor, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben sei (vgl. S. 33 der Beschwerde).

3.6. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht "der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Das Bundesverwaltungsgericht darf sich bei der Entscheidung nach § 18 B-VG nicht auf die Frage beschränken, ob eine Außerlandesschaffung die reale Gefahr der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten Rechte mit sich bringen würde, sondern hat vielmehr - wie das BFA - nachprüfend auch die erwähnte Interessenabwägung vorzunehmen (VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146).

Vorgelagert ist zu untersuchen, ob die Behörde zu Recht einen Tatbestand der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Anspruch nahm.

3.7. Die in § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG normierte Voraussetzung, dass "schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt", sieht das Bundesverwaltungsgericht angesichts der festgestellten einmaligen Delinquenz des Beschwerdeführers im Suchtgiftbereich nicht als verwirklicht an: Insbesondere ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer ein mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedrohtes Vergehen - und kein Verbrechen - begangen hat, dass er erstmalig straffällig geworden ist, dass er zum Tatzeitpunkt das 21. Lebensjahr nicht vollendet hatte, daher strafrechtlich als junger Erwachsener gilt und somit davon auszugehen ist, dass die verhängte Strafe auf ihn größere spezialpräventive Auswirkungen hat als auf einen erwachsenen Straftäter, sowie dass er ein reumütiges Geständnis abgelegt hat.

3.8. Aus dem dem Bundesverwaltungsgericht zum derzeitigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden behördlichen Akt kann vor dem Hintergrund der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und der diesbezüglichen möglichen Auswirkungen auf seine persönliche Situation eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei einer Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden.

3.9. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte daher nicht zu Recht, weshalb Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen war.

Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird gesondert entschieden werden.

3.10. Eine mündliche Verhandlung entfiel, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu Spruchpunkt B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. jüngst VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil - soweit ersichtlich - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 BFA-VG idF des FrÄG 2017 fehlt (offen lassend zB. VwGH 30.04.2018, Fr 2018/01/0006).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der
Entscheidung, ersatzlose Behebung, Revision zulässig,
Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W157.2204906.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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