TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/10 W137 2204979-1

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Veröffentlicht am 10.09.2018
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Entscheidungsdatum

10.09.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28 Abs1
Dublin III-VO Art.28 Abs2
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z3
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z6
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §35

Spruch

W137 2204979-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2018, Zl. 1158219810/180828259, sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 02.09.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.09.2018 wird gemäß Artikel 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 02.09.2018 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) mit Bescheid vom 15.09.2017, Zahl: 1158219810/170761831, wegen Zuständigkeit Rumäniens zur Verfahrensführung gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung verbunden.

Die Entscheidung wurde am 19.09.2017 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt, weil sich der Beschwerdeführer an der genannten Abgabestelle (Obdachlosenmeldung) nicht aufhielt. Sie erwuchs in Rechtskraft.

2. Am 02.09.2018 wurde der Beschwerdeführer in Wien festgenommen.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) vom 02.09.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (Überstellung) angeordnet. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich bereits einem laufenden Asylverfahren entzogen habe und seit Monaten nicht gemeldet sei. Überdies sei er nicht integriert du ohne Beschäftigung. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

5. Am 04.09.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer keine Absicht habe zu flüchten und bei einem Bekannten in Wien Unterkunft nehmen könnte. Somit sei eine erhebliche Fluchtgefahr nicht gegeben. Auch habe der Beschwerdeführer bisher keine Kenntnis von der Entscheidung betreffend seinen Asylantrag gehabt, weshalb ihm die nicht erfolgte Ausreise nicht vorzuwerfen sei. Überdies verfüge der Beschwerdeführer über eine Kopie seines Reisepasses und wolle nunmehr freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren.

Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen;

b) die Schubhaft für rechtswidrig zu erklären; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen; d) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

6. Am 05.09.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einer Stellungnahme verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers. Die Überstellungsfrist sei am 25.08.2017 verlängert worden, weil sich der Beschwerdeführer zuvor dem Verfahren entzogen hatte. Insbesondere wurde sein mehrmonatiges Untertauchen hervorgehoben. Eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien sei bereits für 14.09.2018 organisiert. Die entsprechenden Dokumente würden bereits vorliegen.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger Indiens. Sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde wegen Zuständigkeit Rumäniens zur Verfahrensführung zurückgewiesen und mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung verbunden. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Bereits diesem Asylverfahren hatte sich der Beschwerdeführer entzogen; die Überstellungsfrist wurde deshalb verlängert. Die Überstellungsfrist nach Rumänien ist nach wie vor offen.

Der Beschwerdeführer war in Österreich lediglich von 10.07.2017 bis 21.12.2017 mit Status "obdachlos" gemeldet. Er hat allerdings diese Abgabestelle zwischen 21.07.2017 und der Erlassung des Asylbescheides (vom 15.09.2017) nicht mehr aufgesucht und in diesem Zeitraum auch Verständigungen nicht behoben. Ab 22.12.2017 lebte er - bis zu Festnahme am 02.09.2018 - völlig im Verborgenen (ohne amtliche Meldung), wobei ihm von Bekannten eine Unterkunft zur Verfügung gestellt und eine illegale Beschäftigung ermöglicht worden ist.

Der Beschwerdeführer hält sich seit etwas mehr als 12 Monaten in Österreich auf verfügt über lose soziale Kontakte im Bundesgebiet. Diese Personen haben aktiv zu seiner Entziehung aus dem Verfahren beigetragen und ihm den Aufenthalt im Verborgenen aktiv ermöglicht. Für (andere) substanzielle soziale oder familiäre Kontakte gibt es keinen Hinweis. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers (Frau, Kinder) lebt in Indien. Er spricht nicht Deutsch, verfügt über sehr geringe Barmittel und ging in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nach.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine gültigen Personal- oder Reisedokumente seines Herkunftsstaates. Eine selbständige Rückkehr in den Herkunftsstaat ist ihm gegenwärtig nicht möglich; er müsste sich dafür erst ein Reisedokument ausstellen lassen. Die Ausreisewilligkeit in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien trat erst nach Ankündigung der Schubhaft - im Bewusstsein der bevorstehenden Überstellung nach Rumänien - ein.

Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1158219810/180828259 sowie dem Verwaltungsakt betreffend das Asylverfahren ("Dublin-Akt"). An der indischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bestanden nie Zweifel und ist diese auch unstrittig. Die Feststellungen betreffend das rechtskräftig abgeschlossene erste Asylverfahren des Beschwerdeführers sind dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten zu entnehmen.

1.2. Aus dem "Dublin-Akt" ergeben sich die Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung sowie die Verlängerung der Überstellungsfrist. Dies wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Im Bescheid vom 15.09.2017 (siehe oben I.1.) wurden ausführliche Feststellungen zur fehlenden Anwesenheit des Beschwerdeführers an seiner angegebenen Abgabestelle (Obdachlosenmeldung) getroffen. Diesen wurde - auch weil der Vertreter offensichtlich auf eine Akteneinsicht verzichtete - nicht substantiiert entgegengetreten. Die in der Beschwerde geltend gemachte einschlägige Unkenntnis des Beschwerdeführers reicht schon deshalb nicht als substantiiertes Bestreiten, weil dieser monatelang bewusst jeglichen Kontakt mit Behörden vermieden hat.

1.3. Das Entziehen aus dem Asylverfahren und das Fehlen einer Meldeadresse ab 22.12.2017 bis zur Festnahme am 02.09.2018 ergeben sich aus der Aktenlage sowie einem rezenten Auszug (vom 05.09.2018) aus den Zentralen Melderegister (ZMR). Aus der Aktenlage ist zudem ersichtlich, dass der Beschwerdeführer seine der Behörde bekannt gegebene Abgabestelle ab dem 21.07.2017 nicht aufgesucht und zuvor Ladungen nicht behoben hat. Dies wurde auch in der Beschwerde nicht bestritten. Glaubhaft war die Unterkunft bei Bekannten in Wien, wobei unstrittig ist, dass diese ohne amtliche Meldung erfolgte. Aus der im Akt einliegenden Anzeige vom 02.09.2018 ist überdies ersichtlich, dass ein Bekannter im eine illegale Beschäftigung als Zeitungszusteller ermöglicht hatte - der Beschwerdeführer wurde bei dieser Tätigkeit angehalten und kontrolliert.

1.4. Die Feststellungen betreffend die sozialen Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers. Aus diesen - und den unstrittigen Umständen der Festnahme - geht allerdings auch zweifelsfrei hervor, dass diese durch Bereitstellung von Unterkunft (bei gleichzeitiger Unterlassung einer amtlichen Meldung) und der Möglichkeit einer illegalen Beschäftigung als Zeitungsausträger ("Ich helfe jemandem bei der Zeitungszustellung und diese Person gibt mir etwas Geld") massiv die Entziehung des Beschwerdeführers aus dem Verfahren unterstützt haben. Die weiteren Feststellungen ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage und den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

1.5. Der Beschwerdeführer hat am 02.09.2018 ausdrücklich erklärt, über keinen Reisepass und keinerlei Dokumente (außer der "Asylkarte" zu verfügen). Damit ist ihm eine selbständige Ausreise in den Herkunftsstaat gegenwärtig unmöglich - abgesehen davon, dass die vorhandenen rund 200€ an Barmitteln nur schwer für ein Ticket nach Indien ausreichen. Daran kann im Übrigen auch die angeblich vorhandene Kopie eines Reisepasses nichts ändern, weil diese kein Reisedokument wäre sondern allenfalls die Erlangung eines solchen erleichtern würde. Der Beschwerdeführer hat auch bis zur Festnahme offenkundig keinerlei Interesse an einer Rückkehr nach Indien - er hat sich während des gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet etwa nie um die Ausstellung eines Reisepasses gekümmert. Erstmalig äußerte er eine Rückkehrbereitschaft in der Einvernahme am 02.09.2018, nachdem ihm die Anordnung der Schubhaft mitgeteilt worden war.

1.6. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch in der Beschwerde nicht behauptet worden. Für die am 02.09.2018 behaupteten (nicht näher definierten) "Herzbeschwerden" gibt es keinerlei Belege und haben sie den Beschwerdeführer nachweislich nicht an seiner (illegalen) Arbeitstätigkeit gehindert.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 02.09.2018:

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Aktuell liegt jedenfalls eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung bezogen auf Rumänien vor.

3.2. Mit der Möglichkeit der Überstellung war bereits zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft realistisch zu rechnen. Zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt ist die Abschiebung/Überstellung bereits für 14.09.2018 organisiert, sämtliche erforderlichen Dokumente liegen bereits vor. Einschlägige Überstellungen werden regelmäßig erfolgreich durchgeführt.

3.3. Die belangte Behörde begründete die festgestellte erhebliche Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der bestehenden durchsetzbaren Anordnung zur Außerlandesbringung, der Entziehung aus dem und der mangelnden Mitwirkung im Verfahren sowie der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nach der Dublin-Verordnung. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1, 3 und 6 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten (insbesondere nicht der Entziehung aus dem Verfahren). In der gesamten Beschwerde finden sich auch keine Hinweise auf Begründungsmängel des angefochtenen Bescheids abseits der Behauptung der Ausreisewilligkeit (nach Indien, nicht aber Rumänien) und der Betonung einer Wohnmöglichkeit bei einem Bekannten.

3.4. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass dieser nur gering ausgeprägt ist. Für substanzielle familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gibt es keinerlei stichhaltigen Hinweis und wurden solche auch im Verfahren weder konkret behauptet noch belegt. Insbesondere ist auch zu den in Österreich lebenden Bekannten keine besondere Beziehung ersichtlich und besteht jedenfalls auch kein Abhängigkeitsverhältnis. Besonders hervorgehoben wurde in der Bescheidbegründung auch, dass der Beschwerdeführer selbst erklärt hatte, auf eine amtliche Meldung bewusst verzichtet zu haben um eine Abschiebung zu verhindern. Eine substanzielle persönliche Integration im Bundesgebiet - etwa durch Spracherwerb oder legale Berufstätigkeit - wurde nie behauptet.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur (realistisch möglichen) Überstellung den Behörden nicht entziehen werde.

Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt erhebliche Fluchtgefahr besteht.

3.5. Auf Grund der festgestellten (erheblichen) Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: der Beschwerdeführer hat sich dem von ihm selbst beantragten Asylverfahren binnen weniger Wochen durch Untertauchen entzogen. Zudem gibt es keine Hinweise auf Bindungen, die ihn von einem erneuten Untertauchen zur Vereitelung der aktuell geplanten Abschiebung und einem neuerlichen Aufenthalt im Verborgenen abhalten würden.

3.6. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war nicht nur tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen sondern vielmehr auch binnen kurzer Zeit zu rechnen. Die Überstellung findet (planmäßig) innerhalb von 14 Tagen nach Anordnung der Schubhaft statt. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

3.7. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 02.09.2018 abzuweisen.

4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

4.2. Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch erneutes Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine feststellbaren substanziellen familiären und sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem erneuten Untertauchen abhalten sollte. Dies insbesondere weil der Beschwerdeführer sich auch schon für rund neun Monate auf diese Weise einem Verfahren hat.

Dazu kommt, dass dieser Aufenthalt im Verborgenen von seinem sozialen Umfeld (mehrere Bekannte) sogar aktiv gefördert worden ist. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass diese Personen ihm erneut einen Aufenthalt im Verborgenen ermöglichen würden.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1, 3 und 6 des § 76 Abs. 3 FPG unstrittig (weiterhin) erfüllt.

Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren (weiterhin) nicht hervorgekommen. Hinsichtlich der Z 9 ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen würden, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, soziale Anknüpfungspunkte, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind bereits diese exemplarisch genannten Punkte nur teilweise gegeben, andere wurden nicht dargelegt. Allerdings hat sich im gegenständlichen Verfahren erwiesen, dass die unstrittigen sozialen Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die Fluchtgefahr nicht etwa reduzieren, sondern (wie oben dargelegt) vielmehr massiv erhöhen.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine erhebliche Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist. Überdies steht ein Überstellungstermin am 14.09.2018 - somit in unmittelbarer zeitlicher Nähe - bereits fest, woraus sich ein verdichteter Sicherungsbedarf ergibt.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Dies insbesondere aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers (das auch mehrere Monate des Aufenthalts im Bundesgebiet ohne Meldeadresse einschließt), und der äußerst geringen Zeitspanne bis zur (anberaumten) Abschiebung. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Substanzielle gesundheitliche Probleme oder gar eine fehlende Haftfähigkeit wurden in der Beschwerde im Übrigen nicht behauptet. Hinsichtlich seiner behaupteten "Herzbeschwerden" blieben der Beschwerdeführer und seine Vertreterin jegliche Belege schuldig. Allerdings ist offenkundig, dass diese seine grundsätzliche Arbeitsfähigkeit jedenfalls nicht beeinträchtigten, weshalb auch daraus weder Zweifel an der Haftfähigkeit noch ein einschlägiger Ermittlungsbedarf entsteht.

4.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

5.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

5.2. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung des gelinderen Mittels ist zudem eine rechtliche Abwägungsentscheidung und keine (reine) Sachverhaltsfrage. Feststellungsmängel des diesbezüglich entscheidungsrelevanten Sachverhalts wurden aber in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Insbesondere wurde die vorgebrachte Wohnmöglichkeit der Entscheidung zugrunde gelegt und in die Abwägung betreffend Fluchtgefahr und Anordnung des gelinderen Mittels einbezogen. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfrage in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

Die Eingabegebühr ist gemäß § 35 VwGVG nicht ersatzfähig, der Beschwerdeführer hätte aber auch sonst - als vollständig unterlegene Partei - keinen Anspruch auf einen Ersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies besteht nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein ungeklärter Sachverhalt (und eine diesbezügliche Verhandlungspflicht oder -erfordernis) wenn sich Behauptungen in einer Beschwerde als tatsachen- oder aktenwidrig erweisen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Kostenersatz, mangelnder
Anknüpfungspunkt, Meldeverstoß, Mittellosigkeit,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Untertauchen,
Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W137.2204979.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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