Entscheidungsdatum
05.10.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W175 2203417-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2018, Zl. 1187243707-180350175, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (in Folge: BF), eine syrische Staatsangehörige, stellte am 11.04.2018 vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.
Laut dem vorliegenden EURODAC-Treffer suchte die BF bereits im April
2016 in Deutschland um Asyl an (DE1 ... vom 29.04.2016).
Im Zuge ihrer Erstbefragung vom 11.04.2018 gab die BF an, über den Irak, die Türkei, Griechenland und Deutschland nach Österreich gekommen zu sein. In Deutschland habe sie um Asyl angesucht und eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.03.2019 erhalten. Es sei dort "ganz ok" gewesen, jedoch wolle sie nicht dorthin zurück, da sie vor ihrem in Deutschland aufhältigen Ehemann geflohen sei. Er habe sie seit der traditionellen Eheschließung gepeinigt und würde sie im Falle einer Rückkehr nach Deutschland töten. Sie wolle bei ihrer in Österreich aufhältigen Familie leben.
Aufgrund des EURODAC-Treffers und der Angaben der BF richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) am 13.04.2018 ein Wiederaufnahmeersuchen gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Deutschland.
Mit Schreiben vom 18.04.2018 teilte Deutschland mit, dass die BF in Deutschland mit Entscheidung vom 10.08.2016 subsidiären Schutz erhalten habe.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.05.2018 gab die BF nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen. Sie sei seit April 2018 in Österreich aufhältig, wobei sie vor ihrem in Deutschland lebenden Ehemann geflüchtet sei, den sie im Jahr 2014 standesamtlich geheiratet habe. Über Nachfrage, ob sie von ihm geschieden sei, gab sie an, dass noch nicht geklärt sei, ob die Ehe anerkannt werde (die BF legte eine Konvolut an Unterlagen hinsichtlich ihres Scheidungsverfahrens in Deutschland vor). Ihr Mann sei im Jahr 2015, die BF im Jahr 2016 nach Deutschland gereist. Sie hätten zusammen gewohnt und gelebt, jedoch habe es viele Streitereien gegeben. Seit die BF bei ihren in Österreich aufhältigen Eltern sei, gehe es ihr gut; es würden auch noch ihre Schwestern in Österreich leben. Ihre Eltern würden zur Zeit zwar nicht arbeiten, aber alles finanzieren.
Im Zuge der Einvernahme vom 28.05.2018 gab die BF über Vorhalt der beabsichtigten Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz an, vor ihrem in Deutschland aufhältigen Ehemann (wobei die Ehe in Deutschland nicht anerkannt worden sei) geflohen zu sein, weil sie von ihm bedroht und verfolgt werde. Zuletzt sei sie im Jänner 2017 von ihm attackiert worden und habe bis zu ihrer Ausreise Probleme mit ihm gehabt. Es sei ihr psychisch nicht gut gegangen; sie habe sich selbst am Arm verletzt beziehungsweise einen Selbstmordversuch begangen. Sie habe ihn bei der Polizei angezeigt, jedoch hätten ihr die deutschen Behörden nicht helfen können. Im März 2018 habe er sie angerufen und bedroht. Zuletzt gab die BF noch an, dass sie gezwungen worden sei, ihn zu heiraten; sie sei damals noch minderjährig gewesen.
Am 15.06.2018 wurde die BF einer Untersuchung durch eine allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige unterzogen, die in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 21.06.2018 zu dem Ergebnis kam, dass sich zur Zeit der Befundaufnahme keine Hinweise auf eine belastungsabhängige oder sonstige psychische Störung finden würden. Möglicherweise liege eine Belastung vor, die jedoch in Art, Dauer und Intensität derzeit nicht krankheitswertig sei.
Mit Bescheid des BFA vom 21.07.2018 wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Deutschland zurückzubegeben habe. In Spruchpunkt II. wurde der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.
Die Feststellungen zur Lage in Deutschland wurden - soweit für Schutzberechtigte entscheidungswesentlich - Folgendermaßen zusammengefasst:
Schutzberechtigte
Personen mit internationalem Schutz erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis, befristet auf 3 Jahre. Danach wird geprüft ob Gründe für eine Aberkennung vorliegen. Die Beantragung der Niederlassungserlaubnis ist nach drei oder fünf Jahren möglich, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Sie haben auch Anspruch auf privilegierten Familiennachzug (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 6.8.2016).
Personen mit subsidiärem Schutz erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis, befristet auf ein Jahr. Sie ist verlängerbar um weitere zwei Jahre und nach 5 Jahren kann eine permanente Niederlassungserlaubnis beantragt werden, wenn die Betroffene die dafür notwendigen Kriterien erfüllt (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016 o. D.c). Nach der derzeitigen Regelung ist subsidiär Schutzberechtigten, deren Aufenthaltserlaubnis nach dem 17.03.2016 erteilt worden ist, bis zum 31. Juli 2018 der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz nicht möglich (BAMF o.D.b).
Geduldete fallen unter die Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AIDA 3.2018).
Sowohl Personen mit internationalem Schutz als auch Personen mit subsidiären Schutz haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinische Versorgung, wie deutsche Bürger (AIDA 3.2018). Je nach Aufenthaltstitel besteht für viele anerkannte Schutzberechtigte ein Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs (IAM o.D.), der aus einem Sprachkurs (600 Stunden) und einem Orientierungskurs (100 Stunden) besteht. Asylbewerber und Menschen mit einer sogenannten Duldung können auch berufsbezogene Sprachkurse besuchen (BR o.D.).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf,
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Zugriff 12.6.2018
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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.8.2016):
Flüchtlingsschutz,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/Fluechtlingsschutz/fluechtlingsschutz-node.html, Zugriff 12.6.2018
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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016c):
Subsidiärer Schutz,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/SubsidiaererS/subsidiaerer-schutz-node.html, Zugriff 12.6.2018
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BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,
https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018
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IAM - Informationsverbund Asyl und Migration (o.D.): Sprach- und Integrationskurse,
https://www.asyl.net/themen/bildung-und-arbeit/zugang-zu-bildung/sprach-und-integrationskurse/, Zugriff 12.6.2018
Die Behörde führte begründend aus, dass aus den Angaben der BF keine stichhaltigen Gründe für die Annahmge glaubhaft gemacht worden seien, dass diese tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Deutschland Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihr eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Hinsichtlich der von der BF angeführten Probleme mit ihrem Ehemann wurde ausgeführt, dass Deutschland durchaus in der Lage und auch willens sei, ihr Schutz zu bieten. Auch wenn dies, wie in jedem anderen Land auch, nicht lückenlos gewährleistet werden könne, so sei daraus keine mangelnde Schutzfähigkeit Deutschlands abzuleiten. Nachdem bei allen Fremden, die in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz (Asyl oder subsidiären Schutz) genießen und in Österreich einen Asylantrag stellen würden, § 4a AsylG anwendbar sei, treffe dies auch auf die BF zu. Diese sei in Deutschland international schutzberechtigt, was sich aus der Mitteilung Deutschlands vom 18.04.2018 ergebe. Es bestehe jedenfalls kein Grund, daran zu zweifeln, dass Deutschland seine sich aus der GFK und der Statusrichtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllen würde. Im Fall der BF würden keine schwerwiegenden Erkrankungen oder schwerwiegende psychische Störungen bestehen. In Hinblick auf die in Österreich asylberechtigten Eltern und Geschwister der BF wurde ausgeführt, dass keine finanzielle Abhängigkeit oder Pflegebedürftigkeit bestehe und die BF sich über ihren unsicheren Aufenthaltsstatus habe bewusst sein müssen. Angesichst ihres unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich habe sie von vornherein nicht davon ausgehen können, dass ihr nur aufgrund der Anwesenheit ihrer Eltern und Geschwister ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommen werde und sich daher ein direkter verwandtschaftlicher Kontakt lediglich auf die Dauer ihres unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich beschränke. Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten zu in Österreich befindlichen Verwandten bestehe für sie - wenn auch in eingeschränkter Form - auch von Deutschland aus. Zudem würden ihre Eltern und Geschwister über einen Konventionspass verfügen und könnten die BF demnach jederzeit in Deutschland besuchen beziehungsweise auch dort unterstützen. Eine fortgeschrittene Intergration der BF in Österreich habe nicht festgestellt werden können. Da der BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde und gem. § 10 Abs. 1 AsylG sowie gem. § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei diese Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden.
Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und gerügt, dass das Bundesamt auf die konkret von der BF vorgebrachten Befürchtungen bezüglich einer Abschiebung und die menschenwidrigen Aufnahmebedingungen sowie insbesondere ihre persönliche Situation in Österreich nicht nachvollziehbar eingegangen sei. Die BF sei damals als Minderjährige gezwungen worden, ihren Ehemann zu heiraten und könne nicht nach Deutschland zurück, weil ihr Ehemann sie ständig schlecht behandelt und bedroht habe. Die BF haben ihn in Deutschland bei der Polizei angezeigt und sich an die deutschen Behörden um Hilfe gewandt, jedoch hätten ihr diese nicht helfen können. Demnach könne sie sich im Falle einer Rückkehr nach Deutschland weder an die staatlichen Stellen wenden noch von diesen eine Unterstützung beziehungsweise Hilfe erwarten. Die BF habe psychische Störungen und brauche in Österreich ausreichende Behandlungsmöglichkeiten und auch eine erforderliche medizinische Versorgung. Sie habe Eltern und Geschwister in Österreich, welche sie unterstützen könnten. Das BFA habe es unterlassen - in Hinblick auf die Entscheidung des EGMR Tarakhel gegen die Schweiz vom 04.11.2014 - eine spezifische Untersuchung der Versorgungslage der BF in Deutschland durchzuführen. Zudem habe sie auch das Privat- und Familienleben der BF nur unzureichend behandelt. So wäre festzustellen gewesen, dass die BF nach den traumatischen Erlebnissen in ihrer Heimat und den Strapazen der langen Flucht nunmehr in Österreich Ruhe gefunden und bereits große Anstrengungen hinsichtlich der Integration vorgenommen habe. Aufgrund der dargestellten Tatsachen sei festzustellen, dass eine Abschiebung der BF nach Deutschland eine Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK darstellen würde, weshalb um den Eintritt Österreichs in das Verfahren ersucht werde, allenfalls aus humanitären Gründen, da im Fall der BF ein außergewöhnlicher humanitärer Bedarf gegeben sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF reiste über Deutschland in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte dort am 29.04.2016 einen Asylantrag, woraufhin ihr in Deutschland am 10.08.2016 subsidiärer Schutz gewährt wurde. Am 11.04.2018 suchte die BF um Asyl in Österreich an.
Zur Lage im Mitgliedstaat Deutschland schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Feststellungen des angefochtenen Bescheides an.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Die BF leidet an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Nach einer entsprechenden Untersuchung konnte bei ihr das Vorliegen einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung beziehungsweise von sonstigen psychischen Krankheitssymptomen ausgeschlossen werden.
In Österreich leben die Eltern und Geschwister der BF. Es besteht jedoch kein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise der BF in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie ihrer Asylantragstellung in Deutschland ergeben sich aus den Angaben der BF im Rahmen ihrer Einvernahmen sowie aus dem entsprechenden, vorliegenden Eurodac-Treffer der Kategorie 1 vom 29.04.2016.
Die Feststellung hinsichtlich des ihr in Deutschland zukommenden Status einer subsidiär Schutzberechtigten leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den deutschen Dublin-Behörden ab.
Die Gesamtsituation von subsidiär Schutzberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in Deutschland resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. In diesen Feststellunge ist ausgeführt, dass Personen mit subsidiärem Schutz den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung habe, wie deutsche Bürger.
Die Feststellungen des Nichtvorliegens gesundheitlicher Beeinträchtigungen ergeben sich aus der vorliegenden Aktenlage (insbesondere aus der gutachterlichen Stellungnahme vom 21.06.2018). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich im Speziellen aus den eigenen Angaben sowie der vorliegenden Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:
"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
...
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
...
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
...
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
..."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
....
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
(5) Eine Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung ist binnen einer Woche einzubringen."
Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.
Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072, 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).
Zur Frage der Unzulässigkeit des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ist davon auszugehen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat.
3.2.1. Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Aus dem festgestellten Sachverhalt - insbesondere aus dem Antwortschreiben der deutschen Dublinbehörde vom 18.04.2018 - ergibt sich, dass die BF in Deutschland bereits als Begünstigte internationalen Schutzes anerkannt wurde. Aus diesem Grund kommt zweifelsfrei § 4a AsylG zur Anwendung.
3.2.2. Die BF reiste im April 2018 ins österreichische Bundesgebiet und ihr Aufenthalt war nicht geduldet. Sie war nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Im vorliegenden Verfahren ist es nicht zur Anwendung von § 8 Abs. 3a AsylG 2005 gekommen und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC beziehungsweise Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).
Die Beschwerdeausführungen zu verschiedenen Problemen des Asylwesens in Deutschland sind letztlich nicht geeignet, eine Anordnung zur Außerlandesbringung als unzulässig erscheinen zu lassen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass die allgemeine Lage von nach Deutschland überstellten Drittstaatsangehörigen keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt. Nach den Länderberichten zu Deutschland kann ebenso wenig mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Deutschland konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden.
Wie im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, gewährleistet Deutschland grundsätzlich ausreichend Schutz für anerkannte Flüchtlinge sowie subsidiär Schutzberechtigte und ist somit nicht zu erkennen, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr nach Deutschland Gefahr liefe, in ihren von Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. Wie bereits oben angeführt, haben Personen mit Schutzstatus den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung wie deutsche Bürger.
Sollten in diesem Land möglicherweise geringere Integrationsmöglichkeiten bestehen, als in anderen europäischen Ländern, verletzt dies die BF nicht in ihren Grundrechten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die BF in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfände. So ist zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge beziehungsweise Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften. Schließlich kann auch auf die Hilfe von NGOs zurückgegriffen werden.
In Bezug auf das Vorbringen der BF, in Deutschland Angst vor ihrem gewaltbereiten Ehemann zu haben, ist zu sagen, dass sie sich - wie ein deutscher Staatsangehöriger auch - bei allfälligen Drohungen oder Übergriffen gegen ihre Person jederzeit an die deutschen Behörden wenden kann, die verpflichtet sind, in solchen Fällen einzugreifen und entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Umstände, die den Verdacht nahe legen, dass die BF in Deutschland keinen staatlichen Schutz erhielte, liegen jedenfalls nicht vor. So geht aus ihren vorgelegten Unterlagen hervor, dass es wegen ihrer geschilderten Probleme bereits zu einer strafrechtlichen Verfolgung der als ihren Ehemann bezeichneten Person in Deutschland gekommen ist. Sollte es bei einer Rückkehr der BF erneut zu solchen (strafrechtlich relevanten) Problemen kommen, hat die BF jederzeit die Möglichkeit, in solch einem Fall den Rechtsweg zu beschreiten, zumal die deutschen Behörden in der Lage und auch gewillt sind, betroffene Personen bei allfälligen gegen sie gerichteten Übergriffen in einem in den europäischen Staaten üblichen und möglichen Ausmaß zu schützen und den oder die Täter der Strafverfolgung zuzuführen. In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass strafrechtlich relevante Übergriffe in jedem Land geschehen können und ein vollkommener und lückenloser Schutz jeder einzelnen Person vor derartigen Gewalthandlungen von keinem Rechtsstaat der Welt, so auch nicht von Österreich, garantiert werden kann.
Jedenfalls hat die BF die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Deutschland und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend zu machen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Zusammenhang mit der Abschiebung von kranken Personen können von einer Ausweisung betroffene Ausländer grundsätzlich kein Bleiberecht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates beanspruchen, um weiterhin in den Genuss von dessen medizinischer, sozialer oder sonstiger Unterstützung oder Dienstleistungen zu kommen. Die Tatsache, dass die Lebensverhältnisse einer Person einschließlich ihrer Lebenserwartung im Fall ihrer Abschiebung deutlich reduziert würden, reicht allein nicht aus, um zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu führen. Die Entscheidung, einen an einer schweren psychischen oder physischen Krankheit leidenden Ausländer in ein Land rückzuführen, in dem die Einrichtungen für die Behandlung dieser Krankheit schlechter als im Vertragsstaat sind, kann ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen, aber nur in einem ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die gegen die Rückführung sprechenden humanitären Gründe zwingend sind ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"). Diese "anderen ganz außergewöhnlichen Fälle" hat der EGMR in seiner Rechtsprechung im Fall Paposhvili (EGMR, Große Kammer, 13.12.2016, 41738/10, Rn. 183-192) nunmehr präzisiert.
Wie oben bereits festgestellt, leidet die BF an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Im konkreten Fall wurden von der psychotherapeutischen Medizinerin und zugleich allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen bei der BF weder eine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung noch sonstige psychische Krankheitssymptome diagnostiziert. Es wurde lediglich vom möglichen Vorliegen einer Belastung gesprochen, die jedoch in Art, Dauer und Intensität derzeit nicht krankheitswertig sei.
Aus dem Akteninhalt ergeben sich jedenfalls keine Hinweise auf aktuelle, akute medizinische Notfälle oder auf die Notwendigkeit einer stationären Spitalsbehandlung der BF, woraus ein Rückschluss auf einen stabilen Gesundheitszustand zulässig ist.
In Deutschland ist eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet. Sowohl Personen mit internationalem Schutz als auch Personen mit subsidiärem Schutz haben den gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung wie deutsche Bürger.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Überstellung im Fall von bekannten Erkrankungen des Drittstaatsangehörigen durch geeignete Maßnahmen dem Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere wird kranken Personen eine entsprechende Menge der verordneten Medikamente mitgegeben. Anlässlich einer Überstellung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.
3.3.2. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK beziehungsweise Art. 7 GRC wurde erwogen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im vorliegenden Fall hat die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung die Trennung der BF von ihren Eltern und Geschwistern zur Folge, welche in Österreich asylberechtigt sind.
Eine etwaige (wechselseitige) ausgeprägte Abhängigkeit der BF zu diesen namhaft gemachten Verwandten konnte jedoch nicht erkannt werden. So hat die BF zwar angeführt, dass es ihr sehr gut gehe, seit sie bei ihren Eltern sei, und dass sie alles finanzieren würden, zugleich hat sie jedoch angegeben, dass diese zur Zeit nicht arbeiten würden. Abgesehen davon, dass allfällige geringfügige Zahlungen als unter Verwandten üblich anzusehen sind und keine finanzielle Abhängigkeit begründen, ist noch darauf hinzuweisen, dass eine finanzielle Unterstützung der BF durch ihre Eltern auch bei ihrer Rückkehr nach Deutschland möglich ist.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).
Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Der BF kann es somit jedenfalls zugemutet werden, den Wunsch nach Einwanderung und Familienzusammenführung im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen. Der Kontakt mit ihren Eltern und Geschwistern kann zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet sowie - in eingeschränkter Form (vgl. Art. 21 Abs. 1 SDÜ und § 31 Abs. 1 Z 3 FPG) - auch durch persönliche Besuche aufrechterhalten werden.
Die privaten und familiären Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wenn aber ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, also entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, dann kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise der BF innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.
Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012).
Gegenständlich liegen keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (vgl. VfGH vom 26.02.2007, B1802/06 u. a.). Der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von einigen Monaten war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen können (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (vgl. VwGH vom 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124).
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Hinblick darauf, dass die BF bereits in Deutschland subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist und sie sohin in Deutschland Schutz vor Verfolgung gefunden hat, den nunmehr in Österreich gestellten weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass sie sich nach Deutschland zurückzubegeben hat.
3.4. Gemäß § 21 Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
3.5. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Verfolgungssicherheit im Zielstaat, welche sich aus den umfassenden und aktuellen Länderberichten ergibt, weiters im Gesundheitszustand der BF sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR beziehungsweise auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Abhängigkeitsverhältnis, Asylverfahren, Außerlandesbringung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W175.2203417.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.10.2018