TE Vfgh Erkenntnis 2018/10/10 E4248/2017 ua

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Veröffentlicht am 10.10.2018
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §35 Abs2
EMRK Art8, Art14
Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG vom 22.09.2003 Art12
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Festlegung einer dreijährigen Wartefrist beim Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter; kein Vorliegen vergleichbarer Sachverhalte zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten auch im Fall des Nachzugs von Familienangehörigen

Spruch

I. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführer stellten im Herbst 2016 bei der Österreichischen Botschaft in Damaskus (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach §35 AsylG. Begründend wurde darin ausgeführt, dass der minderjährige Sohn der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers und Bruder der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: Bezugsperson) in Österreich aufhältig sei und durch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 24. Juli 2015 subsidiären Schutz erhalten habe. Er sei gemeinsam mit seinem damals 20-jährigen Bruder, der Syrien auf Grund der Furcht, zum Militärdienst einberufen zu werden, verlassen musste, nach Österreich geflohen. Nachdem dieser mit der Pflege und Erziehung des Minderjährigen überfordert gewesen sei, wurde ihm die Obsorge entzogen und zur Gänze dem Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen.

2. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 teilte das BFA der belangten Behörde mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge (§35 Abs2 AsylG). Der Bescheid des BFA vom 24. Juli 2015 sei seit 10. August 2015 rechtskräftig. Da die Bezugsperson daher weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge, seien die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung nicht gegeben. Diese negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA wurde nach neuerlicher Prüfung des Sachverhalts auf Grundlage einer Stellungnahme der Beschwerdeführer aufrechterhalten.

3. Mit Bescheid vom 13. Jänner 2017 wies die belangte Behörde die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §26 FPG iVm §35 AsylG ab. Begründend wurde auf die Stellungnahmen des BFA verwiesen.

4. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 24. Oktober 2017 als unbegründet ab und führte dazu begründend das Folgende aus:

4.1. Die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels seien am 1. August 2016 bzw 20. September 2016 und somit nach Inkrafttreten des §35 AsylG idF BGBl I 24/2016 am 1. Juni 2016 eingebracht worden. Gemäß der Übergangsbestimmung des §75 Abs24 AsylG sei daher §35 AsylG in der Fassung BGBl I 24/2016 anzuwenden. Die in §35 Abs2 AsylG vorgesehene Frist von drei Jahren seit Rechtskraft der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei im vorliegenden Fall noch nicht abgelaufen, weshalb die Abweisung der Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels zu Recht erfolgt sei. Selbst wenn die Behörde eine Zurückweisung der Anträge vorzunehmen gehabt hätte, wären die Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt worden.

4.2. Soweit durch die Beschwerdeführer argumentiert werde, dass die durch BGBl I 24/2016 in §35 Abs2 AsylG eingeführte dreijährige Frist, welche zwischen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson und Stellung eines Einreiseantrags mindestens verstrichen sein muss, im Sinn einer verfassungskonformen Interpretation so zu lesen wäre, dass von einer zwingenden Erfüllung dieses Erfordernisses dann abzusehen sei, wenn den privaten und familiären Interessen der beteiligten Personen höheres Gewicht beizumessen wäre, so stehe diese Argumentation im Gegensatz zum klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung, zumal in Bezug auf die dreijährige Frist eine Ausnahmebestimmung durch den Gesetzgeber gerade nicht normiert worden sei, weshalb diesbezüglich von einer zwingenden Voraussetzung für die Stellung eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels auszugehen sei.

4.3. Bereits vor der mit 1. Juni 2016 in Kraft getretenen Novellierung seien Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten gemäß §35 Abs2 AsylG idF BGBl I 68/2013 erst nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des in Österreich den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehabenden Fremden antragslegitimiert gewesen. Der Verfassungsgerichtshof habe in Bezug auf die dem Grunde nach vergleichbare Rechtslage in der Vergangenheit keinen Anlass zur Einleitung eines Gesetzprüfungsverfahrens erkannt. Zuletzt habe der Gesetzgeber die Anwendung des Familienverfahrens nicht erweitert, sondern vielmehr zunehmend bewusst eingeschränkt, weshalb auch vor diesem Hintergrund kein Raum für eine ergänzende Interpretation erblickt werden könne.

4.4. Folglich sei auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber Angehörige von (unbegleiteten) minderjährigen Bezugspersonen per se von der normierten dreijährigen Frist ausnehmen habe wollen, andernfalls wäre eine ausdrückliche dahingehende Regelung getroffen worden. Würde alleine vor dem Hintergrund der Minderjährigkeit der Bezugsperson und der damit einhergehenden Interessen an einer Fortführung seines Familienlebens mit seinen Eltern respektive unter Erwägungen des Kindeswohls fallbezogen von einer Ausnahme von der normierten dreijährigen Frist ausgegangen werden, stünde dies sohin im Widerspruch zum klaren Wortlaut der anzuwendenden Gesetzesbestimmung, der zufolge für (unbegleitete) Minderjährige – anders als in §35 Abs2a AsylG in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des §60 Abs2 AsylG – gerade keine Ausnahmeregelung geschaffen worden sei. Der Umstand, dass im Fall der Bezugsperson bzw der Beschwerdeführer – über die bei minderjährigen Bezugspersonen typischerweise vorliegenden Interessen und Aspekte des Kindeswohls hinausgehende – besondere familiäre Interessen an der Erteilung eines Einreisetitels vorliegen würden, sei im Verfahren im Übrigen nicht vorgebracht worden. Vielmehr stelle sich die Situation der Bezugsperson – verglichen mit anderen (unbegleiteten) minderjährigen Schutzberechtigten – insofern günstiger dar, als sich dieser gemeinsam mit einem volljährigen Bruder im Bundesgebiet befinde.

4.5. Im Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art8 EMRK sei im Übrigen auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §35 AsylG sei, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden habe, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im vorliegenden Fall nicht vorliegen würden. Wenn die Verweigerung eines Einreiseantrags in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art8 Abs1 EMRK eingreife, sei zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stütze, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutreffe, und ob sie Ziele verfolge, die mit der EMRK in Einklang stünden, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht komme.

4.6. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR 31.7.2008, Fall Darren Omoregie ua, Appl 265/07) würden die Regeln des Einwanderungsrechts eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art8 Abs2 EMRK darstellen. Die Verweigerung eines Visums, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle diene, könne nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes komme der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art8 Abs2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B328/07; VwGH 22.1.2013, 2011/18/0012; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

4.7. Die Regelung des Art8 EMRK schreibe auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr werde im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (im Folgenden: NAG) stellten in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so könne etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß §45 Abs12 NAG der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" gewährt werden, danach könne eine Familienzusammenführung nach §46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stünden letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG seien aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (zB Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), werde doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt.

4.8. In diesem Zusammenhang verweist das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem jüngsten Urteil vom 21. April 2016, Rs. C-558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art267 AEUV ausgesprochen habe, dass Art7 Abs1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahingehend auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen." Diese Auslegung lasse jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen dürfe.

4.9. Die Behörde habe im Verfahren auch nicht Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung verletzt, da dieser Rechtsakt – wie in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt worden sei – auf Verfahren betreffend den Nachzug von Familienangehörigen subsidiär Schutzberechtigter nach seinem Art3 Abs2 keine Anwendung finde. Die in §35 AsylG normierte Differenzierung von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen des Familiennachzugs finde vor diesem Hintergrund eine sachliche Rechtfertigung (vgl die Erläuterungen zur RV 996 BlgNR 25. GP, 5).

4.10. Die Vertretungsbehörden im Ausland würden zudem nur über eingeschränkte Möglichkeiten verfügen und nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG anwenden. Das Verfahren richte sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§11 und 11a FPG; vgl zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2014 VwGH 24.10.2007, 2007/21/0216; 13.12.2012, 2012/21/0070). Dies gelte unverändert auch nach der mit 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt gewesen sei (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl I 33/2013, FABL 2013, 17 ff.). Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gebe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK), im Recht, nicht auf Grund des Status ungleich behandelt oder diskriminiert zu werden (Art14 iVm Art8 EMRK), auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973) sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes – konkret der Wortfolge "frühestens drei Jahre nach rechtkräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" in §35 Abs2 erster Satz AsylG, deren Prüfung angeregt wird – behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

5.1. §35 Abs2 AsylG erweise sich nach Ansicht der Beschwerdeführer aus folgenden Gründen als verfassungswidrig: Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes lege Art8 EMRK den Staaten zwar keine generelle Pflicht auf, eine Familienzusammenführung auf dem Hoheitsgebiet zu ermöglichen, jedoch könne sich aus dem Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art8 EMRK dennoch eine solche ergeben (vgl EGMR 3.10.2014, Fall Jeunesse, Appl 12.738/10; VfSlg 17.013/2003, 17.734/2005). Art8 EMRK könne unter besonderen Umständen eine Verpflichtung des Staates ergeben, den Aufenthalt eines Fremden mit der Folge zu ermöglichen, dass die Verweigerung der Erteilung eines Aufenthaltstitels einen Eingriff in dieses Grundrecht bilde (vgl etwa VfSlg 18.517/2008). Dabei sei auf die konkreten Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen und es habe eine Abwägung der privaten Interessen an der Familienzusammenführung und allfälliger gegenläufiger öffentlicher Interessen zu erfolgen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sei in diesem Zusammenhang im Wesentlichen zu prüfen, wer für die Trennung der Familie verantwortlich sei, welchen Status die Beteiligten innehaben würden, wie viel Zeit seit der Trennung verstrichen sei, welche Bindungen zum Herkunftsland noch bestünden und ob es unüberwindbare Hindernisse für ein Familienleben in einem anderen Staat gebe, wobei den Interessen von Kindern besondere Beachtung zu schenken sei (vgl Czech, Die Neuerungen des Asylrechtspakets 2016 – Einschränkungen des Familiennachzugs, FABL 2016, 17, mwN insbesondere auf EGMR, Fall Jeunesse, Rz 107, 109; 8.11.2016, Fall El Ghatet, Appl 56.971/10, Rz 46). Seien minderjährige Kinder von einer Familienzusammenführung betroffen, müssten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte insbesondere deren Alter, die Situation in den betroffenen Staaten und das Ausmaß der Abhängigkeit von den Eltern berücksichtigt werden (vgl EGMR, Fall Jeunesse, Rz 118).

5.2. Die Bestimmung des §35 Abs2 AsylG, die für die Zusammenführung von Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten eine Wartefrist von drei Jahren vorsehe, vermöge diesen Anforderungen nach Ansicht der Beschwerdeführer insbesondere deshalb nicht zu genügen, weil deren ausnahmslose Geltung keine Möglichkeit biete, auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Der Verfassungsgerichtshof habe bereits mehrfach Bestimmungen, die es unmöglich gemacht hätten, auf die näheren Umstände des Falls einzugehen und eine Abwägung nach Art8 Abs2 EMRK durchzuführen, wegen Verstoßes gegen Art8 EMRK als verfassungswidrig aufgehoben (VfSlg 17.013/2003, 18.517/2008, 19.713/2012; vgl dazu auch Czech, aaO, 36).

5.3. Im vorliegenden Fall wäre zu bedenken, dass die Bezugsperson – der noch 13-jährige Sohn und Bruder der Beschwerdeführer – seinen Herkunftsstaat nicht freiwillig, sondern auf Grund der dort herrschenden kriegerischen Handlungen und aus Furcht um sein Leben verlassen habe. Da sich die Eltern und Geschwister der Bezugsperson noch immer im Kriegsgebiet in Syrien aufhalten würden, komme ein gemeinsames Familienleben nicht in Betracht. Durch die Wartefrist drohe eine Entfremdung zu seinen Eltern. Eine solche Trennung sei nicht im Kindeswohl gelegen, das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Rahmen der gemäß Art8 Abs2 EMRK durchzuführenden Interessenabwägung vorrangig zu berücksichtigen sei (vgl EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl 55.597/09; Fall El Ghatet, Rz 46 f.). Dieser Grundsatz des Vorrangs des Kindeswohls sei zudem in der österreichischen Bundesverfassung verankert (Art1 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern) und auch in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes komme dem Vorrang des Kindeswohls im Rahmen der Prüfung nach Art8 Abs2 EMRK eine tragende Rolle zu (vgl VfGH 9.6.2016, E2617/2015; 12.10.2016, E1349/2016).

5.4. Zudem sei nicht ersichtlich, welche öffentlichen Interessen einen derart schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechtsposition rechtfertigen sollten. Soweit das Bundesverwaltungsgericht dabei die Ziele der "Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes" anspreche, sei insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Ordnung zu entgegnen, dass die Beschwerdeführer das gesetzlich vorgesehene Prozedere eingehalten hätten. Auch im Hinblick auf "allgemein einwanderungspolitische Überlegungen" werde vom Schrifttum bezweifelt, dass die Bestimmung zur Zielerreichung geeignet sei, da durch die Wartefrist die Zuwanderung von Familienangehörigen nicht generell verhindert, sondern nur verzögert werde (vgl Czech, aaO, 20). Dem Ziel des wirtschaftlichen Wohls werde schon dadurch entsprochen, dass §35 Abs2 AsylG auf die Erfüllung der Voraussetzungen des §60 Abs2 Z1 bis 3 AsylG abstelle. Mit §35 Abs2a AsylG habe der Gesetzgeber nach Ansicht der Beschwerdeführer zudem zum Ausdruck gebracht, dass die Belange des wirtschaftlichen Wohls Österreich dann hinter das Interesse an der Fortsetzung des Familienlebens zurückzutreten hätten, wenn es um die Familienzusammenführung mit einem unbegleiteten minderjährigen Kind gehe.

5.5. Selbst wenn das wirtschaftliche Wohl und die öffentliche Ordnung als legitime Ziele iSd Art8 Abs2 EMRK heranzuziehen seien, wäre dennoch eine Abwägung mit den dadurch beeinträchtigten privaten Interessen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung notwendig (vgl zu diesem Erfordernis etwa EGMR, Fall El Ghatet). Aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten wäre es daher notwendig, die die Wartefrist normierende Bestimmung so auszugestalten, dass den anwendenden Behörden die Möglichkeit zukomme, die Einreise zum Zweck der Familienzusammenführung aus Gründen der Einhaltung des sich aus Art8 EMRK ergebenden Rechts auf Achtung des Familienlebens nach Abwägung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls auch vor Ablauf der Wartefrist von drei Jahren zu ermöglichen, wie dies etwa auch §35 Abs4 Z3 AsylG vorsehe. Diese Überlegungen würden die Unverhältnismäßigkeit des durch die Wartefrist entstehenden Eingriffs in Art8 EMRK aufzeigen.

5.6. §35 Abs2 AsylG und die darin normierte Wartefrist für subsidiär Schutzberechtigte würden sich zudem wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot (Art14 iVm Art8 EMRK) bzw das Gleichbehandlungsgebot als verfassungswidrig erweisen. Die Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten sei sachlich nicht gerechtfertigt. Beide Personengruppen seien gezwungen gewesen, ihren Herkunftsstaat unfreiwillig zu verlassen, und könnten in beiden Fällen nicht dahin zurückkehren. Beide Gruppen seien in einer derart übereinstimmenden Lage, dass ein vernünftiger Grund, der die Ungleichbehandlung zwischen Angehörigen von subsidiär Schutzberechtigten und von Asylberechtigten rechtfertigen würde, nicht erkennbar sei. Der Gesetzgeber stelle dabei allein auf den Status der bereits in Österreich aufhältigen Bezugsperson ab. Damit werde jedoch ein unzulässiges Unterscheidungsmerkmal herangezogen, da der Schutzstatus kein selbst gewählter, sondern ein unfreiwillig zukommender sei. Selbst wenn durch die Bestimmung legitime Ziele verfolgt würden, was die Beschwerdeführer verneinen, sei die in Form einer Wartefrist gewählte Maßnahme des Gesetzgebers nicht verhältnismäßig, weil sie keine Möglichkeit einräume, auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen und eine Einreise zur Familienzusammenführung – zur Wahrung des Kindeswohls und unter Sicherstellung ausreichender finanzieller Mittel – unmöglich bleibe.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

7. Die belangte Behörde hat eine Äußerung erstattet, in der den Beschwerdebehauptungen wie folgt entgegengetreten wird:

7.1. Vorweg sei zu bemerken, dass – wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausführe – bereits nach der Rechtslage vor Novellierung des §35 Abs2 AsylG 2005 durch BGBl I 24/2016 Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten (anders als bei Familienangehörigen von Asylberechtigten) nur unter weiteren Voraussetzungen die Einreise gestattet werden konnte (Einreisegewährung erst nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung). Diese bereits früher bestandene unterschiedliche Behandlung der Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten einerseits und jener von Asylberechtigten andererseits sei in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (und auch des Verwaltungsgerichtshofes) nicht problematisiert worden. Die unterschiedliche Behandlung der Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten einerseits und jener von Asylberechtigten andererseits sei zudem nicht auf die Rechtslage in Österreich beschränkt. In Griechenland dürften Flüchtlinge mit einem eingeschränkten Schutzstatus (überhaupt) keinen Familiennachzug beantragen. In der Bundesrepublik Deutschland habe der Deutsche Bundestag erst jüngst am 1. Februar 2018 das Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten beschlossen. Danach werde die zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten bis zum 31. Juli 2018 verlängert. Ab dem 1. August 2018 sollen monatlich insgesamt 1.000 Ehepartner sowie minderjährige Kinder subsidiär Geschützter bzw Eltern subsidiär geschützter Minderjähriger aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt bekommen, wobei Härtefälle (nach §22 Aufenthaltsgesetz) nicht auf dieses Kontingent angerechnet würden. Diese "Sonderregelungen" hinsichtlich der subsidiär Schutzberechtigten – und insbesondere auch der §35 Abs2 AsylG – würden insbesondere daraus resultieren, dass die Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung auf Familienangehörige der subsidiär Schutzberechtigten nach deren Art3 Abs2 keine Anwendung finde (s auch RV 996 BlgNR 25. GP, 5).

7.2. Dieser Umstand werde in der Beschwerde auch nicht in Frage gestellt. Die Bedenken in der Beschwerde würden vielmehr auf eine Unvereinbarkeit der Regelung der "Wartefrist" in §35 Abs2 AsylG mit Art8 EMRK zielen.

7.3. Dazu sei festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof (s etwa VfSlg 19.713/2012) in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte davon ausgehe, dass aus Art8 EMRK keine generelle Verpflichtung abzuleiten sei, dem Wunsch der Fremden, sich in einem bestimmten Mitgliedstaat aufzuhalten, nachzukommen. Die EMRK verbürge Ausländern demnach kein Recht auf Einreise, Einbürgerung und Aufenthalt (s Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, §22 Rz 65). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkenne an, dass jeder Staat das Recht habe, die Einreise von Nichtstaatsangehörigen in sein Gebiet einem Kontrollregime zu unterwerfen (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua, Appl 9214/80, Rz 68). Art8 EMRK umfasse nicht die generelle Verpflichtung eines Vertragsstaates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben (s EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl 23.218/94, Rz 38). Bei der Festlegung der Bedingungen für die Einwanderung, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden sei den Vertragsstaaten ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt (zB EGMR 18.2.1991, Fall Moustaquim, Appl 12.313/86; 19.2.1998, Fall Dalia, Appl 154/1996/773/974; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl 60.654/00).

7.4. Da die minderjährige Bezugsperson die Mühen der Flucht ohne Begleitung ihrer Eltern auf sich genommen habe, könne auch davon ausgegangen werden, dass die Abhängigkeit von ihren Eltern nicht mehr so gestaltet sei, dass damit eine allfällige staatliche Verpflichtung für einen Familiennachzug begründet werden könnte.

7.5. Nach Auffassung der belangten Behörde werde mit der angegriffenen "Wartefrist" des §35 Abs2 AsylG dieser weite Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Es entspreche dem Recht des Staates, die Einreise von Nichtstaatsangehörigen in sein Gebiet einem Kontrollregime zu unterwerfen.

7.6. Dabei sei zu betonen, dass es bei §35 Abs2 AsylG nicht um den Ausschluss des Familiennachzugs gehe, sondern (eben) um eine "Wartefrist". Dahinter dürfte die Überlegung des Gesetzgebers stehen, dass der (nationale) Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, einen umgehenden Familiennachzug zu einer subsidiär schutzberechtigten Bezugsperson zu gestatten, deren Aufenthaltsstatus von vornherein eher von provisorischer Natur sei. Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 20.177/2017 ausgeführt habe, würden subsidiär Schutzberechtigte – im Gegensatz zu Asylberechtigten – nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr, welches bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen verlängert werden könne, erhalten. Dies entspreche der Überlegung, dass jene Umstände, die typischerweise subsidiären Schutz rechtfertigen würden, wie zB eine schlechte Sicherheitslage oder bürgerkriegsähnliche Zustände, jedenfalls in der Tendenz eher vorübergehenden Charakter hätten und rascher beendet sein könnten, als dies im Allgemeinen von systematischen Verfolgungen aus den in Art1 Abschnitt A Z2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen durch staatliche Einrichtungen unter bestimmten Regimen angenommen werden könne. Mit Blick auf den "eher vorübergehenden Charakter" des Status von subsidiär Schutzberechtigten sei der Gesetzgeber offenkundig davon ausgegangen, dass – erst, aber auch jedenfalls – nach einer "Wartefrist" von drei Jahren der "vorübergehende Charakter" nicht mehr gegeben sei. Es erscheine gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber einerseits für das "Provisorium" des nur vorübergehenden Aufenthaltsrechts des subsidiär Schutzberechtigten einen Familiennachzug ausgeschlossen habe, andererseits aber nach einer "Wartefrist" von drei Jahren, den provisorischen Charakter nicht mehr derart im Vordergrund stehend, ein weiteres Zuwarten mit dem Familiennachzug als nicht mehr zumutbar angesehen habe.

7.7. Der Gesetzgeber habe die Familieneinheit mit dem subsidiär Schutzberechtigten keineswegs verunmöglicht, sondern im Rahmen seines Gestaltungs-spielraums dem "Provisorium" des nur vorübergehenden Aufenthaltsrechts des subsidiär Schutzberechtigten Rechnung getragen, wobei er – ausgehend von einer Durchschnittsbetrachtung – nach Ablauf von drei Jahren dieses "Provisorium" faktisch als beendet und im Hinblick auf eine gewisse (und in der zeitlichen Dimension erkennbare) Verfestigung des Aufenthalts der Bezugsperson in Österreich einen Familiennachzug als gerechtfertigt ansehe.

7.8. In Bezug auf das Kindeswohl räumt die belangte Behörde ein, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (etwa EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl 55.597/09) bei der nach Art8 Abs2 EMRK gebotenen Interessenabwägung eine besondere Berücksichtigung des Kindeswohls einfordere. Aus dem Gebot, bei dieser Interessenabwägung dem Wohl des Kindes ausreichend Rechnung zu tragen, sei aber noch nicht der Schluss zulässig, der oben genannte Grundsatz, wonach die EMRK Ausländern kein Recht auf Einreise verbürge, sei im Hinblick auf das Kindeswohl durchbrochen, wodurch das Kindeswohl im Zusammenhang mit Art8 EMRK per se ein Recht auf Einreise verbürge.

7.9. In diesem Zusammenhang sei aber auch auf die zutreffende Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu verweisen, wonach Art8 EMRK keineswegs vorschreibe, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Für den Regelfall würden vielmehr die Verfahren nach dem NAG in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstellen, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (s hier etwa die Möglichkeit eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EU" gemäß §45 Abs12 NAG iZm einer Familienzusammenführung nach §46 NAG).

7.10. Nach Auffassung der belangten Behörde sei der Familienzusammenführungs-RL entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zu unterstellen, wenn sie (nur) Vorgaben dazu enthalte, unter welchen Voraussetzungen einem Familienangehörigen eines anerkannten Flüchtlings ein für den Zweck der Familienzusammenführung vorgesehener Aufenthaltstitel zu erteilen sei (vgl Art13 Abs2 iVm Art2 lite dieser Richtlinie) — nicht aber hinsichtlich der Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten. Eine solche Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sei aber auch unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der doppelten Bedingtheit von unionsrechtsausführenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften (vgl etwa VfSlg 17.967/2006) zu verneinen.

7.11. Auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung von Fremden untereinander sei es — wie bereits ausgeführt – vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 20.177/2017) nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber für das "Provisorium" des nur vorübergehenden Aufenthaltsrechts des subsidiär Schutzberechtigten einen Familiennachzug ausschließe, er aber auch – ausgehend von einer Durchschnittsbetrachtung – nach Ablauf von drei Jahren dieses "Provisorium" faktisch als beendet und im Hinblick auf eine gewisse (und in der zeitlichen Dimension erkennbare) Verfestigung des Aufenthalts der Bezugsperson in Österreich einen Familiennachzug als gerechtfertigt ansehe.

8. Mit Replik vom 8. Juni 2018 traten die Beschwerdeführer der Äußerung der belangten Behörde entgegen.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl I 100/2005 idF BGBl I 84/2017, lauten:

"4. Abschnitt

Sonderbestimmungen für das Familienverfahren

Familienverfahren im Inland

§34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm: Z2 aufgehoben durch Art3 Z13, BGBl I Nr 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm: Z2 aufgehoben durch Art3 Z13, BGBl I Nr 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß §12a Abs4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§30 NAG).

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß §34 Abs1 Z1 iVm §2 Abs1 Z13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß §60 Abs2 Z1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß §34 Abs1 Z2 iVm §2 Abs1 Z13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß §60 Abs2 Z1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß §60 Abs2 Z1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs1 oder Abs2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß §60 Abs2 Z1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art8 Abs2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs1 letzter Satz oder Abs2 die Voraussetzungen des §60 Abs2 Z1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß §9 Abs2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß §11 Abs5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß §17 Abs1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §35 Abs2 AsylG und der darin normierten dreijährigen Wartefrist für einen Familiennachzug von Angehörigen subsidiär Schutzberechtigter im Hinblick auf Art8 EMRK, Art14 iVm Art8 EMRK sowie das Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, vor. Die ausnahmslose Geltung der dreijährigen Wartefrist vermöge nach Ansicht der Beschwerdeführer den Anforderungen des Art8 EMRK nicht zu genügen, da sie keine Möglichkeit biete, auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls – insbesondere Aspekte des Kindeswohls – einzugehen. Darüber hinaus sei keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten anders zu behandeln als Angehörige von Asylberechtigten, zumal sich beide Personengruppen in einer im Wesentlichen vergleichbaren Lebenssituation befänden.

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art8 EMRK:

2.1. Gemäß Art8 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein wesentliches Element des Familienlebens stellt die Möglichkeit der Familienmitglieder dar, wechselseitig die Gesellschaft des anderen zu genießen und ein gemeinsames Leben zu führen. Staatliche Maßnahmen, die dieses Beieinandersein beeinträchtigen, stellen daher einen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar (vgl statt vieler EGMR 26.5.1994, Fall Keegan, Appl 16.969/90, Rz 49; 13.7.2000, Fall Elsholz, Appl 25.735/94, Rz 43; 11.10.2001, Fall Hoffmann, Appl 34.045/96, Rz 34 ff., jeweils mwN; VfSlg 20.018/2015). In Zusammenhang mit dem Familiennachzug zu Asylberechtigten stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die Familieneinheit ein grundlegendes Recht des Flüchtlings und die Familienzusammenführung ein wesentliches Element sei, um vor Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention geflohenen Personen die Wiederaufnahme eines normalen Lebens zu ermöglichen (vgl EGMR 10.7.2014, Fall Tanda-Muzinga, Appl 2260/10, Rz 75).

2.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist aus Art8 EMRK keine generelle Verpflichtung abzuleiten, dem Wunsch der Fremden, sich in einem bestimmten Konventionsstaat aufzuhalten, nachzukommen (vgl etwa VfSlg 19.713/2012). Die EMRK verbürgt Ausländern demnach weder ein Recht auf Einreise, Einbürgerung und Aufenthalt (vgl EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl 55.597/09, Rz 66), noch umfasst Art8 EMRK die generelle Verpflichtung eines Konventionsstaates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben (vgl EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl 23.218/94, Rz 38).

2.3. Bei der Festlegung der Bedingungen für die Einwanderung, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden ist den Konventionsstaaten ein Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl etwa EGMR 8.11.2016, Fall El Ghatet, Appl 56.971/10, Rz 43; Fall Tanda-Muzinga, Rz 64; Fall Nunez, Rz 68; vgl dazu Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6, 2016, §22 Rz 72).

2.4. Unter besonderen Umständen kann sich aus Art8 EMRK eine Verpflichtung der Konventionsstaaten ergeben, den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen, wodurch sich für diese Einschränkungen in ihrer Gestaltungsfreiheit bei der Regelung des Einwanderungs- und Aufenthaltsrechts bis hin zur Pflicht, Einreise oder Aufenthalt zu gewähren, ergeben können (vgl etwa VfSlg 17.734/2005, 19.713/2012; VfGH 14.3.2018, E4329/2017, G408/2017). In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch Immigration betreffen, variiert das Ausmaß der staatlichen Verpflichtung, Verwandte von in dem Staat aufhältigen Personen zuzulassen, nach den besonderen Umständen der betroffenen Personen und dem Allgemeininteresse (EGMR 3.10.2014, Fall Jeunesse, Appl 12.738/10, Rz 107).

2.5. Wenn Kinder betroffen sind, muss das Kindeswohl berücksichtigt werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verweist im Besonderen darauf, dass es einen breiten Konsens auch im Völkerrecht gibt, dass in allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, deren Wohl von überragender Bedeutung ist (EGMR, Fall Jeunesse, Rz 109; vgl auch Art1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern; Art24 Abs2 GRC).

2.6. Der Gesetzgeber hat die so gezogenen Grenzen seines Gestaltungsspielraums im Hinblick auf die Anforderungen des Art8 EMRK in §35 Abs2 AsylG nicht überschritten:

2.6.1. Der Status subsidiär Schutzberechtigter und damit auch deren Aufenthaltsrecht ist – auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass dieser nicht unbefristet, sondern bloß vorübergehend zuerkannt wird, nämlich gemäß §8 Abs4 AsylG für die Dauer eines Jahres (mit der Möglichkeit der Verlängerung für die Dauer von jeweils zwei Jahren) – von vornherein provisorischer Natur. Dabei wird davon ausgegangen, dass jene Umstände, die typischerweise subsidiären Schutz rechtfertigen, wie zB eine schlechte Sicherheitslage oder bürgerkriegsähnliche Zustände, eher vorübergehenden Charakter haben und rascher beendet sein können, als dies im Allgemeinen bei systematischen Verfolgungen aus den in Art1 Abschnitt A Z2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen angenommen werden kann.

2.6.2. Dieser – zumindest anfänglich – vorübergehende Charakter des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die damit verbundene Möglichkeit des (zeitnahen) Verlusts des Aufenthaltsrechts im Fall der Besserung der Sicherheitslage rechtfertigen es, den Familiennachzug von Angehörigen subsidiär Schutzberechtigter – und damit auch eine Verfestigung des Aufenthalts dieser Personen im Staatsgebiet – im Hinblick auf deren unsicheren Aufenthaltsstatus erst nach einer bestimmten Wartefrist zuzulassen. Bei der vom Gesetzgeber gewählten Frist von drei Jahren ab rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kann davon ausgegangen werden, dass der provisorische Charakter des Aufenthalts nach Ablauf dieser Zeitspanne nicht mehr vorliegt und eine gewisse Verfestigung des Aufenthalts bereits eingetreten ist.

2.6.3. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Umstand, dass die dreijährige Wartefrist generell und unter Ausschluss einer Abwägung der Umstände im Einzelfall angeordnet ist, als verfassungsrechtlich unbedenklich. Dem Gesetzgeber ist – auch unter dem Gesichtspunkt, dass diese Frist einen Eingriff in das Recht auf Familienleben (und zwar regelmäßig von Kindern) nach Art8 EMRK bedeutet, weshalb der Gesetzgeber insoweit über einen geringeren Spielraum verfügt – nicht entgegenzutreten, wenn er angesichts des provisorischen Charakters des Aufenthalts subsidiär Schutzberechtigter für den Fall des Familiennachzugs deren Angehöriger in diesen drei Jahren von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erst für die Zeit nach Ablauf dieses begrenzten Zeitraums vorsieht.

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art14 iVm Art8 EMRK sowie das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander:

3.1. Der Verfassungsgerichtshof kann in der Differenzierung zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten keine unsachliche Ungleichbehandlung erblicken, zumal zwischen diesen Gruppen im ausreichenden Maße Unterschiede bestehen, die eine Differenzierung zu rechtfertigen vermögen. Beiden Personengruppen – Asylberechtigten einerseits, subsidiär Schutzberechtigten andererseits – ist zwar gemeinsam, dass eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, den sie aus unterschiedlichen Gründen verlassen haben, (derzeit) nicht möglich ist und sie sich diesbezüglich in im Wesentlichen vergleichbaren Lebenssituationen befinden. Im Gegensatz zu Asylberechtigten erhalten subsidiär Schutzberechtigte jedoch von vornherein nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr, welches bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen verlängert werden kann, weil davon ausgegangen wird, dass jene Umstände, die typischerweise subsidiären Schutz rechtfertigen, eher vorübergehenden Charakter haben und rascher beendet sein können, als dies im Allgemeinen von systematischen Verfolgungen iSd Genfer Flüchtlingskonvention angenommen werden kann. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Asylberechtigte seit der Asylrechtsnovelle 2016, BGBl I 24/2016, zunächst nur eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten, zumal diese nach Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer ex lege zu einer unbefristeten Berechtigung wird, sofern nicht ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wird (§3 Abs4 AsylG, vgl RV 996 BlgNR 25. GP, 1). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art12 Abs2 der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung von der Einhaltung allfälliger Fristen iSv Art8 der Richtlinie, in denen ein Antrag auf Familienzusammenführung gestellt bzw der Aufenthaltstitel ausgestellt werden darf (zwei bzw drei Jahre), entbindet, weil von Flüchtlingen nicht verlangt werden kann, dass sie sich während eines bestimmten Zeitraums in ihrem Hoheitsgebiet aufgehalten haben, bevor ihre Familienangehörigen nachreisen. Subsidiär Schutzberechtigte sind dagegen gemäß Art3 Abs2 vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen.

3.2. Vor diesem Hintergrund ist daher auch im Fall des Familiennachzugs das Vorliegen vergleichbarer Sachverhalte zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten zu verneinen, weshalb auch dieses Bedenken der Beschwerdeführer ins Leere geht.

4. Soweit in der Beschwerde (implizit) auch Vollzugsmängel geltend gemacht werden, ist festzuhalten, dass dem Bundesverwaltungsgericht kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen ist. Es hat sich mit dem Umständen des vorliegenden Falls umfassend auseinandergesetzt und seine Entscheidung nachvollziehbar mit der noch nicht abgelaufenen dreijährigen Wartefrist begründet. Diese Beurteilung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

2. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

3. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Asylrecht, Privat- und Familienleben, EU-Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E4248.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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