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19/05 Menschenrechte;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des CR in E, vertreten durch Dr. August Lahnsteiner und Dr. Karl-Heinz Lahnsteiner, Rechtsanwälte in 4802 Ebensee, Schulgasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. März 1997, Zl. VwSen-250363/5/Kei/Shn, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 7. November 1994 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) i. V. m. § 9 Abs. 1 VStG mit einer Geldstrafe von insgesamt S 40.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt acht Tagen, bestraft und ihm die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Projekt Bau Ges.m.b.H. zu verantworten habe, dass diese am 28. Juni 1994 vier namentlich genannte türkische Staatsangehörige mit Maurerarbeiten bzw. Maurerhilfsarbeiten auf einer näher genannten Baustelle beschäftigt habe, obwohl sie für diesen Zeitraum nicht im Besitz einer gültigen Beschäftigungsbewilligung gewesen sei und auch die Ausländer selbst nicht über eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt hätten.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass die genannten Ausländer nicht von seiner Ges.m.b.H., sondern von einem Mitarbeiter derselben ohne sein Wissen bzw. ohne Wissen des Bauleiters beschäftigt worden seien.
Die belangte Behörde sah von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Gegenstand ab und wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. März 1997 die Berufung des Beschwerdeführers ab. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz angeführte Sachverhalt vom Beschwerdeführer nicht explizit bestritten worden sei und die Schuld des Beschwerdeführers nicht geringfügig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind die maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1979 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 895/1995, anzuwenden.
Als Beschäftigung gilt gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des AÜG, BGBl. Nr. 196/1988.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ... bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--.
Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet. Gemäß § 51e Abs. 1 VStG in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 hat nämlich der unabhängige Verwaltungssenat, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder aufgrund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Gemäß § 51e Abs. 2 VStG kann eine öffentliche mündliche Verhandlung nur dann unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, dass eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Im Beschwerdefall lag keiner dieser Ausnahmsfälle vor. Der Beschwerdeführer hat auch nicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet - in welchem Falle die belangte Behörde von deren Durchführung gemäß § 51e Abs. 3 VStG hätte absehen dürfen.
Der Beschwerdeführer hätte bei einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, auf deren Durchführung er gemäß § 51e VStG ein Recht hatte, jedes zweckdienliche Vorbringen erstatten können. Die belangte Behörde hätte sich damit auseinander setzen müssen, zumal der Beschwerdeführer gemäß § 51g Abs. 2 und 4 VStG an jede hiebei vernommene Person hätte Fragen stellen und sich zu allen Beweismitteln hätte äußern können, und die belangte Behörde hätte gemäß § 51i VStG nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht nehmen dürfen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist; sie hätte auch auf Aktenstücke nur insoweit Rücksicht nehmen dürfen, als sie bei der Verhandlung zulässigerweise verlesen worden wären (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/09/0231, mit weiteren Nachweisen, sowie vom 6. März 1997, Zl. 95/09/0316).
Die belangte Behörde hat somit entgegen § 51e VStG die Durchführung der nach Lage der Beschwerdefälle erforderlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung unterlassen und sie hätte bei deren Durchführung zu einem anderen Ergebnis kommen können. Dieser - im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK - wesentliche Verfahrensmangel führt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997090219.X00Im RIS seit
20.11.2000