TE Vwgh Beschluss 2018/10/1 Ra 2018/04/0010

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Veröffentlicht am 01.10.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/04/0011 Ra 2018/04/0072 Ra 2018/04/0013 Ra 2018/04/0014 Ra 2018/04/0015 Ra 2018/04/0016 Ra 2018/04/0017 Ra 2018/04/0018 Ra 2018/04/0019 Ra 2018/04/0020 Ra 2018/04/0021 Ra 2018/04/0022 Ra 2018/04/0023 Ra 2018/04/0024 Ra 2018/04/0025 Ra 2018/04/0026 Ra 2018/04/0027 Ra 2018/04/0028 Ra 2018/04/0029 Ra 2018/04/0030 Ra 2018/04/0031 Ra 2018/04/0032 Ra 2018/04/0033 Ra 2018/04/0034 Ra 2018/04/0035 Ra 2018/04/0036 Ra 2018/04/0037 Ra 2018/04/0038 Ra 2018/04/0039 Ra 2018/04/0040 Ra 2018/04/0041 Ra 2018/04/0042 Ra 2018/04/0043 Ra 2018/04/0044 Ra 2018/04/0045 Ra 2018/04/0046 Ra 2018/04/0047 Ra 2018/04/0048 Ra 2018/04/0049 Ra 2018/04/0050 Ra 2018/04/0051 Ra 2018/04/0052 Ra 2018/04/0053 Ra 2018/04/0054 Ra 2018/04/0055 Ra 2018/04/0056 Ra 2018/04/0057 Ra 2018/04/0058 Ra 2018/04/0059 Ra 2018/04/0060 Ra 2018/04/0061 Ra 2018/04/0062 Ra 2018/04/0063 Ra 2018/04/0064 Ra 2018/04/0065 Ra 2018/04/0066 Ra 2018/04/0067 Ra 2018/04/0068 Ra 2018/04/0069 Ra 2018/04/0070 Ra 2018/04/0071 Ra 2018/04/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der revisionswerbenden Parteien

1.

G M, 2. Bürgerinitiative U, vertreten durch G M, beide in G,

3.

G L, 4. M L, beide in E, 5. E M, 6. L M, beide in G, 7. J W in K, 8. S W, 9. E P, 10. B P, 11. I M, 12. O P, 13. M P, 14. A B,

15.

B R, 16. A G, 17. W M, 18. J G, 19. Dr. G P, 20. J D, 21. B M,

22.

K M, 23. A B, 24. H M, alle in G, 25. R P in R, 26. J M, 27. H M, 28. C G, alle in G, 29. F S, 30. G S, 31. N S, alle in F,

32.

N A, 33. J M, 34. K R, 35. S D, 36. M S, 37. M S, 38. R S,

39.

M M, 40. J L, 41. A W, 42. H W, 43. J Z, 44. M Z, 45. E S,

46.

S S, 47. F L, 48. M L, 49. S W, 50. E Z, 51. E Z, 52. D Z,

53.

M Z, 54. D S, alle in G, 55. Forschungsgemeinschaft W in S,

56.

M S, 57. S S, 58. I G, 59. F G, 60. G G, 61. R S, 62. H S, alle in G, alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. Dezember 2017, Zl. LVwG-AV-268/001-2017, betreffend Errichtungs- und Betriebsgenehmigung nach dem NÖ Elektrizitätswesengesetz 2005 und Feststellungsantrag gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: W AG in W, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Die mitbeteiligte Partei beantragte die Errichtungs- und Betriebsgenehmigung nach dem NÖ Elektrizitätswesengesetz 2005 (NÖ ElWG 2005) für ein geographisch näher bezeichnetes Vorhaben betreffend die Errichtung eines Windparks bestehend aus vier Windrädern mit einer Leistung von insgesamt 12,3 MW.

2 Nach Durchführung eines Verfahrens nach den Bestimmungen für ein Großverfahren erteilte die belangte Behörde mit Bescheid vom 30. November 2016 der mitbeteiligten Partei die elektrizitätsrechtliche Genehmigung für das beantragte Projekt unter Erteilung von Auflagen.

3 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber in einem gemeinsamen Schriftsatz Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht), worin diese unter anderem die Unzuständigkeit der belangten Behörde in Folge der UVP-Pflicht des Vorhabens, die Gefährdung und Belästigung der Beschwerdeführer wegen Schallimmissionen und Eis- bzw. Schattenwurf, die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplans und eine mangelhafte Interessenabwägung zu Lasten des Naturschutzes geltend machten. Überdies stellten sie einen Antrag auf Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000.

4 2. Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich eines Teiles der Revisionswerber zurück (Spruchpunkt A), hinsichtlich der übrigen Revisionswerber wurde die Beschwerde abgewiesen (Spruchpunkt B). Den Feststellungsantrag wies das Verwaltungsgericht zurück (Spruchpunkt C).

5 Hinsichtlich aller drei Spruchpunkte erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig.

6 Nach Darstellung des Verfahrensverlaufs und der Rechtslage hielt das Verwaltungsgericht in seiner Begründung fest, es könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem betroffenen Gebiet hinsichtlich namentlich angeführter Vogelarten um ein Gebiet von herausragender Bedeutung handle. Es seien keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit oder mehr als geringfügige Beeinträchtigungen des Wohlbefindens der Beschwerdeführer als Folge der möglichen Immissionen zu erwarten. Hinsichtlich des Brandschutzes und der Vermeidung von Risiken durch Eiswurf würden die geplanten Anlagen dem Stand der Technik entsprechen.

7 In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Verwaltungsgericht die einschreitende Bürgerinitiative als nicht parteifähig im Sinne des § 9 AVG und stützte darauf die Zurückweisung des Rechtsmittels hinsichtlich dieser Beschwerdeführerin. Betreffend die übrigen von der Zurückweisung betroffenen Beschwerdeführer stützte das Verwaltungsgericht seinen Beschluss auf die Präklusionsfolgen wegen der jeweils verspäteten Erhebung von Einwendungen.

8 Hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde führt das Verwaltungsgericht zunächst aus, die im Zusammenhang mit der UVP-Pflicht ins Treffen geführte Kumulationswirkung bezogen auf ein benachbartes Vorhaben liege schon wegen der geringen Reichweite der Auswirkungen nicht vor. Zudem sei das Nachbarvorhaben zu einem späteren Zeitpunkt eingereicht worden. Das gegenständliche Vorhaben sei von den maßgeblichen Schwellenwerten weit entfernt. Allfällige Erweiterungen des neu eingereichten Nachbarvorhabens könnten nicht bereits in das gegenständliche Prüfungsverfahren miteinbezogen werden. Es hätte sich nicht der geringste Hinweis dafür ergeben, dass dem betroffenen Areal in Bezug auf geschützte Vogelarten eine besonders herausragende Stellung zukomme.

9 Hinsichtlich der vorgebrachten Gesundheitsgefährdungen hätte das behördliche Ermittlungsverfahren ergänzt durch die gerichtlich eingeholten Gutachten das eindeutige Ergebnis erbracht, dass eine Gesundheitsgefährdung durch Lärm, Infraschall und Schattenwurf nicht zu erwarten sei. Der vorgebrachten Brandgefahr, die sich ausschließlich auf den umgebenden Wald beziehe, sei zu entgegnen, dass die Anlagen in brandschutztechnischer Hinsicht dem Stand der Technik entsprechen würden.

10 Das Feststellungsbegehren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 sei nicht Gegenstand des behördlichen Verfahrens vor der belangten Behörde gewesen, sodass die Stellung eines solchen Begehrens, dass sich nicht im Rahmen der "Sache" des verwaltungsbehördlichen Verfahrens bewege, unzulässig sei.

11 Die ordentliche Revision sei jeweils unzulässig, weil es sich bei der Lösung des Falles einerseits um Fragen der Beweiswürdigung und andererseits um die Anwendung einer einheitlichen Rechtsprechung auf den Einzelfall gehandelt habe.

12 3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Revision.

13 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die Revision bringt - ohne eine Differenzierung zwischen den einzelnen Spruchpunkten vorzunehmen - zur Begründung der Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei mehrmals von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen.

17 Dazu führt die Revision zunächst an, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung ein mangelhaftes Gutachten zugrunde gelegt. Die Revisionswerber seien nicht verpflichtet, dem fachlichen Gutachten des Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten, wenn ein ("extrem mangelhaftes") Gutachten vorliege.

18 Die Revision legt zur Begründung ihrer Zulässigkeit jedoch weder dar, welches Gutachten mangelhaft sei, noch welche konkreten gutachtlichen Schlussfolgerungen zu welchen als unrichtig erachteten entscheidungswesentlichen Feststellungen geführt hätten.

19 Im Übrigen stellt die Frage, ob ein Gutachten in seiner konkreten Ausgestaltung zu Recht als schlüssig qualifiziert wurde, keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist (vgl. VwGH 2.7.2018, Ra 2017/12/0132).

20 Soweit in der Revision zur Zulässigkeit allgemein behauptet wird, es würden Abweichungen der Entscheidung zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bestehen, weil das Verwaltungsgericht trotz gravierender Ergänzungsbedürftigkeit das Ermittlungsverfahren zu Unrecht nicht ergänzt habe, zeigt die Revision auch nicht auf die vorliegende Revisionssache bezogen auf, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Mit diesem allgemeinen Hinweis und der weiteren Behauptung, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung unschlüssige und unvollständige Feststellungen der belangten Behörde zugrunde gelegt, ohne diese konkret zu benennen, wird dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG, wonach die Revision auch gesondert die Gründe zu enthalten hat, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen (vgl. VwGH 24.9.2014, Ra 2014/19/0097, mwN).

21 Auch insofern die Revision rügt, das Verwaltungsgericht habe seine Pflicht zur sachgerechten Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen verletzt, weil es sich mit dem Vorbringen des Vorliegens eines faktischen Vogelschutzgebietes "nicht ausreichend inhaltlich beschäftigt" habe, wird angesichts der mangelnden Konkretisierung die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

22 Die Behauptungen, das Verwaltungsgericht setze sich über die klare Rechtslage hinweg und ziehe Entscheidungen heran, die eine andere Rechtslage zum Gegenstand hatten, entziehen sich mangels konkreter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung der Überprüfbarkeit und sind daher nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen.

23 In der Revision werden soweit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. Oktober 2018

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018040010.L00

Im RIS seit

30.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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