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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache der N F in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 6. März 2018, LVwG- 750500/2/BP/BD, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wels-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, verfügte über einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) als sonstige Schlüsselkraft mit Gültigkeit von 19. Oktober 2016 bis 18. Oktober 2017. Am 16. August 2017 stellte sie einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 1 NAG, der von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (Behörde) mit Bescheid vom 15. Jänner 2018 abgewiesen wurde, weil die Revisionswerberin die besonderen Erteilungsvoraussetzungen (Besitz eines Aufenthaltstitels - fallbezogen - gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG seit zwei Jahren) nicht erfülle.
5 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) wies die dagegen eingebrachte Beschwerde ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte es aus, mit BGBl. I Nr. 145/2017, gültig ab
1. (richtig: 19.) Oktober 2017, sei die Voraussetzung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 1 NAG insofern geändert worden, als Drittstaatsangehörige nunmehr zwei Jahre über einen Aufenthaltstitel gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 Z 1 bis 3 NAG verfügen müssten; nach der Rechtslage vor BGBl. I Nr. 145/2017 sei nur ein Jahr erforderlich gewesen. Mangels Übergangsbestimmungen hätten sowohl die Behörde als auch das LVwG jeweils die zum Entscheidungszeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden gehabt. Die Revisionswerberin verfüge nicht bereits zwei Jahre über eine "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG, weshalb der Antrag auf Zweckänderung abzuweisen gewesen sei.
6 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung einer an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2018, E 1432/2018, ab; er sprach aus, gegen § 41a Abs. 1 Z 1 NAG bestünden keine Bedenken, dem Gesetzgeber sei es unbenommen, die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" für die Zukunft zu ändern und dadurch zu verschlechtern, dass nunmehr auf einen zweijährigen Aufenthaltstitel abgestellt werde. Das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches genieße keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.
7 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, zu der es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe. Die Rechtslage habe sich geändert und es gebe keine Übergangsbestimmungen, die Revisionswerberin habe aber "bis zum Ablaufdatum" ihres Aufenthaltstitels sämtliche Voraussetzungen erfüllt. Der österreichischen Rechtsordnung sei ein Vertrauensschutz im Hinblick auf gravierende Rechtsänderungen zu entnehmen. Es sei unverhältnismäßig, "wenn der Gesetzgeber einen schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriff in die erworbenen Rechtspositionen vornimmt, auf deren Bestand der Rechtsunterworfene mit guten Gründen vertrauen durfte."
Fallbezogen hätten Übergangsbestimmungen erlassen werden müssen.
8 Aus diesem Vorbringen ist nicht erkennbar, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof beantworten sollte. Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat das LVwG seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. etwa VwGH 25.4.2018, Ra 2018/06/0044, mwN). Die zu diesem Zeitpunkt geltende Voraussetzung, bereits zwei Jahre über eine "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG verfügt zu haben, erfüllte die Revisionswerberin unstrittig nicht.
Zum Vertrauensschutz führte der Verfassungsgerichtshof bereits aus, dass ein solcher auf einen unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage verfassungsrechtlich nicht gegeben sei. Zur Beantwortung rechtspolitischer Fragen ist der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht berufen (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/06/0236).
9 Wegen der klaren Rechtslage wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen. Wien, am 4. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220196.L00Im RIS seit
31.10.2018Zuletzt aktualisiert am
20.12.2018