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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision der T L, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 2018, Zl. W226 2148038- 2/4E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Antrag der Revisionswerberin, einer russischen Staatsangehörigen der tschetschenischen Volksgruppe, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des BVwG vom 23. April 2018, W226 2148038-1/12E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
2 Zur Begründung führte das BVwG im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe die Geltendmachung des behaupteten Wiederaufnahmegrundes (eine Vergewaltigung) im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren verschuldet unterlassen. Medizinische Unterlagen, die eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes seit Abschluss des Asylverfahrens belegen sollen, stammten aus der Zeit nach dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens und seien nicht geeignet, die Wiederaufnahme zu rechtfertigen.
3 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit - zusammengefasst - vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, unter welchen Umständen einer Revisionswerberin das Verschweigen eines wesentlichen Fluchtgrundes während des gesamten Asylverfahrens vorzuwerfen sei. Dem BVwG sei überdies eine Verletzung der Verhandlungs- und der Begründungspflicht anzulasten. Darüber hinaus sei das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch insofern abgewichen, als es verkannt habe, dass die vorgelegten medizinischen Befunde, die eine schwere depressive Episode der Revisionswerberin belegen würden, auch im Zusammenhang mit der erlebten Vergewaltigung stünden. Die neuen Beweismittel bezögen sich daher auf Tatsachen, die schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens vorgelegen seien.
4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
5 Im vorliegenden Fall hat das BVwG die neu vorgebrachten Tatsachen schon deshalb für ungeeignet angesehen, eine Wiederaufnahme zu rechtfertigen, weil gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG nur solche neu hervorgekommenen Tatsachen beachtlich seien, die ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang näher begründet, warum es fallbezogen davon ausging, dass der Revisionswerberin die Geltendmachung der neu hervorgekommenen Tatsachen im Verfahren möglich und zumutbar gewesen wäre. Diese nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommene und vertretbare Beurteilung ist nicht revisibel; behauptete Verfahrensmängel von tragender Bedeutung vermag die Revision in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die nur eingeschränkte Verhandlungspflicht im Verfahren über die Wiederaufnahme etwa VwGH 31.7.2009, 2007/09/0081, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR, vgl. auch VwGH 29.5.2017, Ra 2017/16/0070).
6 Auch die neuen Beweise (medizinische Unterlagen) sollen nach dem Vorbringen in der Revision zum Beweis der zuvor genannten (neuen) Tatsachen dienen, die jedoch - nach dem bisher Gesagten - nicht Gegenstand einer Wiederaufnahme sein können.
7 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 4. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180463.L00Im RIS seit
30.10.2018Zuletzt aktualisiert am
16.11.2018