TE Vwgh Beschluss 2018/10/11 Ra 2018/02/0262

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Veröffentlicht am 11.10.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
KFG 1967 §45 Abs1;
KFG 1967 §45 Abs4;
VStG §44a Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision des K in N, vertreten durch die Mag. Günter Novak-Kaiser Rechtsanwalt GmbH in 8850 Murau, Raffaltplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 29. Mai 2018, Zl. KLVwG-613- 615/4/2018, betreffend Übertretungen nach dem KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 18. Jänner 2018 wurde dem Revisionswerber unter anderem vorgeworfen, als Lenker eines näher bezeichneten Kfz mit einem näher bestimmten Probefahrtkennzeichen entgegen § 102 Abs. 5 lit. c KFG keinen Probefahrtschein mitgeführt zu haben, weshalb gemäß § 134 Abs. 1 KFG über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 25,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde (Spruchpunkt I.) und entgegen § 45 Abs. 4 zweiter Satz KFG das mit dem Probefahrtkennzeichen versehene Kfz verwendet zu haben, obwohl es sich um keine Probefahrt, sondern um eine Nutzfahrt gehandelt habe, weshalb gemäß § 134 Abs. 1 KFG über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 110,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) verhängt wurde (Spruchpunkt II.).

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht mit der Maßgabe Folge, als es (unter anderem) die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe zu Spruchpunkt I. auf fünf Stunden herabsetzte, die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. hingegen als unbegründet abwies und den Revisionswerber zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtete. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig. Es stellte dazu fest, der Revisionswerber habe das verfahrensgegenständliche Kfz von N. in der Steiermark nach S. in Kärnten und retour gefahren und sei dabei von seinem Bruder und dessen Sohn begleitet worden. Im Fahrzeug seien drei nicht zum Verkehr zugelassene Motorräder geladen gewesen, deren Gebrauchs- und Funktionsfähigkeit der Revisionswerber habe testen wollen. In S. gebe es eine Motorradstrecke, auf der auch nicht angemeldete Motorräder fahren dürften. Die Motorräder seien tatsächlich in S. getestet worden und es seien der Revisionswerber und seine Begleiter ungefähr eine Stunde bis eineinhalb Stunden mit diesen dort gefahren. Die Insassen des Kfz seien während der Rückfahrt mit dem Kfz mit Motorradhosen bekleidet gewesen und die Motorräder seien verschmutzt gewesen. Im Übrigen habe der Revisionswerber keine Dokumente vorgewiesen, die die Probefahrt dokumentiert hätten. Insbesondere sei trotz Aufforderung des anzeigenden Beamten kein Probefahrtschein gezeigt worden.

Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, der Probefahrtschein sei bei Verwendung von Probefahrtkennzeichen stets mitzuführen, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich eine Probefahrt vorliege. Da der Revisionswerber dem anzeigenden Beamten den Probefahrtschein nicht ausgehändigt habe, sei davon auszugehen, dass er einen solchen auch nicht mitgeführt habe (zu Spruchpunkt I. des Straferkenntnisses). Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Beförderung von weiteren Personen oder Gütern auf Probefahrten nur insoweit zulässig sei, als dies der Charakter der Probefahrt erfordere. Im gegenständlichen Fall steche hervor, dass durch den vom Revisionswerber genannten Nebenzweck (Fahrt mit Motorrädern auf einer Teststrecke in S.) der Hauptzweck der Probefahrt (Testung des Kfz) in den Hintergrund trete. Die Beladung des Kfz mit Motorrädern sei für die Testung des Kfz ebenso wenig notwendig gewesen, wie die Beförderung weiterer Personen. Auch eine Pause von bis zu eineinhalb Stunden in S. sei ohne den Nebenzweck nicht erforderlich gewesen (zu Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses).

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revision ist unzulässig:

7 In der Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der hg. Rechtsprechung (VwGH 14.3.1985, 85/02/0014) ab. Das Abstellen des gegenständlichen Kfz in S. habe in einem funktionellen Zusammenhang mit der durchzuführenden Probefahrt von N. nach S. gestanden und sei daher Teil der Probefahrt gewesen.

8 Nach der hg. Rechtsprechung nimmt das Abstellen eines mit Probefahrtkennzeichen versehenen Kraftfahrzeuges einer Fahrt dann nicht den Charakter einer Probefahrt, wenn es in funktionellem Zusammenhang mit dem Zweck der Probefahrt steht. Das Fehlen eines solchen funktionellen Zusammenhanges ist ein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 45 Abs. 4 KFG (VwGH 14.3.1985, 85/02/0014).

Nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses wurde - anders als im Sachverhalt der zitierten Entscheidung - das verfahrensgegenständliche Kfz mit dem Probefahrtkennzeichen nicht primär zum Zweck der Feststellung dessen Gebrauchs- oder Leistungsfähigkeit, sondern zum Zweck der Überprüfung der im Kfz geladenen Motorräder auf deren Gebrauchs- oder Leistungsfähigkeit in S. abgestellt. Ein funktioneller Zusammenhang zwischen dem Nebenzweck des Abstellens des Kfz an genanntem Ort und dem Hauptzweck der Überprüfung des Kfz auf der Fahrt von N. nach S. lag somit unzweifelhaft nicht vor. Das Verwaltungsgericht ging vor diesem Hintergrund - in Bestätigung des Spruchpunktes II. des Straferkenntnisses - zu Recht davon aus, dass die Fahrt mit dem Kfz nicht mehr als Probefahrt im Sinn des § 45 Abs. 1 KFG angesehen werden könne. Ein Abweichen von der genannten Rechtsprechung ist ihm somit nicht anzulasten.

Sofern der Revisionswerber nunmehr einen anderen als den festgestellten Sachverhalt behauptet, ist ihm entgegenzuhalten, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegen kann, wenn sich der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt entfernt (vgl. VwGH 6.7.2018, Ra 2017/02/0106, mwN).

9 Des Weiteren wird vorgebracht, es fehle hg. Rechtsprechung "in Zusammenhang mit dem Abstellen eines Fahrzeuges mit Probefahrtkennzeichen aufgrund der Fehleranalyse im Rahmen der Probefahrt und der daraus resultierenden Nutzung der aufkommenden Zeit durch Verfolgung eines wirtschaftlichen Nebenzwecks". Die gegenständliche Probefahrt sei durch einen Nebenzweck, der einem geschäftlichen Zweck des Unternehmens des Revisionswerbers gedient habe, nur deshalb unterbrochen worden, weil für die Fehleranalyse ein Abstellen notwendig gewesen sei.

10 Dem ist zu entgegnen, dass es auf dieses Vorbringen mangels Vorliegens eines funktionellen Zusammenhangs zwischen dem Abstellen des Kfz und der behaupteten Probefahrt nicht mehr ankommt. Im Übrigen geht daraus nicht hervor, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hätte, weshalb die Zulässigkeitsbegründung der Revision im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

11 Zuletzt wird vorgebracht, es fehle hg. Rechtsprechung zu der Rechtsfrage, ob jemandem, der vorschriftswidrig ein Probefahrtkennzeichen gemäß § 45 KFG verwende, auch der Tatvorwurf gemacht werden könne, keinen Probefahrtschein gemäß § 102 Abs. 1 lit. c KFG mitgeführt zu haben.

12 Auch dieses Vorbringen verhilft dem Revisionswerber vor dem Hintergrund bereits bestehender hg. Rechtsprechung, wonach es sich beim Verstoß gegen die Verpflichtung zum Mitführen und zur Aushändigung der in § 102 Abs. 5 KFG angeführten Dokumente um selbstständig zu verwirklichende Tatbestände handelt (vgl. etwa VwGH 25.1.2002, 99/02/0240 und 9.10.2007, 2006/02/0294, jeweils mwN), nicht zum Erfolg. Ein allfälliges Abweichen von dieser Rechtsprechung hat der Revisionswerber nicht behauptet.

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. Oktober 2018

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020262.L00

Im RIS seit

30.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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