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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung der Anträge auf Bescheidzustellung und Akteneinsicht sowie auf Wiederaufnahme des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens mangels Parteistellung und durch die Zurückweisung einer Berufung mangels Bescheidqualität einer Mitteilung der GrundverkehrskommissionSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerden stehen im Zusammenhang mit der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines beabsichtigten Kaufvertrages zwischen der Ärztekammer für Kärnten und Dritten betreffend ein näher bezeichnetes Grundstück (Bescheid der Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 5. April 1995, Zl. Gv 45.605/94-I).
a) In dieser Grundverkehrsangelegenheit stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Bescheidzustellung und Gewährung der Akteneinsicht sowie einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie seien am Erwerb des Grundstückes interessiert, um so ihren landwirtschaftlichen Betrieb aufzustocken. Diese Anträge wurden mangels Parteistellung von der Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt zurückgewiesen. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden von der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Kärntner Landesregierung (GVLK), Zlen. Agrar 11-350/7/96 und Agrar 11-350/8/96, als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese (Berufungs-) Bescheide wenden sich die zu B2071/96 (Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens) und B2073/96 (Antrag auf Bescheidzustellung und Akteneinsicht) protokollierten Beschwerden.
b) Eine weitere Beschwerde (B2072/96) betrifft die Zurückweisung einer Berufung in dieser Grundverkehrssache mangels Bescheidqualität der Mitteilung der Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 19. April 1995 (Bescheid der GVLK vom 18. April 1996, Zl. Agrar 11-350/6/96).
2. Gegen diese drei Bescheide der GVLK wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.
3. Die GVLK als jene Behörde, die die angefochtenen Bescheide erlassen hat, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerden begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zu-lässigen - Beschwerden erwogen:
1.a) Bei den zu B2071/96 und B2073/96 protokollierten Beschwerden ist zunächst zu prüfen, welche gesetzlichen Bestimmungen die Behörde anzuwenden hatte.
Das Kärntner Grundverkehrsgesetz 1994 (KGVG 1994), LGBl. 104, ist am 31.12.1994 in Kraft getreten (§49). Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Übergangsbestimmungen in diesem Gesetz lauten wie folgt:
"§48 Übergangsbestimmungen
(1) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren nach dem Grundverkehrsgesetz (Anmerkung: LGBl. 70/1974 idgF) oder dem Ausländergrunderwerbsgesetz sind nach diesen Gesetzen zu Ende zu führen, soweit Abs2 nicht anderes bestimmt.
(2) Rechtsgeschäfte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind, sind nach dem Grundverkehrsgesetz bzw. dem Ausländergrunderwerbsgesetz zu behandeln, wenn der Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes durch eine öffentliche Beurkundung nachgewiesen ist. ..."
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist ersichtlich, daß der Antrag um Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des gegenständlichen Kaufvertrages am 9. Juni 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt eingelangt ist und die Behörde anschließend das Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Deshalb ist im vorliegenden Fall noch die Rechtslage nach dem KGVG 1974, LGBl. 70, maßgebend. Daher geht auch die Anregung der Beschwerdeführer, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich §14 Abs2 litm und Abs3 KGVG 1994 einzuleiten, ins Leere, weil diese Bestimmung überhaupt nicht präjudiziell ist.
Nun ist zu klären, ob den Beschwerdeführern zu Unrecht die Parteistellung vorenthalten wurde.
In den gleichlautenden Beschwerdevorbringen wird zur Parteistellung folgendes ausgeführt:
"Die belangte Behörde hat unsere Parteistellung zu Unrecht nicht anerkannt, obwohl uns ein rechtliches Interesse an der Sache zusteht. Unser rechtliches Interesse gründet sich darauf, daß die gegenständlichen Grundstücke bereits Gegenstand unseres ebenfalls mit der Ärztekammer für Kärnten genehmigten bzw. vorgenehmigten Kaufvertrages vom 15.5.1990 waren und weiters, daß wir von der Grundverkehrskommission in das Verfahren tatsächlich eingebunden worden sind, vorerst erst als Partei behandelt wurden, uns später jedoch die weitere Mitwirkung verweigert wurde, insbesondere im Zusammenhang damit, daß die Ermittlungsergebnisse unsere persönlichen Verhältnisse und unseren Hof zum Gegenstand hatten und uns aber die Gelegenheit genommen wurde, an der Ermittlung der uns selbst betreffenden Tatsachen und Umstände unseres Hofes mitzuwirken, sodaß es geschehen konnte, daß offensichtlich unrichtige Ermittlungsergebnisse zustande gekommen sind."
Weiters sind die Beschwerdeführer auch der Auffassung, daß in ihre Rechte als "Aufstockungswerber" unmittelbar eingegriffen wird.
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985, 11405/1987, 13280/1992).
Aus den - wie oben dargelegt - anzuwendenden Bestimmungen des KGVG 1974 kann eine Parteistellung von Personen, die bereits einen Kaufvertrag mit dem Eigentümer über dieses Grundstück abgeschlossen haben, nicht abgeleitet werden. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß gemäß §3 Abs3 KGVG 1974 auch den "Aufstockungsinteressenten" nur die Stellung eines Beteiligten iSd §8 AVG zukommt.
Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers bei der Einräumung von Parteirechten (vgl. VfSlg. 11934/1988, 12240/1989 und 14349/1995) erscheinen die gesetzlichen Bestimmungen verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. zB VfSlg. 13519/1993 und 13535/1993).
Auch kann die Parteistellung - wie die Behörde zu Recht ausgeführt hat - nicht unmittelbar aus §8 AVG abgeleitet werden (vgl. auch VfSlg. 11398/1987).
Daher hat die Behörde zu Recht den Beschwerdeführern die Parteistellung verweigert, sodaß sie durch den bekämpften Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sind.
b.) Im Hinblick darauf, daß die Behörde rechtsrichtig entschieden hat, ist es angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Entscheidungen tragenden Rechtsvorschriften auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführer in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden (vgl. z.B. VfSlg. 10374/1985 und VfGH 9.6.1997 B3324/96).
2. Bei der zu B2072/96 protokollierten Beschwerde (siehe I.1.b) ist die Frage zu klären, ob das Schreiben der Grundverkehrskommission bei der BH Klagenfurt vom 19.5.1995 als Bescheid zu qualifizieren ist. Mit dem gegenständlichen Schreiben wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, daß auf Grund des Ermittlungsverfahrens keine öffentliche Bekanntmachung gemäß §3 Abs3 KGVG 1974 erforderlich sei.
Die bekämpfte Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet. Dennoch wäre es möglich, daß sie als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG zu qualifizieren ist.
In seiner bisherigen ständigen Judikatur kam der VfGH zum Ergebnis, daß dies dann angenommen werden muß, wenn die Erledigung gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, ob sie nun in Form eines Bescheides nach den §§56 ff. AVG ergeht oder nicht. Aus der Erledigung muß - soll sie als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG gewertet werden - deutlich der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Ob dies der Fall ist, kann sich auch daraus ergeben, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen. Ob eine Erledigung als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG gewertet werden kann, ist vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage zu beurteilen (vgl. zB VfSlg. 13642/1993 und 13750/1994 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).
Ausgehend von dieser Rechtsprechung - von der abzurücken kein Anlaß besteht - ist die bekämpfte Erledigung nicht als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG einzustufen.
Das vorliegende Schreiben entspricht nicht der Form eines Bescheides, da die formellen Voraussetzungen nach den §§58 ff AVG fehlen. Auch die sprachliche Fassung und der aus ihr erkennbare Inhalt der behördlichen Erledigung bieten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Wille der Behörde auf Erlassung eines Bescheides gerichtet war. Das gegenständliche Schreiben hat vielmehr nur einen informativen Charakter.
Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, daß - wie oben bereits dargelegt (siehe Punkt II.1.) - den Beschwerdeführern in dieser konkreten Verwaltungsangelegenheit keine Parteistellung zukommt.
Daher waren die Beschwerden abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Parteistellung Grundverkehrsrecht, BescheidbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B2071.1996Dokumentnummer
JFT_10029070_96B02071_00