Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Oktober 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas S***** wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 25. Mai 2018, GZ 51 Hv 12/18a-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andreas S***** des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er vom 4. Juli 2016 bis zum 9. Jänner 2017 in W***** und an anderen Orten Österreichs Vermögensbestandteile, die aus einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung herrühren, nämlich den „aus dem von einem unbekannten Täter am 16. 06. 2016 an einem unbekannten Ort begangenen Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 und 2 StGB zum Nachteil der 'A*****' herausgelockten Betrag von EUR 117.631, verborgen und ihre Herkunft verschleiert, indem er im Rechtsverkehr über den Ursprung, die wahre Beschaffenheit der Vermögensbestandteile, das Eigentum oder sonstige Rechte an ihnen, die Verfügungsbefugnis über sie, ihre Übertragung beziehungsweise darüber, wo sie sich befinden, falsche Angaben machte, indem er behauptete, die Überweisungen im Namen der B***** in Höhe von EUR 60.000,00 sowie der Sa***** in Höhe von EUR 57.531,00 seien von einem nicht mehr ausforschbaren Täter namens 'P*****' zur Investition in den österreichischen Start-Up-Markt geleistet und im Zuge des Projektes 'Solar City' verwendet worden, wobei er die Tat in Bezug auf einen EUR 50.000,00 übersteigenden Wert, nämlich EUR 117.631,00 beging“.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt zutreffend auf, dass die Feststellungen die Annahme einer Tathandlung im Sinn des § 165 Abs 1 StGB nicht tragen:
Unter Verbergen (§ 165 Abs 1 erster Fall StGB) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die das Auffinden eines deliktstauglichen Vermögenswerts durch den Verletzten, von ihm Beauftragte oder Strafverfolgungsorgane vereiteln oder erschweren soll (Kirchbacher in WK² StGB § 165 Rz 16; Birklbauer PK-StGB § 165 Rz 14). Bloßes Beheben von Bargeld und Übergabe desselben an einen Dritten (RIS-Justiz
RS0094947 [T3]) oder schlichte Giralgeld-Überweisungen (RIS-Justiz RS0129616 [T1]) sind dagegen, sofern nicht besondere (im konkreten Fall nicht festgestellte, vgl US 4 f) Begleitumstände hinzutreten, ein Vorgang des gewöhnlichen Wirtschaftslebens und als solche – per se – noch kein „Verbergen“ im Sinn des § 165 Abs 1 StGB.
Herkunftsverschleierung (§ 165 Abs 1 zweiter Fall StGB) wird im Gesetz selbst durch Beispiele erläutert. Sie kann etwa durch falsche Angaben im Rechtsverkehr über den Ursprung oder die wahre Beschaffenheit der betreffenden Vermögensbestandteile, das Eigentum oder sonstige Rechte an ihnen erfolgen (vgl 13 Os 67/15z; Kirchbacher in WK² StGB § 165 Rz 17). Auch zu einer allfälligen Herkunftsverschleierung sind dem Urteil keine subsumtionstauglichen Feststellungen zu entnehmen, weil es offen lässt, bei welcher konkreten Gelegenheit oder wem gegenüber der Angeklagte die Wahrheitspflicht hinsichtlich der Herkunft des Geldbetrags verletzt habe (vgl dazu US 5, wonach er vorgetäuscht habe, die Überweisungen würden von Investoren stammen und von ihm im Sinne seines Vertrags „Solar City“ verwendet werden). Das im Rahmen der Beweiswürdigung angesprochene Vorlegen von Urkunden und Belegen im Ermittlungsverfahren sowie in der Hauptverhandlung (US 6, 8) scheidet als Tathandlung jedenfalls aus, weil der Angeklagte in einem gegen ihn selbst geführten Strafverfahren nicht verpflichtet ist, wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen. Dies ergibt sich schon aus dem – auch aus Art 6 MRK abzuleitenden (Meyer-Ladewig ua in Meyer-Ladewig ua, EMRK4 Art 6 Rz 129 mwN) – Grundsatz, nicht aktiv an der eigenen Überführung mitwirken zu müssen („nemo-tenetur-Prinzip“; § 7 Abs 2 StPO; zu § 165 StGB siehe insoweit 11 Os 130/17b, EvBl 2018/101, 673).
Auch das festgestellte Abschließen von Verträgen, die keinen Bezug zum betrügerisch herausgelockten Vermögensbestandteil erkennen lassen, deren Zweck es aber gewesen sein soll, die später erfolgten Überweisungen zu verschleiern (US 4 und 7), trägt die Subsumtion nicht, weil deren Einsatz im Rechtsverkehr in präsumtiv geplanter Weise, also zur Verschleierung der Mittelherkunft, nicht konstatiert wurde.
Das Urteil war daher, wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufzeigt, in
Stattgebung der Rechtsrüge gemäß §
285e StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben, womit sich das Eingehen auf das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde erübrigt.
Hierauf war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass die Vortat zwar auch im Ausland begangen worden sein kann (vgl dazu die Feststellungen auf US 4), dort aber auch strafbar sein muss (Kirchbacher in WK2 StGB § 165 Rz 12e; RIS-Justiz RS0130928).
Zudem sei darauf hingewiesen, dass bei Vortat-bezogener Geldwäscherei (§ 165 Abs 1 und 2 StGB) der Vorsatz auch die Vermögensherkunft aus einer geldwäschereitauglichen Vortat zu umfassen hat.
Textnummer
E123027European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00089.18I.1010.000Im RIS seit
31.10.2018Zuletzt aktualisiert am
19.02.2019