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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der P Kft. in S, vertreten durch Gottgeisl & Leinsmer Rechtsanwälte OG, in 1100 Wien, Keplerplatz 12/23, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 8. Juni 2017, VGW-102/013/646/2017, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Am 2. Dezember 2016 wurde im Lokal der revisionswerbenden Partei eine Kontrolle nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes durchgeführt.
2 Gegen näher beschriebene, im Zuge dieser Kontrolle gesetzte Maßnahmen brachte die revisionswerbende Partei eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG sowohl beim Verwaltungsgericht Wien, als auch beim Bundesfinanzgericht ein.
3 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht Wien die Maßnahmenbeschwerde der revisionswerbenden Partei mangels sachlicher Zuständigkeit und "im Punkt Observierung außerdem mangels Schlüssigkeit der Ausführungen zur Rechtswidrigkeit" zurück (Spruchpunkt I.), verpflichtete die revisionswerbende Partei gemäß § 35 VwGVG zum Kostenersatz (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die revisionswerbende Partei brachte zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, dass keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, wie Gerichte vorzugehen hätten, wenn eine Maßnahmenbeschwerde bei einem unzuständigen Gericht eingebracht worden sei, insbesondere ob der Beschwerdeführer ein subjektives Recht auf Weiterleitung der Beschwerde an das zuständige Gericht habe. Ebenso liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob der Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtet werden dürfe, obwohl diesem zum Zeitpunkt der Erhebung der Maßnahmenbeschwerde gar nicht bekannt gewesen sei, welches Organ konkret welche Handlung gesetzt habe. Schließlich widerspreche die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das ausführliche Vorbringen der revisionswerbenden Partei in der Maßnahmenbeschwerde zur Observierung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen des § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG.
8 Zum Vorgehen bei Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 24. Juni 2015, Ra 2015/04/0035, - auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die hg. Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 betreffend eine Zurückweisung einer Berufung wegen Unzuständigkeit als nicht auf die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit übertragbar beurteilt, weil die förmliche Ablehnung der Zuständigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nunmehr eine Voraussetzung für eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über einen Kompetenzkonflikt zwischen Verwaltungsgerichten gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 3 B-VG darstellt, und dafür nur ein Zurückweisungsbeschluss in Betracht kommt. Zur Weiterleitung an das zuständige Verwaltungsgericht führte der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis aus, dass das Verwaltungsgericht, das den förmlichen Zurückweisungsbeschluss zu erlassen hat, auch verpflichtet ist, die Akten des Verfahrens an das für zuständig erachtete Verwaltungsgericht zu übermitteln.
9 Auf diese Rechtsprechung hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. November 2017, Ro 2016/17/0003, in Zusammenhang mit der Frage der Weiterleitung einer Maßnahmenbeschwerde (in Bezug auf glücksspielrechtliche Kontrollen) nach Erlassung eines Zurückweisungsbeschlusses wegen Unzuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichts gestützt (Rn. 31) und darauf hingewiesen, dass mit dem Zurückweisungsbeschluss infolge Unzuständigkeit nicht eine abschließende Erledigung des Beschwerdeverfahrens erfolgt sei, sondern lediglich ein Abspruch über die Unzuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichts (Rn. 32, mwN).
10 Wie ein Verwaltungsgericht mit einer Maßnahmenbeschwerde umzugehen hat, zu deren Behandlung und Entscheidung es sich nicht als zuständig erachtet, ist somit durch die dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt.
11 Soweit sich die Revision im Zulässigkeitsvorbringen gegen die Vorschreibung der Kosten nach § 35 VwGVG wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, wenn sich diese Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes - das ist das von der revisionswerbenden Partei selbst definierte Prozessthema - stellt (vgl. etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2017/17/0925, Rn. 14, mwN).
12 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2018/17/0924, Rn. 44, mwN).
13 Die revisionswerbende Partei erachtet sich ausschließlich "in ihrem subjektiven Recht auf effektiven Zugang zum Gericht verletzt". Die betreffend die Vorschreibung der Kosten nach § 35 VwGVG im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich somit nicht bei der Prüfung des angefochtenen Beschlusses im Rahmen des geltend gemachten Revisionspunktes.
14 Schließlich wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ebenso wenig durch die bloß pauschale Behauptung der Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt. Auch mit dem Zitat von vermeintlich im Widerspruch stehenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird noch keine konkrete Rechtsfrage dargestellt, wenn das Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht auch (neben der Angabe von nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes) konkret ausführt, inwiefern die angefochtene Entscheidung einen der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widersprechenden Inhalt aufweist (vgl. VwGH 7.9.2017, Ra 2017/17/0482, Rn. 6 mwN). Mit der lediglich pauschalen, bezogen auf den vorliegenden Fall nicht näher konkretisierten Behauptung im Zulässigkeitsvorbringen, das Vorbringen der revisionswerbenden Partei zur Observierung entspreche gemäß der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls den Anforderungen des § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG, legt die revisionswerbende Partei keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
15 Daher ist auf den Umstand, dass das Verwaltungsgericht, sofern es - wie im vorliegenden Fall - seine Unzuständigkeit ausspricht, die bei ihr eingebrachte Maßnahmenbeschwerde nicht näher inhaltlich zu prüfen und darüber zu entscheiden hat, nicht näher einzugehen.
16 In der Zulässigkeitsbegründung wirft die revisionswerbende Partei somit keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
17 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 28. September 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170794.L00Im RIS seit
24.10.2018Zuletzt aktualisiert am
13.12.2018