Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, die Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, den Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Berger, über die Revision der R P in W, vertreten durch Dr. Hans Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 2018, W213 2003183-2/3E, betreffend Feststellung besoldungsrechtlicher Ansprüche bzw. der besoldungsmäßigen Einstufung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtschulrat für Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin steht als Fachoberschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Schreiben vom 30. April 2010, verbessert mit Formularantrag vom 14. Dezember 2010, beantragte sie gemäß § 113 Abs. 10 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) die Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages und ihrer daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie die Nachzahlung von Bezügen.
2 Mit rechtskräftigem Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 28. Oktober 2013 wurde der 1. Juli 1973 als Vorrückungsstichtag der Revisionswerberin festgesetzt.
3 Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 18. Oktober 2016 wurde festgestellt, dass der Revisionswerberin zum 1. Jänner 2004 ein Gehalt der Verwendungsgruppe L2b1, Gehaltsstufe 16, mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2005 gebührt.
4 In ihrem an die Dienstbehörde gerichteten Antrag vom 27. Februar 2017 brachte die Revisionswerberin vor, dass dieses Erkenntnis bislang nicht umgesetzt worden sei; sie habe weder eine Zahlung erhalten, noch sei ihr eine abrechnungsmäßige Darstellung der ihr zustehenden Geldleistungen zur Kenntnis gebracht worden.
Aus diesem Grund begehre sie die bescheidmäßige Feststellung:
"1. welche besoldungsrechtlichen Ansprüche (ihr) in welcher betraglichen Höhe in der Zeit ab 1.1.2004 gebühren und zu liquidieren (auszuzahlen) sind und zwar unter monatlicher Aufschlüsselung samt Angabe der Gehaltsstufenvorrückungen, all dies bis einschließlich Februar 2015;
2. für die Zeit ab März 2015 über die neue besoldungsmäßige Einstufung und die sich daraus Monat für Monat betraglich ergebenden Besoldungsansprüche".
5 Aufgrund der Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin erging in der Folge das angefochtene Erkenntnis des BVwG. Mit diesem wurde der Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin gemäß § 8 VwGVG stattgegeben und der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG aufgetragen, den versäumten Bescheid "unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung des BVwG" binnen acht Wochen ab Zustellung zu erlassen. Das BVwG stellte den eingangs wiedergegebenen Verfahrensgang sowie den Eintritt der Säumnis der belangten Behörde fest. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, dass - obwohl in der Begründung des Erkenntnisses des BVwG vom 18. Oktober 2016, mit dem festgestellt worden sei, dass die Revisionswerberin zum 1. Jänner 2004 ein Gehalt der Verwendungsgruppe L2b1 der Gehaltsstufe 16 mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2005 gebühre, darauf hingewiesen worden sei, dass der Revisionswerberin unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist die entsprechenden Bezugsdifferenzen nachzuzahlen seien -, dies bislang unterlieben sei. Nach Wiedergabe des Gesetzestextes des § 13b GehG führte das BVwG aus, es sei davon auszugehen, dass alle Ansprüche der Revisionswerberin für Zeiträume vor dem 30. April 2007 im Hinblick auf die mit 30. April 2010 erfolgte Geltendmachung verjährt seien. Es sei daher im Hinblick auf die rechtskräftig festgestellte besoldungsrechtliche Stellung der Revisionswerberin - ausgehend davon, dass sie mit 1. Oktober 2005 in die Gehaltsstufe 17 der Verwendungsgruppe L2b1 vorgerückt sei und ihr ab 1. Juli 2009 gemäß § 56 GehG eine Dienstalterszulage im Ausmaß von eineinhalb Vorrückungsbeträgen gebühre -, für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2013 der Differenzbetrag zwischen den tatsächlich ausbezahlten Bezügen und den ihr in den jeweiligen Monaten zustehenden Bezügen der Gehaltsstufe 17 der Verwendungsgruppe L2b1 (ab 1. Oktober 2009 zuzüglich Dienstalterszulage gemäß § 56 GehG) festzustellen und der Revisionswerberin auszuzahlen.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit bringt die Revisionswerberin vor, dass sie sich dadurch "beschwert" erachte, dass für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis 30. April 2007 nicht eine antragstattgebende Entscheidung aufgetragen worden sei und durch die weitere "Bescheidbegründung" sogar vorgegeben worden sei, dass in Bezug auf diese Zeitspanne wegen Verjährung die beantragte Festsetzung der gebührenden Bezüge gänzlich zu unterbleiben habe sowie, dass für die Zeit ab 1. November 2013 nicht vorgegeben worden sei, antragstattgebend zu entscheiden. Es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob das Verwaltungsgericht explizite Vorgaben in Ansehung des Gesamtgegenstandes des Verfahrens machen müsse, es werde nämlich nicht einmal vorgegeben, ob die belangte Behörde eine Sachentscheidung oder eine Zurückweisung vornehmen solle. Die andere Meinung, über diesen Zeitraum müsse nicht entschieden werden, bedürfe einer Korrektur zur Wahrung der Rechtssicherheit. Implizit liege ein Abweichen von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 2015, Ra 2015/19/0144, vor, da das Verwaltungsgericht umfassend darzulegen habe, an welche Rechtsansicht es die Behörde binden wolle. Für den Zeitraum 1. Jänner 2004 bis 30. April 2007 komme darüber hinaus zum Tragen, dass das BVwG davon ausgehe, die Ansprüche vor dem "30. April 2010" seien verjährt, weil die Verjährungsfrist drei Jahre betrage und der Antrag auf "Einstufungsverbesserung" am 30. April 2010 gestellt worden sei. Das BVwG lasse dabei unberücksichtigt, dass § 113 Abs. 10 GehG, auf welchen die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und in weiterer Folge der besoldungsrechtlichen Einstufung beruhe, erst durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2010, mit Ausgabedatum 30. August 2010 geschaffen worden sei. Die Stellung des Antrages davor beruhe auf einer näher genannten Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH). Aufgrund der Unmöglichkeit der früheren Antragstellung habe die Verjährungsfrist nicht eher zu laufen beginnen können, als eine wirksame Antragstellung möglich gewesen sei. Sei der Antrag innerhalb von drei Jahren ab dem 30. August 2010 gestellt worden, so könne keine Verjährung eingetreten sein. Zu dieser Rechtsfrage liege noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Weiters liege ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes deshalb vor, weil nach Eintritt der Verjährung eine Naturalobligation bestehen bleibe. Es sei daher auch in diesem Fall die Gebührlichkeit des Anspruches auf Antrag festzustellen. Die Verjährung wirke wie im Zivilrecht jedoch nicht unmittelbar zwingend, sondern nur soweit sie eingewendet werde. Ein solcher Einwand komme jedoch nur der Verfahrenspartei zu, wozu es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe.
7 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie der Zulässigkeit der Revision entgegentrat, sowie vorbrachte, dass mittlerweile der Bescheid erlassen worden sei; gegen zwei Spruchpunkte des Bescheides sei Beschwerde an das BVwG erhoben worden, sodass im Revisionsverfahren die Beschwer der Revisionswerberin weggefallen sei.
Die Revision erweist sich als unzulässig:
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 § 28 Abs. 7 VwGVG stellt es ins Ermessen des Verwaltungsgerichts, entweder in der Sache selbst zu entscheiden oder sich auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen zu beschränken und gleichzeitig das Verfahren an die Behörde mit dem Auftrag zurückzuverweisen, den ausstehenden Bescheid unter Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts innerhalb einer Frist von höchstens acht Wochen nachzuholen (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0023; 20.6.2017, Ra 2017/01/0029, jeweils mwN). Auch wenn das Gesetz nicht explizit Determinanten für die Ausübung dieses Ermessens nennt, ist davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung in erster Linie die Grundsätze der Verfahrensökonomie zu beachten hat (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0023, mwN).
12 Damit kann das Verwaltungsgericht im Falle einer zulässigen Säumnisbeschwerde die Zuständigkeit in der Angelegenheit unter den näher bestimmten Voraussetzungen wieder auf die Behörde übertragen. Eine maßgebliche Voraussetzung für eine solche Entscheidung ist, dass das Verwaltungsgericht darin über einzelne maßgebliche Rechtsfragen der Angelegenheit entscheidet. Diese Entscheidung hat im Spruch des Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. hiezu VwGH 15.3.2016, Ra 2015/01/0208, mwN).
13 Im vorliegenden Fall hat das BVwG zwar im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses der belangten Dienstbehörde die Erlassung eines Bescheides überbunden, jedoch im allein maßgeblichen Spruch keine Entscheidung maßgeblicher Rechtsfragen getroffen. Damit ging zwar die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag der Revisionswerberin wieder auf die belangte Dienstbehörde über, eine Bindung an etwaige in der Begründung enthaltene Ausführungen ist aber mangels Entscheidung maßgeblicher Rechtsfragen im Spruch nicht eingetreten. Dies folgt insbesondere daraus, dass die Begründung einer Entscheidung zwar zur Auslegung, nicht aber zur Ergänzung, auch eines in sich unklaren Spruches herangezogen werden darf (vgl. etwa VwGH 25.1.2012, 2011/12/0035). Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Entscheidung der maßgeblichen Rechtsfragen im Spruch des Erkenntnisses zu erfolgen hat (vgl. erneut VwGH 15.3.2016, Ra 2015/01/0208, mwN), wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargetan; die Revisionswerberin geht in ihrem Zulässigkeitsvorbringen vielmehr davon aus, dass eine Bindung der belangten Dienstbehörde an die in der Begründung geäußerten Rechtsansichten eingetreten sei.
14 Da somit keine Bindung der Dienstbehörde vorliegt, stellen sich die von der Revisionswerberin aufgezeigten Rechtsfragen im vorliegenden Fall nicht, sodass die Revision in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.
15 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 3. Oktober 2018
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018120034.L00Im RIS seit
25.10.2018Zuletzt aktualisiert am
29.11.2018