TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/28 98/06/0074

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Veröffentlicht am 28.10.1999
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

ABGB §863;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
ZivTG 1993 §31 Z1;
ZivTG 1993 §31 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Ing. M in S, vertreten durch Dr. W, Dr. R, Dr. R, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 30. März 1998, Zl. UVS-5/857/4-1998, betreffend Bestrafung nach dem Ziviltechnikergesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 13. Februar 1997 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe in der Anmeldung auf Übertragung von Fernmeldeeinrichtungen am 30. Mai 1995 (Rufnummern 0662/8 und 84) seinen Namen mit "Ing. M, Architekt" angegeben und als im amtlichen Telefonbuch zu vermerkende Eintragung" M, Ing. Arch." angegeben, wobei er diese Angaben seither nicht nachweislich widerrufen habe und im amtlichen Telefonbuch S 1995/96 und 1996/97 mit der Eintragung "M Ing. Arch" aufgeschienen sei; er habe somit zumindest von Juni 1995 an bis 19. November 1996

a) die Standesbezeichnung "Ingenieur" in der allgemein gebräuchlichen Kurzform "Ing." seinem Namen im öffentlichen Verkehr beigefügt, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein, da ihm die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ing." nie verliehen worden sei;

b) die Berufsbezeichnung "Architekt" in der allgemein gebräuchlichen Kurzform "Arch." im öffentlichen Verkehr geführt, obwohl ihm die hiefür erforderliche Befugnis nie verliehen worden sei.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über ihn a)gemäß §§ 1 und 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 12

Ingenieurgesetz 1990 und § 1 Abs. 1 und 2 und

b)§ 30 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Z. 2 Ziviltechnikergesetz 1993,

zu a) eine Verwaltungsstrafe von S 8.000,-- (im Nichteinbringungsfalle Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen) und

zu b) eine Verwaltungsstrafe von S 15.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag) samt Kostenersatz verhängt. In der Begründung verwies die Strafbehörde darauf, dem Beschwerdeführer sei mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. November 1996 die Gelegenheit geboten worden, sich von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf zu rechtfertigen, doch habe er dieser Aufforderung auch unter mehrfacher Verlängerung der hiefür gesetzten Frist nicht entsprochen, obwohl es ihm möglich hätte sein müssen, in insgesamt rund 10 Wochen rechtfertigende Unterlagen beizubringen. Auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse stehe fest, dass der Beschwerdeführer die Standesbezeichnungen "Ingenieur" bzw. "Architekt" in den jeweils gebräuchlichen Kurzformen im Tatzeitraum geführt habe und ein nachweislicher Widerruf zum Telefonbuch nicht vorliege.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Erkenntnis der belangten Behörde vom 30. März 1998 wurde das bekämpfte Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 13. Februar 1997 in seinem Spruchteil a) in Stattgebung der Berufung aufgehoben und das Strafverfahren bezüglich dieses Tatvorwurfes gemäß § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hingegen wurde der Berufung, soweit sie sich gegen den Spruchteil b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses richtete, keine Folge gegeben und das bekämpfte Straferkenntnis in diesem Umfange mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge "seither nicht nachweislich widerrufen haben" durch die Wortfolge "bis zumindest 19.11.1996 nicht nachweislich widerrufen haben" ersetzt werde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges traf die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 9. März 1998 die Feststellung, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass im Telefonbuch der Stadt Salzburg 1995/96 und 1996/1997 seinem Namen die Berufsbezeichnung Architekt in der üblichen Abkürzung "Arch."

beigefügt gewesen und das Anmeldeformular durch ihn zweimal eigenhändig unterfertigt worden sei. Mit seinem Vorbringen, er habe das Formular blanko unterfertigt und seine Frau habe die weiteren Eintragungen - ohne sein Wissen die konkrete Formulierung betreffend - vorgenommen, sei nicht geeignet, ihn von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu entbinden, da ihn dennoch der Vorwurf zumindest fahrlässigen Verhaltens treffe. Es scheine auch unglaubwürdig, dass er niemals die Eintragungen im Telefonbuch kontrolliert habe und vor Einbringung der Klage durch die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg auf den seinem Namen beigefügten Zusatz "Arch." nicht aufmerksam geworden sei. Richtig sei, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. Jänner 1997 eine Änderung seiner Eintragung im amtlichen Telefonbuch beantragt habe, dies vermöge jedoch an der Richtigkeit des Spruches des Straferkenntnisses nichts zu ändern. Wesentlich sei, dass der Beschwerdeführer den Eintrag im Telefonbuch während des vorgeworfenen Zeitraumes nicht widerrufen habe. Ergänzend festzuhalten sei, dass auch im amtlichen Telefonbuch für 1997/98 die Beifügung der Abkürzung "Arch." neben dem Namen des Beschwerdeführers aufscheine. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 und 2, § 30 Abs. 1 iVm § 31 Z. 2 ZTG 1993 bestraft zu werden, und in seinem Recht auf gesetzmäßige Begründung des Bescheides, auf amtswegige Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes und Aufnahme der von ihm beantragten Beweise verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes 1993, BGBl. Nr. 156/1994 - ZTG, bestimmt, dass staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker natürliche Personen sind, die auf technischen oder naturwissenschaftlichen oder montanistischen Fachgebieten oder auf Fachgebieten der Bodenkultur auf Grund einer vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten verliehenen Befugnis freiberuflich tätig sind.

Nach Abs. 2 leg. cit werden Ziviltechniker in "Architekten" und "Ingenieurkonsulenten" eingeteilt.

Nach § 30 Abs. 1 ZTG dürfen die Bezeichnungen „Ziviltechniker'', „Architekt'', „Ingenieurkonsulent'' und „Zivilingenieur'' von Personen, denen eine entsprechende Befugnis nicht verliehen wurde, nicht geführt werden. Das Wort „Ziviltechniker'' darf nach Abs. 2 leg. cit. nur der Firma einer berufsbefugten Ziviltechnikergesellschaft beigefügt werden.

Nach § 31 ZTG begeht derjenige, der

1. gewerbsmäßig Tätigkeiten eines Ziviltechnikers verrichtet, zu denen er nicht auf Grund dieses Bundesgesetzes oder auf Grund anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen berechtigt ist,

2. unberechtigt die im § 30 angeführten Bezeichnungen führt oder seiner Firma beifügt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 100.000 S zu bestrafen. Die Dauer der im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu bestimmenden Ersatzfreiheitsstrafe darf 14 Tage nicht übersteigen.

Dass im Beschwerdefall die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht strittig; der Beschwerdeführer bestreitet jedoch jegliches Verschulden an der Tatbegehung mit dem Hinweis darauf, dass er lediglich ein Anmeldeformular für die Ummeldung der Fernsprecheinrichtungen "blanko" unterschrieben, alles Weitere aber seiner Ehegattin überlassen und auch in der Folge bis zur Klage der Interessenvertretung keine Kenntnis von der ohne seine Kenntnis und ohne seinen Willen vorgenommenen Formulierung der Telefonbucheintragung gehabt habe. Damit macht er erhebliche Umstände, die zu einer anderen Sachentscheidung hätten führen können, nicht geltend.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die Verwaltungsübertretung nach § 31 Z. 1 und 2 ZTG darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Ein solches, ihn von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit rechtfertigendes Verhalten hat aber der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch auch in der Beschwerde erstattet. Es wäre seine Sache gewesen zu behaupten, aus welchen Gründen ihm eine Kontrolle des von ihm blanko unterfertigten Formulars für die Eintragung ins Telefonbuch nicht möglich oder zumutbar gewesen sei. Wer eine für den geschäftlichen Verkehr mit Dritten vorgesehene, blanko unterfertigte Urkunde, ohne sich von der Richtigkeit der Vervollständigung zu überzeugen, aus der Hand gibt, muss sich im Sinne des § 863 ABGB den Erklärungsinhalt der sodann - wenn auch ohne Wissen und Willen des Unterfertigenden - unrichtig oder absprachewidrig vervollständigten Urkunde zurechnen lassen. Auch in der Beschwerde wird nicht konkret dargelegt, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer das Verhalten seiner Ehegattin in diesem Sinne nicht zugerechnet hätte werde dürfen. Insoweit der Beschwerdeführer in der - rechtlichen - Annahme der belangten Behörde, ihn treffe zumindest der Vorwurf der Fahrlässigkeit, eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Begründungspflicht sieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren unbestritten geblieben sind und daher im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG die oben erwähnte Umkehr der Behauptungs- und Beweislast eingetreten ist. Es war also nicht Sache der Behörde zu begründen, warum ihn an der Tatbegehung ein Verschulden treffe, sondern Sache des Beschwerdeführers, sein mangelndes Verschulden unter Beweis zu stellen.

Insoweit der Beschwerdeführer zudem "unrichtige Beweiswürdigung" und eine "Verletzung der Verpflichtung zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes" als weitere Verfahrensverletzungen rügt, genügt der Hinweis darauf, dass die belangte Behörde in Anbetracht des unbestrittenen Vorliegens der objektiven Tatbestandsmerkmale eine "Beweiswürdigung" in dem Sinn, aus vorliegenden, einander widersprechenden oder miteinander in Einklang zu bringenden Beweisergebnissen ein der rechtlichen Beurteilung zu unterziehendes Sachverhaltssubstrat zu filtern, gar nicht vorzunehmen hatte und eine Amtswegigkeit des behördlichen Ermittlungsverfahrens auch nur dort ausgelöst werden kann, wo die Partei ihrer Mitwirkungspflicht Genüge getan hat (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1987, 86/11/0044, und 27. April 1993, 91/08/0123).

Die in der Beschwerde behaupteten Begründungsmängel und Verfahrensverletzungen liegen aus den oben dargelegten Gründen nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998060074.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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